En Detail: Ein Spaziergang in Cyberpunk

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Inkognito
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Re: Ein Spaziergang in Cyberpunk - Der Thread

Beitrag von Inkognito »

Begleitend hierzu eine Analyse der Architektur mittels eines vergleichbaren Spaziergangs:
"Cyberpunk 2077 is an architecture critique with nothing to say"
https://www.archpaper.com/2021/01/cyber ... ng-to-say/

Bei mir blieb vom Podcast und dem Artikel hängen, dass alles absolut beliebig ist.
Vollgestopft mit allem, was nicht bei 3 auf den Bäumen ist, ergibt ein Gesamtbild ohne irgendeine Aussage.

Sozusagen ein Reverse Ubisoft:
Man will angeblich eine Message haben, aber diese ist nicht vorhanden.
Zuletzt geändert von Inkognito am 27. Jan 2021, 12:03, insgesamt 1-mal geändert.
PhelanKell
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Re: Ein Spaziergang in Cyberpunk - Der Thread

Beitrag von PhelanKell »

Mojen,

ich fand die Folge interessant, unterhaltsam und belustigend.
Von daher finde ich das Format an sich hat Potential und ich möchte mehr hören.

Ich würde mich über eine Fortsetzung freuen.
Wie wäre es mit Morrowind :D
Nein Spaß. Aber interessant fände ich ein Vergleich innerhalb einer Serie. Z.B. Witcher 1 - Wyzima mit Witcher 3 - Novigrad.
Was hat sich aufgrund der gegebenen Möglichkeiten verändert etc.

Naja, einen einzigen Kritikpunkt habe ich: Ihr verhaspelt euch manchmal so dermaßen. Nicht sprachlich, sondern thematisch.
Allein am Anfang, wo André am liebsten schon mitten in der Stadt wäre bzw. gedanklich schon ist, obwohl noch der Rahmen abgesteckt wird.
Also der Anfang hat mir nicht so gefallen. Als es dann losging mit "Wir verlassen das Gebäude" wurde es stetig besser.

Und ich nehme für mich mit: So schön ist dann Cyberpunk wohl doch nicht. Beliebigkeit, Personen die verschwinden, etc.
expect the unexpected
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Oliver Naujoks
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Re: Ein Spaziergang in Cyberpunk - Der Thread

Beitrag von Oliver Naujoks »

Ich bin da sicher befangen, weil ich Games sowieso schon häufig genau so spiele, also als eine Art "Ersatz-Urlaub", bei welchem man Spielsysteme links liegen lässt und einfach nur mal den Tapetenwechsel genießt. Ich bin ja nun auch wahrlich nicht der einzige, der GTA V oder Skyrim mal für rein touristische Zwecke missbraucht (gerade im Shutdown tut das gut!), es gibt ja inzwischen sogar im Feuilleton Artikel darüber, die sowas empfehlen. Wenn man bei trüben Wetter zu Hause sitzen muss, ist es ein Segen, mal in Los Santos mit dem Ferrari an den Strand zu fahren.

Deshalb: Schon als ich von dem Format nur las, war ich sofort an Bord und kann das nach dem Anhören nur bestätigen. Also: Super, bitte gerne viel mehr davon.
Damit nähert Ihr Euch Spielen im besonderen und dem Medium im allgemeinen mal von einer anderen Perspektive, die nicht nur interessant ist, sondern auch neue Blickwinkel öffnet.

