Wortreich Extra: Der Sinn des pausenlosen Sterbens

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Inkognito
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Re: Wortreich Extra: Der Sinn des pausenlosen Sterbens

Beitrag von Inkognito »

Bezüglich der wichtigsten Kunstform der Gegenwart:
Das sollte eine sein, für die man sich in weiten Teilen der Öffentlichkeit nicht schämen muss.
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echtschlecht165
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Re: Wortreich Extra: Der Sinn des pausenlosen Sterbens

Beitrag von echtschlecht165 »

Inkognito hat geschrieben: 28. Okt 2020, 20:42 Bezüglich der wichtigsten Kunstform der Gegenwart:
Das sollte eine sein, für die man sich in weiten Teilen der Öffentlichkeit nicht schämen muss.
ich hätte mir viel schreibarbeit erspart, wäre mir dieser satz eingefallen :ugly:
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Jon Zen
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Re: Wortreich Extra: Der Sinn des pausenlosen Sterbens

Beitrag von Jon Zen »

Inkognito hat geschrieben: 28. Okt 2020, 20:42 Bezüglich der wichtigsten Kunstform der Gegenwart:
Das sollte eine sein, für die man sich in weiten Teilen der Öffentlichkeit nicht schämen muss.
Was ist mit avantgardistischer Kunst? Sie ist ihrer Zeit voraus, aber ex post wird sie nicht selten als die wichtigste Kunstform jener Zeitepoche betrachtet.

Aber die Diskussion "meine Form der Kunst ist wichtigste" finde ich etwas albern, weil sie nicht auflösbar ist. Wie früher in der Schule als der Religionslehrer, die Kunstlehrerin, der Geschichtslehrer und die Physiklehrerin jeweils davon überzeugt waren, das wichtigste Fach zu lehren. :lol:

Die Folge hat mir aber sehr gefallen!
Zuletzt geändert von Jon Zen am 29. Okt 2020, 20:29, insgesamt 1-mal geändert.
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DickHorner
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Re: Wortreich Extra: Der Sinn des pausenlosen Sterbens

Beitrag von DickHorner »

Wolfgang Walk hat geschrieben: 27. Okt 2020, 15:36 90% der Menschen auf diesem Planeten verfügen über ein Smartphone.
...
Über den Unterschied zwischen Kunstform und individuellem Kunstwerk habe ich mich bereits etwa drölfzig Dutzend mal geäußert. Ich sehe es nicht als meine Aufgabe, das jedesmal wieder zu wiederholen, wenn jemand es nicht für nötig erachtet, sich selbst eine saubere Diskussionsgrundlage zu erarbeiten. Bitte lies das nach und finde selbst raus, warum diese Argumentation im Kern albern ist.
Vielleicht auf dem Planeten Melmak, auf dem Planeten Erde sieht es so aus:
https://www.statista.com/statistics/330 ... worldwide/
Thema nachlesen und so.

Deinen Diskussionsstil finde ich gelinde gesagt total daneben. Persönlich angreifend, herablassend und selbstgerecht.
Muss das sein?

Edit: na, hätte ich Mal weitergelesen, echtschlecht hat ja schon alles gesagt. :handgestures-thumbsup:
Andreas29

Re: Wortreich Extra: Der Sinn des pausenlosen Sterbens

Beitrag von Andreas29 »

echtschlecht165 hat geschrieben: 28. Okt 2020, 19:04 und dann bei Hajo Schuhmachers Artikel, der das sogar relativ neutral und unvoreingenommmen versucht
Das glaubst Du doch selbst nicht :ugly:

Der Artikel ist das, was dabei raus kommt, wenn man heutzutage - Gott sei dank - das Killerspiel-Argument nicht mehr offen bringen kann und weiß, dass man einen ordentlichen Shitstorm bekommt, wenn man pauschal Gamer als verwahrloste Stubenhocker bezeichnet.

Es ist ein rhetorischer Trick erst einmal Verständnis zu äußern und das "Bemühen" zu heucheln etwas verstehen zu wollen. Dabei macht der Artikel durch die Blume nichts anderes als die Frontal21-Berichte Mitte der 2000er. Das ganze Repertoire ist doch da. Es wird ein extremes Beispiel heraus gesucht, das als exemplarisch für alle Gamer dargestellt wird, den man dann auch gleich als "bescheuert" bezeichnet, weil er 1500h in Rocket League hat und sich erdreistet das nicht auch als verlorene Lebenszeit anzuerkennen. Dann wird eine Spielszene, natürlich aus einem Shooter, nur beschrieben, denn das wirkt einfach besser und reißerischer auf dem Papier. Den Trick kannte Hart aber Fair schon 2007. Und hinterhergeschoben natürlich: "Ich fühle mich wie ein Amokläufer". Das Wörtchen "Amok" durfte dann doch nicht fehlen.

