Runde #016: White Knighting Social Justice Podcast of Political Correctness (Anita Sarkeesian)

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DemianLucis
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Runde #016: White Knighting Social Justice Podcast of Political Correctness (Anita Sarkeesian)

Beitrag von DemianLucis »

Hi,

Ja. Die Folge ist nun fast ein Jahr alt. Das Thema ist dennoch ein Dauerbrenner und... Jah, ich bin etwas spät zur Party gekommen.

Ich finde die Reflexivität von Jochen und André bei dem Thema Sexismus und Feminismus hoch und insbesondere die Aussagen über die eigene priviligierte Position wissen mir zu gefallen. Ebenso Jochens These zum brüchigen Selbstbildnis.

Ich habe ein wenig zu kriteln:
Die Aussage, das " eins bei nicht jeder Kleinigkeit an die Decke gehen soll", kann nur aus einer privilegierten Position heraus, die nicht ständig mit dieser Diskriminierungsstruktur konfrontiert ist, gesagt werden. Meiner Ansicht nach entwertet dies den Kampf gegen Diskriminierungsstrukturen. Tim Hunt ist eben nur die metaphorische Spitze des Eisbergs und über eine heftige Reaktion konnte eine breitere Öffentlichkeit auf den Alltagssexismus in den Wissenschaften aufmerksam gemacht werden.

Was die Schwierigkeiten von Frauen in Führungspositionen und der "Problematik der Emotionalität" angeht: Hier wird verkannt, dass es zwischen der Wahrnehmung von Männer und Frauen in ihren Gefühlsregungen erhebliche, größtenteils für Frauen nachrangige Assoziationen gibt. Dazu kommt ein spezifischer Führungsstil der bestimmte Eigenschaften präferiert und andere nachrangig behandelt - auch in Abhängigkeit Geschlecht.
siehe hierzu: http://time.com/4089074/angry-men-women/
http://nymag.com/scienceofus/2015/10/wo ... ously.html

Auch wird zur Recht Sexismus bei Aussagen wie "in manchen Situationen reagieren Frauen emotionaler als Männer" gerufen. Die Spannbreite innerhalb der Kategorien wann wer wie emotional reagiert ist ebenso groß wie zwischen den Kategorien (davon mal abgesehen, dass es mehr Geschlechter als Mann und Frau gibt: http://www.nature.com/news/sex-redefined-1.16943). Es ist eine unzulängliche und zunehmend auch gefährliche Verkürzung.

Das Zitat von Dürrenmatt empfinde ich als nett, aber auch als grundlegend verkehrt. Ich verstehe worauf Dürrenmatt hinaus wollte, mir scheint, dass er Ideologie nur im Bereich radikal geschlossener Weltbilder definiert und das geht daran vorbei, dass wir Menschen zu keinem Zeitpunkt wirklich werturteilsfrei agieren können.
In meiner Interpretation geht damit eins davon aus, dass es möglich ist gänzlich frei von Ideologie zu sein. Das verhält sich in etwa analog dazu eine allgemeine Objektivität erreichen zu können, was Jochen zu Recht im Kontext der Bewertung von Sarkeesian durch deutsche Medien kritisiert. In beiden Fällen vertrete ich die Position, dass es nicht möglich ist zu erreichen. Das was eins aber erreichen kann ist die größtmögliche Transparenz anzustreben, nach innen und nach außen um den eigenen ideologischen Standpunkt und den Weg zu den eigenen Überzeugungen und Argumentationen für einen selbst und für andere sichtbar und damit diskutabel zu machen.

Zu Moby Dick: Ahab funktioniert literarisch auch wunderbar als Symbol eines Körper-Geist-Monismus bei dem das Zerwürfnis der Persönlichkeit direkt am Körper ablesbar ist. Häufig auch heute noch eingesetzt und im Rahmen der Disability Studies immer wieder ein Brennpunkt zur medialen Repräsentation von Behinderung in Zusammenhang mit bestimmten Charakterarchetypen.
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Joss
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Beitrag von Joss »

