The Panel: Triggerwarning

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Dwarf Vader
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Re: The Panel: Triggerwarning

Beitrag von Dwarf Vader »

Karlo von Schnubbel hat geschrieben: 4. Jan 2021, 22:11
rammmses hat geschrieben: 4. Jan 2021, 21:37
Tal Rusha hat geschrieben: 4. Jan 2021, 21:14 Ganz einfach: weil nur ein sehr kleiner Teil der Spieler von Triggerwarnungen profitieren würden, während 99% von den eventuellen negativen Effekten betroffen wären. Diese Verteilung muss man in eine Gewichtung natürlich mit einbeziehen.
Ja, mir ist das auch alles zu vage. Offensichtlich gibt es ja noch nicht einmal einen Konsens in der Psychologie, dass Triggerwarnungen prinzipiell sinnvoll sind. Dann wissen wir auch nicht, ob und inwiefern Betroffene sich das wünschen. Aber erstmal Aktionismus und Verantwortungen an andere (hier Spielentwickler) schieben. Ich finde dieses ganze Denkschema befremdlich.
Diesen Post hier hast du aber gelesen? Was ist denn daran vage?
Es bestreitet doch niemand ernsthaft, dass es schwerwiegende psychische Erkrankungen gibt, bei denen ein Trigger eine Panikattacke und/oder schlimmstenfalls eine Retraumatisierung auslösen könnte. Vermutlich würden auch fast alle zustimmen, dass es wünschenswert wäre, wenn man dies durch Triggerwarnungen verhindern könnte.
Die Forderung bleibt so jedoch vage, weil man für eine konkrete Forderung ja mindestens sagen sollte

1. Von welchen psychischen Erkrankungen man hier eigentlich meint zu reden
2. Welche möglichen Trigger es in diesem Zusammenhang gibt
3. An wen genau man die Forderung richtet
4. Wie man die Forderung moralisch legitimiert

Ich habe das imho btw hier mal versucht:
viewtopic.php?p=159606#p159606

Ich hatte das jetzt hier auch mehrfach geschrieben. Bisher habe ich noch keine Konkretisierung in dieser Hinsicht hier gelesen und auch nicht im Panel gehört. Und dann ist es imho tatsächlich mühselig weiter zu diskutieren.
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bluttrinker13
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Re: The Panel: Triggerwarning

Beitrag von bluttrinker13 »

Habe die Folge jetzt auch gehört, und fand sie sowohl von der Debattenkultur her, als auch von der fachlichen Seite (Psychologie), eher unausgewogen und oberflächlich.

Zu dem Problem, dass sich die Meinungen eher glichen und es wieder nicht gelang, ein spannendes Panel aufzustellen, ist hier schon genug gesagt worden.
Vielleicht als Anregung: Natürlich wachsen Leute mit stark abweichenden Meinungen auch nicht einfach so auf Bäumen. Eine Möglichkeit wäre aber, sich hier an einem konkreten und möglichst kontroversen Fallbeispiel abzuarbeiten (der Bezug zu zwei-drei konkreten Fallbeispielen wäre generell eine gute Idee gewesen), zu welchem dann auch Menschen mit allgemein ähnlichen Ansichten unterschiedliche Positionen einnehmen können. In der Moralpsychologie, wo die meisten sich einigen können auf "Ja guter Mensch sein ist wichtig und niemandem schaden gut" bekommt man beispielsweise mit Dilemmata als Fällen dann doch sehr spannende und diverse Diskussionen hin.

Zu der Psychologie und den Effekten von trigger warnings hätte ich mir gerade von Herrn Strobel mehr Gründlichkeit und Vorbereitung gewünscht, vor allem was die kritischen Positionen angeht. Jemanden wie Haidt mehr oder weniger einfach abzubügeln mit einem "Halte ich für falsch / sehe ich nicht so" ist mir zu billig. Der Mann nimmt gern extreme Positionen ein, ist aber auch eine Koryphäe auf seinem Gebiet (moral psychology), da kann man sich schon mal genauer mit seiner Position auseinandersetzen und argumentieren, warum denn seine Position nicht geteilt wird. Es gibt in der Psychologie viele Befunde, bspw aus der Resilienzforschung, Stichwort steeling effects, die zumindest die Hypothese plausibel erscheinen lassen, dass sich Stressoren, hardships oder auch Unsicherheit auszusetzen dabei helfen kann, Resilienz zu erzeugen. Ganz allgemein muss man sich Stressoren auch nun mal aussetzen, um überhaupt sowas wie Habituierung zu beginnen. Insofern ist zumindest wenn wir annehmen, dass trigger warnings zu Vermeidung von Inhalten führen (was ich ebenso für wahrscheinlicher halte, als die recht illusorische Annahme einer Inklusion dadurch), die Position das es zu "Verweichlichung" führen könnte, für nichts, was man einfach so in den Wind schießen sollte.