Das haben wir uns als Gamer alles hundertmal anhören müssen. Und es wird auch nicht besser, wenn einer nur so tut, als wolle er das Ganze wirklich verstehen und nicht gleich ganz so plump wird.

Das Ende des Artikels finde ich übrigens ziemlich eindeutig:
Wie viele Stunden, Tage, Hirnzellen hat unser Nachwuchs mit dem Legal High des Zockens verbraten?

Bang lesen wir die Berichte von Spezialkliniken für spielsüchtige Kids und reden uns tapfer ein, dass das mit uns nichts zu tun hat. In meinem Fall ist das eher eine Schutzbehauptung. Um ehrlich zu sein: Ich fand es oft sehr praktisch, wenn die Kinder wohlbehütet in ihren Zimmern hockten. Wer das hemmungslose Zocken, zu Recht, verflucht, hat auch die Pflicht, etwas dagegen zu tun.
Jemand, der "Gaming" darauf reduziert, hat sich niemals wirklich Mühe gemacht das Medium zu verstehen.
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echtschlecht165
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Re: Wortreich Extra: Der Sinn des pausenlosen Sterbens

Beitrag von echtschlecht165 »

Hajo Schumacher spielt halt nicht seit 30 Jahren Games, loggt sich in Foren ein um über Games zu diskutieren, und hört Podcasts über Games und Metathemen, die mit Games zu tun haben.
Ja, sein Blick mag deshalb oberflächlich sein, aber wirklich falsch find ich ihn nicht. Im Gegenteil. So ein Blick von Aussen hilft schon mal, um vielleicht sich selbst und seine Gewohnheiten mal zu hinterfragen.
Walk sieht das anscheinend anders, so gereizt und dünnhäutig wie er auf den Artikel und meine Kritik reagierte.
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bluttrinker13
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Re: Wortreich Extra: Der Sinn des pausenlosen Sterbens

Beitrag von bluttrinker13 »

Ich bin perplex angesichts der Auseinandersetzungen und Sichtweisen auf den Schumacher Artikel hier.

Mir wurde der von einem Nicht-Gamer-Freund weitergeleitet, und ich fand ihn echt nett. Er ist sehr ironisch geschrieben (bzw. vielleicht ist das ja auch der Duktus des Buches aus dem er wohl stammt), aber ich konnte darin echtes Bemühen eines "outsiders" sich mit der Thematik Games ernsthaft zu beschäftigen, herauslesen. Zumal er nicht mit Seitenhieben auf sein eigenes Unverständnis spart. Böswilligkeit konnte ich beim besten Willen wiederum nicht entdecken.

Jesses, ich finde wir "Gamer" haben keinen Grund so dünnhäutig zu sein. Gewisse Stereotype existieren nun mal, man kann doch aber auch jovial mit ihnen umgehen.
Andreas29

Re: Wortreich Extra: Der Sinn des pausenlosen Sterbens

Beitrag von Andreas29 »

Die Kritik daran sich als Außenstehender beim Gaming immer nur hauptsächlich auf 2 Aspekte - Sucht und Gewalt - zu konzentrieren bedeutet nicht im Umkehrschluss, dass es in dem Bereich keine Probleme gibt und man nicht dazu diskutieren darf.

Nur zeichnet man eben so ein allgemein negatives Bild, dass die Zielgruppe seines Artikels und Buches - ebenfalls Nicht-Gamer und sehr wahrscheinlich auch Skeptiker der digitalen Unterhaltung und Kunst - nur in ihren Vorurteilen bestätigt.
Der Artikel bewirkt letztlich genau das Gegenteil, was er auf den ersten Blick aussagt: Es wird keine Brücke zwischen Nicht-Gamern und Gamern gebaut, sondern eingerissen.