Meiner Ansicht nach lautet die Zauberformel auch im Geschlechterdiskurs "Reflexivität". Jeder Kommentar zu den Berichten über Sarkeesian ließ sich danach sondieren, ob er lediglich eine Meinung, Ansichten und Vorteile zum Ausdruck brachte oder reflexiv gewandet war. Und wie du schon schreibst, Reflexivität weist die eigenen Voraussetzungen und Grenzen in der Positionierung aus und legt es darauf an, kritikfähig zu bleiben. Das gilt für die Position wie den Menschen, der sie vertritt. Was man im Rahmen der Diskussionen nun zu lesen bekam, war ein ziemliches Desaster. Die reflexiven Haltungen und Positionen konnte man lange suchen, verschüttet unter den Lawinen aus Stereotypen, geschlossenen Weltsichten, Limits im Ertragen kognitiver Dissonanz und Ambiguitäten. In den Diskussionen realisierte sich ein stark ausgeprägter Bias in der Bildung. Das wurde besonders am Kurzschluss zwischen Sachbezug und (aggressiven) Emotionen deutlich. Unter gebildeten Menschen verbietet sich so etwas, denn jeder Diskursteilnehmer ist gefordert, den Diskurs kommunikativ gewaltfrei zu halten und zu schützen. Erfüllt er diese Anforderung nicht, gerät er in einen Widerspruch zu sich selbst und seinen Ansprüchen (auf Anerkennung seiner Position), in der Konsequenz verliert er die Legitimität seines Zugangs zum Diskurs und damit seine Anerkennung als legitimer Sprecher. Solche Diskussionen wären in einem Universitätsseminar nicht vorstellbar. Unabhängig von der Frage, wie man sich selbst zu feministischen Positionen verhält.

Es gilt im ersten Schritt, seinem Gegenüber die Anerkennung entgegenzubringen, ein gleichberechtigter Sprecher zu sein. Im zweiten, sein Anliegen als berechtigt zu realisieren. An beidem ist die (spielende) Mehrheit im Sarkeesian-Diskurs gescheitert. Meiner Meinung nach auch aus der erlebten Kränkung heraus, dass da jemand in einer Weise über Spiele nachdenkt, die man selbst mangels Horizont nicht nachvollziehen konnte. Sarkeesian ist eine zwar noch junge, dennoch gebildete und außerdem (auch hier nicht zu unterschätzen) attraktive Frau. Sie stellt also auch etwas dar, an was so mancher der an den Diskussionen Beteiligten nicht mal eben en passant heranreichen wird. Sie demonstrierte nicht nur mit ihrem Anliegen, sondern auch durch ihre Person. Schließlich realisierte ihr Thema dann noch genau diesen Zusammenhang, nämlich Phantasien als Kompensate. Und dies verbindet sich natürlich auch mit allen Fragen nach der Gleichstellung der Geschlechter, Machtfragen im Privaten und Öffentlichen, Unterwerfung und Unterdrückung. Man darf dabei immer auch realisieren, dass vieles davon im nahezu unsichtbaren stattfindet. Offene (angezeigte) Gewalt ist nur der Exzess des sozialen Phänomens.

Ich sehe die große Bedeutung von Saarkesian in ihrer Funktion als Türöffner. Sie hat nicht nur Computerspiele zum relevanten Gegenstand der Kulturwissenschaften geadelt (wo andere oft nur peinliche Bachelorarbeiten zu bieten hatten, zu deren Umfragen dann in Spieleforen, teils auch noch mit Geschenken, um Probanden gebettelt wurde), sondern auch gezeigt, wie man das erfolgreich vermarkten kann. Interessanterweise war das dann für viele der komplette Abschuss: "Die will doch nur Geld damit verdienen." Nicht nur gebildet und attraktiv, sondern auch noch Zaster dafür bekommen. In meinen Augen ist Sarkeesian eine Lifaßsäule im besten Sinne, denn sie vermittelt jungen Menschen die Botschaft: Lernt was, geht an die Uni, seid kreativ, sucht nach eurer Idee, eurem Plan, habt Mut damit zu scheitern und anzuecken, denn es lohnt sich in vielerlei Hinsicht. Ich spreche qua Job regelmäßig mit angehenden Geisteswissenschaftlern über die Gretchenfrage: Was mach ich nach dem Studium? Zahlt sich das auch als Berufsperspektive aus? Werde ich damit auf Dauer glücklich? Und es ist durchaus ein harter Arbeitsmarkt, der einen erwartet. Viele Absolventen kämpfen lange und immer wieder mit der Arbeitslosigkeit. Sarkessian ist vor diesem Hintergrund in meinen Augen ein Vorbild. Besonders für Frauen, aber durchaus auch für Männer.
Zuletzt geändert von Joss am 8. Jan 2016, 12:46, insgesamt 1-mal geändert.
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DemianLucis
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Re: Feedback Runde #16

