Horror/Psychologie/COVID19

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bluttrinker13
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Re: Horror/Psychologie/COVID19

Beitrag von bluttrinker13 »

Andre Peschke hat geschrieben: 5. Jul 2020, 15:28 Das ganze System und seinen "Incentives" wie "Mach eine Studie, die viel Presse bekommt, dann bekommst du mit größerer Wahrscheinlichkeit mehr "Sponsoren" oder wirst an interessanten Stellen veröffentlicht etc" ist echt interessant. Kriegt man sonst gar nicht mit. Als Normalo denkt man, der Wissenschaftler sitzt im Labor und forscht altruistisch dem Wohle der Menschheit entgegen.
Du hast das Ganze aber auch schon super durchdrungen. Btw, kommt denn bald mal wieder eine Folge mit Helge?? :D

Aber ja, es ist natürlich ein interessantes Spannungsfeld, also das zwischen Idealismus und schnöden, outcome-fokussierten Strukturen mit "zentralen Währungen" (O-Ton Walk) welche letztlich ein (kompetitives!) Business, wie jedes andere auch, draus machen.

Idealismus ist meist dadurch gesichert, weil er die Leute reinbringt. Idealismus kann und wird bei den meisten auch vorhanden bleiben, wird aber zurechtgestutzt werden. Bei einigen in einem Ausmaß dass sie sagen, "OK, nach der Diss bin ich raus, bye.". Legitim, und alles andere als selten (von 6 engen peers die mit mir mit einer Diss anfingen, haben 4 danach bye gesagt, 2 sind noch drin).

Outcome-Fokus wird dadurch gesichert, dass du dich recht früh an gewisse business-Regeln anpassen musst, wenn du weiterhin erfolgreich genug sein willst, um Stellen zu bekommen, oder Drittmittel. Publish or perish, siehe oben. :D Das führt, zumindest bei uns in der Psychologie, zu einem harten Wettbewerb um Aufmerksamkeit, fame, und vor allem: Journalseiten. Funfact: in der Psychologie ist die Anzahl verfügbarer Journalseiten viel geringer als bspw in der Physik. Daraus resultieren in der Psy Ablehnungsquoten von 70-80% für ein Paper, während es in der Physik "nur" ~50% sind (diese Daten habe ich anno 2014 mal recherchiert). (Ein Baustein, im übrigen, auch, warum die oben erwähnte Replikationskrise und auch frauds in der Psy viel prominenter sind, das aber nur am Rande.) Daraus resultiert wiederum eine völlig andere, sehr ergebnis- und erfolgsfokussierte Arbeitskultur (wobei die Amis nachwievor Tonangebend sind), die eben den Altruismus und das "Wahre und Schöne" auch mal vollkommen vergessen lässt. In dem Zuge entsteht dann auch crunch, den gibt es auch in der Wissenschaft nicht selten. Das ist nicht schön, gleichzeitig aber eine natürliche Folge der Strukturen, und wie Jochen schon immer richtig sagt: Strukturen erzeugen Verhalten.

Ich bin der Meinung, wenn man gut ist kann man dennoch idealistisch sein und weiterhin tollen Ideen für das höhere Wohl folgen. Man darf parallel nur nicht naiv sein und die Regeln des business ignorieren. Ich persönlich habe erst spät den Schuss gehört, und dadurch mE Nachteile gegenüber anderen meines Alters an anderen Standorten gehabt. Irgendwie habe ich es aber trotzdem geschafft mich durchzuwurschteln, und bin immernoch drin. Bin aber auch dazu übergegangen, meinen Studis im Bachelor-Grundstudium die Business-regeln (Wie denken Reviewer? Was ist Impact? etc) früh beizubringen, dann können sie selbst informiert entscheiden ob sie den Zirkus mitmachen wollen. 8-)

Sry für all das offtopic. Habe sogar noch versucht back to topic zu kommen und ein interessantes, valides Paper zu finden, was Gänsehaut angeht. Bin aber noch nicht fündig geworden. Kommende Woche ist Urlaub, ich versuche da noch mal etwas zu recherchieren. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es zum Thema, machen einen Horror- oder Gewaltfilme resilienter?, nichts Gutes gibt, da gibt es mit Sicherheit was.
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schneeland
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Re: Horror/Psychologie/COVID19