Die selbstironosche Schreibweise ist für mich ganz klar ein Schutz nicht zu plump zu wirken. Die Aussage läuft aber auf dasselbe zu. Ich habe bereits geschrieben, dass auch er nicht darüber hinwegkommt gewisse Stilmittel zu benutzen, die auch ein Spitzer und Pfeiffer verwendet haben und verwenden.

Und ich finde als Gamer (wer und was dann letztlich auch ist) hat man genug Gründe auf sowas dünnhäutig zu reagieren.

Wolfgangs sehr herablassende Art auf Kritik zu reagieren, finde ich übrigens trotzdem auch nicht angemessen.
Zuletzt geändert von Andreas29 am 30. Okt 2020, 14:53, insgesamt 1-mal geändert.
Rigolax
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Re: Wortreich Extra: Der Sinn des pausenlosen Sterbens

Beitrag von Rigolax »

Alleine dieser nur halbironische Teil bei Schumacher:
Zocken ist lustiger. Allein mit Rocket League hat John etwa 1500 Stunden zugebracht, was 40 Arbeitswochen entspricht, also einem Jahr im öffentlichen Dienst. Bereut er die viele Zeit? "Nö", sagt er, "hat ja Spaß gemacht." Ist der Junge bescheuert? Sicher. Aber wir Älteren sind es ja auch. Jetzt mal ehrlich: Wie viele Stunden haben wir vor "Traumschiff" oder "Wetten, dass..?" oder superlangweiligen Fußballspielen zugebracht? Unsere Kinder verstehen oft nicht, was wir an saurem Wein oder bitterem Bier finden.
Da dringt doch auch wieder nur eine perverse Arbeitsethik hervor, typisch deutsche Vorbehalte gegenüber wertloser Unterhaltung, Hauptsache produktiv sein: Erwerbstätigkeit generiert Autonomie, ja? Und wenn dann doch Fiktionales konsumiert wird, dann bitte mit Funktion, also wie bei den ÖR mit anschließender Talkshow, Hauptsache sozialkritisch. Soll man doch 1500 Stunden Rocket League spielen in seiner Freizeit statt "produktiv" Goethe und Schiller (in welchem Zeitrahmen überhaupt 1500 Stunden?). Als ob der Mensch geboren wird, um produktiv zu sein, als ob sich überhaupt irgendwer ausgesucht hat, geboren zu sein und deswegen eine Verpflichtung gegenüber dem Staat, seiner Mitmenschen oder gar "Gott" hätte, maximal wenig Lebenszeit zu verschwenden. Was für eine Vorstellung überhaupt, dass man auf irgendeine Weise Lebenszeit verschwenden könnte, objektiviert betrachtet, als ob es gute oder schlechte Lebenszeit gäbe, als ob der individuelle Mensch quasi in einer Lebensschuld wäre, möglichst keine Lebenszeit zu verschwenden (ob der Schumacher die Phrase selbst nutzt, weiß ich grad nicht). Ach geh mir weg. Kann man nur hoffen, dass mit einer Automatisierung ein Großteil des Arbeitsmarkts zusammenbricht, anders wird man solche bescheuerte Mentalitäten wie bei Schumacher wohl nicht los.
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bluttrinker13
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Re: Wortreich Extra: Der Sinn des pausenlosen Sterbens

Beitrag von bluttrinker13 »

Andreas29 hat geschrieben: 30. Okt 2020, 13:08 Nur zeichnet man eben so ein allgemein negatives Bild, dass die Zielgruppe seines Artikels und Buches - ebenfalls Nicht-Gamer und sehr wahrscheinlich auch Skeptiker der digitalen Unterhaltung und Kunst - nur in ihren Vorurteilen bestätigt.
Der Artikel bewirkt letztlich genau das Gegenteil, was er auf den ersten Blick aussagt: Es wird keine Brücke zwischen Nicht-Gamern und Gamern gebaut, sondern eingerissen.
Ok, sehe ich aber anders und letztlich bräuchten wir Evidenz um diese Frage der Wirkung zu klären.
Ich kann hier nur mit persönlicher Erfahrung aufwarten und mein Erlebnis war, dass ich mit besagtem Nicht-Gamer Freund, der darüberhinaus nicht gaming affin ist und einige Vorurteile gegenüber meinem Hobby hat, im Zuge des Artikels ein sehr positives Gespräch (über Chat) geführt habe. Er hat sich dabei bspw. dann über den Fakt Gedanken gemacht, wie verbreitet und selbstverständlich dieses "Nischenhobby" doch mittlerweile ist, und wie er das seinen Kids (aktuell noch zu klein, aber bald nicht mehr) selber ermöglichen kann, obwohl er dem selbst kaum nahesteht. Das fand ich durchaus konstruktive Gedanken.

