Runde #255: Cyberpunk macht man eigentlich nicht (aka: Szenarien, Teil 2)

Alles, was nicht in ein anderes Forum gehört: Hier rein
Forumsregeln
Datenschutzerklärung: https://www.gamespodcast.de/datenschutzerklaerung/
Impressum: https://www.gamespodcast.de/impressum/

Forenregeln und zukünftige Weltverfassung
ART 1: Behandle andere Nutzer mit Respekt.
ART 2: Do NOT piss off the Podcasters

Lies bitte weitere Hinweise hier: viewtopic.php?f=4&t=2789
Benutzeravatar
Axel
Beiträge: 4170
Registriert: 1. Jul 2018, 20:43
Wohnort: Chemnitz & Erzgebirge

Runde #255: Cyberpunk macht man eigentlich nicht (aka: Szenarien, Teil 2)

Beitrag von Axel »

Ganz ehrlich: Ralfs Ausführungen triggern mich und zeigen auch auf, warum ich 80% der heutigen Spielelandschaft fürchterlich finde. Wir sind uns doch einig, dass Games DAS Unterhaltungsmedium des 21. Jahrhunderts sind. Wie zum Teufel kann man sich dann aber so dermaßen abhängig von anderen Faktoren machen? Wäre es nicht besser eigene Trends zu setzen statt anderen Trends hinterher zu hecheln? :doh:

Gerade als Gamer will ich doch auch etwas sehen, was nicht zigtausend Spiele bringen. Aktuell sind ich und toxic_garden von einem kleinen Indie-Platformer auf der Switch begeistert: Oddmar. Ein richtig hübsch gestaltetes kleines Spiel mit Wikinger Thematik und nordischer Mythologie! Das ist etwas, was man im Genre nicht jeden Tag sieht und wirklich Frische reinbringt. Oder was freue ich mich schon wenn im März Disaster Report 4 erscheint, endlich mal wieder ein Adventure in dem es um Naturkatastrophen geht und darum Menschen zu retten. Das sind doch Settings, die machen das Salz in der Suppe aus. Die generieren Aufmerksamkeit, weil sie eben etwas anderes bieten als das übliche öde Mittelalter RPG oder den propagandistischen Militär-Shooter-Gedöns.

Ich würde mir viel mehr unterschiedliche Settings und unterschiedliche Mechaniken wünschen. Oder auch mal wieder ungewöhnliche Mixturen. Warum gibt es keinen Shooter mit Zeitreisemechanik? Warum gibt es kein Action-Adventure in einer geil ausgestalteten prähistorischen Welt? Warum kein Unterwasser-Explorationsspiel wo man die Titanic erforscht? Warum kein Spiel in Atlantis? Warum kein Spiel im alten Griechenland? Und und und.

Man könnte sooo viel geilen Scheiß mit dem Medium machen. Warum haben Entwickler und Publisher aber kein Selbstbewusstsein? Stellt Euch doch mal vor, die Filmindustrie hätte vor 100 Jahren Rücksicht drauf genommen, welche Bücher erfolgreich sind. Meisterwerke wie ein Metropolis wären nie entstanden.

Ich will doch in Games was erleben, was mir Filme nicht bieten.
Benutzeravatar
Soulaire
Beiträge: 1480
Registriert: 28. Mär 2016, 06:44

Re: Folge 255: Cyberpunk macht man eigentlich nicht

Beitrag von Soulaire »

finde das auch recht "eklig" wie da anscheinend der Großteil der Publisher agiert. Ich meine wenn man wirklich seine Spiele nur noch nach den Kino-Releases ausrichtet, wundert einen doch gar nichts mehr warum viele Spiele so sind wie sie eben sind?!

zur Provokation in Spielen:
so einen "Schund" wie Hatred oder Postel mit filmischen Meisterwerken wie Excorcist zu vergleichen sollte man einfach nicht machen. das Gleiche trifft auf Gaspar Noe und Lars von Trier zu. es ist quasi das genaue Gegenteil von den genannten Spielen, wenn man die so nennen darf. auf der einen Seite hat man ein Geschäftsmodell (von dem Andre fantasiert :D) und auf der anderen einen künstlerischen Ausdruck, den man an jeder Stelle spürt.

