Runde #274: Über Firmenkultur und Hierarchien
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Re: Runde #274: Über Firmenkultur und Hierarchien
War auch nicht begeistert vom Podcast, insbesondere die erste Hälfte war eine endlose Ansammlung von Gemeinplätzen, wenig konkreten Anekdoten und Relativierungen. Insbesondere Olli konnte mich gar nicht überzeugen, die Art und Weise, wie er sich mehrfach Andrés Nachfragen entzog mit der Begründung, nicht "Schwarz-Weiß" argumentieren zu wollen, klang wie reinstes Politiker-Sprech. Die Behauptung, dass ein Unternehmen, welches Strukturen schafft, um eine angenehme Unternehmenskultur zu schaffen, quasi schon den Offenbarungseid leistet, in dieser Hinsicht zu versagen, erschien mir nicht schlüssig und sogar ausgesprochen schädlich. Eine produktive Unternehmenskultur erwächst nicht allein durch das integre Vorbild der Führung und gute Vibes, es braucht eben Strukturen, die Transparenz, faire Behandlung usw. gewährleisten, und die um so wichtiger sind, je größer das Studio oder das Unternehmen ist. Natürlich sind Verteter der deutschen Branche in dieser Hinsicht meist wenig erfahren, da es große deutsche Spiele-Unternehmen, die mit Ubisoft & Co vergleichbar wären, einfach nicht existieren. In einem 25-Leute-Studio wie Piranha Bytes sieht es logischerweise anders aus.
“Reality is that which, when you stop believing in it, doesn't go away.” Philip K. Dick
Re: Runde #274: Über Firmenkultur und Hierarchien
Ich bin immer misstrauisch, wenn jemand auf Ja/Nein-Fragen mit Ausflüchten wie "it's complicated" reagiert. Meist ist es so kompliziert gar nicht, wir reden hier ja nicht von Quantenphysik. Andrés Frage war ja (ungefähr), ob man charakterliche Ungeeignetheit eines Kandidaten für einen Führungsposten beim Einstellungsprozess erkennen könne. Darauf eine Ja/Nein-Antwort zu erwarten, halte ich jetzt nicht für eine grobe Versimplifizierung der Realität, zumal als Antwort ja nicht etwas wie "nicht zu hundert Prozent" kam, sondern "ich möchte das nicht so schwarz-weiß sehen". Ich habe ehrlich gesagt die Antworten nicht einmal nachvollziehen können, die schienen irgendwie völlig an der Frage vorbei zu gehen.
“Reality is that which, when you stop believing in it, doesn't go away.” Philip K. Dick
Re: Runde #274: Über Firmenkultur und Hierarchien
Naja, alternativ wäre die Antwort "nein" gewesen (weil sich der Character häufig erst bildet, wenn die Person dann macht hat). Da find ich die Frage auch einfach nicht passend.
Re: Runde #274: Über Firmenkultur und Hierarchien
Immerhin sprach mir André aus dem Herzen.
In den letzten 5 Jahren hat bei uns drei mal der CEO gewechselt.
Und alle haben wohl dasselbe Manager-Buch gelesen.
Denn jedes mal gab’s eine Mitarbeiterversammlung, in der der neue Chef seine fünf, sechs Grundwerte vorstellte, die er sich vermutlich am Tag davor zu Hause in der Badewanne ausgedacht hat.
Zwei Monate später muss er sie dann meist immer noch vom Zettel ablesen.
Irgendwann isser weg und der Nachfolger denkt sich neue aus.
Ich kann die Scheiße nicht mehr ernst nehmen.
In den letzten 5 Jahren hat bei uns drei mal der CEO gewechselt.
Und alle haben wohl dasselbe Manager-Buch gelesen.
Denn jedes mal gab’s eine Mitarbeiterversammlung, in der der neue Chef seine fünf, sechs Grundwerte vorstellte, die er sich vermutlich am Tag davor zu Hause in der Badewanne ausgedacht hat.
Zwei Monate später muss er sie dann meist immer noch vom Zettel ablesen.
Irgendwann isser weg und der Nachfolger denkt sich neue aus.