Und ich persönlich bin auch gamer, seit 1990 und mit allen Vorurteilen sehr vertraut, sehe dennoch nicht warum nun gerade dieser Artikel so negativ gelesen werden sollte. Sure that, Hajo ist jetzt auch nicht der Brückenbauer vor dem Herrn, dazu will ich ihn nicht hochjazzen.

Kann man anscheinend unterschiedlich interpretieren. ;)
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lolaldanee
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Re: Wortreich Extra: Der Sinn des pausenlosen Sterbens

Beitrag von lolaldanee »

Redet ihr nicht grade irgendwie alle ein bisschen am Punk vorbei, zumindest was Wolfgangs Kolumne betrifft? Ich werde zumindest das Gefühl nicht los.

Also, so wie ich das vestanden habe, kritisiert zumindest Wolfgang doch eigentlich hauptsächlich die fehlende Abstraktionsfähigkeit von Hanjo. Dass er nicht abstrahieren kann vom Tod und töten im Spiel als einfache Siegbedingungen. Überspitzt formuliert: Räuber und Gendarm wird als zu brutal kritisiert, weil nicht erkannt wird, dass Spielen oft Verlagerung von Konflikten in eine Umgebung ist, in der kein Schaden entsteht. Es fehlt die Fähigkeit sich in eine hypotetische Situation hineinzuversetzen. "What happens in Vegas/the Game stays in Vegas/the game". Man korrigiere mich, wenn ich mich irre, aber ich zumindest habe das als den Kernkritikpunkt aufgefasst.

Fehlendes Abstraktionsvermögen dieser Art wird übrigens in manchen Bereichen der Psychologie als fehlende Intelligenz gewertet. Die Menschen werden weltweit auch nachweisbar immer besser darin. Jede junge Generation übertrifft ihre Vorgängergeneration in der Regel in dieser Fähigkeit.
Elb356
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Re: Wortreich Extra: Der Sinn des pausenlosen Sterbens

Beitrag von Elb356 »

Rigolax hat geschrieben: 30. Okt 2020, 13:37 Alleine dieser nur halbironische Teil bei Schumacher:
Zocken ist lustiger. Allein mit Rocket League hat John etwa 1500 Stunden zugebracht, was 40 Arbeitswochen entspricht, also einem Jahr im öffentlichen Dienst. Bereut er die viele Zeit? "Nö", sagt er, "hat ja Spaß gemacht." Ist der Junge bescheuert? Sicher. Aber wir Älteren sind es ja auch. Jetzt mal ehrlich: Wie viele Stunden haben wir vor "Traumschiff" oder "Wetten, dass..?" oder superlangweiligen Fußballspielen zugebracht? Unsere Kinder verstehen oft nicht, was wir an saurem Wein oder bitterem Bier finden.
Da dringt doch auch wieder nur eine perverse Arbeitsethik hervor, typisch deutsche Vorbehalte gegenüber wertloser Unterhaltung, Hauptsache produktiv sein: Erwerbstätigkeit generiert Autonomie, ja? Und wenn dann doch Fiktionales konsumiert wird, dann bitte mit Funktion, also wie bei den ÖR mit anschließender Talkshow, Hauptsache sozialkritisch. Soll man doch 1500 Stunden Rocket League spielen in seiner Freizeit statt "produktiv" Goethe und Schiller (in welchem Zeitrahmen überhaupt 1500 Stunden?). Als ob der Mensch geboren wird, um produktiv zu sein, als ob sich überhaupt irgendwer ausgesucht hat, geboren zu sein und deswegen eine Verpflichtung gegenüber dem Staat, seiner Mitmenschen oder gar "Gott" hätte, maximal wenig Lebenszeit zu verschwenden. Was für eine Vorstellung überhaupt, dass man auf irgendeine Weise Lebenszeit verschwenden könnte, objektiviert betrachtet, als ob es gute oder schlechte Lebenszeit gäbe, als ob der individuelle Mensch quasi in einer Lebensschuld wäre, möglichst keine Lebenszeit zu verschwenden (ob der Schumacher die Phrase selbst nutzt, weiß ich grad nicht). Ach geh mir weg. Kann man nur hoffen, dass mit einer Automatisierung ein Großteil des Arbeitsmarkts zusammenbricht, anders wird man solche bescheuerte Mentalitäten wie bei Schumacher wohl nicht los.
Aber sind es nicht gerade Spiele die diese Ideologie der "Produktivität" verkörpern? Diese ganzen Achievements für Fleißaufgaben haben doch Überhand genommen und stehen doch genau dafür. Bei Assassins Creed kann man gegen Echtgeld sich Zeit erkaufen, die man für belanglose Nebenquest gebraucht hätte um in der Hauptstory überhaupt weiterzuspielen zu können. Mit der Argumentation dass manche Leute wenig Zeit hätten und so ihre Zeit produktiv nutzen könnten.