Ein Detail, auf das Ihr auch sehr ausführlich eingegangen seid und Euch viele Gedanken darüber gemacht habt: Die abweisende Aggressivität der Polizisten und auch vieler Zivilisten in Cyberpunk 2077. Da habt Ihr viele Theorien zu angestellt, aber zwei simple, wenn ich mich recht erinnere, nicht erwähnt. Zum einen: Das wurde meiner Auffassung nach tatsächlich einfach von GTA V abgeguckt, da ist das doch sehr ähnlich, wenn man Passanten und gerade auch Polizisten bedrängt. Gut, Polizisten schießen dann in GTA nicht sofort (IIRC), aber Stress gibt es dann doch auch unmittelbar. Zum anderen und das ist meine Theorie, die dahintersteckt (vielleicht lesen hier Spieledesigner mit und können das bestätigen oder falsifizieren): Wenn NPCs von Euch auf diese Weise nix wissen wollen, braucht man ihnen nicht diverse Variationen von Interaktionen eingeben, sondern schlicht nur die eine, die Tschüssverpissdich-Attitüde halt. Da kann man es sich einfach machen. Das ist, denke ich, schon alles - und keine politischen Hintergedanken, auch wenn man da natürlich nett spekulieren kann. Ansonsten fällt halt die Kulissenwelt noch schneller auf, wenn Figuren nur immer einen Satz sagen würden, was ja viele Passanten in Cyberpunk doch dann auch noch machen. Die Zeiten von NAME JOB BYE (die Anspielung wird Dom wegen seines Alters nicht verstehen, vermutlich ;) ) sind halt vorbei.

Ihr hattet ja jetzt eine feste Spaziergang-Route festgelegt, aber gerade weil Dom das mit realen Club-Erlebnissen abgeglichen hat: Habt Ihr eigentlich mal den Goth-Club in Night City besucht (Name und Location habe ich gerade nicht zur Hand)? Wunderbar gestalteter Schauplatz, der ein Club-Erlebnis auch so halbwegs schön einfängt, auch wenn man niemanden ansprechen sollte (dann ist doch wieder meist nur Kulisse). Weckt die Sehnsucht auf reale solche Besuche, wenn man das irgendwann im RL mal wieder darf.
Andre Peschke hat geschrieben: 26. Jan 2021, 22:26 Ich denke, die Spannweite ist recht groß.
Auf jeden Fall! Da sollten Euch eigentlich nie die Themen ausgehen. Wobei das Spiel natürlich schon passen muss. Weiter oben wurde mal Top Down erwähnt, das stelle ich mir dann doch eher schwierig vor, ob das eine ganze Folge trägt. Will ich wirklich dieses Format zu Hotline Miami oder Hades hören? Hm, eher nicht. Andererseits: Wer weiß?!
Spielt: Cricket 24, NHL 24, Cyberpunk 2077: Phantom Liberty, Carol Reed 14: The Fall of April, Sherlock (Melbourne House)
Liest: "Und sie rührten an den Schlaf der Welt", C.F. Mahrendorff // "Blue Giant Explorer", Shinichi Ishizuka
WyverTrim
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Re: Ein Spaziergang in Cyberpunk - Der Thread

Beitrag von WyverTrim »

Eine sehr interessante und gute Folge, gerne mehr davon. Ist zwar auch ein bisschen im Podcast vorgekommen, aber ein Spaziergang durch Mafia 3 wäre sicher spannend.
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VikingBK1981
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Re: Ein Spaziergang in Cyberpunk - Der Thread

Beitrag von VikingBK1981 »

Tja leider wie so oft schwimme ich wohl gegen den Strom, kann mit dem Format nichts anfangen. Hier wird mir einfach zu viel analysiert. Wobei ich nicht weiß ob es der richtige Begriff ist, kann es nur schwer beschreiben.
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Andre Peschke
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Re: Ein Spaziergang in Cyberpunk - Der Thread

Beitrag von Andre Peschke »

Oliver Naujoks hat geschrieben: 27. Jan 2021, 12:26Da habt Ihr viele Theorien zu angestellt, aber zwei simple, wenn ich mich recht erinnere, nicht erwähnt. Zum einen: Das wurde meiner Auffassung nach tatsächlich einfach von GTA V abgeguckt, da ist das doch sehr ähnlich, wenn man Passanten und gerade auch Polizisten bedrängt.
Das wäre zu sehr in eine Ebene der Analyse gegangen, die wir ja gerade nicht zu stark ausweiten wollten. Was sie IMO gemacht haben, ist einfach die Verhaltenssysteme von anderen Aggro-NPCs wie Gangstern auf die Polizisten zu kopieren, aber mit geringerem Wirkradius. Es gibt ja auch Polizisten - zB der Cop am Eingang zum Megabuilding - die erst viel später reagieren und nicht bei bloßer Annäherung. Die haben dann aber eben auch keine spezifischen "Polizei-Interaktionen". Das ist dann der Kernunterschied zu GTA, wo die Polizei zusätzliches, eigenes KI-Verhalten hat.