Ich möchte auch noch anmerken dass erneut über linke Künstler gewitzelt wurde. (sinngemäß dass die Kritik am Kapitalismus von Künstlern nur vorgeschoben wäre etc). klar kann man das so machen. es hat nur einen Beigeschmack wenn die 2 Stunden Podcast zuvor sehr Markt-ideologisch durchdrungen waren.
Benutzeravatar
Terranigma
Beiträge: 1505
Registriert: 17. Feb 2016, 19:34

Re: Folge 255: Cyberpunk macht man eigentlich nicht

Beitrag von Terranigma »

Axel hat geschrieben: 23. Feb 2020, 23:10 Ganz ehrlich: Ralfs Ausführungen triggern mich und zeigen auch auf, warum ich 80% der heutigen Spielelandschaft fürchterlich finde. Wir sind uns doch einig, dass Games DAS Unterhaltungsmedium des 21. Jahrhunderts sind. Wie zum Teufel kann man sich dann aber so dermaßen abhängig von anderen Faktoren machen? Wäre es nicht besser eigene Trends zu setzen statt anderen Trends hinterher zu hecheln? :doh:
Weil man damit Spiele in größerer Anzahl verkauft bekommt. Spätestens wenn man ein größeres Entwicklungsteam - die auch nach dem Release noch einen Job haben möchten - an eine Entwicklung setzt kann man kaum aktuelle Trends ignorieren. Trends setzen ist sicherlich nett. Denkt man sich zumindest, wenn man dies erfolgreich getan hat und nicht zu all den Studios gehört, von denen man nichts weiß, weil ihre Titel nicht den Durchbruch geschafft haben. Wenn Videospiele nicht nur ein Hobby, sondern meine finanzielle Lebensgrundlage sind, so würde ich wahrscheinlich auch eher vorsichtig agieren: Den Markt bebachten, Analysen durchführen und mir gut überlegen ob ich die Kapazitäten habe ein Risiko einzugehen und es auch verkrafte, wenn ein Spiel floppt. Viele Entwickler gibt's wohl nicht, welche in so einer komfortablen Situation sind.

Da es einen ziemlich großartigen Indie-Markt gibt stört's mich persönlich nicht allzu sehr, was der Markt insgesamt tut. Es gibt so viel Auswahl.
Sitting quietly and doing nothing,
Spring comes, and the grass
grows by itself.
Benutzeravatar
Axel
Beiträge: 4170
Registriert: 1. Jul 2018, 20:43
Wohnort: Chemnitz & Erzgebirge

Re: Folge 255: Cyberpunk macht man eigentlich nicht

Beitrag von Axel »

Soulaire hat geschrieben: 24. Feb 2020, 00:00 Ich möchte auch noch anmerken dass erneut über linke Künstler gewitzelt wurde. (sinngemäß dass die Kritik am Kapitalismus von Künstlern nur vorgeschoben wäre etc). klar kann man das so machen. es hat nur einen Beigeschmack wenn die 2 Stunden Podcast zuvor sehr Markt-ideologisch durchdrungen waren.
Ja, DAS ist mir auch aufgefallen! Gerade künstlerische Visionen kommen ja häufig aus genau dieser Ecke: Wo Leute einfach ihren Stiefel durchziehen aus Liebe zu ihrer Kunst. Würde jeder nur nach streng kapitalistischen Vorgaben gehen, hätte es nie ein Minecraft oder ein Stardew Valley gegeben. Oder im Mobile Bereich: Es hätte nie ein Smash Hit, The Room oder ein Monument Valley gegeben. Drei Spiele, welche IMO die 2010er inhaltlich geprägt haben in dem Bereich.
Terranigma hat geschrieben: 24. Feb 2020, 00:47 Weil man damit Spiele in größerer Anzahl verkauft bekommt.
Und das ist ein Trugschluss. Egal in welchem künstlerischen Medium: Mit DIESER Einstellung geht nichts voran. Sieht man in der heutigen Spieleindustrie mit der x-tausendsten Militär-Propaganda, sieht man im Filmbereich mit dem x-tausendsten Superhelden-Kram, sieht man in der Musikindustrie wo nur noch nach dem Spotify-Algorithmus gearbeitet wird und 2,3 Konzerne das komplette weltweite Livegeschäft unter sich aufgeteilt haben.