Bei Fifa, dem jährlich meistverkauftesten Spiel ist es am krassesten. Entweder man tradet 24/7 auf dem Transfermarkt um mithalten zu können oder man gibt halt Echtgeld aus.
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bluttrinker13
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Re: Wortreich Extra: Der Sinn des pausenlosen Sterbens

Beitrag von bluttrinker13 »

lolaldanee hat geschrieben: 30. Okt 2020, 16:09 Redet ihr nicht grade irgendwie alle ein bisschen am Punk vorbei, zumindest was Wolfgangs Kolumne betrifft? Ich werde zumindest das Gefühl nicht los.
In meinem Falle mag das stimmen, sorry. Ich bezog mich nur auf die Threadinhalte und den Schumacher Artikel. Wolfgangs Kolumne liegt noch ungehört auf dem Handy.

Wenn das zu offtopic war tut es mir leider, ich bin dann auch ruhig. :D
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Jon Zen
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Re: Wortreich Extra: Der Sinn des pausenlosen Sterbens

Beitrag von Jon Zen »

lovecraftFTW hat geschrieben: 30. Okt 2020, 16:38
Rigolax hat geschrieben: 30. Okt 2020, 13:37 Alleine dieser nur halbironische Teil bei Schumacher:
Zocken ist lustiger. Allein mit Rocket League hat John etwa 1500 Stunden zugebracht, was 40 Arbeitswochen entspricht, also einem Jahr im öffentlichen Dienst. Bereut er die viele Zeit? "Nö", sagt er, "hat ja Spaß gemacht." Ist der Junge bescheuert? Sicher. Aber wir Älteren sind es ja auch. Jetzt mal ehrlich: Wie viele Stunden haben wir vor "Traumschiff" oder "Wetten, dass..?" oder superlangweiligen Fußballspielen zugebracht? Unsere Kinder verstehen oft nicht, was wir an saurem Wein oder bitterem Bier finden.
Da dringt doch auch wieder nur eine perverse Arbeitsethik hervor, typisch deutsche Vorbehalte gegenüber wertloser Unterhaltung, Hauptsache produktiv sein: Erwerbstätigkeit generiert Autonomie, ja? Und wenn dann doch Fiktionales konsumiert wird, dann bitte mit Funktion, also wie bei den ÖR mit anschließender Talkshow, Hauptsache sozialkritisch. Soll man doch 1500 Stunden Rocket League spielen in seiner Freizeit statt "produktiv" Goethe und Schiller (in welchem Zeitrahmen überhaupt 1500 Stunden?). Als ob der Mensch geboren wird, um produktiv zu sein, als ob sich überhaupt irgendwer ausgesucht hat, geboren zu sein und deswegen eine Verpflichtung gegenüber dem Staat, seiner Mitmenschen oder gar "Gott" hätte, maximal wenig Lebenszeit zu verschwenden. Was für eine Vorstellung überhaupt, dass man auf irgendeine Weise Lebenszeit verschwenden könnte, objektiviert betrachtet, als ob es gute oder schlechte Lebenszeit gäbe, als ob der individuelle Mensch quasi in einer Lebensschuld wäre, möglichst keine Lebenszeit zu verschwenden (ob der Schumacher die Phrase selbst nutzt, weiß ich grad nicht). Ach geh mir weg. Kann man nur hoffen, dass mit einer Automatisierung ein Großteil des Arbeitsmarkts zusammenbricht, anders wird man solche bescheuerte Mentalitäten wie bei Schumacher wohl nicht los.
Aber sind es nicht gerade Spiele die diese Ideologie der "Produktivität" verkörpern? Diese ganzen Achievements für Fleißaufgaben haben doch Überhand genommen und stehen doch genau dafür. Bei Assassins Creed kann man gegen Echtgeld sich Zeit erkaufen, die man für belanglose Nebenquest gebraucht hätte um in der Hauptstory überhaupt weiterzuspielen zu können. Mit der Argumentation dass manche Leute wenig Zeit hätten und so ihre Zeit produktiv nutzen könnten.