Bei GTA ist einfach VIEL mehr Aufwand in die verschiedenen Verhaltenssysteme für NPCs geflossen. Bzw vielleicht muss man sagen: Dort sind viel mehr solcher Systeme im fertigen Spiel enthalten gewesen.

Aber für diesen Podcast war es viel interessanter das Verhalten der Cops einfach mal als Tatsache hinzunehmen und über seine Wirkung auf uns virtuelle Touristen zu sprechen, anstatt über produktionstechnische Hintergründe zu spekulieren. Wäre ja auch nicht das erste Kunstwerk, dass besonders wirkungsvolle Eindrücke einfach dem Zufall verdankt.

Andre
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Der Coon
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Re: Ein Spaziergang in Cyberpunk - Der Thread

Beitrag von Der Coon »

Mir gefällt das neue Format total gut! Ich hatte schon Lust darauf, als es in einer der letzten Folgen angeteasert wurde und ich muss sagen, dass ich nicht enttäuscht wurde! Mir gefällt diese angenehme Mischung aus anekdotisch-humorvollen Geschichten und dem gelegentlichen Blick durch die Analyse-Brille! Außerdem bildet das Format das ab, was bei meiner Spielart leider oft viel zu kurz kommt: Das völlig entschleunigte Erleben der Spielwelt. Ich versuche immer, mich dazu zu zwingen, die Spielwelt genau so wahrzunehmen, verfalle aber immer wieder diesen typischesn OW-Effizienzmodus in dem man nur rennend oder - falls das schneller geht - springend von Questmarker zu Questmarker läuft.

Ganz tolles Format und bitte mehr davon! Beim nächsten Mal vielleicht in weniger urbanen Umgebungen und dafür vielleicht auf einer Straße zwischen zwei Ortschaften in Skyrim?
Zuletzt geändert von Der Coon am 27. Jan 2021, 15:40, insgesamt 1-mal geändert.
dadadave
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Re: Ein Spaziergang in Cyberpunk - Der Thread

Beitrag von dadadave »

Ich hab noch etwas weiter gelauscht und beim Graffiti-Thema finde ich, ist auch eine andere Leseart möglich:

Cyberpunk ist eine Dystopie, in der Ultra-Kapitalismus sich durchgesetzt und alles andere verdrängt hat. Dass eine von Konsum betäubte Bevölkerung apolitisch wird und sich nicht via rebellischen Graffitis äussert, passt für mich da gut ins Gesamtbild und findet sich auch seit langem in den Ängsten von Kapitalismuskritikern. Die Politiker scheinen weitestgehend austauschbar und sind letztlich nur Marionetten von Grosskonzernen. Öffentliche Wertediskussionen finden nicht statt, soweit ich das überblicken kann (so wie sie im Gegensatz dazu z.B. bei Deus Ex auftauchen mit der Transhumanismus-Geschichte). Die gesellschaftliche Debatte ist tot.

Die Johnny Silverhand Figur als einsamer Widerstandskämpfer, ist im Spiel eine gescheiterte Figur aus der Vergangenheit. Selbst Nebenquests unterstreichen dieses ziemlich trostlose Bild:
SpoilerShow
In der einen Quest, macht man sich auf die Suche nach einem Revoluzzer-Blogger, der seine Thesen ins Netz stellt. Am Ende entpuppt er sich als billiger Wahrsagerautomat, wie man sie vom Jahrmarkt kennt, der ans Netz angeschlossen wurde und letztlich hohle Phrasen herausposaunt. Ein sehr fatalistisches Questende.
Man trifft eigentlich ausser Johnny kaum eine andere Figur an, die ideologisch motiviert ist, alle sind mit dem Geldverdienen, dem Überleben und allenfalls mit dem Gefühl der Vereinsamung und Entfremdung beschäftigt.

