In der Tat eine schön Folge, es war sehr erfrischend, mal wieder etwas von Jochen zu hören!
Ich glaube, dass die Spielebranche von der aktuellen Krise zwar kurzfristig profitieren wird, dies sich aber vermutlich weniger stark nachhaltig positiv auswirken wird, wenn nicht gar negativ. Die Spielerzahlen mögen ganz aktuell zwar rekordverdächtig hoch sein und werden dies mit den Ausgangsbeschränkungen einhergehend vermutlich auch noch eine zeitlang bleiben, ich würde jedoch vermuten, dass sich bei einer Lockerung der Maßnahmen (oder auch erst nach dem Ende der Pandemie) eine Art Gegenbewegung einstellen wird. Vielen Menschen wird in der aktuellen Situation klar, wie wichtig frische Luft und soziale Kontakte eigentlich sind, also werden viele diese Dinge überproportional auskosten, sobald es wieder möglich ist.
Es ist also anzunehmen, dass momentan verfügbare oder bald erscheinende Spiele durchaus profitieren - Games, die in einer späteren Phase veröffentlicht werden, bringt das aber natürlich herzlich wenig Vorteile. Wer kauft sich schon gerade dann ein neues Videospiel, wenn ein Großteil der Menschen jede freie Sekunde an der frischen Luft oder mit Freunden verbringt?
Bezüglich Abo-Modellen, welche keine ständigen neuen Käufe erfordern, sieht das schon etwas anders aus; Netflix und andere Streamingdienste werden IMO schon nachhaltig profitieren, da vermutlich ein nicht unbeträchtlicher Anteil der Menschen ihre Abos aus Bequemlichkeit einfach weiterlaufen lassen werden, selbst wenn sie das Angebot eine zeitlang nicht so stark nutzen. Hinsichtlich Spielen, wo für jeden Titel eine neue Kaufentscheidung getroffen werden muss, könnte die dann häufiger negativ zugunsten des neu erscheinenden Spiels ausfallen. Schließlich werden die generellen Folgen, etwa der allgemeine Rückgang von Kaufkraft und -bereitschaft aufgrund der zu erwartenden wirtschaftlichen Rezession (Effekte, die sehr wahrscheinlich länger andauern werden als die gesundheitliche Krise selbst), auch vor der Spielebranche nicht Halt nachen.
Der Abo-Effekt könnte natürlich auch auf den Game Pass von XBox und ähnliche Streamingangebote der Spieleindustrie zutreffen, aber bei der Einzelbetrachtung eines Titels wird es stets ganz davon abhängen, in welcher Phase er erscheint. Es wird also letztendlich auch irgendwo ein Glücksspiel für die Publisher und Entwickler in ihrer Projektplanung sein, da niemand jetzt seriös vorhersagen kann, wie die Situation in X Wochen oder Jahren aussiehen wird - wenn das schon Virologen nicht können, dann sicher keine Manager in der Spielebranche.
Apropros Netflix & Streamingdienste: Ihr habt im Podcast ja auch die Drosselung der Videoqualität angesprochen (die mir übrigens auch noch nicht wirklich aufgefallen wäre). Der auch als Fefe bekannte "IT-Experte" Felix von Leitner hat in einem sehr spannenden Interview erklärt, dass das "sinnloser Aktionismus" und eine reine PR-Aktion sei (Link zum Interview:
https://meedia.de/2020/03/24/it-experte ... ktivismus/)
Grob zusammengefasst: Zum einen werden z.B. ein Teil der Videos von YouTube teilweise gar nicht mehr direkt von den YouTube-Servern abgerufen, sondern von Festplatten, die bei der Telekom stehen - was mir bislang gänzlich unbekannt war und sich auch erstmal seltsam anhört, aber bei näherer Betrachtung schon naheliegend erscheint. Wenn auch nur die 100 meistabgerufen Videos zwischengespeichert werden, spart man da schon massiv Traffic (so stelle ich mir das Prinzip zumindest vor).
Zum anderen ist das Netz selbstregulierend. Wenn es überlastet ist, reduzieren sich die Datenmengen (also z.B. die Videoqualität) ganz automatisch. Es ist nicht so, als würde das Internet ab einer bestimmten Menge an übertragenen Daten pro Zeiteinheit platzen.
Aber da die Drosselung für den Laien erstmals logisch erscheint (720p verbraucht nunmal weniger Daten als 1080p, dieser Zusammenhang dürfte im Vergleich zu der Selbstregulierung jedem erkennbar sein), und Netflix & co. nicht den Buhmann abgeben wollen, spielen sie einfach mit - zumindest offziell. Mir ist das im Gebrauch wie gesagt auch noch nicht aufgefallen, vielleicht setzen sie das auch gar nicht in die Tat um.