Und es wurde nicht sauber getrennt zwischen "emotional unwohl fühlen" (woher die trigger warnings in USA, basierend auf den Gefühlen von Studierenden im Unterricht, eigentlich kommen) und handfesten PTSDs mit Flashbacks, Intrusionen, Wiedererleben, Dekompensation und dem ganzen krassen shit.

Aber auch was diese Gruppe angeht, gibt es Evidenz, welche durchaus kritisch mit trigger warnings ins Gericht geht.
Recht viel diskutierte Studie von 2020 (Juni, offen, hätte man lesen können): https://journals.sagepub.com/doi/full/1 ... 2620921341

Die Autoren untersuchten dort eine Stichprobe von an die 450 trauma survivors, also schon eher die Population, bei der es um mehr geht, als Unwohlsein. Und die bottom line: Trigger warnings halfen nicht und führten sogar zu potentiell therapiekonträren Effekten indem Hinweise (!) für eine verstärkte Verankerung des Traumas in der Identität gefunden wurden.

Oder, hier noch die recht klar formulierten Schlussfolgerungen aus der Discussion:
"Public arguments regarding trigger warnings have been politically charged, complex, and data-poor. Recent research on trigger warnings can importantly inform or perhaps even settle some of these debates. The research suggests that trigger warnings are unhelpful for trauma survivors, college students, trauma-naïve individuals, and mixed groups of participants (Bellet et al., 2018, 2020; Bridgland et al., 2019; Sanson et al., 2019). Given this consistent conclusion, we find no evidence-based reason for educators, administrators, or clinicians to use trigger warnings.
Whether trigger warnings are explicitly harmful is less clear. We found evidence that trigger warnings increase the narrative centrality of trauma among survivors, which is countertherapeutic (Boals & Murrell, 2016). We also found that trigger warnings increase anxiety for those with more severe symptoms of PTSD. Although these effects were preregistered and found in a large sample, the sizes of the effects were small and have not yet been rigorously tested across multiple studies. However, such knowledge is unnecessary to adjudicate whether to use trigger warnings—if there is no good reason to deploy them in the first place, we need not require strong evidence of harm before abandoning them ...
."

Ich will hier nicht trigger warnings verdammen, gerade die Idee am Ende mit Psychologen+Gamedesigner machen holistisch gute Spiele zu Störungen finde ich klasse. Aber die kritische Tiefe und das fachliche Niveau dieser Diskussion ließ deutlich zu wünschen übrig, hier geht angesichts des Erreichten in bspw Nachgeforscht mehr, und von einer kritischen Diskussion kann auch die sinnvolle Idee einer bedarfsgerechten Inhaltswarnung, um die es hier geht, eigentlich nur profitieren.
Zuletzt geändert von bluttrinker13 am 6. Jan 2021, 16:11, insgesamt 1-mal geändert.
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Ines
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Re: The Panel: Triggerwarning

Beitrag von Ines »

Ich habe es in meinem (Trauma-)therapeutischen Alltag noch nicht erlebt, dass sich jemand durch Medien so belastet gefühlt hat, dass es thematisiert worden wäre. Das einzige Mal, dass Trigger-Warnungen Thema waren, war als die Warnung eher Angst und Unbehagen bei einer traumatisierten Person ausgelöst hat. Deshalb sehe ich das eher kritisch, weil es Instabilität und Schutzbedürftigkeit in den Vordergrund stellt, wo therapeutisch eher Selbstwirksamkeit wichtig wäre. Außerdem sind Trigger ja oft total individuell, sodass man sich eh nicht auf die Warnungen verlassen kann (Beispiele aus meiner Praxis: die Farbe Orange, Rollstühle, kleine Männer mit dunklen Haaren, Teenager-Gruppen, bestimmte Motorengeräusche, Matratzen, die auf dem Fußboden liegen). Medien lassen sich (im Gegensatz zum Beispiel zu Teenager-Gruppen oder den orangenen Vorhängen in meinem Büro) aber in aller Regel jederzeit beenden, sodass mir das Problem im Alltag oft nicht so groß zu sein scheint. Aber ich kenne die Forschung nicht.
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bluttrinker13
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Re: The Panel: Triggerwarning

