Nachgeforscht: Warum japanisch so schwer zu übersetzen ist

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Oliver Naujoks
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Re: Nachgeforscht: Warum japanisch so schwer zu übersetzen ist

Beitrag von Oliver Naujoks »

Axel hat geschrieben: 23. Jan 2020, 18:29
Oliver Naujoks hat geschrieben: 23. Jan 2020, 18:04 Das macht auch nix, die schaltet man eh nach wenigen Minuten weg und wünscht sich ganz, ganz schnell Rainer Brandt zurück.
Wie oben schon geschrieben: Nein! Diesen chauvinistischen und kunstfeindlichen Kram kann man sich nicht mehr antun! Bin ich froh, dass man in den 90ern irgendwann dazu hingekommen ist, die Synchros sehr nah am Original zu halten und Stümper wie der Brandt keine Filme und Serien mehr verunstalten können!

Ich würde mir gerne eine Neusynchro aller Spencer/Hill Filme wünschen die inhaltlich 1:1 gehalten sind!
Ich wäre normalerweise voll bei Dir. Aber. Frage: Hast Du mal in die Spencer/Hill Originale reingehört? Oder in die Originale von "Die 2"? Dann kommst Du von dem Trip ganz schnell wieder runter. Ganz schnell. Das ist deprimierend-ernüchternd dröge dann.
Rainer Brandt ist nicht kunstfeindlich, das ist selbst Kunst. Wer mir das nicht glaubt, wenn wir uns also über die Klosett-Frage nicht einigen können, der bekommt einen Gruß aus Solingen und muss fürchten, dass ihm mal jemand den Scheitel nachzieht oder sogar die Qualle aus dem Drömel haut! :mrgreen:
Und, ernsthafte Antwort: Für eine solche Nachsynchro gibt es schlicht NULL Markt. Oder nur einen sehr/zu kleinen.
Spielt: Cyberpunk 2077 (jaja, immer noch, sorry), MLB the Show 24, WWE2k24, Sherlock Holmes: The Awakened
Liest: "The Crooked Hinge", John Dickson Carr // "Fourth Wing", Rebecca Yarros
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Commander Schleicher
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Re: Nachgeforscht: Warum japanisch so schwer zu übersetzen ist

Beitrag von Commander Schleicher »

Ich fand dieses Thema hoch spannend und würde mich sehr freuen, wenn Ihr das fortsetzen würdet!
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Axel
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Re: Nachgeforscht: Warum japanisch so schwer zu übersetzen ist

Beitrag von Axel »

Oliver Naujoks hat geschrieben: 23. Jan 2020, 18:38 Frage: Hast Du mal in die Spencer/Hill Originale reingehört?
Wie oben schon geschrieben: Ja! Und ich liebe die Originale. Hat mir damals eine Italienerin nähergebracht, nachdem sie so überaus geschockt und wütend war, wie hier in Deutschland mit ihren Kindheitshelden umgegangen wurde. Ich finde diesen Schwall an chauvinistischen und proletenhaften Sprüchen heute auch nur noch peinlich. Und sie machen die Filme kaputt. Weil die alten Komödien wie „ Who Finds A Friend Finds A Treasure“ sehr viel mehr mit unterschiedlichen Stilmitteln arbeiten. Hier mal ein Oneliner, da aber auch mal reine Situationskomik wo nur die Mimik eine Rolle spielt. Man achtet plötzlich auf ganz andere Dinge, wenn man nicht ständig mit lauten Kalauern abgelenkt wird. Man achtet mehr auf den Szenenhumor, mehr auf die Körpersprache. In den Originalen gibt es herrliche Running Gags, Anspielungen auf die anderen Filme usw. Beispielsweise die erste Kartenspielszene in „Odds and Evens“ kommt so viel besser zur Geltung. Die Hintergrundmusik ist zu hören, das Mimikspiel von Terence Hill steht viel mehr im Vordergrund. Es ist einfach alles so viel subtiler!
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ProfessorFutura
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Re: Nachgeforscht: Warum japanisch so schwer zu übersetzen ist

Beitrag von ProfessorFutura »

Bild

und alle anderen schauen mit großem Vergnügen die deutsche Synchro :D
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Froschi
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Re: Nachgeforscht: Warum japanisch so schwer zu übersetzen ist

Beitrag von Froschi »

Ich sage JA! zu mehr Terranigma - das war eine sehr interessante, sehr lehrreiche Folge!