Kapitalismus war noch NIE der Motor für Kreativität. Die letzten 10 Jahre Popkultur zeigen es exemplarisch. Ich beurteile Kunst nicht danach wie es sich verkauft. Sondern eben nach künstlerischen Werten.
Zuletzt geändert von Axel am 24. Feb 2020, 02:58, insgesamt 1-mal geändert.
Benutzeravatar
Terranigma
Beiträge: 1505
Registriert: 17. Feb 2016, 19:34

Re: Folge 255: Cyberpunk macht man eigentlich nicht

Beitrag von Terranigma »

Axel hat geschrieben: 24. Feb 2020, 00:48Kapitalismus war noch NIE der Motor für Kreativität. Die letzten 10 Jahre Popkultur zeigen es exemplarisch. Ich beurteile Kunst nicht danach wie es sich verkauft. Sondern eben nach künstlerischen Werten.
Ich habe ja nicht die Kreativität beurteilt, sondern aus Sicht eines Entwicklers. Wie gesagt: Wenn ich meine Miete, usw. als Entwickler verdiene würde ich mir auch gut überlegen, ob ich mir Kreativität und faszinierende - heißt: riskante - Ideen leisten kann, oder ob just another Military Shooter es nicht auch tut. Ist nicht kreativ, aber es ist halt auch nur ein Beruf, von dem man eben leben muss. Kleine Indie-Teams sind da wohl flexibler als größere Studios, weil die auch von kleineren Umsätzen leben können. Aber dann erhält man eben auch keine grafisch aufwändige Titel, in denen man Unterwasser die Titantic erforschen kann. ;)
Sitting quietly and doing nothing,
Spring comes, and the grass
grows by itself.
Benutzeravatar
Andre Peschke
Beiträge: 9736
Registriert: 9. Jan 2016, 16:16
Kontaktdaten:

Re: Folge 255: Cyberpunk macht man eigentlich nicht

Beitrag von Andre Peschke »

Soulaire hat geschrieben: 24. Feb 2020, 00:00 Ich möchte auch noch anmerken dass erneut über linke Künstler gewitzelt wurde. (sinngemäß dass die Kritik am Kapitalismus von Künstlern nur vorgeschoben wäre etc). klar kann man das so machen. es hat nur einen Beigeschmack wenn die 2 Stunden Podcast zuvor sehr Markt-ideologisch durchdrungen waren.
Da würde mich mal interessieren, was du meinst. Ich hab da nix mehr im Sinn (das heißt nix :D) und ich glaube, unsere Haltung in der Richtung ist ja eher die, dass wir sowas ständig herbeiwünschen (wo man uns dann eher Naivität / Idealismus vorwirft ;)).

Und "Martk-ideologisch durchdrungen" empfinde ich zumindest als leicht tendenziös. In meiner Wahrnehmung hat sich insbes. eben Ralf bemüht darzustellen, wie die Realität seiner Erfahrung nach aussieht. Und genau diesen unverstellten Blick auf die Realität (zumindest so wie sie Ralf in Jahrzehnten der Arbeit erlebt hat) finde ich wertvoll. Das bedeutet aber ja nicht, dass er oder wir dies auch propagieren.

Andre
imanzuel
Beiträge: 3586
Registriert: 8. Feb 2017, 22:58

Re: Folge 255: Cyberpunk macht man eigentlich nicht

Beitrag von imanzuel »

Axel hat geschrieben: 23. Feb 2020, 23:10 Wie zum Teufel kann man sich dann aber so dermaßen abhängig von anderen Faktoren machen? Wäre es nicht besser eigene Trends zu setzen statt anderen Trends hinterher zu hecheln? :doh:

Man könnte sooo viel geilen Scheiß mit dem Medium machen. Warum haben Entwickler und Publisher aber kein Selbstbewusstsein?

Oddmar
Frag doch mal bei Kojima nach. Der hat Death Stranding als super mysteriöses Spiel vermarktet, worauf sehr viele angesprungen sind. Hätte der von Anfang an gesagt, das wird ein Paketdienst-Simulator (was es im Endeffekt auch ist, aufs simpelste runter gebrochen), keine Sau hätte das interessiert. Das Resultat: Sehr viel Hype, sicherlich zu Start auch gute Verkaufszahlen, danach hat das Spiel keine Sau mehr interessiert, inklusive sehr schwache Verkaufszahlen nach Launch.

Man braucht sich da nicht wundern, warum AAA-Spiele (und da würde ich Death Stranding noch einordnen) alle nur nach Schema F arbeiten, niemand würde es wagen Spiele mit einem Budget von 50 Mio. aufwärts irgendwas extrem spezielles zu entwickeln. Was ich persönlich natürlich schade finde, aber so läuft es nun mal. Zu sagen "ja da müssen die sich halt mal was trauen" ist da... fatal. Sicherlich könnten sich Publisher der Marke Activision und EA leisten, mal 50 Mio Dollar zu versenken, die Anleger würden sich darüber nicht freuen und erstmal kritisch nachfragen warum man das nicht in Lootboxen-Spiele und Co investiert hat.

Ich denke es ist wirklich Aufgabe der Indies, irgendwelche Trends zu starten, die dann von Publisher aufgenommen werden und in AAA-Produktionen verarbeitet wird. Das es andersrum passieren wird, da habe ich schon längst die Hoffnung verloren.

