Gamepass und Co - sind Abodienste schlecht für die Spieleindustrie?
Verfasst: 25. Aug 2020, 11:34
Der Titel sagt eigentlich schon alles. Ich persönlich bin ein großer Fan von Services wie Gamepass und ich lese in letzter Zeit (und ja, ich höre sie auch häufiger im von uns allen geschätzten Podcast) immer wieder die selben Argumente gegen dieses Geschäftsmodell. Ich bin in einigen Bereichen anderer Meinung, lasse mich aber gerne eines besseren belehren, und habe meine Gedanken dazu zusammengefa...ähhh ins Forum erbrochen.
Ich hoffe, dass es trotz der Textmenge von ein paar von euch gelesen wird und freue mich auf eine angeregte Diskussion.
Gamepass wird langfristig nur GAAS eine Zukunft bieten
Da ein Spieleabo langfristig ohne Mikrotransaktionen nicht tragfähig ist, werden mittelfristig sämtliche im Gamepass, und vergleichbaren Angeboten, verfügbaren Spiele auf ein GAAS Modell setzen. Dieses und ähnliche Argumente werden häufig ins Feld geführt, wenn es darum geht die “Gefahren” aufzuzeigen die diese schöne neue Welt für uns bereit hält. Eine trostlose Dystopie ganz ohne Einzelspielererfahrungen und vollgepfropft mit, den Spieler maximal melkenden, in Game-Code gegossenen Casino-Mechaniken.
Doch ist das wirklich so? Ist nicht die Entwicklung hin zu GAAS eine, die die Industrie bereits seit mehreren Jahren, und gänzlich ohne den Einfluss von Abo-Diensten, eingeschlagen hat. Hier ist Geld zu verdienen. Hier kann man den Spieler loyal an eine Marke binden, ohne Angst haben zu müssen, dass er/sie in der Wartezeit bis zum nächsten Release mit der Konkurrenz flirtet und sich dort eventuell verliebt. Die enormen Budgets moderner AAA Titel müssen wieder eingespielt werden. Die GTAs und RDRs dieser Welt arbeiten längst mit dieser Mischkalkulation.
Der Einzelspieler-Modus, die epische Geschichte, ist das Aushängeschild und spielt mit ein bisschen Glück die Ausgaben wieder ein. Gut, Rockstar kann sich wohl schon alleine nach dem Verkauf der Spiele über satte Gewinne freuen, aber das Studio ist die Ausnahme und nicht die Regel in der Industrie. Auch hier werden die größten Profite im Mehrspieler-Modus, im GAAS-Teil, der Spiele gemacht.
Eine Zukunft der Spieleindustrie in der GAAS nicht den Löwenanteil ausmachen, kann ich mir aus Sicht gewinnorientierter Unternehmen nicht vorstellen.
AAA Einzelspielerfahrungen sind im Gegensatz zu diesen Cash-Cows Aushängeschilder. Prestigeobjekte die im besten Fall Gewinn, vor allem aber die Plattform attraktiver für potentielle Kunden machen sollen. Sony hat sich so über die Jahre einen hervorragenden Ruf für ihre Playstation Marke erarbeitet.
Für MS ist zukünftig Gamepass die Plattform und Marke. Der Konzern lässt keinen Zweifel daran, dass Services die Zukunft sind. Wer Satya Nadellas Auftritte und Äußerungen verfolgt kann zu keinem anderen Schluss kommen. Große AAA GAAS Titel, die konstant Geld abwerfen und über Jahre gepflegt werden, finanzieren nischige Indieprojekte und bombastische cinematische Abenteuer für Einzelslpieler quer. Das Netflix-Modell. Diversität ist trumpf.
Warum sollte eine Spieler, der in ein GAAS investiert ist für weitere Titel dieser Art ein Spieleabo abschließen? Fehlt nicht die Zeit um neben Destiny und Fortnite noch einen weiteren Zeitfresser dieser Größenordnung zu bedienen? Ist es nicht billiger den Battlepass zu kaufen anstatt eines Abos, wenn sowieso keine Zeit bleibt?
Ich glaube nicht daran, dass Abo-Services dauerhaft überdauern können, ohne ein abwechslungsreiches Angebot quer durch alle Genres und Spielerfahrungen zu bieten.