Beitrag von bluttrinker13 »

Ines hat geschrieben: 6. Jan 2021, 15:29 Deshalb sehe ich das eher kritisch, weil es Instabilität und Schutzbedürftigkeit in den Vordergrund stellt, wo therapeutisch eher Selbstwirksamkeit wichtig wäre.
Ines, diese Erfahrung passt zu den Ergebnissen (i.e., den Identitätseffekten) der oben von mir verlinkten Studie aus Clinical Psychological Science. Interessant.
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Jessica (BTS)
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Re: The Panel: Triggerwarning

Beitrag von Jessica (BTS) »

@bluttrinker13: Danke für diesen spannenden Artikel, den habe ich mir gleich auf meine "To Read"-Liste gesetzt!

@Ines: Danke für deine Einblicke und Gedanken. Deinen Eindruck, dass es meist sehr spezifische Trigger sind, teile ich auch. Ich persönlich weiß nur von Betroffenen, die sehr dankbar für Triggerwarnungen sind, wenn es um Suizid und / oder selbstverletzendes Verhalten geht. Da erscheint es mir (in der Akutsituation, natürlich ist eine Stabilisierung hier das Wichtige) sinnvoll und auch praktikabel. Für Phobien und Ähnliches gibt es ja z.B. gamesphobias.com, aber hier teile ich natürlich die auch schon mehrfach geäußerte Sicht, dass es da eher um Exposition als Vermeidung geht.
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Dwarf Vader
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Re: The Panel: Triggerwarning

Beitrag von Dwarf Vader »

bluttrinker13 hat geschrieben: 5. Jan 2021, 23:18
Recht viel diskutierte Studie von 2020 (Juni, offen, hätte man lesen können): https://journals.sagepub.com/doi/full/1 ... 2620921341


Vielen Dank dafür, kannte ich noch nicht.
Ich persönlich halte solche Studien für die Legitimation von Triggerwarnungen für relativ irrelevant, weil für mich die Autonomie von Betroffenen hier höher wiegt als der Nachweis über die Wirksamkeit. Oder anders ausgedrückt: Im Zweifel haben Betroffene imho natürlich auch immer das Recht, sich für ein ausgeprägtes Vermeidungsverhalten (bis hin zum pathologischen Vermeidungsverhalten) zu entscheiden bzw. um es mit Ines Worten zu sagen ihre Schutzbedürftigkeit und Instabilität auszuleben und eben doch in den Vordergrund zu stellen.
Aber natürlich taugt das nicht als plakative, moralische und politische Forderung an die Umwelt, sondern es muss der Umwelt freistehen, im eigenen Ermessen auf dieses Bedürfnis zu reagieren.

Interessant zu lesen war es trotzdem. Bezüglich der Wirksamkeit viel das Fazit sogar noch schlechter aus als ich erwartet habe
Rigolax
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Re: The Panel: Triggerwarning

Beitrag von Rigolax »

Gibt’s eigentlich schon Überlegungen zum Einsetzen von Triggerwarnungen/Inhaltshinweisen zum Überwinden von Traumata oder auch zum Abbau von Phobien? Also gegenteilig zu Vermeidungsstrategien, wie diese Warnungen/Hinweise wohl meist gedacht sind. Der Gedanke kam mir, ehrlich gesagt, nun jetzt erst.

Durch Inhaltshinweise könnten Betroffene eigentlich ja leicht für sie ggf. problematische Inhalte finden (auch sehr spezifisch) und sich damit dann konfrontieren (lassen) und Resilienz aufbauen; gerade wenn davon ausgegangen wird, dass der heimische Medienkonsum mit Pausenfunktion als relativ sicher gelten kann. Im Grunde könnten Triggerwarnungen sich ebenso positiv auf die Selbstwirksamkeitserwartung auswirken, wenn solche Warnungen von betroffenen Person zur Kenntnis genommen werden, die Medieninhalte dann konsumiert und überwunden werden, und Betroffene sogar feststellen, dass es gar nicht so schlimm für sie war.