Zu Oddmar was du als Beispiel angibst: Generisch wie sonst was. Das als positiv-Beispiel zu nehmen, eieiei :ugly:
Notiz für mich
2022: 1. Elden Ring 10/10 2. HFW 7/10 3. DL2 6/10
Benutzeravatar
Vinter
Foul Tarnished
Beiträge: 5057
Registriert: 25. Jan 2016, 02:50

Re: Folge 255: Cyberpunk macht man eigentlich nicht

Beitrag von Vinter »

Ich hab da mein ganz persönliches Kassengift-Wunschszenario.

Stell dir vor, es ist ungefähr 1610. Du stehst an einer fremden, leeren Küste: Über dir türmen sich schwere, graue Wolken auf, hinter dir liegt nur das schwarze Meer. Das Segelschiff, dass dich hierher gebracht hat, hat bereits kehrt gemacht und verschwindet am Horizont. Keine Möglichkeit, umzukehren. Keine Möglichkeit, es sich noch einmal anders zu überlegen. In der neuen Welt, in der du gelandet bist, gibt es nichts: Keine Straßen und Häuser, keine Märkte mit Lebensmitteln, keine Schulen, keine Ärzte. Nichts, was deinem Leben bislang einen Rahmen gegeben hat, was dir Halt bietet. Du und das gute Dutzend Familien, die mir dir hierhergekommen sind, sind ganz und gar alleine und auf sich gestellt. Und in der Ferne, jenseits des schmalen Küstenstreifens, an dem ihr euch niederlasst und eilig kleine Holzhütten errichte bevor der Winter kommt, erkennst du bereits unbekannte Wälder, nie bestiegene Berge und finstere Täler, in denen alles lauern könnte, was dein Aberglaube erlaubt: Teufel und Dämonen, Hexenzirkel, Kannibalen und fremde Kulte...

Ich kann mir kaum etwas erschreckenderes vorstellen, als, wie einst die ersten Siedler, jenseits jeder Zivilisation am Rande eines unbekannten Kontinents vor dem Nichts zu stehen. Und ich bin nicht mal gottesfürchtig - was müssen diese Menschen erst gedacht haben, was in den Wäldern auf sie lauern mag?

Es gibt da einen tollen Film, der die Atmosphäre, die ich mir vorstelle, schon sehr gut einfängt: The Witch (Trailer).

Mach doch mal einer sowas!
Spieleankündigungen und - updates 2024

Alle Spiele
Alle Streams
Benutzeravatar
Desotho
Beiträge: 5514
Registriert: 13. Dez 2016, 19:05
Kontaktdaten:

Re: Folge 255: Cyberpunk macht man eigentlich nicht

Beitrag von Desotho »

Das mag ich u.A. auch an japanischen Spielen. Die sind zwar spielerisch gerne mal etwas konservativ, aber abgedrehte Settings gibt es da immer wieder.
Ich fand z.B. das von Xenoblade Chronicles großartig.
El Psy Kongroo
Benutzeravatar
Axel
Beiträge: 4170
Registriert: 1. Jul 2018, 20:43
Wohnort: Chemnitz & Erzgebirge

Re: Folge 255: Cyberpunk macht man eigentlich nicht

Beitrag von Axel »

imanzuel hat geschrieben: 24. Feb 2020, 12:18 Zu Oddmar was du als Beispiel angibst: Generisch wie sonst was. Das als positiv-Beispiel zu nehmen, eieiei :ugly:
Das zeigt eigentlich nur, dass Du derzeit keinen guten Marktüberblick des Genres hast. ;) Sonst würdest Du das Spiel nicht als generisch betiteln. :mrgreen:

Das Genre der Platformer im Indiebereich sieht derzeit so aus: Generische grobschlächtige Pixelgrafik trifft auf langweilige Metroidvanias. Garniert mit heftigem Schwierigkeitsgrad und beschissenen Leveldesigns.
imanzuel
Beiträge: 3586
Registriert: 8. Feb 2017, 22:58

Re: Folge 255: Cyberpunk macht man eigentlich nicht

Beitrag von imanzuel »

Axel hat geschrieben: 24. Feb 2020, 14:26 Das zeigt eigentlich nur, dass Du derzeit keinen guten Marktüberblick des Genres hast. ;) Sonst würdest Du das Spiel nicht als generisch betiteln. :mrgreen:

Das Genre der Platformer im Indiebereich sieht derzeit so aus: Generische grobschlächtige Pixelgrafik trifft auf langweilige Metroidvanias. Garniert mit heftigem Schwierigkeitsgrad und beschissenen Leveldesigns.
Keine Ahnung, hab mir 10 Minuten vom Anfang angeschaut und 10 Minuten irgendwo zwischen drin (war aber beides die Apple-Version, falls das relevant sein sollte). Wüsste jetzt nicht was es großartig anders macht als dutzende andere Spiele von der Sorte.