Die krasse Diskrepanz zwischen ernstem Original und flapsiger Übersetzung ist mir vor allem bei den ersten "Police Story"-Filmen von Jackie Chan aufgefallen. Im Original sind das zum Teil sehr ernsthafte Dramen - und dann wurden in der deutschen Fassung durch fröhliche Sprüche und zusätzliche Kloinkboink-Soundeffekte Klopper-Komödien draus.
www.gamenotover.de - weil weniger Pixel einfach mehr sind!
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tanair
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Feedback zur Nachgeforscht Folge - Japanisch übersetzen

Beitrag von tanair »

Hallo,

ich wollte mich für die Feedback Folge Nachgeforscht "Warum Japanisch so schwer zu übersetzen ist" bedanken.
Besonders bei Terranigma der sich die Zeit dafür genommen hat.

Ich fand die Folge sehr aufschlussreich und würde mich über weitere Folgen freuen.

Was mich noch interessieren würde: wie werden japanische Spiele ins Deutsche übersetzt?
Macht man sich da die Mühe vom Japanischen ins Deutsche zu übersetzen, oder wird einfach die Englische Version ins Deutsche übersetzt?

Ich habe kürzlich erst den Krimi 64 von Hideo Yokoyama gelesen (übrigens sehr empfehlenswert um die japanische Kultur zu verstehen). Das Buch wurde vom Englischen ins Deutsche übersetzt.
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Heretic
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Re: Nachgeforscht: Warum japanisch so schwer zu übersetzen ist

Beitrag von Heretic »

lovecraftFTW hat geschrieben: 23. Jan 2020, 03:00den Begriff "overacting" verbinde ich auch so gar nicht mit Japan, viel eher mit Deutschland.
Das kann ich nicht nachvollziehen. In vielen asiatischen Filmen gibt es eine oder mehrere Charaktere, die stark überzeichnet sind (meist der Comic Relief). Das geht teilweise schon in Richtung Slapstick. Das deutsche Kino wird oft als gestelzt oder theatralisch empfunden, aber Overacting würde ich nicht als typisch deutsch einordnen. Til Schweiger-Komödien oder Klamauk wie "Fack ju Göhte" mal ausgenommen.
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lolaldanee
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Re: Nachgeforscht: Warum japanisch so schwer zu übersetzen ist

Beitrag von lolaldanee »

gerne mehr davon, das war eine durchaus interessante sache
julzwie
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Re: Feedback zur Nachgeforscht Folge - Japanisch übersetzen

Beitrag von julzwie »

Ich hätte auch gerne mehr Nachgeforschts in diese Richtung mit Teranigma.

Die erste Folge war sehr angenehm zu hören, die Beispiele sehr anschaulich und somit alles sehr verständlich. Cool - gerne mehr davon.
Yano
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Re: Nachgeforscht: Warum japanisch so schwer zu übersetzen ist

Beitrag von Yano »

