Lieber würde ich gerne etwas über das Gameplay schreiben, aber der erste Elefant im Raum ist der Kampagnen-Charaktereditor. Wessen Gemüt eine solche Diskussion zu sehr erhitzt, der mag lieber etwas zum Gameplay schreiben.
Zur Beschreibung:
Man wählt je einen Piloten für die Rebellen und für das Imperium aus. Zur Auswahl stehen je ca. 5 weiblich und männlich aussehende Piloten, wovon jeder für eine "Rasse" (weiß, schwarz, braun, ostasiatisch und indisch) steht. Diese kann man nur noch über die Stimme (Veteran A, B, Rookie A,B, Leader A, B, etc.) und über den Körperbau "A" & "B" individualisieren.
A steht im Körperbau für Brüste und einen minimal schmäleren Körperbau als B, A steht für weiblich klingende Stimmen, B für männlich klingenden Stimmen.
Meine Meinung zu dieser Charaktereditor schreibe ich in den folgenden Spoiler, weil man sich dazu erst selbst ein paar Gedanken machen sollte, bevor man andere liest. Es wird bestimmt differenzierte [und unterschiedliche ] Meinungen dazu geben, die sich auf verschiedene Aspekte fokusieren.
Das Imperium hat viele Gemeinsamkeiten des Nazi-Regimes. Dass die imperiale Armee hauptsächlich aus weißen, menschlichen Männern besteht, ist kein Zufall. Das steigert den Kontrast zu einer Rebellion, in der Nicht-Menschen, Nicht-Weiße und Frauen mitkämpfen und auch hohe Positionen bekleiden.
Dieser Unterschied ist ein Teil von "Gut" und "Böse" im alten Star Wars. Wenn man also eine Frau, oder einen Piloten mit einer anderen Hautfarbe im Imperium spielt, nimmt man diesem einen Teil seiner Ungerechtigkeit.
Trotzdem kann ich verstehen, dass man auch einen anders aussehenden Charakter auf der imperialen Seite spielen möchte. Es wird dann stärker zur eigenen Fantasie. Gut wäre aber gewesen, hätte es hier mehr als einen "weißen Mann" zur Auswahl gegeben.
Zur "Rassenauswahl", denn nichts anderes ist es. Das finde ich eine falsche Entscheidung, zumindest so wie es umgesetzt wurde. Es wirkt, als hätte man ein Buch über die menschliche Rasse aus dem ausgehenden 19. Jhd. aufgeschlagen. Anstatt, dass sich der Spieler seinen Charakter individualisieren darf, muss er einen aus diesem Buch als "seinen" Charakter auswählen. Es fehlen nur noch die dicken roten Lippen für den schwarzen Charakter und einen zusätzlich weißen mit einer "Hakennase". Für mich spaltet so etwas weiter die Gesellschaft, als dass es sie "fairer" für Menschen aller Herkünfte macht oder gar die Menschen näher zusammen bringt. Diese "Rassenauswahl" ist die schlechteste Variante aller Charaktereditoren, die ich in dieser Hinsicht jemals gesehen habe, wissen wir doch alle, wohin dies führen kann...
Zur Streichung der Begriffe "männlich" und "weiblich". Das sieht so aus, als wäre dies nachträglich geändert worden. Es macht innerhalb dieses Editors keinen Sinn, da alle Charaktere und Stimmen eindeutig männlich und weiblich sind. Eine Person dritten Geschlechts, bzw. queer kann man nicht aufgrund äußerlicher Merkmale auswählen (außer indem man sich z.B. einen weiblichen Kopf mit einem männlichen Körper und männlichen Stimme "zusammenbastelt"), dass müsste man sich schon in seiner Fantasie dazudenken.
Für die wohl über 99% der Menschen, die sich einen Charakter bauen möchten, der männlich oder weiblich sein soll, wird der Charaktereditor spielmechanisch verwirrend. Aufgrund der Bezeichnungen "A" (für weiblich) und "B" (für männlich) muss das der Spieler selbst erkennen, was mir beim Körperbau - weil die Piloten eine Weste tragen - fast nicht auffiel.
Moralisch finde ich es fragwürdig, dass Geschlecht nicht beim Namen zu nennen, identifizieren sich doch die allermeisten Menschen mit einem davon. Dieses ihnen abzusprechen, halte ich für eine falsche Entscheidung, die ebenfalls für mehr Zwietracht statt gegenseitigem Verständnis führen wird.
Mmeine Vermutung ist, dass diese Änderung erst nachträglich erfolgte und daher in die Designentscheidung Eingriff, also die Entscheidung aus politischen Gründen getroffen wurde, um einen möglichen Shitstorm zu vermeiden, oder sich als besonders progressiv profilieren zu wollen - was sie nicht sind, wie ich oben erläuterte.
Wenn diese Vermutung stimmen würde, wären die Wörter "weiblich" und "männlich" zensiert worden, andere Bezeichnungen wären Euphemismen. Dass EA stattdessen "A" & "B" verwendet, karikiert das alles ins Komische.
EA wollte das "politisch Korrekte" tun, hat aber genau das Gegenteil getan.
Ich denke, dass der kommende Charaktereditor von Cyberpunk 2077 in dieser Hinsicht völlig anders zu bewerten sein wird, weil er (soweit ich den Previews entnehmen konnte) auf genau diese Schwierigkeit hin designt wurde und nicht einfach Wörter mit Buchstaben austauschen wird.