Beitrag von DemianLucis »

@Joss:
Ich finde deinen Beitrag sehr schön ausfornuliert und stimme in weiten Telen mit dessen Inhalt überein, so etwa was du über die Wahrnehmung der Spielenden zu Anita Sarkeesian als (un)berechtigte Teilnehmerin in Diskussionen schreibst und das sie ihr Anliegen hier wirklich "verkörpert". Was im deutschsprachigen Raum immer wieder als "problematisch" angesehen wird, nämlich die eigene Betroffenheit offen nach außen zu tragen und trotzdem wissenschaftlichen Standards zu genügen, scheint im englischsprachen sehr viel akzeptierter zu sein. Auch mit dem was du zur Unsichtbarkeit dieser Strukturen schreibst, stimme ich überein, jedoch sehe ich die Gewalt nicht als Exzess und damit als Außergewöhnlichkeit, sondern im Gegenteil, als integraler Bestandteil, der sich sogar selbst wieder zu verschleiern weiß und deshalb als disruptives Ereignis erscheint.

Die Perspektive Anita Sarkeesian als Türöffnerin zu sehen, in dem sie zum einen Comupterspiele durch die feministische Kritik als kulturschaffende und relevante Praxis adelt und zum anderen auch ein gutes Vorbild abgeht ist mir, derartig formuliert, neu, aber sehr willkommen. Ich würde die Kultur-bzw. Medienwissenschaften allerdings zu den Sozialwissenschaften und nicht zu den Geisteswissenschaften zählen. Der Unterschied liegt im Gegenstand und Methodik. Es gibt Überschneidungen und auch Interdisplinarität ist enorm wichtig, dafür braucht es aber Disziplinen mit eigenen Logiken um einen Mehrwert aus den unterschiedlichen Perspektiven zu generieren und deren jeweilige Anerkennung.


Ich bin allerdings nicht der Meinung, dass sich der Bildungsgrad der Diskursteilnehmer*innen aufgrund ihrer Art des Ausdrucks feststellen lässt. Das es "unter gebildeten Menschen sich verbietet" empfinde ich als eine steile These und setzt ein bestimmtes Bild von Bildung, nämlich das des Bildungsbürgertums, voraus. Diese Annahme ist meines Erachtens klassistisch, da du damit behauptest, dass nur "Ungebildete" wie von dir dargestellt argumentieren und es bei "Gebildeten" nicht möglich ist. Das lässt aber die Struktur des Mediums außer Acht, welches durchaus einen bestimmten Stil in sich eingeschrieben hat und so hervorruft. Du machst es hier selbst schon implizit deutlich indem du das "Universitätsseminar" als Gegenschauplatz zu "Social Media" aufmachst. Hier auch ein lesenswerter Artikel warum Hate Speech in Social Media praktisch eingebettet ist: Slate.com - Why Does Hate Thrive Online?.

Häufig wird an der Dichotomie ungebildet/gebildet auch dumm/intelligent geknüpft, was es ableistisch macht, weil es bestimmte Eigenschaften des Kommunizieren könnens als gegeben voraussetzt und diese Fähigkeiten an eine vermeintliche Intelligenz knüpft. Hier gibt es einen Blog-Eintrag, der umreist was ich meine: High on Clichés - Intelligenzija.
Zuletzt geändert von DemianLucis am 9. Jan 2016, 14:31, insgesamt 2-mal geändert.
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DemianLucis
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Re: Feedback Runde #16

Beitrag von DemianLucis »

Axel hat geschrieben:Um den ganzen Shitstorm zu Sarkeesian damals mal auf einen Begriff herunterzubrechen: Baumhaus-Mentalität.

Häufig erinnern mich viele Gamer eben an jene Jungs im Alter zwischen 6-12 im Baumhaus, wo niemand Zutritt haben darf. [...]
Sicherlich kommt diese Abwehrhaltung durch die Verbots-Diskussionen in den frühen 2000er Jahren, aber ein wneig affig finde ich das dennoch. Weil eben auch die Reflexion fehlt.
Das Spannende finde ich hier die Dissonanz zwischen den Bereichen. Eventuell wird hier ja mit dem gesellschaftlich akzeptierten Moraterium des "Kind im Manne" gespielt, sodass das Hobby als letzte Bastion für Infantilität gesetzt wird.