Und hmm, du setzt jetzt Plattformer mit Metroidvanias gleich. Also gehört wohl in die Kerbe auch ein Ori und ein Hollow Knight. Und die sind wohl beide große Klasse, von daher trifft der Vergleich nicht so ganz ;)
Notiz für mich
2022: 1. Elden Ring 10/10 2. HFW 7/10 3. DL2 6/10
Benutzeravatar
Crenshaw
Beiträge: 1320
Registriert: 28. Aug 2016, 10:07

Re: Folge 255: Cyberpunk macht man eigentlich nicht

Beitrag von Crenshaw »

Axel hat geschrieben: 23. Feb 2020, 23:10 Ganz ehrlich: Ralfs Ausführungen triggern mich und zeigen auch auf, warum ich 80% der heutigen Spielelandschaft fürchterlich finde. Wir sind uns doch einig, dass Games DAS Unterhaltungsmedium des 21. Jahrhunderts sind. Wie zum Teufel kann man sich dann aber so dermaßen abhängig von anderen Faktoren machen? Wäre es nicht besser eigene Trends zu setzen statt anderen Trends hinterher zu hecheln? :doh:
wie überall, wenn man etwas zum geldverdienen machen muss, relativiert sich vieles und gerade wenn da schnell einige Millionen im Spiel sind, geht man lieber auf Nummer sicher (es sei denn man hat genug "übrig" um zu experimentieren oder man will einen Vorzeigetitel, bei dem die Refinanzierung eher zweitrangig ist (macht ja Sony bei der PS gerne mal)
Axel hat geschrieben: 23. Feb 2020, 23:10 Ich würde mir viel mehr unterschiedliche Settings und unterschiedliche Mechaniken wünschen. Oder auch mal wieder ungewöhnliche Mixturen. Warum gibt es keinen Shooter mit Zeitreisemechanik? Warum gibt es kein Action-Adventure in einer geil ausgestalteten prähistorischen Welt? Warum kein Unterwasser-Explorationsspiel wo man die Titanic erforscht? Warum kein Spiel in Atlantis? Warum kein Spiel im alten Griechenland? Und und und.

Man könnte sooo viel geilen Scheiß mit dem Medium machen. Warum haben Entwickler und Publisher aber kein Selbstbewusstsein? Stellt Euch doch mal vor, die Filmindustrie hätte vor 100 Jahren Rücksicht drauf genommen, welche Bücher erfolgreich sind. Meisterwerke wie ein Metropolis wären nie entstanden.

Ich will doch in Games was erleben, was mir Filme nicht bieten.
ich könnte mir vorstellen, wenn sich die ganzen "Flatrates" für Spiele bzw. das Streaming durchsetzt bzw. eine größere Rolle spielt, das dann solche "Nischen"spiele bzw. Experimente eine größere Chance bekommen, einfach um das Portfolio zu vergrößern bzw. zu diversifizieren oder um sich abzugrenzen
Benutzeravatar
lolaldanee
Beiträge: 2093
Registriert: 2. Jun 2016, 14:05

Re: Folge 255: Cyberpunk macht man eigentlich nicht

Beitrag von lolaldanee »

War ein super Podcast. Ralf war ein riesiger Gewinn, schnell kettet ihn an ein Mikro, so dass er nicht etwa schnell weglaufen kann.
Benutzeravatar
Jon Zen
Beiträge: 2831
Registriert: 10. Jul 2017, 02:51
Wohnort: Hessen

Re: Folge 255: Cyberpunk macht man eigentlich nicht

Beitrag von Jon Zen »

Ich musste breit grinsen, als Sebastian als Grundlage seiner Theorien die Lego-Themenwelten nannte.
Besonders als dann kam, dass doch Eisenbahnen eines der verkaufsträchtigsten Genre sei. Wer früher selbst sich Lego-Eisenbahnen kaufte (bei mir war es als 8-10 Jähriger anfang der 00er), dem war schnell klar, dass man keine coolen Eisenbahnlinien mit Lego bauen kann, wohnte man nicht gleichzeitig über dem eigenen Geldspeicher. Wer dem Held der Steine auf Youtube folgt, der bekommt auch immer wieder zu hören, dass die Leute zwar Legoeisenbahnen haben wollen, es aber nur wenige, schlechte und massiv überteuerte Sets gibt. Ähnlich wie bei den Games (außer dass sie zu teuer sind):
Open TTD ist vermutlich auch im PC Bereich immer noch das beste Eisenbahnspiel - und das ist uralt.