Gamepass ist schlecht für Entwickler
Laut einem Interview mit Phil Spencer (https://www.youtube.com/watch?v=Z5y0OvZ ... e=youtu.be) führe das erscheinen eines Titels im Spieleabo zu höheren verkaufszahlen. Was intuitiv erstmal falsch wirken würde, ist doch zu erwarten dass Spieler die das Spiel für 10€ im Monat erhalten es nicht noch zusätzlich kaufen, erklärt Spencer so:
"You say, 'Well isn't everyone just going to subscribe for $10 and go play this thing?' But no, gamers find things to play based on what everybody else is playing. What's #1 on Mixer, what's #1 on Twitch, what's my friend's list, what are people saying on Discord, they go everywhere to see. When these games hit something like GamePass with all these players, it instantly raises the awareness."
Wenn mehr Personen gleichzeitig diese Titel spielen erhöht dass also ihre Sichtbarkeit und wirkt sich damit direkt auf die Verkaufszahlen aus.
Das diese These nicht völlig aus der Luft gegriffen ist zeigen Sales und Reaktionen der Entwickler auf anderen Plattformen. Ein Sale bei Steam steigert nachweislich die Verkaufszahlen eines Spiels, selbst nachdem das Angebot beendet wurde. Der Grund ist schlicht die höhere Platzierung in den Verkaufscharts und damit die bessere Sichtbarkeit.
In Nintendos Eshop sind drastische Reduzierungen gar die einzige Möglichkeit ins Blickfeld potentieller Käufer zu gelangen.
Unterstützt wird Spencers Argument dabei von Entwicklern aus der Indie Szene. Auf Twitter meldete sich Beispielsweise Mike Rose von No More Robots und äußerte sich zu ihrem Spiel Descenders folgendermaßen:
"Since we went into Game Pass, our total Xbox sales have tripled."
Auch Ashley Ringrose, CEO der SMG Studios, führt die angestiegenen Verkäufe auf der Switch, einer komplett anderen Plattform also, direkt auf das erscheinen von Death Squared im Abo-Dienst Gamepass zurück.
"You get more coverage and mentions organically now as more people have access to the game" wird er bei Nintedolife.com zitiert.
Der Kritikpunkt Spieleabo-Dienste seien grundsätzlich schlecht für Entwickler und die Industrie und würden die Spiele “entwerten” scheint nicht haltbar. Nicht jeder Entwickler und nicht jedes Spiel werden von Angeboten wie Gamepass im gleichen Maße profitieren, aber im Moment deutet vieles darauf hin, dass insbesondere kleinere Entwickler eher profitieren.
Ein Spieleabo ist langfristig nicht rentabel
9.99€ kostet der Gamepass für Konsolen aktuell. Die 1€ Angebote und das Ultimate Angebot für 14,99€ lasse ich dabei erstmal außer acht. Ersteres ist ein Lockangebot und Letzteres aus Gründen der simplifizierung meines Beispiels.
Im Frühjahr diesen Jahres vermeldete MS 10 Millionen Gamepass Kunden. Inzwischen dürfte diese Zahl erneut angewachsen sein. Aktuell steht bereits ein großer Teil der Gamepass-Bibliothek jedem Android Nutzer als Cloud Dienst zur Verfügung. Ab September werden es sämtliche Titel aus dem Abo sein. Und es funktioniert jetzt schon hervorragend. Als iOS Nutzer habe ich mir zu Testzwecken ein günstiges Amazon Fire HD 8 geholt und sämtliche Spiele liefen darauf ohne Probleme. Samsung kooperiert offiziell mit MS und auf jedem neuen Smartphone des Herstellers ist die App vorinstalliert und lässt sich ohne größeren Aufwand auf SmartTVs spiegeln.
Es müsste weit mehr passieren als die aktuelle Verschiebung von Halo infinite, um die Nutzerzahlen bis nächstes Jahr nicht zu verdoppeln.
10 Millionen Gamepass Kunden zu 9,99€ sind beinahe 1,2 Millarden € im Jahr. Bei 20 Millionen wären es knapp 2,4. Zum Vergleich, das ist ein ordentlicher Batzen mehr als Ubi Soft im Jahre 2019 Umsatz gemacht hat. 20 Millionen Gamepass Kunden könnten also die komplette Entwicklung von Ubisoft exklusiv für den Service refinanzieren und trotzdem noch Gewinn machen. Ab 55 Millionen Abonnenten wäre Activision Blizzard finanziert.
Und dabei sprechen wir nur über den reinen Umsatz mit dem Abo. Mikrotransaktionen, DLC und der mögliche positive Nebeneffekt auf Verkaufszahlen nicht mitgerechnet. Um fair zu bleiben muss erwähnt werden, dass Letzterer mit stark ansteigenden Abonnenten Zahlen wohl ebenso stark abflachen wird.