Insgesamt entsteht da für mich ein ziemlich stimmiges Bild, in das auch gut hineinpasst, dass Graffiti nur Territorialmarkierungen oder (b)anale Schmierereien sind. Man könnte das allenfalls als unrealistisch bezeichnen, aber ich weiss nicht, ob Realismus bei einer solchen Dystopie primäres Ziel ist und als sehr zugespitzte Vision mit teils satirischen Qualitäten funktioniert's für mich jedenfalls (ohne, dass ich dem jetzt grosse Offenbarungen abgewinnen würde, aber das konnte ich auch bei einem Journey nicht, trotzdem hab ich beide Spiele gemocht).
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Andre Peschke
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Re: Ein Spaziergang in Cyberpunk - Der Thread

Beitrag von Andre Peschke »

dadadave hat geschrieben: 27. Jan 2021, 15:39 Ich hab noch etwas weiter gelauscht und beim Graffiti-Thema finde ich, ist auch eine andere Leseart möglich:
Direkt vorneweg: Finde ich interessant und selbstverständlich sind Interpretationen immer nur eine von etlichen Lesarten. Ich glaube, wir haben in dem Punkt nichtmal eine eigene Theorie innerhalb der Fiktion entwickelt, sondern nur das Fehlen vermerkt, oder?
dadadave hat geschrieben: 27. Jan 2021, 15:39Cyberpunk ist eine Dystopie, in der Ultra-Kapitalismus sich durchgesetzt und alles andere verdrängt hat. Dass eine von Konsum betäubte Bevölkerung apolitisch wird und sich nicht via rebellischen Graffitis äussert, passt für mich da gut ins Gesamtbild und findet sich auch seit langem in den Ängsten von Kapitalismuskritikern.
Nur als Ergänzung zum Verständnis meiner Bemerkung, dass da "was fehlt" - deine Interpretation finde ich ganz cool: Ich meine nicht nur konkret politische Graffiti, sondern eben auch zB gesellschaftspolitisches. Und das wird im Spiel ja wirklich VIEL thematisiert. Das Problem mit ausgerissenen Cyberpsychos wird in Texten und IIRC in den Nachrichten thematisiert. Aber es gibt keine Graffitis wie "Cyberpsychos raus!". Die Schere zwischen Arm und Reich ist ein Thema. Das Schicksal der "Dolls". Probleme mit Billig-Implantaten.

Es gibt IIRC nichtmal Graffitis, die keine Message per se haben, aber die nur in dieser Welt existieren können (einzige Ausnahme: Medienprodukte). Also, nichtmal zB irgendeine Hassbotschaft gegen die Maelstrom-Truppe, weil sie so weird aussehen. Oder etwas, das generell bezug nimmt auf Implantate, Ripperdocs...

Und wäre die Gesellschaft DERART apathisch, gäbe es wohl nicht so viele Konflikte, würde ich denken. Das müsste man dann vermutlich noch ein wenig weiterspinnen.

Wohlgemerkt: Auf den besuchten Abschnitt bezogen. Wäre jetzt interessant, ob das vllt einfach woanders in der Welt auftaucht?

Der nächste Schritt, jetzt nicht einfach zu sagen: "Da haben die Entwickler auf dieses Detail wohl nicht geachtet", sondern daraus eine Aussage über diese fiktive Gesellschaft abzuleiten ist davon unberührt und generell voll im Sinne des Formats.