Heretic hat geschrieben: 24. Jan 2020, 10:44
lovecraftFTW hat geschrieben: 23. Jan 2020, 03:00den Begriff "overacting" verbinde ich auch so gar nicht mit Japan, viel eher mit Deutschland.
Das kann ich nicht nachvollziehen. In vielen asiatischen Filmen gibt es eine oder mehrere Charaktere, die stark überzeichnet sind (meist der Comic Relief). Das geht teilweise schon in Richtung Slapstick. Das deutsche Kino wird oft als gestelzt oder theatralisch empfunden, aber Overacting würde ich nicht als typisch deutsch einordnen. Til Schweiger-Komödien oder Klamauk wie "Fack ju Göhte" mal ausgenommen.
Das variiert aber unglaublich stark.
Ich schaue seit über 20 Jahren mit Vorliebe Japanische/Asiatische Spielfilme eben weil die Schauspieler da so zurück genommen und "normal" agieren.
Dahingehend kommen mir tatsächlich viele Handlungsweisen von Figuren in westlichen Filmen sehr übertrieben vor.
Japan ist nicht nur schrill und überdreht wie es viele Westler immer wieder glauben, sondern vor allem erstaunlich ruhig und zurückgenommen.
Selbst in Tokio selbst wenn man mal die Hotspots außer acht lässt. Das hat mich schon erstaunt.
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falkoloeffler
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Re: Nachgeforscht: Warum japanisch so schwer zu übersetzen ist

Beitrag von falkoloeffler »

Sehr schöne Folge!

Was angeklungen ist, aber wozu ich keine konkreten Zahlen kenne, wie oft das passiert, aber ich glaube, es trifft auf die meisten Fälle zu: die deutschen Übersetzungen japanischer Spiele entstehen auf Basis der vorher durchgeführten englischen Übersetzung. Das hat dann zur Folge, dass kulturelle Anpassungen an die USA ggf wieder auf deutsche Verhältnisse angepasst werden müssen und dass Missverständnisse bei der ersten Übersetzung weitergetragen werden.
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Heretic
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Re: Nachgeforscht: Warum japanisch so schwer zu übersetzen ist

Beitrag von Heretic »

Yano hat geschrieben: 24. Jan 2020, 12:07 Das variiert aber unglaublich stark.
Ich schaue seit über 20 Jahren mit Vorliebe Japanische/Asiatische Spielfilme eben weil die Schauspieler da so zurück genommen und "normal" agieren.
Dahingehend kommen mir tatsächlich viele Handlungsweisen von Figuren in westlichen Filmen sehr übertrieben vor.
Kommt natürlich auch drauf an, wie man Overacting definiert und ob es bewusst eingesetzt wird (man denke nur an Jim Carrey :mrgreen: ). Ich meine damit übertriebene Mimik, Gestik und Artikulation. Für die Handlungsweisen ihrer Charaktere können ja die Schauspieler in der Regel nichts, dafür sind die Drehbuchschreiber und die Regisseure verantwortlich.

Mir fallen da z. B. Filme wie "The Host", "The Wailing" oder "I'm A Cyborg, But That's Ok" ein (dass alle drei aus Südkorea kommen ist Zufall). Alles gute bis sehr gute Filme, in denen aber phasenweise arges Overacting betrieben wird. Das gibt's sicherlich auch im westlichen Kino, aber so stark ausgeprägt meist nur in Komödien. Oder in Trash à la Asylum. :D
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Terranigma
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Re: Nachgeforscht: Warum japanisch so schwer zu übersetzen ist

Beitrag von Terranigma »