Na ja, soll jetzt kein verkapptes Plädoyer für Triggerwarnungen aus Konfrontationssicht sein, man sollte trotzdem abwägen, inwiefern es diese erwähnten Identitätseffekte geben kann oder eher Reduktion von Selbstwirksamkeitserwartung, auch gerade in Bezug auf nicht-direkt betroffene Personen, durchaus auch sonstige denkbare Opportunitätskosten. Im Grunde ist’s ja eine Frage nach der (potentiellen) Kultur im Kontext solcher Inhaltswarnungen.

Recht interessant jedenfalls imho, dass im Forum eine relativ fundierte Gegenposition entwickelt wurde. Ich befürchte, das ist so ein Thema, bei dem in erster Annäherung die eine Position absolut (moralisch) korrekt scheint und andere Ansichten da mal wieder schwer (öffentlich) zu vertreten sind.
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Heretic
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Re: The Panel: Triggerwarning

Beitrag von Heretic »

Rigolax hat geschrieben: 6. Jan 2021, 18:20 Gibt’s eigentlich schon Überlegungen zum Einsetzen von Triggerwarnungen/Inhaltshinweisen zum Überwinden von Traumata oder auch zum Abbau von Phobien? Also gegenteilig zu Vermeidungsstrategien, wie diese Warnungen/Hinweise wohl meist gedacht sind. Der Gedanke kam mir, ehrlich gesagt, nun jetzt erst.
Im Prinzip bedient eine Triggerwarnung ja beides. Sie hilft mir, bestimmte Themen zu vermeiden oder gezielt nach ihnen zu suchen.
Rigolax hat geschrieben: 6. Jan 2021, 18:20 Durch Inhaltshinweise könnten Betroffene eigentlich ja leicht für sie ggf. problematische Inhalte finden (auch sehr spezifisch) und sich damit dann konfrontieren (lassen) und Resilienz aufbauen; gerade wenn davon ausgegangen wird, dass der heimische Medienkonsum mit Pausenfunktion als relativ sicher gelten kann.
Die Frage ist halt, ob man das bei einem Unterhaltungsprodukt haben will. Ich vermute mal, die meisten Leute konsumieren Videospiele eher zu Unterhaltungszwecken. Ich weiß nicht ob es eine gute Idee ist, mit Spielen eigenmächtig Traumata oder Phobien kurieren zu wollen. Ich glaube, ich würde es lassen und mir dafür lieber professionelle Hilfe holen.
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Re: The Panel: Triggerwarning

Beitrag von Rigolax »

Heretic hat geschrieben: 6. Jan 2021, 19:32
Rigolax hat geschrieben: 6. Jan 2021, 18:20 Durch Inhaltshinweise könnten Betroffene eigentlich ja leicht für sie ggf. problematische Inhalte finden (auch sehr spezifisch) und sich damit dann konfrontieren (lassen) und Resilienz aufbauen; gerade wenn davon ausgegangen wird, dass der heimische Medienkonsum mit Pausenfunktion als relativ sicher gelten kann.
Die Frage ist halt, ob man das bei einem Unterhaltungsprodukt haben will. Ich vermute mal, die meisten Leute konsumieren Videospiele eher zu Unterhaltungszwecken. Ich weiß nicht ob es eine gute Idee ist, mit Spielen eigenmächtig Traumata oder Phobien kurieren zu wollen. Ich glaube, ich würde es lassen und mir dafür lieber professionelle Hilfe holen.
Na ja, bei der defizitären Verfügbarkeit von professionellen therapeutischen Lösungen sind Betroffene ja fast schon auf die Selbsttherapie angewiesen (oder eben Vermeidung mit ggf. entsprechender Einschränkung an Lebensqualität). Okay, hängt sicherlich von der Schwere des Falls ab und der Art und Weise der Medienexponierung. Ich könnte mir vorstellen, dass man zumindest mittelschwere Phobien damit recht gut selbst mildern könnte, also man sich jetzt bei einer Arachnophobie nach und nach Spinneninhalten aussetzt. Na ja, belangt mich jedenfalls bitte nicht, falls es doch negative Folgen hat; vielleicht könnte man dafür auch best practices entwickeln. Grundsätzlich bin ich eigentlich auch eh eher skeptisch, wenn künstlerischer Ausdruck funktionalisiert werden soll.
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kami
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Re: The Panel: Triggerwarning