Bei Fifa, dem jährlich meistverkauftesten Spiel ist es am krassesten. Entweder man tradet 24/7 auf dem Transfermarkt um mithalten zu können oder man gibt halt Echtgeld aus.
@Rigolax Sehr guter Beitrag! Ich stimme dir in allen Aspekten zu.
@lovecraft Ja, einige Spiele fördern das Verlangen von einigen Spielern "etwas geschafft zu haben". Das liegt zum einen daran, dass externe Systeme um das Spiel herum gebaut werden müssen, damit es Spaß macht, zum anderen aber dass es diesen Spielertypus gibt, der etwas "schaffen" möchte (vielleicht kulturell bedingt?). Er denkt, wenn er eine Runde Fifa oder Rocket League spielt und nichts dafür "erhält", dass dies verschwendete Zeit sei.
Gerade Fifa ist das perfekte Beispiel: Man kann den ganz normalen Onlinemodus mit den echten Weltklasse-Spielern und mit deren Vereinen spielen. Aber der Modus, wo man mit fast nichts beginnt und sich über Booster Packs ein Team zusammenstellt, um dann nach hunderten Stunden und/oder hunderten Euro sein eigenes "Real Madrid" zusammenbauen kann, ist der beliebtere Spielmodus.
lolaldanee hat geschrieben: 30. Okt 2020, 16:09 Fehlendes Abstraktionsvermögen dieser Art wird übrigens in manchen Bereichen der Psychologie als fehlende Intelligenz gewertet. Die Menschen werden weltweit auch nachweisbar immer besser darin. Jede junge Generation übertrifft ihre Vorgängergeneration in der Regel in dieser Fähigkeit.
Und trotzdem regieren alte Menschen die Welt und bestimmen die herrschenden Meinungen. :lol:
Ein generationenübergreifenderes System, welches die Stärken der Generationen bündelt und die Schwächen minimiert, sollte pareto-effizient sein - ähnlich einem optimalen Aktienportfolio. (Aber das ist vielleicht wieder zu abstrakt :whistle: ).
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Rigolax
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Re: Wortreich Extra: Der Sinn des pausenlosen Sterbens

Beitrag von Rigolax »

lovecraftFTW hat geschrieben: 30. Okt 2020, 16:38
Rigolax hat geschrieben: 30. Okt 2020, 13:37
Aber sind es nicht gerade Spiele die diese Ideologie der "Produktivität" verkörpern? Diese ganzen Achievements für Fleißaufgaben haben doch Überhand genommen und stehen doch genau dafür. Bei Assassins Creed kann man gegen Echtgeld sich Zeit erkaufen, die man für belanglose Nebenquest gebraucht hätte um in der Hauptstory überhaupt weiterzuspielen zu können. Mit der Argumentation dass manche Leute wenig Zeit hätten und so ihre Zeit produktiv nutzen könnten.

Bei Fifa, dem jährlich meistverkauftesten Spiel ist es am krassesten. Entweder man tradet 24/7 auf dem Transfermarkt um mithalten zu können oder man gibt halt Echtgeld aus.
Solche Pay-2-Win/-Zeitspar-Mikrotransaktionen sind schon ziemlich dreist imho. Erinnert mich an nicht Einkommen gekoppelte Bußgelder bzw. statt Geld zu bezahlen (das man ggf. nicht aufbringen kann) alternativ ein paar Tage in den Knast zu gehen, um damit eine Schuld vermeintlich auszugleichen, als ob die Lebenszeit von manchen Personen weniger wert sei. Im Grunde ist das kein egalitäres Spieldesign.

