Superspannendes Thema.
Aber ja... mich haben die beiden auch nicht überzeugt.
Grade diese völlige Empörung über das Naughty Dog Konzept klang für mich eher nach Rechtfertigung des eigenen Berufszweigs.
Dass Kommunikationswege unter Mitarbeitern eingeschränkt sein sollen, führte bei mir dazu, dass sich die Haare aufstellten.
Ich habe einen großen Teil meines Berufslebens in einer Spielefirma verbracht, in der auch Oliver Staude-Müller eine ganze Weile gearbeitet hat. Die ist sicher nicht für qualitativ hochwertigste Produkte bekannt, aber meine Erfahrung war:
Das meiste was schön in großen Meetings tagelang von Designern durchgekaut und danach komplett durchgeplant und in kleine Arbeitshäppchen zerteilt und über ein Ticket-System an die kleinen Arbeiterbienchen verteilt wird, ist am Ende bestenfalls seelenloser 08/15 Content und all zu oft auch Quatsch, der (wieder bestenfalls) gelöscht, meist aber im Spiel gelassen wird, weil man die Kosten nicht abschreiben will.
Das geilste Zeug ist entstanden, wenn Leute sich aus Eigenmotivation nach Feierabend noch hingesetzt haben, um etwas besonderes zu bauen. Teilweise auch mit ein/zwei anderen Leuten.
Diese Sachen werden dann sehr oft zu Star-Features, die dann natürlich auch freudig von Team-Managern als Riesenerfolg nach oben reportet werden, auch wenn sie selbst überhaupt nichts damit zu tun hatten. Ich hab auch schon erlebt, dass nach jahrelanger (sinnloser) Fließbandarbeit so eine Fleißarbeit ein Projekt rettete.
Und da liegt für mich die Antwort, warum Naughty Dog und CD Projekt so hervorragende Spiele produzieren, die Mitarbeiter jedoch auch ziemlichen Raubbau an sich selbst betreiben. Ich kucke mir bei Witcher III EINE Quest mit perfekt verzahnten Cutscenes und Dialogen, etc. an und stelle mir vor, wie diese Quests im typisch-deutschen Workflow wohl realisiert worden wäre. Endlose Meetings aller Großkopferten, exaktes Design-Dokument, das jedes Fitzelchen beschreibt, damit das Feature hinterher von x Personen bearbeitet wird, die alle kein Gesamtbild haben, auch wenig Herzblut reinstecken, und am Ende ihres Subtasks in Jira auf den Knopf drücken.
Da kaum miteinander kommuniziert wird, entsteht auch kaum ein Team-Gefühl und einmal im Jahr geht man dann als Maßnahme Paintball spielen.
Generell wird in ”Auf ein Bier” Podcasts ziemlich dafür geworben, ein Spiel als komplett durchgeplantes und komplett von Leads gesteuertes Industrieprodukt herzustellen. Aber dabei kommt halt dann auch nur das Mittelmaß raus, das wir aus Deutschland kennen.
Oder halt das x-te Assassin’s Creed nach Formel Y, wenn man genug Geld draufschmeißt.
Die Wahrheit liegt für mich irgendwo dazwischen. Klare Ziele und Deadlines, aber auch Freiräume.
Ein guter Mix aus Pflicht und Kür.
Dazu gute Tools, in denen möglichst wenige Leute, möglichst viel erreichen können.
Und weg von den reinen Think-ern und den reinen Do-ern.
Auch Disziplinen gehören imo - im Nintendo-way - aufgebrochen:
Ein Designer sollte auch etwas coden können und ein Coder designen können (und dürfen).
Das fürchten Designer in der Regel wie der Teufel das Weihwasser. Beides.
Dabei wird das Ergebnis so viel besser, wenn man seine Ideen SELBST umsetzen kann, statt sie nur
auf ein Papier zu schreiben, die dann ein skeptischer Coder nach Lasten-/Pflichtenheftmuster umsetzt.
Und da so gerne Supercell als Erfolgsbeispiel genannt wird:
Wie funktioniert denn Supercell?
Kleine Teams mit Multitalenten.
Da steht dann auf der
Konferenz ein Programmierer und referiert über das Game Design in Clash of Clans.
Hierarchie: Team-Lead - CEO.
Für typisch deutsche Strukturen undenkbar.
Typische Reaktion, wenn man mit jemandem über Supercell spricht, der Hierarchien toll findet:
“Ja, aber das sind alles Profis.“
Und worin suchen wir das Heil? I.d.R. in teuer eingekauften Vordenkern, für die nochmal eine Hierarchieebene geschaffen wird.