Ich kann die Scheiße nicht mehr ernst nehmen.
- Andre Peschke
- Beiträge: 9852
- Registriert: 9. Jan 2016, 16:16
- Kontaktdaten:
Re: Runde #274: Über Firmenkultur und Hierarchien
Die Frage stand ja nicht im leeren Raum. Es ging ja darum, wie man Machtmissbrauch unterbinden kann. Und da waren zwei Optionen in der Diskussion aufgetreten: Menschen auswählen, die Macht nicht missbrauchen oder Strukturen schaffen, die Machtmissbrauch unterbinden / erschweren. Die Frage war daher rein vorbereitend, damit wir Option 1 vom Tisch nehmen können, weil eine solche Selektion nicht zuverlässig möglich ist.
Andre
- Andre Peschke
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Re: Runde #274: Über Firmenkultur und Hierarchien
Aber alles, was du anführst, geht ja schon über die konkrete Fragestellung hinaus. Auf die Frage: "Kann ich vor Einstellung oder Beförderung feststellen, ob jemand charakterlich für eine Position geeignet ist oder seine Macht ggf. missbrauchen wird" - IMO kann man da schon einfach mal "nein" sagen. Selbst wenn man dabei nicht zu 100% differenziert antwortet, dieses Maß an Unschärfe ist tragbar. Aber ich schaue da natürlich auch durch eine andere Linse drauf, als zB Oliver oder vielleicht auch du. Ich bin es als Journalist gewohnt zu sagen: "Wir können nicht endlos granular sein, ein gewisses Maß an Unschärfe zugunsten von Verständlichkeit und/oder Eindeutigkeit ist akzeptabel".Floki hat geschrieben: ↑16. Jul 2020, 17:06 Reden wir aber von der Person ansich und ob ich dies irgendwie verhindern kann, da ist meine Meinung immer noch, dass das nicht einfach zu beantworten ist. Eher ein Jein. Ich brauche eine offene und gelebte Kommunikationskultur im Unternehmen und vernünftige HR Prozesse, die eine regelmäßiges Feedback erlauben. Wenn dann noch ein konstruktives Konfliktmanagement existiert, dann hat man mMn fast alles getan, damit solche Dinge früh aufploppen und man schnell reagieren kann und auch muss.
Andre
Re: Runde #274: Über Firmenkultur und Hierarchien
Meine Erfahrung:
Einen Charakter dahingehend zu bewerten, ob er später zu Machtmissbrauch neigt... schwierig.
Selbst bei Beförderungen innerhalb der Firma... wer weiß schon, ob der potentielle neue Lead später
Aufgaben fair verteilt oder für sich Cherry Picking betreibt?
Oder den Best Buddy aus der Raucherecke bevorzugt?
Oder bei den eigenen Zeitschätzungen einfach mal sehr viel großzügiger ist als bei seinen Mitarbeitern?
Bei der Teamfähigkeit wird es einfacher...
Es gibt diesen schönen Satz "Give power to those who do not want it".
Und selbst der Umkehrschluss stimmte bei mir bisher auffallend oft.
Die schlimmsten Charaktere sind die, die auffällig oft Interesse äußern, selbst das Ruder in die Hand zu nehmen.
Wenn man zusieht, wie jemand jahrelang vom Kommando träumt, bis er es dann kriegt, darf danach meistens auch
einen Charakter erleben, der in ständiger Panik lebt, es wieder zu verlieren und sein Rezept zum Machterhalt:
"Immer recht haben." und "Jegliche Eigeninitiative unterbinden (könnte ja was tolles bei rauskommen, an dem er nicht
beteiligt war)".
Ich würde niemals jemanden befördern, der unbedingt Chef sein will, nur weil er von der Entscheidungsgewalt träumt.
Schlimmere Motivationskiller kann man in einer Firma kaum installieren.
Leider dauert es oft Jahre und manchmal mehrere gescheiterte Projekte, bis diese faulen Äpfel wieder ausgesiebt werden.
Die Hierarchie und der weitgehend gekappte Kommunikationsweg nach oben schützt solche Menschen in der Regel ja auch.