Beitrag von kami »

So eine multimediale Selbstmedikation scheint mir auch eher fragwürdig. Und wenn, gäbe es sicher Hinweise und Anleitungen auf Fachseiten im Netz oder anderswo, Triggerwarnungen im Spiel selbst scheinen mir ganz sicher nicht der richtige Ort dafür.
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FredFlintstone
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Re: The Panel: Triggerwarning

Beitrag von FredFlintstone »

Ich finde das Inhaltswarnungen ein gutes Mittel sind und eigentlich keinen stoeren sollten, wenn sie gut implementiert sind oder zumindest auf einer Store-Seite angezeigt werden.

Ich glaube, was die Leute abstoesst, ist die negative Konnotation, den der Begriff "Trigger warnings" durch den Gebrauch in den USA bekommen hat. Dort ist er heute eher ein politischer Begriff als ein Begriff aus der Psychologie. Ich habe selbst in San Francisco gelebt und ich ging dort auch gerne zu wissenschaftlichen Vortraegen. Wenn ich dann am Eingang ein grosses Schild mit dem Begriff "Trigger warning" lese, dass der Vortrag durch die Referenz auf Darwin's Lehren religoese Gefuehle verletzten koennte, finde ich dass dieser Begriff viel zu weit von der urspruenglichen Bedeutung entfernt ist. Eine solche Anwendung banalisiert den Begriff, er setzt Unwohlsein mit den Folgen eines Traumas gleich.
Gerade in konservativen Mileus ist dieser Begriff ein rotes Tuch, und er wird von beiden Seiten benutzt um zu polarisieren - er wird selbst im liberalen/linken Lager kontrovers diskutiert.

Somit impliziert eine Verwendung von "Triggerwarnung" auch hier in Deutschland einen Konflikt allein durch den polarisierenden Hintergrundaspekt. Ansonsten kann ich mir nicht wirklich vorstellen, dass jemand allgemein etwas gegen eine Warnung hat, welcher Menschen vor einem Horrortrip oder Schlimmeren schuetzt. Das dies natuerlich so implementiert werden muss, dass es den Standarduser nicht stoert, steht ausser Frage. Und Kunst ist generell adaptiv :D
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kami
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Re: The Panel: Triggerwarning

Beitrag von kami »

Dom und Leonie haben aber natürlich dem Anliegen keinen guten Dienst erwiesen, indem sie dann eben auch eine Forderung nach Warnungen vor nicht triggernden sondern einfach nur unangenehmen Inhalten ins Spiel brachten.
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Rigolax
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Re: The Panel: Triggerwarning

Beitrag von Rigolax »

kami hat geschrieben: 6. Jan 2021, 23:03 So eine multimediale Selbstmedikation scheint mir auch eher fragwürdig. Und wenn, gäbe es sicher Hinweise und Anleitungen auf Fachseiten im Netz oder anderswo, Triggerwarnungen im Spiel selbst scheinen mir ganz sicher nicht der richtige Ort dafür.
Na ja, im Wikipedia-Artikel zu "Konfrontationstherapie" steht zumindest auch aktuell:

"Die ersten Expositionsübungen finden typischerweise in Begleitung des Therapeuten statt. Mit zunehmender Sicherheit auf Seiten des Patienten führt dieser die Übungen im Weiteren selbstständig ohne Begleitung des Therapeuten fort." Mit Verweis auf: Wolfgang Senf, Michael Broda (Hrsg.): "Praxis der Psychotherapie. Ein integratives Lehrbuch." vierte Auflage. (Nicht gecheckt von mir eben, ob der Inhalt des Buchs dort korrekt wiedergegeben wird).

https://de.wikipedia.org/w/index.php?ti ... ehensweise

Ich denke im Übrigen auch, dass der Begriff "Triggerwarnung" eigentlich schon verbrannt ist. Der ist zu stark vorbelastet imho. Vielleicht sollte man einfach generell davon Abstand nehmen und auf "Inhaltshinweise" umsteigen oder dergleichen.