Andre
dadadave
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Re: Ein Spaziergang in Cyberpunk - Der Thread

Beitrag von dadadave »

Andre Peschke hat geschrieben: 27. Jan 2021, 16:32
dadadave hat geschrieben: 27. Jan 2021, 15:39 Ich hab noch etwas weiter gelauscht und beim Graffiti-Thema finde ich, ist auch eine andere Leseart möglich:
Direkt vorneweg: Finde ich interessant und selbstverständlich sind Interpretationen immer nur eine von etlichen Lesarten. Ich glaube, wir haben in dem Punkt nichtmal eine eigene Theorie innerhalb der Fiktion entwickelt, sondern nur das Fehlen vermerkt, oder?
Jo, ich meinte das mit der Leseart eher im Sinne eines total spekulativen "da wurde vielleicht bewusst nicht derartiges hingemacht" im Gegensatz zu einem "da ist einfach nichts, weil niemand etwas hingemacht hat". Ich dachte, das sei ein Stück weit gemeint gewesen. Wenn's einfach nur eine Feststellung war, dann ist's nicht mal ein Gegensatz.
Andre Peschke hat geschrieben: 27. Jan 2021, 16:32
dadadave hat geschrieben: 27. Jan 2021, 15:39Cyberpunk ist eine Dystopie, in der Ultra-Kapitalismus sich durchgesetzt und alles andere verdrängt hat. Dass eine von Konsum betäubte Bevölkerung apolitisch wird und sich nicht via rebellischen Graffitis äussert, passt für mich da gut ins Gesamtbild und findet sich auch seit langem in den Ängsten von Kapitalismuskritikern.
Nur als Ergänzung zum Verständnis meiner Bemerkung, dass da "was fehlt" - deine Interpretation finde ich ganz cool: Ich meine nicht nur konkret politische Graffiti, sondern eben auch zB gesellschaftspolitisches. Und das wird im Spiel ja wirklich VIEL thematisiert. Das Problem mit ausgerissenen Cyberpsychos wird in Texten und IIRC in den Nachrichten thematisiert. Aber es gibt keine Graffitis wie "Cyberpsychos raus!". Die Schere zwischen Arm und Reich ist ein Thema. Das Schicksal der "Dolls". Probleme mit Billig-Implantaten.

Es gibt IIRC nichtmal Graffitis, die keine Message per se haben, aber die nur in dieser Welt existieren können (einzige Ausnahme: Medienprodukte). Also, nichtmal zB irgendeine Hassbotschaft gegen die Maelstrom-Truppe, weil sie so weird aussehen. Oder etwas, das generell bezug nimmt auf Implantate, Ripperdocs...

Und wäre die Gesellschaft DERART apathisch, gäbe es wohl nicht so viele Konflikte, würde ich denken. Das müsste man dann vermutlich noch ein wenig weiterspinnen.

Wohlgemerkt: Auf den besuchten Abschnitt bezogen. Wäre jetzt interessant, ob das vllt einfach woanders in der Welt auftaucht?

Der nächste Schritt, jetzt nicht einfach zu sagen: "Da haben die Entwickler auf dieses Detail wohl nicht geachtet", sondern daraus eine Aussage über diese fiktive Gesellschaft abzuleiten ist davon unberührt und generell voll im Sinne des Formats.

Andre
Ich hab mich nie so im Detail auf die Graffiti geachtet, als dass ich da mit grosser Sicherheit etwas dazu sagen könnte. Wenn das so ist, dass da wirklich nichts aus dem Alltag der Menschen dieser Welt aufgegriffen wird (nebst den territorialen Gang-Graffitis), dann ist das schon auffällig, da bin ich bei Dir. Eine verpasste Chance (und ungewöhnlich, weil das ja gerne zum Worldbuilding verwendet wird). Ich dacht, ich hätt auch so Sachen wie "Eat the rich" gesehen, aber vielleicht war das woanders und davon alleine würde der Braten auch nicht fett.