Beitrag von schneeland »

bluttrinker13 hat geschrieben: 5. Jul 2020, 19:00 Funfact: in der Psychologie ist die Anzahl verfügbarer Journalseiten viel geringer als bspw in der Physik. Daraus resultieren in der Psy Ablehnungsquoten von 70-80% für ein Paper, während es in der Physik "nur" ~50% sind (diese Daten habe ich anno 2014 mal recherchiert).
Nur mal aus Neugier: 20-30% akzeptierte Einreichungen sind die A/A+-Journals? Weil ich das jetzt gar nicht so ungewöhnlich finde (unabhängig davon, dass es dann natürlich trotzdem noch schwer genug ist, reinzukommen).
"Hello, my friend! Pay a while, and listen!" (BlizzCon 2018)
"And now our RPG even has NPCs!" (Bethesda, E3 2019)
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bluttrinker13
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Re: Horror/Psychologie/COVID19

Beitrag von bluttrinker13 »

schneeland hat geschrieben: 5. Jul 2020, 20:48
bluttrinker13 hat geschrieben: 5. Jul 2020, 19:00 Funfact: in der Psychologie ist die Anzahl verfügbarer Journalseiten viel geringer als bspw in der Physik. Daraus resultieren in der Psy Ablehnungsquoten von 70-80% für ein Paper, während es in der Physik "nur" ~50% sind (diese Daten habe ich anno 2014 mal recherchiert).
Nur mal aus Neugier: 20-30% akzeptierte Einreichungen sind die A/A+-Journals? Weil ich das jetzt gar nicht so ungewöhnlich finde (unabhängig davon, dass es dann natürlich trotzdem noch schwer genug ist, reinzukommen).
Jo, genau!
Das ist ein Durchschnitt, den ich damals fand für einen Bereich von Impactfactor 1 - 10. Also ordentliche Varianz natürlich inbegriffen. Je nach Fame und Anzahl der Einreichungen pro Issue können die rejection rates natürlich auch eher bei 85-90% liegen (bspw JPSP oder Applied Psychology), manche wenige auch um die 50% (Rehabilitation Psychology). Als Kontrast hierzu mal eine Diskussion aus der Physik, die rejection rates doch mal zu erhöhen: https://physicstoday.scitation.org/doi/ ... /PT.3.4400 :mrgreen: (Akzeptanzraten von 85%, WTF, geifer/sabber!) :ugly:

Wen's interessiert, die APA führt offenkunding immer noch Statistiken darüber: https://www.apa.org/pubs/journals/statistics
Bildet aber auch nur einen Teil der Journallandschaft ab. In "guten" Journalen sollte man immer mit >70% rechnen, und das sind natürlich rein deskriptive Werte, ohne die Inhalte oder das Thema der Arbeit miteinzubeziehen.

Resultierende Daumenregel, ganz salopp, bei uns: Hab immer ca. 3 Eisen im Feuer, dann hast du statistisch eine Publikation sicher. :D
(Edit: leichter gesagt als getan)
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Andre Peschke
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Re: Horror/Psychologie/COVID19

Beitrag von Andre Peschke »

bluttrinker13 hat geschrieben: 5. Jul 2020, 19:00Daraus resultieren in der Psy Ablehnungsquoten von 70-80% für ein Paper, während es in der Physik "nur" ~50% sind (diese Daten habe ich anno 2014 mal recherchiert). (Ein Baustein, im übrigen, auch, warum die oben erwähnte Replikationskrise und auch frauds in der Psy viel prominenter sind, das aber nur am Rande.)
Interessant. Ich hätte erwartet, die Krise kommt einfach aus dem Metier. Zu vieles ist da schlecht belegbar, weswegen ja zB auch die Psychoanalyse mit vielem durchkommt, wo man sagen würde: "Wo ist der Beleg?". Was, wenn ich Helge richtig im Sinn habe, ja die Behavioristen überhaupt erst auf den Plan gerufen hat, die dann gesagt haben: "Lass das mal irgendwie auf eine festere Grundlage stellen und nur das heranziehen, was wir beobachten können". Irgendwo hier im Thread wurde ja auch schon über die Medienwirkungsforschung im Allgemeinen gesprochen und mir geht's da ähnlich: Ich bin da sehr skeptisch geworden, wie viel handfestes Wissen überhaupt in dem Zweig existiert. Ganz ohne Replikationskrise.
bluttrinker13 hat geschrieben: 5. Jul 2020, 19:00 und wie Jochen schon immer richtig sagt: Strukturen erzeugen Verhalten.
Falsche Quellenangabe - das ist mein Spruch, nicht Jochens!!11
bluttrinker13 hat geschrieben: 5. Jul 2020, 19:00 Ich bin der Meinung, wenn man gut ist kann man dennoch idealistisch sein und weiterhin tollen Ideen für das höhere Wohl folgen. Man darf parallel nur nicht naiv sein und die Regeln des business ignorieren. Ich persönlich habe erst spät den Schuss gehört, und dadurch mE Nachteile gegenüber anderen meines Alters an anderen Standorten gehabt. Irgendwie habe ich es aber trotzdem geschafft mich durchzuwurschteln, und bin immernoch drin. Bin aber auch dazu übergegangen, meinen Studis im Bachelor-Grundstudium die Business-regeln (Wie denken Reviewer? Was ist Impact? etc) früh beizubringen, dann können sie selbst informiert entscheiden ob sie den Zirkus mitmachen wollen. 8-)