Einen Charakter dahingehend zu bewerten, ob er später zu Machtmissbrauch neigt... schwierig.
Selbst bei Beförderungen innerhalb der Firma... wer weiß schon, ob der potentielle neue Lead später
Aufgaben fair verteilt oder für sich Cherry Picking betreibt?
Oder den Best Buddy aus der Raucherecke bevorzugt?
Oder bei den eigenen Zeitschätzungen einfach mal sehr viel großzügiger ist als bei seinen Mitarbeitern?
Bei der Teamfähigkeit wird es einfacher...
Es gibt diesen schönen Satz "Give power to those who do not want it".
Und selbst der Umkehrschluss stimmte bei mir bisher auffallend oft.
Die schlimmsten Charaktere sind die, die auffällig oft Interesse äußern, selbst das Ruder in die Hand zu nehmen.
Wenn man zusieht, wie jemand jahrelang vom Kommando träumt, bis er es dann kriegt, darf danach meistens auch
einen Charakter erleben, der in ständiger Panik lebt, es wieder zu verlieren und sein Rezept zum Machterhalt:
"Immer recht haben." und "Jegliche Eigeninitiative unterbinden (könnte ja was tolles bei rauskommen, an dem er nicht
beteiligt war)".
Ich würde niemals jemanden befördern, der unbedingt Chef sein will, nur weil er von der Entscheidungsgewalt träumt.
Schlimmere Motivationskiller kann man in einer Firma kaum installieren.
Leider dauert es oft Jahre und manchmal mehrere gescheiterte Projekte, bis diese faulen Äpfel wieder ausgesiebt werden.
Die Hierarchie und der weitgehend gekappte Kommunikationsweg nach oben schützt solche Menschen in der Regel ja auch.
Re: Runde #274: Über Firmenkultur und Hierarchien
@Andre
Ich hatte mir genau zu diesem Thema lange schon einen Podcast gewünscht und war
völlig aus dem Häuschen als dieser nun in meiner Podcast App auftauchte! Danke dafür!
Es wäre toll, wenn Du das Thema generell im Hinterkopf behalten könntest und vielleicht
irgendwann nochmal aufgreifst, so dass man dann ein klareres Bild gewinnen kann,
wie sich einzelne erfolgreiche (und weniger erfolgreiche?) nationale und internationale
Studios organisieren.
Ich hatte mir genau zu diesem Thema lange schon einen Podcast gewünscht und war
völlig aus dem Häuschen als dieser nun in meiner Podcast App auftauchte! Danke dafür!
Es wäre toll, wenn Du das Thema generell im Hinterkopf behalten könntest und vielleicht
irgendwann nochmal aufgreifst, so dass man dann ein klareres Bild gewinnen kann,
wie sich einzelne erfolgreiche (und weniger erfolgreiche?) nationale und internationale
Studios organisieren.
Re: Runde #274: Über Firmenkultur und Hierarchien
Also ich fand die Folge sehr spannend, auch ohne immer gleicher Meinung oder Einschätzung zu sein.
An was ich aber immer wieder denken musste, war ein Buch, das ich vor kurzem als Hörbuch neben The Pod gehört habe: „Im Grunde gut“ von Rutger Bregman.
Ich finde es wahnsinnig spannend und kann es nur jedem empfehlen, der sich ua. für die Themen Gesellschaft, Ethik, Sozialisierung oder auch Macht (daran musste ich bei dieser Folge denken) interessiert. Es ist aber noch viel weitgreifender, da es im Prinzip dem Glaubenssatz auf den Grund geht, dass der Mensch ja ein wildes, raubendes, mordendes Tier wäre, würde er nicht durch Regeln und Gesetze gebändigt.
Mich würde eine Folge über dieses Buch unheimlich interessieren, auch wenn es nicht konkret um Spiele geht. Die vielen steilen Thesen bieten sich geradezu an, von Jochen & Andre, aber auch von den anderen zerlegt oder einfach mal nur beleuchtet zu werden! Auch in Hinblick auf Videospiele und die vielen unterschiedlichen Motivationen dahinter.