Ich würd aber schon unterscheiden, zwischen den Themen, die das Spiel selbst anspricht (und damit auch die Entwickler) und dem, was die Menschen in der Spielwelt effektiv so beschäftigt, dass es sich in ihrer Kulturschaffen, z.B. in Graffiti niederschlägt. Das sind für mich zwei verschiedene Dinge:

Das Spiel thematisiert die Kluft zwischen Arm und reich, aber das heisst nicht, dass die NPCs im Spiel dies auch tun und sie nicht vielleicht als gottgegeben ansehen. Es ist ja auch eine sehr individualistische Welt. Die Leute, die arm sind, versuchen halt irgendwie, der Armut zu entkommen, aber im Spiel ist bis auf Johnnys Figur iirc kein NPC zu sehen, der das als kollektive Arbeit begreift oder das System hinterfragt. Insgesamt erscheinen mir die Leute in der Welt sehr zynisch, sie haben vor dem Corpo-Kapitalismus kapituliert und richten sich einfach so gut es geht innerhalb dessen Rahmens ein.

Dieses "jeder für sich" schwingt ja stark mit im Spiel. Deshalb kontrastieren die Aldecaldos ja auch sehr stark zu den Stadtmenschen und es fällt mir schwer, sie nicht als wertende Aussage der Entwickler zu verstehen, im Sinne von "Guckt mal, so wär's eigentlich gut, Menschen, die für einander einstehen, das ist der Gegenentwurf". In dem Sinne tauchen zwar Cyberpsychos in den Nachrichten auf, aber ich kann mich nicht erinnern, dass irgendjemand im Spiel sagt: da müsste man mal was gegen die Ursachen unternehmen (also in grossem Stil, die Questgeberin ist da etwas eine Ausnahme). Die Probleme der Dolls sind ihre Probleme, niemand interessiert sich für sie. Bei fehlerhaften Billigimplantanten hätte man halt besser aufpassen und nicht knausern sollen, das scheint mir die Attitüde der Bewohner dieser Spielwelt zu sein. Die Maelstorm modifizieren sich bis zur Unkenntlichkeit? Da macht man als Night City Bewohner vielleicht einen lustigen Spruch drüber, aber letztlich ist das deren Bier, nirgends predigen Leute gegen den Verlust der Menschlichkeit dadurch oder sonstwas.

Für mich beisst sich auch eine politische Apathie der Bevölkerung nicht damit, dass es viele Konflikte gibt, weil diese Konflikte "unpolitisch" motiviert sind: Geldgier und Machtgier, bzw. durch die Not, die das System verursacht. Die Hierarchie des Systems ist durchaus konflikt-freundlich, man könnte sogar sagen, sie lebt davon. Alles ist ein Wettstreit und es gilt "the winner takes it all".

Das ist alles etwas zusammengedichtet von mir, ich hab zum Beispiel kaum Texte gelesen, weil es mir relativ bald so vorkam, als hätten die nicht viel zu bieten. Aber dieses schöne Format lädt ja dazu ein.
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lolaldanee
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Re: Ein Spaziergang in Cyberpunk - Der Thread

Beitrag von lolaldanee »

@Andre und Dom
nehmt ihr auch Vorschläge? Sind nur Open World Spiele in 3D erlaubt? Ich könnte mir z.B. Planescape Torment oder unter der Perspektive auch mal vorstellen :D
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tanair
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Re: Ein Spaziergang in Cyberpunk - Der Thread

Beitrag von tanair »

Mir hat die Folge auch sehr gefallen. Ich finde auch das Thema Cyberpunk gelungen, da es nun mal derzeit sehr aktuell ist. Und auch Night City zum Erkunden einlädt.

Hier kann ich auch das Video "An Architect Reviews: Cyberpunk 2077's Night City" empfehlen: https://youtu.be/IklZS20rJoI
Ich würde auch sagen, dass Night City nicht an den Ostblock erinnert, sondern eher an asiatische Städte wie Hongkong, Shanghai oder Tokio.

