Runde #274: Über Firmenkultur und Hierarchien
Verfasst: 5. Jul 2020, 02:41
Höre grad die aktuelle Folge, bin zugegeben erst eine halbe Stunde drin, aber die Diskussion ist für mich bisher "Thema verfehlt".
Was ihr da diskutiert hat noch wenig bis gar nix mit Firmenkultur zu tun.
Die "Werte", die ihr da nennt, sind leere bedeutungslose Phrasen. "Don't be evil", "Ehrlichkeit", "Transparenz"? Testet die mal: Dreht den Wert ins komplette Gegenteil um und überlegt, ob es eine Firma geben würde, die sich dieses Gegenteil als Leitmotto aufschreiben würde. Da ihr hier dann vermutlich zum Ergebnis kommt, dass natürlich jede Firma von sich behaupten wird, dass sie nicht bösartig sind und ehrlich sowie transparent handeln, dann habt ihr mit euren Werten genau gar nix definiert, erst recht keine individuelle Firmenkultur geschaffen. Es ist auch kein sinnvoller Wert, dass man sich als Auftraggstudio als "Dienstleister" sieht. Das ist nur die Nennung eines Faktes. Wenn ich als Auftragsstudio nicht als Dienstleister handele, gibts mich nicht lange. Firmenkultur nach außen hat übrigens einen Namen: Marketing.
Die Firmenkultur, über die es sich zu diskutieren lohnt, ist die gelebte Firmenkultur nach innen in den Teams, sowie von den Vorgesetzten gegenüber den Mitarbeitern. Und die ist sehr viel konkreter als "Ehrlichkeit".
Das kann z.B. sein, dass sich die Firmenleitung auf die Fahnen geschrieben hat, in jeder Firmenliegenschaft eine Kantine einzurichten, in der es gesundes Essen (statt Fastfood) gibt oder Pausen für Mittagssport anbietet. Das sind Policies für das Arbeitsumfeld (z.B. Bürogrößen. Arbeitszeiten etc.). Das sind Angebote wie Ruheräume, Eltern/Kindzimmer, Möglichkeit Haustiere mit zur Arbeit zu bringen. Das ist die gelebte Praxis, wie in der Firma mit Überstunden umgegangen wird, welche Angebote es für die Life/Work Balance gibt, wie die Kommunikation zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern läuft, wie mit Fehlern umgegangen wird, welche Möglichkeiten zur Flexibilisierung der Arbeitszeit (Homeoffice etc.) angeboten werden, wie das Konfliktmanagement läuft usw. usf.
Große Anwaltskanzleien belohnen z.B. gerne nach aufgeschriebenen Mandantenstunden und erwarten 60+ Stunden Wochen, ergo wird Mehrarbeit (inkl. Crunch) belohnt. Genauso gut könnte man aber Anreizsysteme für Qualität statt Quantität einrichten und ab bestimmten Grenzen von Überstunden Personalgespräche mit Mitarbeitern oder Vorgesetzten führen. So oder so ändern sich Firmenkulturen.
Ein sinnvoller Wert für die Firmenkultur wäre z.B.: "Wochenende ist Wochenende und keine Arbeitszeit!". Gelebt würde dieser Wert, wenn Vorgesetzte selber nicht am Wochenende arbeiten (und z.B. Mails schreiben) und außerdem darauf achten, dass auch Ihre Mitarbeiter nicht damit anfangen. Praktisches Beispiel: Ich hatte einen Vorgesetzten, der (wegen Familie) pünktlich Schluss machte und seine Mitarbeiter aktiv daran erinnerte bitte auch Feierabend zu machen sowie gleichzeitig immer offen für Priorisierungsentscheidungen war und diese auch nach oben transportiert bzw. verteidigt hat. Ergebnis war (oh Überraschung) eine sehr positive Firmenkultur.