Wenn Spieler tatsächlich so jung wären, wie gerne angenommen wird, dürfte die Killerspiel- und später die WoW-Debatte gar nicht in deren Gedächtnis verankert sein und somit zur Dünnhäutigkeit beitragen, wenngleich das Kollektivgedächtnis bestimmter Szenen, die Erinnerung am Leben hält. Trotzdem stellt sich das für mich als Hülle dar, die eher der Polemik dient und nicht als Mahnmal einer unkritischen Medienberichterstattung. Diese hat es im Übrigen ja praktisch bei jeder Technologie gegeben, welche gesellschaftlich akzeptiert wurde (auch unter zu Hilfenahme politischer Zielsetzungen).

Außerdem kollidiert der Eindruck des Alters ja mit der Realität, denn die Branche ist mit ihren Konsumenten gealtert (Laut BIU-Studie von 2011 ist der Durchschnittspieler 31 Jahr alt Quelle). Das heißt aber, dass sehr wohl die Debatten miterlebt wurden, es widerspricht aber deine These mit einer "zwangsläufig" erhöhten Reflexivität mit zunehmendem Alter. Wobei sich die Frage stellt wer bzw. ob sich eine spezifische Altersgruppe im Social Media Bereich "engagiert".
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Joss
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Re: Feedback Runde #16

Beitrag von Joss »

DemianLucis hat geschrieben:Ich würde die Kultur-bzw. Medienwissenschaften allerdings zu den Sozialwissenschaften und nicht zu den Geisteswissenschaften zählen.
Geisteswissenschaften sind (oder waren?) an deutschen Universitäten der Gegenbegriff zu Naturwissenschaften. Als zwei Bereiche einer Menge gedacht. So wurden Fachbereichsstrukturen gedacht und organisiert. Sozialwissenschaften waren dann ein Unterbereich der der Geisteswissenschaften. Philosophie oder Geschichte sind dann z.B. Geistes-, aber keine Sozialwissenschaften. Einzelne Zuordnungen von Fachbereichen unterliegen und haben (oft aber wohl auch: hatten) selbst eine Geschichte, die sich aus den lokalen Gegebenheiten herleitet. Aus meinem ersten Grundkurs damals ging ich mit einem Reader nach Hause, der trug den Titel: "Die (mindestens) zwei Sozialwissenschaften in Frankfurt und ihre Geschichte". Auch das resultierte aus einer Tradition heraus und war eine Ansage.
DemianLucis hat geschrieben:Ich bin allerdings nicht der Meinung, dass sich der Bildungsgrad der Diskursteilnehmer*innen aufgrund ihrer Art des Ausdrucks feststellen lässt.
Ich würde das noch steiler machen und sagen, so ziemlich alles lässt sich daheraus erkennen und verstehen, wie und was und worüber jemand kommuniziert. Den Begriff der Intelligenz hast du als Zutat eingebracht. Da wäre ich um einiges vorsichtiger. Intelligenz wird heute als Faktor verstanden, wenn es um Fragen wie Lernen und Bildungserwerb geht. Es ist aber ein schwieriger Begriff und ich würde in dem Rahmen eher den der Kognition empfehlen. Dieser spricht schon eine komplexe Vielfalt an Faktoren an, die bei den Menschen höchsunterschiedlich ausgeprägt sein können. Wieso ich denke, dass in der Bildung ein wesentlicher Faktor liegt, wenn es um die Wahrnehmung von und Kommunikation über Geschlechterrollen (oder andere komplexer gerahmte Diskurse geht) habe ich begründet. Reflexivität muss man zunächst einmal lernen und dann auch als Haltung verinnerlichen. Das muss man als Position nicht teilen, aber ich halte es für zutreffend. Schon in der Erziehung hat man Unterschiede, weil statt der Orientierung an traditionellen Auffassungen in Familien mit höherer Bildung schon sehr früh erstens eine größere Bildungsbandbreite als Option im Angebot ist, zweitens die Anforderung an den Gebrauch von reflexivem Denken höher ausfällt. Ich denke hier aber stets in Faktoren und Graden. So bestimmend viele Faktoren sein mögen, geht es mir lediglich um Aussagen in der Tendenz.