Zu den Lego Vikings: Das war eine der besten Lego Serien bis dato überhaupt! Sehr gut bespielbar, viele Figuren, tolle Steine und den besten Katapult aller Zeiten (wenn man große Murmeln als Munition verwendet) - ein Traum für einen 10-12 Jährigen!
Neben dem wohl unbeliebten Setting hatte Vikings ein weiteres Problem: Die Gegner. Das waren damals keine bösen Wikinger oder Engländer, sondern merkwürdige Technik-Hybrid Monster aus der nordischen Götterwelt: Seeschlangen, Drachen oder Riesen-Wölfe. Ziemlich langweilig aus Sicht meines elfjährigen Ichs. Die Sets: https://www.lego.com/de-de/service/buil ... 0000-20102
Hätte man eine "zweite Staffel" mit besseren Feinden gemacht, hätte die Themenwelt Potenzial gehabt, aber Lego traf zu dieser Zeit viele merkwürdige Entscheidungen.
So waren die Feinde der Ritter Skelette. Wtf.
https://steamcommunity.com/id/Jon-Zen/ | Unsere Biervorräte schwinden dahin, Sire!
oscarmayer
Beiträge: 295
Registriert: 27. Feb 2019, 14:47

Re: Folge 255: Cyberpunk macht man eigentlich nicht

Beitrag von oscarmayer »

Also ich teile Ralfs Ansichten größtenteils und er hat halt einen Sarkastischen Blick auf die Realität. Es ist halt so, dass die großen Publisher abwarten, bis irgendjemand anderes zufällig einen großen Wurf macht, um sich dann darauf zu stürzen. Maximale Kohle, bei minimalem Risiko. Das jüngste Beispiel ist da m.E. Battle Royale. Und natürlich ist die Realität traurig, fleiß und Bereitschaft zum Risiko wird schlecht entlohnt oder gar bestraft. Wohingegen fast schon Plagiarismus zum finanziellen Erfolg führt.
Super Beispiel für "Risiko ist blöd und Action läuft super, also macht Action!"
Ich habe mir vor einigen Tagen Dead Space 3 gekauft. Ich musste im Origin Store zwei mal anklicken, dass ich kein verfluchtes EA Abo haben möchte und das Spiel wirklich, in echt für 4,99 EUR kaufen möchte. Beim spielen war ich dann so wütend auf diesen verdammten Laden! Dead Space war für mich eines der Besten Horror Spiele jemals und Teil 3 wurde zu einem "coolen" Actionspiel gemacht, bevor Visceral Games dicht gemacht wurde. Super :(
Benutzeravatar
Ralf C. Adam
Beiträge: 51
Registriert: 9. Jan 2020, 12:03
Kontaktdaten:

Re: Folge 255: Cyberpunk macht man eigentlich nicht

Beitrag von Ralf C. Adam »

Vielleicht noch mal ein bisschen mehr zur Erklärung, weil ein paar Punkte etwas untergegangen sind (ich habe zwar versucht, im Podcast darauf einzugehen, aber wahrscheinlich ist einiges davon ein wenig zu kurz gekommen): das "Setting" ist nicht nur eine reine Publisher-Sache. Es ist auch - selbst für den oben häufig zitierten Indie-Entwickler - eine maßgebliche Game Design Entscheidung.

Eine ständige Überlegung, die ich als Game Desginer immer im Hinterkopf habe, ist das "Vorwissen" des Spielers. Wie viel muss ich zu Spielstart erklären? Bei wie vielen Elemente, Mechaniken etc. kann ich davon ausgehen, dass der Spieler damit grundlegend vertraut ist? Beispiel: Ein Langbogen ist eine Fernkampfwaffe. Solange ich dieses Konzept nicht ändere (weil es z.B. in meiner Welt eine andere Gravitation gibt und ein Pfeil nur 2 Meter weit fliegt), muss ich es dem Spieler nicht weiter erläutern.

In dem Moment aber, in dem ich - um beim Beispiel zu bleiben - Waffen, oder auch Magie, in meiner Welt einführe, die "Otto-Normalverbraucher" nicht zwangsläufig aus Filmen, Büchern, seinem Geschichtsvorwissen usw. her kennt, wird es sofort schwieriger. Ich habe eine Einstiegshürde für den Spieler. Ich muss ihm zunächst etwas beibringen. Je mehr ich davon habe, desto länger wird z.B. das Tutorial, die Einführung. Desto schneller vergisst der Spieler es wieder, wenn er das Spiel eine Woche nicht gespielt hat usw.