Wo ich mich nicht anschließen würde ist die Kritik, dass im Spiel nur Frauen sexualisiert werden. Es gibt Gay-Clubs, Gay-Sextoys und auch Männer werden sexualisiert. Es liegen auch regelmäßig Magazine herum, in dem nur ein männlicher Körper (ohne Kopf) in Unterwäsche zu sehen ist. Von daher ist Night City sehr divers. Ich finde auch, dass Männer sehr freizügig laufen und viel Haut zeigen (oft oben ohne oder mit aufgeknöpften Hemd).

Aufgefallen ist mir aber auch beim Spielen die Geräusch-Kulisse. An jeder Ampel hört man ein "Walk" oder "Wait". Andauernd wird man von Werbung beschallt. Vor allem von NiCola.
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Andre Peschke
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Re: Ein Spaziergang in Cyberpunk - Der Thread

Beitrag von Andre Peschke »

lolaldanee hat geschrieben: 28. Jan 2021, 11:10 nehmt ihr auch Vorschläge? Sind nur Open World Spiele in 3D erlaubt? Ich könnte mir z.B. Planescape Torment oder unter der Perspektive auch mal vorstellen :D
Klar, Inspiration ist immer willkommen. Bei Planescape weiß ich nicht, ob eine Betrachtung der visuellen Gestaltung so irre prickelnd wäre, allerdings. Den Hive habe ich als hässlich in Erinnerung. Das Bordell zur Befriedigung intellektueller Gelüste war auch rein optisch eher... ne Bibliothek oder so? :D Klar, mit den Beschreibungstexten zusammen ergibt sich dann auch wieder eine Welt, die eben in Teilen dann nur im Kopf existiert und allein dadurch hat man ein interessantes Thema. Aber da wandeln wird dann schon im Meta zwischen Textarbeit und Weltbetrachtung.

Ich denke, solche Kapriolen erlauben wir uns, wenn das Format besser ausgehärtet ist. :D

Andre
dadadave
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Re: Ein Spaziergang in Cyberpunk - Der Thread

Beitrag von dadadave »

tanair hat geschrieben: 28. Jan 2021, 11:32 Wo ich mich nicht anschließen würde ist die Kritik, dass im Spiel nur Frauen sexualisiert werden. Es gibt Gay-Clubs, Gay-Sextoys und auch Männer werden sexualisiert. Es liegen auch regelmäßig Magazine herum, in dem nur ein männlicher Körper (ohne Kopf) in Unterwäsche zu sehen ist. Von daher ist Night City sehr divers. Ich finde auch, dass Männer sehr freizügig laufen und viel Haut zeigen (oft oben ohne oder mit aufgeknöpften Hemd).
Ich hab da noch keine allzu klare Meinung dazu, aber mir sind auch männliche Striptease-Tänzer aufgefallen, die im Schaufenster tanzen, und jetzt nicht nur in einem Token-Gay Club. Persönlich nervte mich das Übersexualisierende in dieser Welt schon teilweise, fast noch mehr in der Sprache, die regelmässig sexuelle Gewalt als Sprachbild nutzt, als in den Environments und so.

Vor allem aber müsste man meiner Meinung nach auch hier Differenzieren zwischen der Aussage des Entwicklers und der Aussage, wie sie NPCs im Spiel machen würden. Es ist z.B. absolut denkbar, aus feministischen Motiven eine Welt darzustellen, die in Sachen Feminismus total rückständig ist.

Ich will nicht behaupten, dass das in diesem konkreten Fall der Fall ist, aber auch vom Gegenteil bin ich nicht überzeugt.
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MellowFellow
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Re: Ein Spaziergang in Cyberpunk - Der Thread

Beitrag von MellowFellow »

Ich bin gerade mitten im hören und muss einerseits großes Lob aussprechen, andererseits aber auch vielleicht eine Ergänzung anbringen die einen der diskutierten Punkte relativiert.