Was die Struktur des Mediums betrifft halte ich die durchaus für relevant. Aber auch nicht derart, wie es immer wieder gern unternommen wird, dass man damit so einfach die konkrete Kommunikation oder die Gestalt von Diskuren erklären könnte. Das ist mir zu einfach. Nur weil man auf Facebook Beiträge durch Daumenwertungen beeinflussen kann oder die Formatierung auf die Textgestaltung wirkt, Bilder den Gebrauch von Text kompensieren, hält mich das nicht davon ab, meine Meinung so zum Ausdruck zu bringen und zu erläutern, wie ich das in einer E-Mail oder einem Telefonat oder einem Vieraugengespräch nicht anders machen würde. Zumal die Figuration des Denkens betreffend. Wesentlich einflussreicher würde ich da schon den Diskurs (jetzt im eminenten Sinne) verstehen, der das Sagbare gegenüber dem Nichtsagbaren bereits im Vorfeld einer Netzdiskussion strukturiert. Darum, also aufgrund vorgängiger Strukturierung und Prägung, sind diese Diskussionen weitenteils auch so repetitiv und selbst wenn hier und da mal ein komplexer Gedanke entwickelt wird, bleibt dieser im Verlauf der Diskussion ohne Anschluss. Ein Vorbild wird schon gar nicht darin gesehen, denn zu den vorgängigen Strukturierungen gehört es eben auch, statt mit Nachdenklichkeit und Respekt mit Spott und Sarkasmen zu interagieren. Meiner Meinung nach schafft Bildung hier einen anderen Antrieb und stellt eine Gegenkraft dar, nämlich ein Interesse 1. an Widerspruch, 2. Komplexität und 3. der Vermittlung von Aussagen, Ansichten und Argumenten. Weder Facebook noch das Gamestar-Forum oder whatever halten davon ab. Zudem würde ich hier zu bedenken geben, dass sich das Netz selbst auch entwickelt hat. Früher waren es Foren, dann Blogs und heute Facebook/Instagramm/Twitter, über die hauptsächlich kommuniziert wird. Dem liegt eine stetiger Schwund an Text und Komplexität zugrunde. Das ist aber nicht dem Netz als Interaktionsrahmen als solchem eingeschrieben (das Netz empfiehlt dem Nutzer keine Katzenbilder), sondern wiederum eine komplexe Entwicklung der Kulturindustrie hin auf umfassendere und schnellere Vermarktungsstrukturen.

Mit Dichotomien habe ich es übrigens eher nicht so. Ich komme aus einer Denktradition in der Begriffe wie Widerspruch, Reflexivität und Vermittlung das Denken leiten.
Zuletzt geändert von Joss am 9. Jan 2016, 13:38, insgesamt 1-mal geändert.
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Leonard Zelig
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Re: Feedback Runde #16

Beitrag von Leonard Zelig »

Natürlich gibt es viel Misogynität und sexistische Abgrenzung im Videospielpublikum und auch bei Videospielinhalten dahingehend (also "Männer" Täter, "Frauen" Opfer), weil diese Medien partizipativer sind als andere und als solche von traditionellen Männern dominiert werden (die in ihrem "Männer"-Sein und analog "Männerbild" vorbelastet sind) - aber nicht nur aus inhaltlichen, sondern auch stereotyp technischen Interessensgründen.

Doch ich gebe nicht etwas weniger Macht und strukturelle Gewalt, wenn ich seine Macht/Gewalt die ganze Zeit vor mir hertrage. In welcher gefühlten/gemeinten/sinnlich wahrgenommenen Solidarität zu kollektiven Opfern auch immer.

Im Gegenteil: ich zementiere und verlängere diese (historische) Macht/Gewalt (eines Patriarchats, von einseitiger "Logik" und etablierter Vernunft) weit eher indem ich ihren angeblichen Einfluss, ihre vorgebliche Bedeutung andauernd wiederhole. Was schon beim Kausalitätsprinzip beginnt, also "ich Mann" deshalb ... "ich Frau" darum anders.

Das ist ein Kommunitarismus der letztlich nur in einer Ausgrenzung all jener mündet die wirklich nicht dazugehören (wollen oder können), sich dabei nicht angesprochen fühlen, eben anders denken und vielleicht (wo immer das möglich wäre) auch dazu stehen, weil sie sich nicht dementsprechend einsortieren lassen (in "Täter" und "Opfer" aufgrund bestimmter körperlicher/wahrgenommener Eigenschaften etc.), nicht in jene Denkschemata von "für" und "gegen", "wider": und welche Gemeinschaft wäre das dann? Wer ist dieses "Wir" eigentlich, welches da "kritisiert"?