Anderes positives Beispiel: Man hatte sich in der OE darauf geeinigt bei (manchmal unvermeidbaren) engen Fristen nicht einfach eine Mail zu schicken, sondern die Kollegen telefonisch vorzuwarnen und nach Möglichkeiten zu unterstützen. Wenn das gelebt wird und Fristen nicht willkürlich (es gibt einen Unterschied zwischen "dringlich" und "wichtig") alle auf "Eilt" gesetzt werden, dann führt auch das zu einer positiven Firmenkultur.
Wenn es mal Extremfälle gibt, wo die Mitarbeiter in den Crunch müssen (oder die Firma geht pleite) dann bedeutet gute Firmenkultur, dass Vorgesetzte das aktiv als Fehler kommunzieren ("das ist unsere Schuld, das hätte nicht passieren dürfen") und mit erkennbaren Maßnahmen kombinieren, um so etwas zukünftig zu vermeiden sowie für den notwendigen Crunch auch die notwendigen Erholungsphasen danach einrichten. Dafür muss es Prozesse geben und natürlich das gelebte und kommunizierte Bewußtsein, dass Crunch schlecht ist. Der "Wert" für die Firmenkultur wäre hier nicht "Bei uns gibts keinen Crunch" (das wird nicht immer funktionieren) sondern "Crunch ist nicht akzeptabel und wir alle achten darauf, dass wir rechtzeitig mit Maßnahmen gegen drohenden Crunch gegensteuern und auf uns gegenseitig achten."
Das sind alles konkrete Dinge, über die man schön diskutieren kann. Aber auf einer schwammigen, nichtssagenden "Don't be evil", "Ehrlichkeit" und "Transparenz" Werte Ebene ist das Thema hier im Moment erstmal verfehlt. Ich hoffe (und erwarte), dass das in der Folge noch besser wird. Grad da wir doch eigentlich ein paar erfahrene Producer dabei haben. Das ist eigentlich alles keine Raketenwissenschaft. Bisher liefert ihr leider nur Beiträge fürs Phrasenschwein.
Sorry... das musste grad mal raus... nicht böse gemeint... war nur überrascht, wie ihr das Thema angeht... nu geh ich weiterhören
Was ihr da diskutiert hat noch wenig bis gar nix mit Firmenkultur zu tun.
Die "Werte", die ihr da nennt, sind leere bedeutungslose Phrasen. "Don't be evil", "Ehrlichkeit", "Transparenz"? Testet die mal: Dreht den Wert ins komplette Gegenteil um und überlegt, ob es eine Firma geben würde, die sich dieses Gegenteil als Leitmotto aufschreiben würde. Da ihr hier dann vermutlich zum Ergebnis kommt, dass natürlich jede Firma von sich behaupten wird, dass sie nicht bösartig sind und ehrlich sowie transparent handeln, dann habt ihr mit euren Werten genau gar nix definiert, erst recht keine individuelle Firmenkultur geschaffen. Es ist auch kein sinnvoller Wert, dass man sich als Auftraggstudio als "Dienstleister" sieht. Das ist nur die Nennung eines Faktes. Wenn ich als Auftragsstudio nicht als Dienstleister handele, gibts mich nicht lange. Firmenkultur nach außen hat übrigens einen Namen: Marketing.
Die Firmenkultur, über die es sich zu diskutieren lohnt, ist die gelebte Firmenkultur nach innen in den Teams, sowie von den Vorgesetzten gegenüber den Mitarbeitern. Und die ist sehr viel konkreter als "Ehrlichkeit".
Das kann z.B. sein, dass sich die Firmenleitung auf die Fahnen geschrieben hat, in jeder Firmenliegenschaft eine Kantine einzurichten, in der es gesundes Essen (statt Fastfood) gibt oder Pausen für Mittagssport anbietet. Das sind Policies für das Arbeitsumfeld (z.B. Bürogrößen. Arbeitszeiten etc.). Das sind Angebote wie Ruheräume, Eltern/Kindzimmer, Möglichkeit Haustiere mit zur Arbeit zu bringen. Das ist die gelebte Praxis, wie in der Firma mit Überstunden umgegangen wird, welche Angebote es für die Life/Work Balance gibt, wie die Kommunikation zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern läuft, wie mit Fehlern umgegangen wird, welche Möglichkeiten zur Flexibilisierung der Arbeitszeit (Homeoffice etc.) angeboten werden, wie das Konfliktmanagement läuft usw. usf.