Gerade Dom schätze ich so ein, das es ihn interessieren könnte!
Es ist relativ neu (Mörz 2020), also noch eher unverbraucht in der Auseinandersetzung damit.
Ich hoffe, das war jetzt nicht zu Offtopic, ich musste nur während der Folge, wie erwähnt, immer wieder daran denken.
An was ich aber immer wieder denken musste, war ein Buch, das ich vor kurzem als Hörbuch neben The Pod gehört habe: „Im Grunde gut“ von Rutger Bregman.
Ich finde es wahnsinnig spannend und kann es nur jedem empfehlen, der sich ua. für die Themen Gesellschaft, Ethik, Sozialisierung oder auch Macht (daran musste ich bei dieser Folge denken) interessiert. Es ist aber noch viel weitgreifender, da es im Prinzip dem Glaubenssatz auf den Grund geht, dass der Mensch ja ein wildes, raubendes, mordendes Tier wäre, würde er nicht durch Regeln und Gesetze gebändigt.
Mich würde eine Folge über dieses Buch unheimlich interessieren, auch wenn es nicht konkret um Spiele geht. Die vielen steilen Thesen bieten sich geradezu an, von Jochen & Andre, aber auch von den anderen zerlegt oder einfach mal nur beleuchtet zu werden! Auch in Hinblick auf Videospiele und die vielen unterschiedlichen Motivationen dahinter.
Gerade Dom schätze ich so ein, das es ihn interessieren könnte!
Es ist relativ neu (Mörz 2020), also noch eher unverbraucht in der Auseinandersetzung damit.
Ich hoffe, das war jetzt nicht zu Offtopic, ich musste nur während der Folge, wie erwähnt, immer wieder daran denken.
Re: Runde #274: Über Firmenkultur und Hierarchien
War recht enttäuscht von dieser Episode. Thema is eigentlich sehr Spannend aber meiner Meinung nach wurden sich hier auf keiner Ebene mit dem Thema wirklich tief genug auseinandergesetzt.
Der erste Teil der Unterhaltung empfand ich als oft zu vage oder es klang direkt nach Marketing-BlaBla. Ich glaube hier wäre es Sinniger gewesen sich stärker darauf zu fokusieren welche Philosophien verschiedene Firmen bei der Entwicklung ihrer Produkte verfolgen.
Das ganze Thema der toxischen Firmekultur wurde meiner Meinung nach zu sehr vom Blickwinkel eines Studioleiters oder CEOs betrachtet, was zwar auch Interessant sein kann, aber am Ende des Tages sind die Leidtragenden einer schlechten Arbeitsatmosphäre ja die Mitarbeiter und da dann auf die Frage "Was tun bei einer toxischen Arbeitsatmospäre" mit Lösungen a la gute Arbeitskultur "muss von oben kommen" oder in Zukunft wirds besser wegen flachen Hirachien halte ich für wenig Ertragreich. Alles in allem hätte man den ganzen Themenblock wahrscheinlich auslassen können und man hätte nichts verpasst.
Der erste Teil der Unterhaltung empfand ich als oft zu vage oder es klang direkt nach Marketing-BlaBla. Ich glaube hier wäre es Sinniger gewesen sich stärker darauf zu fokusieren welche Philosophien verschiedene Firmen bei der Entwicklung ihrer Produkte verfolgen.
Das ganze Thema der toxischen Firmekultur wurde meiner Meinung nach zu sehr vom Blickwinkel eines Studioleiters oder CEOs betrachtet, was zwar auch Interessant sein kann, aber am Ende des Tages sind die Leidtragenden einer schlechten Arbeitsatmosphäre ja die Mitarbeiter und da dann auf die Frage "Was tun bei einer toxischen Arbeitsatmospäre" mit Lösungen a la gute Arbeitskultur "muss von oben kommen" oder in Zukunft wirds besser wegen flachen Hirachien halte ich für wenig Ertragreich. Alles in allem hätte man den ganzen Themenblock wahrscheinlich auslassen können und man hätte nichts verpasst.