Netflix hat aktuell etwas über 170 Millionen monatlich zahlende Kunden. Ich denke da möchte MS langfristig hin. Oh boy, wird das rentabel. Schon deutlich früher.
Mein Dank gilt jedem der diese Wall of Text tatsächlich bis zum Ende gelesen hat und ich freue mich über zahlreiche Meinungen, Gegenargumente oder Befürworter.
Ich hoffe, dass es trotz der Textmenge von ein paar von euch gelesen wird und freue mich auf eine angeregte Diskussion.
Gamepass wird langfristig nur GAAS eine Zukunft bieten
Da ein Spieleabo langfristig ohne Mikrotransaktionen nicht tragfähig ist, werden mittelfristig sämtliche im Gamepass, und vergleichbaren Angeboten, verfügbaren Spiele auf ein GAAS Modell setzen. Dieses und ähnliche Argumente werden häufig ins Feld geführt, wenn es darum geht die “Gefahren” aufzuzeigen die diese schöne neue Welt für uns bereit hält. Eine trostlose Dystopie ganz ohne Einzelspielererfahrungen und vollgepfropft mit, den Spieler maximal melkenden, in Game-Code gegossenen Casino-Mechaniken.
Doch ist das wirklich so? Ist nicht die Entwicklung hin zu GAAS eine, die die Industrie bereits seit mehreren Jahren, und gänzlich ohne den Einfluss von Abo-Diensten, eingeschlagen hat. Hier ist Geld zu verdienen. Hier kann man den Spieler loyal an eine Marke binden, ohne Angst haben zu müssen, dass er/sie in der Wartezeit bis zum nächsten Release mit der Konkurrenz flirtet und sich dort eventuell verliebt. Die enormen Budgets moderner AAA Titel müssen wieder eingespielt werden. Die GTAs und RDRs dieser Welt arbeiten längst mit dieser Mischkalkulation.
Der Einzelspieler-Modus, die epische Geschichte, ist das Aushängeschild und spielt mit ein bisschen Glück die Ausgaben wieder ein. Gut, Rockstar kann sich wohl schon alleine nach dem Verkauf der Spiele über satte Gewinne freuen, aber das Studio ist die Ausnahme und nicht die Regel in der Industrie. Auch hier werden die größten Profite im Mehrspieler-Modus, im GAAS-Teil, der Spiele gemacht.
Eine Zukunft der Spieleindustrie in der GAAS nicht den Löwenanteil ausmachen, kann ich mir aus Sicht gewinnorientierter Unternehmen nicht vorstellen.
AAA Einzelspielerfahrungen sind im Gegensatz zu diesen Cash-Cows Aushängeschilder. Prestigeobjekte die im besten Fall Gewinn, vor allem aber die Plattform attraktiver für potentielle Kunden machen sollen. Sony hat sich so über die Jahre einen hervorragenden Ruf für ihre Playstation Marke erarbeitet.
Für MS ist zukünftig Gamepass die Plattform und Marke. Der Konzern lässt keinen Zweifel daran, dass Services die Zukunft sind. Wer Satya Nadellas Auftritte und Äußerungen verfolgt kann zu keinem anderen Schluss kommen. Große AAA GAAS Titel, die konstant Geld abwerfen und über Jahre gepflegt werden, finanzieren nischige Indieprojekte und bombastische cinematische Abenteuer für Einzelslpieler quer. Das Netflix-Modell. Diversität ist trumpf.
Warum sollte eine Spieler, der in ein GAAS investiert ist für weitere Titel dieser Art ein Spieleabo abschließen? Fehlt nicht die Zeit um neben Destiny und Fortnite noch einen weiteren Zeitfresser dieser Größenordnung zu bedienen? Ist es nicht billiger den Battlepass zu kaufen anstatt eines Abos, wenn sowieso keine Zeit bleibt?
Ich glaube nicht daran, dass Abo-Services dauerhaft überdauern können, ohne ein abwechslungsreiches Angebot quer durch alle Genres und Spielerfahrungen zu bieten.
Gamepass ist schlecht für Entwickler
Laut einem Interview mit Phil Spencer (https://www.youtube.com/watch?v=Z5y0OvZ ... e=youtu.be) führe das erscheinen eines Titels im Spieleabo zu höheren verkaufszahlen. Was intuitiv erstmal falsch wirken würde, ist doch zu erwarten dass Spieler die das Spiel für 10€ im Monat erhalten es nicht noch zusätzlich kaufen, erklärt Spencer so:
"You say, 'Well isn't everyone just going to subscribe for $10 and go play this thing?' But no, gamers find things to play based on what everybody else is playing. What's #1 on Mixer, what's #1 on Twitch, what's my friend's list, what are people saying on Discord, they go everywhere to see. When these games hit something like GamePass with all these players, it instantly raises the awareness."