Große Anwaltskanzleien belohnen z.B. gerne nach aufgeschriebenen Mandantenstunden und erwarten 60+ Stunden Wochen, ergo wird Mehrarbeit (inkl. Crunch) belohnt. Genauso gut könnte man aber Anreizsysteme für Qualität statt Quantität einrichten und ab bestimmten Grenzen von Überstunden Personalgespräche mit Mitarbeitern oder Vorgesetzten führen. So oder so ändern sich Firmenkulturen.
Ein sinnvoller Wert für die Firmenkultur wäre z.B.: "Wochenende ist Wochenende und keine Arbeitszeit!". Gelebt würde dieser Wert, wenn Vorgesetzte selber nicht am Wochenende arbeiten (und z.B. Mails schreiben) und außerdem darauf achten, dass auch Ihre Mitarbeiter nicht damit anfangen. Praktisches Beispiel: Ich hatte einen Vorgesetzten, der (wegen Familie) pünktlich Schluss machte und seine Mitarbeiter aktiv daran erinnerte bitte auch Feierabend zu machen sowie gleichzeitig immer offen für Priorisierungsentscheidungen war und diese auch nach oben transportiert bzw. verteidigt hat. Ergebnis war (oh Überraschung) eine sehr positive Firmenkultur.
Anderes positives Beispiel: Man hatte sich in der OE darauf geeinigt bei (manchmal unvermeidbaren) engen Fristen nicht einfach eine Mail zu schicken, sondern die Kollegen telefonisch vorzuwarnen und nach Möglichkeiten zu unterstützen. Wenn das gelebt wird und Fristen nicht willkürlich (es gibt einen Unterschied zwischen "dringlich" und "wichtig") alle auf "Eilt" gesetzt werden, dann führt auch das zu einer positiven Firmenkultur.
Wenn es mal Extremfälle gibt, wo die Mitarbeiter in den Crunch müssen (oder die Firma geht pleite) dann bedeutet gute Firmenkultur, dass Vorgesetzte das aktiv als Fehler kommunzieren ("das ist unsere Schuld, das hätte nicht passieren dürfen") und mit erkennbaren Maßnahmen kombinieren, um so etwas zukünftig zu vermeiden sowie für den notwendigen Crunch auch die notwendigen Erholungsphasen danach einrichten. Dafür muss es Prozesse geben und natürlich das gelebte und kommunizierte Bewußtsein, dass Crunch schlecht ist. Der "Wert" für die Firmenkultur wäre hier nicht "Bei uns gibts keinen Crunch" (das wird nicht immer funktionieren) sondern "Crunch ist nicht akzeptabel und wir alle achten darauf, dass wir rechtzeitig mit Maßnahmen gegen drohenden Crunch gegensteuern und auf uns gegenseitig achten."
Das sind alles konkrete Dinge, über die man schön diskutieren kann. Aber auf einer schwammigen, nichtssagenden "Don't be evil", "Ehrlichkeit" und "Transparenz" Werte Ebene ist das Thema hier im Moment erstmal verfehlt. Ich hoffe (und erwarte), dass das in der Folge noch besser wird. Grad da wir doch eigentlich ein paar erfahrene Producer dabei haben. Das ist eigentlich alles keine Raketenwissenschaft. Bisher liefert ihr leider nur Beiträge fürs Phrasenschwein.
Sorry... das musste grad mal raus... nicht böse gemeint... war nur überrascht, wie ihr das Thema angeht... nu geh ich weiterhören