Ja, es gibt Spieler, die finden es toll, sich in ein komplexes, komplett neues Thema reinzubeißen. Darin zu versinken und eins mit einer fremden Welt zu werden. Aber das sind eben nicht so viele, wie vielleicht gemeinhin (genau von diesen "Hardcore"-Spielern) vermutet wird.

Oben wird "Stardew Valley" als ein Beispiel genommen, und es ist ein perfektes Beispiel - allerdings für genau meine Aussage :-) Zunächst einmal: "Indie" ist kein Setting! Und Stardew hat ein perfektes, "publisher kompatibles" Setting: Farm/Bauernhof ist grandios (siehe Farmville, siehe Farm Simulator etc.). Befarf keinerlei Erklärung. Pflanzen und ernten ist uns quasi seit der Steinzeit in den Genen ;-) Und auch das Setting von Minecraft ist perfekt: Hacke, Steine abbauen, damit etwas nach Belieben in einem Sandkasten aufbauen (Lego) - das bedarf keiner Einführung. Deshalb: nicht Setting mit Spielmechaniken oder "Produktionsmethoden" verwechseln.

Was den angemerkten "zynischen" Unterton angeht - ich habe bei vielen Publishern gearbeitet, das heißt aber nicht, dass ich deren Denkweise unbedingt immer gut und richtig finde und voll umfänglich teile. Ich habe ironischerweise in der Branche tatsächlich einen gewissen Ruf, dass ich meinem Auftraggeber auch schon mal die Brocken vor die Füße werfe, wenn ich das Gefühl habe, hier wird die Gegenseite gerade über den Tisch gezogen ;-)

Ich finde es aber wichtig, in einem solchen Podcast mit diesem Thema zumindest besagte Denkweise zu erklären und nachvollziehbar zu machen. In dem Moment wo es um "Geld verdienen" geht, finden viele Menschen das Gesagte fast automatisch zynisch. Aber: wenn es die EAs und Ubis, die Nintendos und Sonys, die Microsofts und Bethesdas dieser Welt nicht gäbe, wäre unsere Branche auch nicht da, wo sie sich jetzt befindet.
Mohnbrötchen
Beiträge: 6
Registriert: 25. Feb 2020, 17:49

Re: Folge 255: Cyberpunk macht man eigentlich nicht

Beitrag von Mohnbrötchen »

Zum Thema Elder Scrolls: Zumindest in ESO hat Bethesda das Morrowind-Szenario ja wiederbelebt und sogar noch ein paar obskurere Sachen drin (z.B. Clockwork City). Wobei hier natürlich die Frage ist, wie erfolgreich diese DLCs im Einzelnen waren + hat ESO ja schon eine gewisse Basis an Spielern.
Galford
Beiträge: 9
Registriert: 3. Mär 2018, 17:58

Re: Folge 255: Cyberpunk macht man eigentlich nicht

Beitrag von Galford »

Ich will eigentlich nur erwähnt, dass natürlich nicht alle der 4 Forza Horizon Spiele Linksverkehr haben - es sind deren 2. Und Achtung, persönliche Meinung: Australien ist davon nicht mein Lieblingsszenario. Ich hätte sogar gerne auch mal wieder Rechtsverkehr, wobei das alleine wirklich kaum darüber entscheidet, ob ich ein Rennspiel spiele oder nicht.

Und die Lego Expansion ist, so wie ich das sehe, in der Community auch nicht unumstritten. Ich persönlich finde z.B. wenn es schon in Richtung Spielzeug geht, dass die Hot Wheels Erweiterung für Forza Horizon 3 weit aufregender war.
Kero
Beiträge: 7
Registriert: 10. Jul 2016, 03:36

Re: Folge 255: Cyberpunk macht man eigentlich nicht

Beitrag von Kero »

Ich hab bei der Diskussion nicht ganz verstanden, was eigentlich besprochen wird? Der Gedanke an ein Setting vor der Spieleentwicklung wirkt ehrlich gesagt so, als ob ein einfach nur ein Reskin für ein bestehendes Spiel a la Assassin Creeds plant. Ist das denn die Art, wie Indie-Entwickler ihre Spiele entwickeln?