Mir, der viel Spaß mit Cyberpunk hatte kam diese Folge genau recht um nochmal die unendlich vielen Details die in diesem Spiel stecken zu durchdenken. Besonders schön fand ich wie ihr die Perspektivänderung als Zivilist und das NCPD-Gebäude besprochen habt. Bezüglich der einseitigen Sexualisierung von Frauen würde ich die Situation noch einmal etwas relativieren. Ohne Frage werden Frauen insbesondere in den Werbungen von Night City häufiger sexualisiert dargestellt. Mit Beispielen wie Mr.Stud werden jedoch auch Männer sexualisiert dargestellt und in den Schade Werbungen sind Männer wie Frauen gleichermaßen unbekleidet. Auch unter den NPCS haben beispielsweise die Tygerclaw-Herren teils Tanktops an, die mehr zeigen als verdecken.
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Re: Ein Spaziergang in Cyberpunk - Der Thread

Beitrag von Raptor 2101 »

MellowFellow hat geschrieben: 28. Jan 2021, 23:06 Ich bin gerade mitten im hören und muss einerseits großes Lob aussprechen, andererseits aber auch vielleicht eine Ergänzung anbringen die einen der diskutierten Punkte relativiert.

Mir, der viel Spaß mit Cyberpunk hatte kam diese Folge genau recht um nochmal die unendlich vielen Details die in diesem Spiel stecken zu durchdenken. Besonders schön fand ich wie ihr die Perspektivänderung als Zivilist und das NCPD-Gebäude besprochen habt. Bezüglich der einseitigen Sexualisierung von Frauen würde ich die Situation noch einmal etwas relativieren. Ohne Frage werden Frauen insbesondere in den Werbungen von Night City häufiger sexualisiert dargestellt. Mit Beispielen wie Mr.Stud werden jedoch auch Männer sexualisiert dargestellt und in den Schade Werbungen sind Männer wie Frauen gleichermaßen unbekleidet. Auch unter den NPCS haben beispielsweise die Tygerclaw-Herren teils Tanktops an, die mehr zeigen als verdecken.
Wir können glaube ich Feshalten, die Welt von NightCity ist hypersexualisiert. Die Vorlage ist eine Dystopie aus den 80er und die wurde auf über 180 gedreht.
Voigt
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Re: Ein Spaziergang in Cyberpunk - Der Thread

Beitrag von Voigt »

Andre Peschke hat geschrieben: 28. Jan 2021, 11:34 Klar, Inspiration ist immer willkommen.
Ich schlage mal Metro Last Light, die Bolshoi Station vor. Kann man durchlaufen und am Ende sich noch Theaterstück anhören/anschaun.
Ich empfehle bloß das auf Englisch zu machen, außer ihr könnte Russisch auch ohne Untertitel verstehen. ^^
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echtschlecht165
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Re: Ein Spaziergang in Cyberpunk - Der Thread

Beitrag von echtschlecht165 »

Ich schlage die Hitman Trilogie vor.
Nur ist das dermaßen umfangreich, dass da schon pro Map eine Folge drin wäre. Aber ich will es mal nicht übertreiben mit meinen Wünschen
In Stein gemeißelt
Raptor 2101
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Re: Ein Spaziergang in Cyberpunk - Der Thread

Beitrag von Raptor 2101 »

echtschlecht165 hat geschrieben: 29. Jan 2021, 12:42 Ich schlage die Hitman Trilogie vor.
Nur ist das dermaßen umfangreich, dass da schon pro Map eine Folge drin wäre. Aber ich will es mal nicht übertreiben mit meinen Wünschen
Dazu gibt es in der Serie auch noch erhebliche Ups and Downs.
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Dee'N'bee
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Re: Ein Spaziergang in Cyberpunk - Der Thread

Beitrag von Dee'N'bee »

Da ich gerade wieder The Division 2 spiele, schlag ich jenes mal für Spaziergänge vor. Es ginge auch Teil 1. Die Spielewelten sind einfach hervorragend und sehr detailreich gestaltet

Problem nur...komplett ohne kämpferische Auseinandersetzungen wird es wohl nicht gehen...leider.
Zuletzt geändert von Dee'N'bee am 29. Jan 2021, 13:26, insgesamt 1-mal geändert.
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