Wobei ich den Podcast auch nicht so verstanden habe, dass Dom und Leonie Hinweise bei bloß unangenehmen Inhalten forderten bzw. Forderungen nach Warnungen da schon ins Spiel brachten, sondern diese Warnungen dort eher als nice to have angesehen haben, so als Nebeneffekt. Müsste ich den Podcast aber nochmal hören, weiß die exakte Stelle auch nicht mehr.
Voigt
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Re: The Panel: Triggerwarning

Beitrag von Voigt »

Mhm finde der Begriff isr zwar angebrannt, aber nich verbrannt. Das kann man sich noch zurückholen. Mag es nich Begriffe liegenzulassen nur weil ein Teil der Menschen den Begriff "schlecht" verwendet.
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VikingBK1981
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Re: The Panel: Triggerwarning

Beitrag von VikingBK1981 »

Leider musste ich die Episode abbrechen. Mir ging da leider die Position zu sehr auf die digitalen Nerven. Si ewar für mich bis zu der Stelle auch viel zu einseitig.

Zu meinem Hintergrund. Ich war 2011 im Afghanistan Krieg und habe nicht ganz so schöne Dinge erlebt und gesehen. Im Cast wurde ganz am Anfang das Beispiel der Kriegsheimkehrer angesprochen, die bei Hubschraubergeräuschen in Ohnmacht gefallen sind. Ja die gab es und gibt es immer noch. Auch Menschen die nach Überfällen, Missbrauch und anderen schweren Erlebnissen psychologische Störungen entwickelt haben. Jetzt kenne ich selber einige Soldaten die mit PTPS gestraft sind und weiß, dass sie nie auf die Idee kämen Call of Duty zu spielen. Durch meinen derzeitigen Beruf habe ich auch immer wieder Kontakt mit Missbrauchsopfern und Gewaltopfern. Ein Vergewaltigungsopfer wird auch keine entsprechenden Filme schauen. Ich selber gehe sehr ungern in sehr große Menschenmassen rein (Weihnachtsmärkte und Co). Hier aber eine Warnung einzubauen halte ich für falsch. Wenn man sich auch mal so die Podcastwelt, Gaming-Blogs und Co schaust und hört wird man schnell fündig was für verrückte Trigger dort vorkommen. Wo will man da anfange und aufhören? Es gibt Leute die lassen sich anscheinend von allem triggern, soll da vorher 20 Seiten Text kommen, was alles im Spiel vorkommt? Lesen würde das doch auch wieder keiner.

Es ist doch eigentlich auch eher normal, dass man sich vorher mal etwas schlau machen sollte was man konsumiert, wenn man weiß das man auf bestimmte Inhalte wie auch immer reagiert.
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Re: The Panel: Triggerwarning

Beitrag von meieiro »

VikingBK1981 hat geschrieben: 8. Jan 2021, 12:21 Jetzt kenne ich selber einige Soldaten die mit PTPS gestraft sind und weiß, dass sie nie auf die Idee kämen Call of Duty zu spielen.
Was ist aber jetzt wenn in Call of Duty eine Vergewaltigung vorkommen würde. Das kann ich nicht erwarten, wenn ich Call of Duty spielen will
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Golmo
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Re: The Panel: Triggerwarning

Beitrag von Golmo »

meieiro hat geschrieben: 8. Jan 2021, 12:36
VikingBK1981 hat geschrieben: 8. Jan 2021, 12:21 Jetzt kenne ich selber einige Soldaten die mit PTPS gestraft sind und weiß, dass sie nie auf die Idee kämen Call of Duty zu spielen.
Was ist aber jetzt wenn in Call of Duty eine Vergewaltigung vorkommen würde. Das kann ich nicht erwarten, wenn ich Call of Duty spielen will
Doch kannst du bzw. solltest du. In einem ernsthaften, erwachsenen Spiel kann das alles vorkommen und angesprochen werden. Besonders im Krieg waren ja auch Vergwaltigungen nichts besonders abwägiges, also in der Realität. Das weiss ich seit der 8ten Klasse und wird auch in vielen Kriegsfilmen am Rand immer mal gezeigt / erwähnt. Glaube sogar CoD hatte das schon öfter drin.
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Re: The Panel: Triggerwarning

Beitrag von bluttrinker13 »

VikingBK1981 hat geschrieben: 8. Jan 2021, 12:21 Es ist doch eigentlich auch eher normal, dass man sich vorher mal etwas schlau machen sollte was man konsumiert, wenn man weiß das man auf bestimmte Inhalte wie auch immer reagiert.
Sehe ich auch so. Ist mE auch ein potentielles Gegenargument gegen die oft, auch im podcast, beschworene Autonomiesicherung durch trigger warnings, also quasi dieses "Empowerment", welches ebenso zu wenig in seinem Für und Wider analysiert wurde. Denn, so könnte man argumentieren, implizit wird ja davon ausgegangen, dass es dem Kunden/Zuschauer sonst nicht möglich ist, sich selbst über die Inhalte zu informieren, also Eigenverantwortung walten zu lassen. Medienkompetenz halt. Deshalb braucht es warnings, um unliebsame Überraschungen zu vermeiden. Man nimmt den Kunden halt ein Stück weit als unverantwortlich oder uninformiert wahr.