falkoloeffler hat geschrieben: 24. Jan 2020, 12:39Was angeklungen ist, aber wozu ich keine konkreten Zahlen kenne, wie oft das passiert, aber ich glaube, es trifft auf die meisten Fälle zu: die deutschen Übersetzungen japanischer Spiele entstehen auf Basis der vorher durchgeführten englischen Übersetzung. Das hat dann zur Folge, dass kulturelle Anpassungen an die USA ggf wieder auf deutsche Verhältnisse angepasst werden müssen und dass Missverständnisse bei der ersten Übersetzung weitergetragen werden.
Jau, im Gros der Fälle wird's wohl in der Tat zu sein, aus einem naheliegenden Grund: es gibt wenig Deutsch-Japanisch Übersetzer. Japanologie ist eine Nische in Deutschland, sodass entsprechendes Personal (a) schlechter zu bekommen und (b) wohl auch teurer wäre. Auch von den Arbeitsstrukturen her ist's leichter einen Englisch-Übersetzer an ein neues Projekt zu setzen, als einen Japanisch-Übersetzer, denn je nach Publisher gibt's da gar nicht einmal so viele Titel. Ich mag mir vorstellen, dass es durchaus Ausnahmen davon gibt. Will's daher nicht quantifizieren, aber zumindest bei der SNES-Ära ist's sehr eindeutig, dass die englische Fassung mehrheitlich die Grundlage für die deutsche Fassung war. Gerade Terranigma illustriert's ganz schön, wie da aus dem Namen der historischen Person "Keynes" das jp. ケインズ (keinzu) wurde, dies von eng. Übersetzern als "Kainz" und dies von dt. Übersetzern wiederum als "Heinz" übersetzt wurde. :D
Yano hat geschrieben: 24. Jan 2020, 12:07Ich schaue seit über 20 Jahren mit Vorliebe Japanische/Asiatische Spielfilme eben weil die Schauspieler da so zurück genommen und "normal" agieren.
Ich habe da insb. japanische Dramen im Hinterkopf, also eben keine Kinofilme, o.Ä. die auf ein größeres Publikum abzielen, sondern TV-Serien wie etwa お一人様 (o-hitori-sama) oder TV-Filme wie etwa 世界から猫が消えたなら (sekai kara neko ga kieta nara). Wenn die Charaktere sich melodramatisch auf den Boden fallen lassen, laut weinen, die Violine immer lauter wird und der Pianist melodramatisch auf das Piano einhämmert, das würde man in dieser Form nicht in deutschen oder US-Produktionen sehen. In Kinofilmen und/oder größeren Produktionen ist's in der Tat oftmals anders, aber ich hatte da eher so das im Blick, was alltäglich im Fernsehen läuft. Zugegeben: ich hatte zum Zeitpunkt der Aufnahme erst vor einigen Tagen 世界から猫が消えたなら gesehen und bin davon wohl noch traumatisiert. Den Roman fand ich toll, aber den Film als extremst cheesy. Das hinterließ womöglich Spuren. ;)
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falkoloeffler
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Re: Nachgeforscht: Warum japanisch so schwer zu übersetzen ist

Beitrag von falkoloeffler »

Terranigma hat geschrieben: 24. Jan 2020, 14:19Jau, im Gros der Fälle wird's wohl in der Tat zu sein, aus einem naheliegenden Grund: es gibt wenig Deutsch-Japanisch Übersetzer. Japanologie ist eine Nische in Deutschland, sodass entsprechendes Personal (a) schlechter zu bekommen und (b) wohl auch teurer wäre. Auch von den Arbeitsstrukturen her ist's leichter einen Englisch-Übersetzer an ein neues Projekt zu setzen, als einen Japanisch-Übersetzer, denn je nach Publisher gibt's da gar nicht einmal so viele Titel.
Genau das. Ich war bei der Loka von "Kingdom Hearts 2" beteiligt, und hat den größten Teil der Arbeit ein Kollege übernommen, der hauptsächlich aus dem Japanischen übersetzt, aber auch aus dem Englischen. Basis war da die vorahandene englische Übersetzung (sonst hätte mich auch niemand gebraucht :D ). War extrem hilfreich, dass er dann auch rekonstruieren konnte, was die originalen Übersetzer aus dem japanischen Quelltext gemacht hatten - und wir hatten auch die Freiheit, uns ggf. dem japanischen Original anzunähern, wenn es nötig war.
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Re: Nachgeforscht: Warum japanisch so schwer zu übersetzen ist

Beitrag von Yano »