Manche Mechaniken spiegeln vielleicht den Zustand der Gesellschaft wider, auch die vielen Battle-Royale-Shooter als kompetitiv ausgetragener Sozialdarwinismus, einem Survival of the ‚Fittest’, oder auch eine regelrechte Ellenbogengesellschaft in Fall Guys oder das von Paranoia getriebene Among Us. Auf reiner Gameplayebene perpetuiert das imho die dahinterliegende Ideologie/Mentalität aber nicht bzw. nicht so sehr, dass es imho zu einem regelrechten Problem auserkoren werden sollte, daher sehe ich so etwas hingegen recht entspannt. Im Grunde könnte es auch ein gesellschaftliches Ventil sein, so etwas dann im ludischen Rahmen auszuleben, wobei ich hier keine Art von Karthasistheorie aufstellen will, weil die auch recht, na ja, weit hergeholt scheint.

Bei Fleißachievements oder Hardcore-Kram (No-Death, Speedruns etc.) denke ich gerne an Layers of Fear. Da gibt’s ein Achievement dafür, die Gemälde im Spiel 60 Minuten zu "betrachten". Doch eine interessante Umsetzung, eine reine Fleißaufgabe einerseits und andererseits die vermeintliche Unproduktivität zur Errungenschaft stilisiert.
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Faciendum
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Re: Wortreich Extra: Der Sinn des pausenlosen Sterbens

Beitrag von Faciendum »

Sorry, mir ist da ein bisschen zu viel dazwischen gekommen, daher die späte Antwort.
Passt. Gibt nicht mehr viel zu schrieben, daher am besten ein :obscene-drinkingcheers:

:mrgreen:
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Hegelkant
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Re: Wortreich Extra: Der Sinn des pausenlosen Sterbens

Beitrag von Hegelkant »

Den titelgebenden Aspekt des pausenlosen Sterbens will ich nochmal aufgreifen.

Denn wenn dieses pausenlose Sterben tatsächlich eine Metapher wäre, wie Wolfgang argumentiert, dann bräuchten wir nicht diesen Fotorealismus, der offensichtlich ein entscheidendes Qualitätsmerkmal heutiger Spiele ist. Eine Metapher muss nicht *echt* aussehen. Im Gegenteil, dadurch, dass etwas immer mehr wie die Realität aussieht, wird es immer weniger als Metapher erkennbar.

Zudem hinaus beinhaltet eine Metapher auch immer eine Meta-Ebene, auf die sich beides bezieht; bei Wolfgang ist es das Scheitern. Um dies zu erkennen, muss man reflektieren, es reißt einen, und sei es nur für einen Moment, aus dem aktuellen Geschehen raus. Das ist es ja auch, was Kunst ausmacht. Aber genau das versuchen moderne Spiele ja zu unterbinden, Stichwort Immersion. Höchstens nach dem Spielen kann und darf sowas aufkommen, und dann ist man damit ziemlich allein gelassen.

In einer Wortreich-Folge im letzten Jahr hat Wolfgang erwähnt, dass durch diesen Fotorealismus eine neue Möglichkeit geschaffen wurde, eine neue Sprache quasi (ich krieg's nicht mehr genau zusammen), Gewalt in Spielen darzustellen, und dass angesichts dessen die Studien zu Gewalt in Computerspielen vielleicht neu durchgeführt werden müssten.

Hajo Schumacher hat durchaus einen Punkt, wenn er sich in einem modernen First-Person-Shooter oder-Rollenspiel als Amokläufer fühlt. Vielleicht bemerken wir Gamer das nicht, weil wir die jahrzehntelange Evolution selbst mitgemacht und begleitet haben. Meiner Einschätzung haben wir derzeit kein gutes Argument, warum moderne AAA-Titel (und die sind es ja, die im Mainstream ankommen) nie gewaltfrei auskommen und diese immer realistischer in Szene setzen, wie ein trashiger B-Movie. Um sowas als Kunst einzuschätzen, fehlt mir noch was.
Rigolax
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Re: Wortreich Extra: Der Sinn des pausenlosen Sterbens

Beitrag von Rigolax »

Ein gewisser Journalist beim Spiegel, der den Ausgangstext des Themas hier motivierte, hat übrigens jetzt noch auf andere Art Aufmerksamkeit erlangt, siehe hier #1 für eine Zusammenfassung: https://bildblog.de/125440/seltsames-sp ... g-peanuts/ Auszug: "Die Interviewführung [mit Silvana Koch-Mehrin] wurde im Netz vielfach als übergriffig und sexistisch kritisiert." (und noch mehr)

Vielleicht ist das auch etwas off-topic hier. Sorry. :ugly:
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