Fand ich besonders bei dem Beispiel mit Sea of Solitude so evident, der Name des Spiels deutet doch schon auf Depression hin (Solitude -> Einsamkeit), insofern wirkt in dem Fall ein zusätzliches trigger warning schon sehr seltsam, kein Wunder das die lead überrascht bei der Frage war.

Wo ich es nach wie vor sinnvoll finde, ist eben bei Zuschauern deren Eigenverantwortung eingeschränkt ist, bspw. Kinder. Beispiel: Happy Tree Friends, süße Tiere, die sich blutlüstern abschlachten. Da ist eine Warnung schon angebracht, sollte das frei verfügbar sein. :D (Das Beispiel hinkt aber ebenfalls bereits, denn Happy Tree Friends hat ja eben bereits eine Alterseinstufung und läuft nicht auf dem KiKa)
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Re: The Panel: Triggerwarning

Beitrag von Rigolax »

meieiro hat geschrieben: 8. Jan 2021, 12:36
VikingBK1981 hat geschrieben: 8. Jan 2021, 12:21 Jetzt kenne ich selber einige Soldaten die mit PTPS gestraft sind und weiß, dass sie nie auf die Idee kämen Call of Duty zu spielen.
Was ist aber jetzt wenn in Call of Duty eine Vergewaltigung vorkommen würde. Das kann ich nicht erwarten, wenn ich Call of Duty spielen will
Gab's übrigens schonmal mehr oder weniger, in COD:WWII. Allerdings hatte diese Version als Hinweishinweis "threat of sexual violence" durch das australische Altersratingboard bekommen und Activision (oder wer genau) entschied dann, die Szene so zu ändern, dass der Hinweis nicht mehr nötig wird; diese Version, also die dann geänderte, wurde dann auch global veröffentlicht. https://www.kotaku.com.au/2017/10/activ ... australia/

Ist halt ein so ein Fall, woraus man ableiten könnte, wie zumindest manche Studios bei für sie als negativ empfundenen (also kaufmindernden) Inhaltshinweisen reagieren könnten.
meieiro
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Re: The Panel: Triggerwarning

Beitrag von meieiro »

Golmo hat geschrieben: 8. Jan 2021, 12:58
meieiro hat geschrieben: 8. Jan 2021, 12:36
VikingBK1981 hat geschrieben: 8. Jan 2021, 12:21 Jetzt kenne ich selber einige Soldaten die mit PTPS gestraft sind und weiß, dass sie nie auf die Idee kämen Call of Duty zu spielen.
Was ist aber jetzt wenn in Call of Duty eine Vergewaltigung vorkommen würde. Das kann ich nicht erwarten, wenn ich Call of Duty spielen will
Doch kannst du bzw. solltest du. In einem ernsthaften, erwachsenen Spiel kann das alles vorkommen und angesprochen werden. Besonders im Krieg waren ja auch Vergwaltigungen nichts besonders abwägiges, also in der Realität. Das weiss ich seit der 8ten Klasse und wird auch in vielen Kriegsfilmen am Rand immer mal gezeigt / erwähnt. Glaube sogar CoD hatte das schon öfter drin.
Ok evtl. schelchtes Beispiel. Kenn mich mit Call of Duty zu wenig aus. ich würde da keine Vergewaltigugn erwarten. Aber es geht ja auch gar nicht um mein konkretes Beispiel.
Aber es ist halt so, dass ich bestimmte Trigger erwarten kann. Wie eben Kriegshandlungen in einem call of Duty, andere dagegen eher nicht.
Ich habe zum Beispiel keine Spinnen in Jedi:Fallen Order. Ich hab kein Problem mit Spinnen, aber ich will damit nur sagen, dass man anhand des Spiels nicht immer alle Trigger darin erahnen kann.
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