Terranigma hat geschrieben: 24. Jan 2020, 14:19
Yano hat geschrieben: 24. Jan 2020, 12:07Ich schaue seit über 20 Jahren mit Vorliebe Japanische/Asiatische Spielfilme eben weil die Schauspieler da so zurück genommen und "normal" agieren.
Ich habe da insb. japanische Dramen im Hinterkopf, also eben keine Kinofilme, o.Ä. die auf ein größeres Publikum abzielen, sondern TV-Serien wie etwa お一人様 (o-hitori-sama) oder TV-Filme wie etwa 世界から猫が消えたなら (sekai kara neko ga kieta nara). Wenn die Charaktere sich melodramatisch auf den Boden fallen lassen, laut weinen, die Violine immer lauter wird und der Pianist melodramatisch auf das Piano einhämmert, das würde man in dieser Form nicht in deutschen oder US-Produktionen sehen. In Kinofilmen und/oder größeren Produktionen ist's in der Tat oftmals anders, aber ich hatte da eher so das im Blick, was alltäglich im Fernsehen läuft. Zugegeben: ich hatte zum Zeitpunkt der Aufnahme erst vor einigen Tagen 世界から猫が消えたなら gesehen und bin davon wohl noch traumatisiert. Den Roman fand ich toll, aber den Film als extremst cheesy. Das hinterließ womöglich Spuren. ;)
Klar das ist eine ganz bestimmte art von Genre bzw natürlich gibt es auch diese überzogene Darstellungsweise in Japan und Co.
Aber wie gesagt ist das nur Teil von einen großen Pool an Medien, Film und Kultur.
Wenn ich durch mein Film Regal schaue ist es prall gefüllt mit Japanischen oder auch Chinesischen Filmen die Inszenatorisch als auch Darstellerisch eine Ruhe ausstrahlen die im Westlichen Kino wirklich selten ist bzw schlichtweg so nicht gibt.
Das gerade im Westen eher die lauten und schrillen Sachen beachten werden ist zwar irgendwie verständlich aber auch verdammt schade.
So hat sich im laufe der Zeit schlichtweg ein falsches weil stark vereinfachtes und pauschalisierendes Bild in den Köpfen vieler Leute verankert wenn sie an Japanische bzw Asiatische Filme denken.
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Terranigma
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Re: Nachgeforscht: Warum japanisch so schwer zu übersetzen ist

Beitrag von Terranigma »

Yano hat geschrieben: 24. Jan 2020, 15:22Klar das ist eine ganz bestimmte art von Genre bzw natürlich gibt es auch diese überzogene Darstellungsweise in Japan und Co.
Ja, das fraglos. Wie gesagt: womöglich liegt's nur an meinem Konsumverhalten, dass ich in letzter Zeit einige TV-Produktionen im Hinterkopf hatte, die ich als "Overacting" einordnen würde. Darauf reduzieren würde ich es nicht. Allerdings würde ich es etwa im Abgleich mit deutschen TV-Produktionen als ästhetisches Mittel beurteilen, denn in deutschen TV-Produktionen ist mir eine derartig melodramatische Inszenierung wenig bekannt. Dort ist man umgekehrt wohl oftmals sehr biedern und gesetzt. Soll wie gesagt nicht heißen, dass Japan nur so und Deutschland nur so sei. Bei Kulturvergleichen ist's nie sinnvoll in Absoluten zu reden (ich weiß: das war gerade ein Widerspruch im Adjektiv!), sondern möglichst behutsam auf Tendenzen und Strömungen hinzuweisen, gerade um nicht den Eindruck von plumpen Pauschalisierungen zu erwecken alâ: "Der Japaner ist ja so und so ..." So einfach ist's wie du sagst nicht. Umgekehrt ist's bei aller Diversität im Inneren allerdings auch nicht so, dass man gar keine Tendenzen benennen könnte.