Wenn mehr Personen gleichzeitig diese Titel spielen erhöht dass also ihre Sichtbarkeit und wirkt sich damit direkt auf die Verkaufszahlen aus.
Das diese These nicht völlig aus der Luft gegriffen ist zeigen Sales und Reaktionen der Entwickler auf anderen Plattformen. Ein Sale bei Steam steigert nachweislich die Verkaufszahlen eines Spiels, selbst nachdem das Angebot beendet wurde. Der Grund ist schlicht die höhere Platzierung in den Verkaufscharts und damit die bessere Sichtbarkeit.
In Nintendos Eshop sind drastische Reduzierungen gar die einzige Möglichkeit ins Blickfeld potentieller Käufer zu gelangen.
Unterstützt wird Spencers Argument dabei von Entwicklern aus der Indie Szene. Auf Twitter meldete sich Beispielsweise Mike Rose von No More Robots und äußerte sich zu ihrem Spiel Descenders folgendermaßen:
"Since we went into Game Pass, our total Xbox sales have tripled."
Auch Ashley Ringrose, CEO der SMG Studios, führt die angestiegenen Verkäufe auf der Switch, einer komplett anderen Plattform also, direkt auf das erscheinen von Death Squared im Abo-Dienst Gamepass zurück.
"You get more coverage and mentions organically now as more people have access to the game" wird er bei Nintedolife.com zitiert.
Der Kritikpunkt Spieleabo-Dienste seien grundsätzlich schlecht für Entwickler und die Industrie und würden die Spiele “entwerten” scheint nicht haltbar. Nicht jeder Entwickler und nicht jedes Spiel werden von Angeboten wie Gamepass im gleichen Maße profitieren, aber im Moment deutet vieles darauf hin, dass insbesondere kleinere Entwickler eher profitieren.
Ein Spieleabo ist langfristig nicht rentabel
9.99€ kostet der Gamepass für Konsolen aktuell. Die 1€ Angebote und das Ultimate Angebot für 14,99€ lasse ich dabei erstmal außer acht. Ersteres ist ein Lockangebot und Letzteres aus Gründen der simplifizierung meines Beispiels.
Im Frühjahr diesen Jahres vermeldete MS 10 Millionen Gamepass Kunden. Inzwischen dürfte diese Zahl erneut angewachsen sein. Aktuell steht bereits ein großer Teil der Gamepass-Bibliothek jedem Android Nutzer als Cloud Dienst zur Verfügung. Ab September werden es sämtliche Titel aus dem Abo sein. Und es funktioniert jetzt schon hervorragend. Als iOS Nutzer habe ich mir zu Testzwecken ein günstiges Amazon Fire HD 8 geholt und sämtliche Spiele liefen darauf ohne Probleme. Samsung kooperiert offiziell mit MS und auf jedem neuen Smartphone des Herstellers ist die App vorinstalliert und lässt sich ohne größeren Aufwand auf SmartTVs spiegeln.
Es müsste weit mehr passieren als die aktuelle Verschiebung von Halo infinite, um die Nutzerzahlen bis nächstes Jahr nicht zu verdoppeln.
10 Millionen Gamepass Kunden zu 9,99€ sind beinahe 1,2 Millarden € im Jahr. Bei 20 Millionen wären es knapp 2,4. Zum Vergleich, das ist ein ordentlicher Batzen mehr als Ubi Soft im Jahre 2019 Umsatz gemacht hat. 20 Millionen Gamepass Kunden könnten also die komplette Entwicklung von Ubisoft exklusiv für den Service refinanzieren und trotzdem noch Gewinn machen. Ab 55 Millionen Abonnenten wäre Activision Blizzard finanziert.
Und dabei sprechen wir nur über den reinen Umsatz mit dem Abo. Mikrotransaktionen, DLC und der mögliche positive Nebeneffekt auf Verkaufszahlen nicht mitgerechnet. Um fair zu bleiben muss erwähnt werden, dass Letzterer mit stark ansteigenden Abonnenten Zahlen wohl ebenso stark abflachen wird.
Netflix hat aktuell etwas über 170 Millionen monatlich zahlende Kunden. Ich denke da möchte MS langfristig hin. Oh boy, wird das rentabel. Schon deutlich früher.
Mein Dank gilt jedem der diese Wall of Text tatsächlich bis zum Ende gelesen hat und ich freue mich über zahlreiche Meinungen, Gegenargumente oder Befürworter.