Sry für all das offtopic. Habe sogar noch versucht back to topic zu kommen und ein interessantes, valides Paper zu finden, was Gänsehaut angeht. Bin aber noch nicht fündig geworden.
Wie gesagt, ich finde das ziemlich spannend.

Re: Folgen mit Helge gibt es sogar zwei aufgezeichnete. Ich hab aber das Gefühl, ich habe die ein wenig vermasselt. Die hatten keinen guten roten Faden. Ich muss irgendwann nochmal in Ruhe schauen, ob ich die durch Schnitt retten kann. Aber daher gab es so lange keine neue Folge mehr mit ihm.

Andre
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schneeland
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Re: Horror/Psychologie/COVID19

Beitrag von schneeland »

bluttrinker13 hat geschrieben: 5. Jul 2020, 21:56 Als Kontrast hierzu mal eine Diskussion aus der Physik, die rejection rates doch mal zu erhöhen: https://physicstoday.scitation.org/doi/ ... /PT.3.4400 :mrgreen: (Akzeptanzraten von 85%, WTF, geifer/sabber!) :ugly:
Akzeptanzquoten von 85% assoziiere ich mich indischen und chinesischen SCAM-Konferenzen - da fühlt man sich doch schmutzig, wenn man dort was einreicht ;)

Aber vielen Dank! Das ist dann ungefähr, in dem Rahmen, den ich kenne, nur dass im Bereich Human-Computer Interaction halt traditionell auf Konferenzen und nicht in Journals publiziert wird (meine Vermutung wäre übrigens, dass das in der Physik ähnlich ist und die kompetitiven Einreichungen auf Konferenzen gehen).

@Andre:
Danke für die Erläuterung! Mag die Folgen mit Helge auch immer sehr gern und hatte mich schon gewundert, dass da nichts mehr kam.
"Hello, my friend! Pay a while, and listen!" (BlizzCon 2018)
"And now our RPG even has NPCs!" (Bethesda, E3 2019)
"..." (E3 2020, entfallen)
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bluttrinker13
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Re: Horror/Psychologie/COVID19

Beitrag von bluttrinker13 »

schneeland hat geschrieben: 5. Jul 2020, 22:05 Aber vielen Dank! Das ist dann ungefähr, in dem Rahmen, den ich kenne, nur dass im Bereich Human-Computer Interaction halt traditionell auf Konferenzen und nicht in Journals publiziert wird (meine Vermutung wäre übrigens, dass das in der Physik ähnlich ist und die kompetitiven Einreichungen auf Konferenzen gehen).
Ahjo, das ist interessant, und durchaus möglich!
Bei uns sind conference-Beiträge definitiv eher safe game, aber auch nichts was dir eine Stelle gibt. (Außer im negativen Sinne, wenn du nie auf Konferenzen bist!) Aber eigentlich wäre das eher nice, da solch ein Auftritt dann ja auch viel nahbarer ist, und direkt mit kritischer Diskussion verbunden. Ich nehme das als Anregung mal auf.

@Andre: Mal wieder was mit Helge wäre echt dufte! Ich feiere die Reihe total, und vermisse sie auch schon.
Und Psychoanalyse findet heutzutage null statt in Forschung, weil es eben wie du schreibst, vor Ewigkeiten schon erfolgreich als unwissenschaftlich kritisiert wurde. Also ich distanziere mich davon immer (auf Publikumsbeiträgen) ganz explizit, genauso wie die meisten Kollegen.

@Andre Zitationsfehler: omg, Erbsünde. Hoffentlich landet das nicht auf peschkeplag :?
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