Wenn ich also z.B. dt. TV-Produktionen mit jp. TV-Produktionen vergleiche würde könnte man in diesem abgesteckten Rahmen durchaus Aussagen darüber treffen, dass das eine eher so und das andere eher so ist. Halt immer mit dem (unausgesprochenen) Disclaimer, dass man nie zwar Verallgemeinerungen, aber keine Absolute ausspricht und einem bewusst ist, dass es zu jedem Beispiel auch mindestens ein Gegenbeispiel gibt. Kulturwissenschaft ist halt keine Naturwissenschaft, njo. :D


Aus Neugierde: was für aktuelle jp. Filme hast du so im Sinn, welche du als ruhig und introspektiv wahrnimmst?
falkoloeffler hat geschrieben: 24. Jan 2020, 15:07Genau das. Ich war bei der Loka von "Kingdom Hearts 2" beteiligt, und hat den größten Teil der Arbeit ein Kollege übernommen, der hauptsächlich aus dem Japanischen übersetzt, aber auch aus dem Englischen. Basis war da die vorahandene englische Übersetzung (sonst hätte mich auch niemand gebraucht :D ). War extrem hilfreich, dass er dann auch rekonstruieren konnte, was die originalen Übersetzer aus dem japanischen Quelltext gemacht hatten - und wir hatten auch die Freiheit, uns ggf. dem japanischen Original anzunähern, wenn es nötig war.
Weißt du persönlich ob diese Art von "Doppelbesetzung" ein Standard ist, d.h. dass man in Fällen, wo man z.B. jp. Titel anhand von eng. Übersetzungen übersetzt in der Regel noch einen Japanisch-Übersetzung zur Sicherheit mit dabei hat, oder war das in deinem Fall eher so ein luxoriöse Ausnahme? Eine Übersetzung auf Grundlage einer Übersetzung anzufertigen, ohne dass mindestens eine Person mal einen Abgleich mit dem Original macht ist ja schon recht 'mutig'.
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Re: Nachgeforscht: Warum japanisch so schwer zu übersetzen ist

Beitrag von falkoloeffler »

Terranigma hat geschrieben: 24. Jan 2020, 15:48Weißt du persönlich ob diese Art von "Doppelbesetzung" ein Standard ist, d.h. dass man in Fällen, wo man z.B. jp. Titel anhand von eng. Übersetzungen übersetzt in der Regel noch einen Japanisch-Übersetzung zur Sicherheit mit dabei hat, oder war das in deinem Fall eher so ein luxoriöse Ausnahme? Eine Übersetzung auf Grundlage einer Übersetzung anzufertigen, ohne dass mindestens eine Person mal einen Abgleich mit dem Original macht ist ja schon recht 'mutig'.
Ausnahme. KH war/ist eine Co-Produktion von Square Enix und Disney, und die haben halt jeweils eine Person fürs Projekt rekrutiert. Ich war Disney. ;)

Und ich sag mal so: Generell ist Spiele-Loka in den letzten sagen wir 10 Jahren zu einem beliebten Posten geworden, wo sich prima Kosten einsparen lassen ...
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Re: Nachgeforscht: Warum japanisch so schwer zu übersetzen ist

Beitrag von Yano »

Terranigma hat geschrieben: 24. Jan 2020, 15:48 [Aus Neugierde: was für aktuelle jp. Filme hast du so im Sinn, welche du als ruhig und introspektiv wahrnimmst?
Rein auf Japan bezogen und spontan sonst wird die Liste endlos.

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Re: Nachgeforscht: Warum japanisch so schwer zu übersetzen ist

Beitrag von Wudan »

Das war echt alles super interessant! Vielen Dank Terranigma für dein Einblick und gerne mehr davon :)
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Re: Nachgeforscht: Warum japanisch so schwer zu übersetzen ist

Beitrag von Kesselflicken »

Möchte mich auch dem Lob anschließen. Eine super interessante Folge und der Fokus auf das linguistische war sehr spannend. Meinetwegen hätte es gerne auch noch etwas detaillierter und theoretischer werden können. ;) Bislang meine liebste Folge von Nachgeforscht. (nicht falsch verstehen, Helge ist auch super!).

Ich wünsche mir En Detail-Untersuchungen von japanischen Spielen im Original, in denen Mathias die interessantesten Abweichungen der Lokalisation aufzeigt! Aber Da bin ich vielleicht in der Minderheit.^^
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