Ich fand daher die eingehende Erklärung von Ralf mit der 1/3 Formel ziemlich einleuchtend bis auf einmal stumpf irgendwelche Settings in den Raum geworfen wurden. Kann man denn wirklich sagen, dass Mittelalter besser als Dinosaurier ist (Ark ist übrigens ein imo sehr erfolgreiches Spiel mit Dinosaurier)? Zumal müsste Sci-Fi in der Hinsicht nicht das schlechteste Setting sein? Weil man viel Erklärung hat, wie xy funktioniert, was die und jenes ist und und und.

Ich habe bei der Diskussion den Gameplay Aspekt vermisst und manchmal den Eindruck, dass Erfolg sehr unterschiedlich wahrgenommen wird. Und bezüglich Setting und Erfolg hatte ich ehrlich gesagt den Faden komplett verloren, weil ich die Vergleiche etwas seltsam fand. Der Erfolg von den Rockstar Spielen beruht ja wenig darauf, dass sie solch einzigartige Settings zu bieten haben. Wenn ein RDR2 oder GTA V mal ein Point N Click gewesen wären, dann sehe die Sache nämlich ganz anders aus! Zumal manche Spiele mehr für ihr Gameplay stehen, als ihr Setting Beispiel wäre da Portal, baba is you oder ein Mario.

Jedenfalls zielen ja viele Spiele gar nicht auf den riesigen Erfolg ab oder? Wie viele Indie Studios planen denn mit der Absicht mehrere Millionen zu verkaufen? Wollen Publisher eventuell gar nix mit kleinen Spielen zu tun haben? Habe mich schon immer gefragt, wieso ein EA nicht einfach Slipstream, Unrailed oder sonstige Spiele übernimmt und es einen schnellen Entwicklungsschub gibt, statt daraus einen hundert Millionen Investment zu machen.

Ralf als Gast war aber top und hatte so bisschen den Fabian Döhla-feeling.
Benutzeravatar
Andre Peschke
Beiträge: 9736
Registriert: 9. Jan 2016, 16:16
Kontaktdaten:

Re: Folge 255: Cyberpunk macht man eigentlich nicht

Beitrag von Andre Peschke »

Kero hat geschrieben: 26. Feb 2020, 03:48 Habe mich schon immer gefragt, wieso ein EA nicht einfach Slipstream, Unrailed oder sonstige Spiele übernimmt und es einen schnellen Entwicklungsschub gibt, statt daraus einen hundert Millionen Investment zu machen.
Hatten wir in einem früheren Podcast schonmal diskutiert. Ein EA hat nur eine bestimmte Anzahl an Projekten, die es sinnvoll betreuen kann. Nehmen wir also mal an, EA hat 10 Producer, die jeweils ein Spiel betreuen können (fiktiv). Wenn nun einer der Producer ein Spiel betreut, dass am Ende vielleicht 1 Mio Gewinn macht, dann kann er in der gleichen Zeit eben kein Spiel betreuen, dass vielleicht 100 Mio Gewinn macht. Und weil EA ein börsennotierter Publisher ist, bedeutet das einen verschwendeten Producer, dessen bestmögliches Ergebnis (1 Mio Gewinn) für die Anleger (und EA im großen und Ganzen) einfach scheißegal ist. Das gleiche gilt zB für Marketing und so weiter. Konnte man zB auch bei "Titanfall 2" beobachten, dass zwar von der Kritik gelobt wurde, aber erkennbar die weit abgeschlagene 2. Geige bei EA gespielt hat, gegenüber Battlefield. Der Apparat kann eben nicht zwei Titel gleichzeitig im gleichen Genre gleichberechtigt auf die Bühne heben. Einer säuft dabei ab - in dem Fall war's "Titanfall 2". Und das war noch nichtmal ein wirkliches Indie-Game. Zudem sind Indie-Games ja auch noch unberechenbarer, weil man da nicht eine große Marke fortsetzt und eigentlich sind sie sogar beim Marketing schwieriger (siehe Ralfs Ausführungen zur Erklärung neuer Szenarien - gilt ja auch für neue Spielmechaniken, da sogar noch mehr + sie sind per se erstmal unbekannter).

Es gibt andere Erwägungen, die sowas dann doch interessant machen können. zB das Entdecken neuer Talente, Trends etc. Aus dem gleichen Grund unterhalten Filmstudios auch ihre Indie-Lables, weil man erstens hofft zwischendrin auf ein "Blair Witch" zu stolpern, oder eben den nächsten jungen Regiestar günstig für mehrere Filme zu verpflichten etc. Man sieht, dass auch die Publisher wie EA ein wenig versuchen, in dieser Richtung den Zeh ins Wasser zu halten (EA Originals // EA Partners), aber noch scheinbar keinen richtig guten Modus dafür gefunden haben.

Andre
Antworten