Also ich finde diese Agitationen zunehmend bedenklicher, sie übersteigen mittlerweile sogar die "Gewaltdebatte" einigermaßen, auch weil sie mir als beständige TäterInnen-Opfer-Umkehrungen/Bestimmungen zunehmend aggressiver erscheinen. Menschen können so nicht nur auf Gender, sondern auch auf Hautfarben oder andere Körpermerkmale (wie in meinem Fall etwa Krankheit/Behinderung) reduziert werden, den Rassismen (wozu ich halt auch Sexismus zähle) ihre Kraft gebe ich aber erst dadurch indem ich mich daran festhalte, davon ausgehe usw. usf. Wobei ich glaube, dass hierbei nicht einmal mehr Gender gemeint sein kann, sondern ein reiner Biologismus zum Ausdruck kommt welcher die (Nicht-)Sprechenden allein darüber definiert was sie (nicht) zwischen den Beinen haben, oder sonst halt über ihre (Hetero-)Sexualität. Weiterhin heteronormativ, weil ja nur das "kritisiert" wird was "normal" wäre, wovon als Vorurteil (wie der sozialen "Unreife") ausgegangen wird.
Und auf irgendwelche (männlichen) Feindbilder (wie in dem Fall sich selbst) zu schimpfen ist wohl leicht, wesentlich schwieriger Frauen in der Videospielindustrie tatsächlich zu fördern: doch die vortragenden, eingebildeten "Männer" meinen damit ihre Schuldigkeit gegenüber sich selbst und ihren "kritisierten Geschlechtsgenossen" wahrscheinlich bereits getan zu haben.

Zu Darstellung von Frauen in Videospielen sei nur noch gesagt, dass prinzipiell alle Darstellungen erlaubt sein müssen und gefördert werden sollten. Allein schon der Vielfalt zuliebe, von Diversität als solcher, sowie dass wiederum nichts unbedingt affirmativ interpretiert wird. Das ganze ist ja schon, bis hin zu Themen wie Vergewaltigungen, aus der Gewaltdebatte her bekannt: und Frauen in Videospielen dürfen demnach sowohl Mütter, als auch CEOs, Präsidentinnen von Amerika, Papst, Nonne und Sexsklavin sein - alles andere ist schlichtweg indiskutabel und diskriminierend. Und zwar nicht nur dahingehend, dass es Frauenbilder einschränkt, sondern anthropozentrisch jene aller Menschen(gruppen). Am wichtigsten ist jedoch wahrscheinlich, dass Frauen auch Männer sein dürfen und umgekehrt. Und wenn man das anthropozentrische Denken im Sinne eines Lyotards verlässt und auch das Inhumane fördern will, erneut nicht nur dieser (Menschen).

Wobei sich die Diplomarbeit von der Sarkeesian etwa vor allem gegen den maskulinisierenden Typus der "starken Frau" richtete. Den kritisierte sie dort stark, der war so auch mal deren eigentliches Thema. Also wie "Frauen" Eigenschaften von "Männern" übernehmen sollen. Und damit hatte sie auch Recht. Dennoch geben viele ihrer Fans und treuen Anhänger gerade vor diesen Typus unterstützen zu wollen - was wiederum doch eigentlich kaum in ihrem Interesse sein kann.

Also das widerspricht sich oft alles total und macht insgesamt gesehen schonmal vielfach keinen Sinn. Doch ein mangelhaftes Gedächtnis und die immerwährende Regentschaft des Ressentiments stehen offenbar dazwischen: hinzu kommt, dass überhaupt kaum gesagt wird welche Bilder nun eigentlich erwünscht wären.
Gerade das hat System: es wird meistens nur gesagt wie eine Darstellung nicht sein soll, also keine Sexsklavinnen (negativ), aber vielleicht Nonnen (positiv) usw. Also weder die Frau als Opfer, noch als zum Beispiel Gewalttäterin (siehe Lara Croft seit 2013 - auf der E3 2014 wurde für das aktuelle Sequel dann schon wieder das pathologisierende Stereotyp einer Traumatisierten verwendet, gewissermaßen das der cool-mysteriösen Borderlinerin) ist demnach erwünscht.

Um ein extremes Beispiel jenseits der Misogynie zu bringen: das rassistische Trope/Idiom des "Jud Süß" würde demnach erst zu einem antisemitischen Stereotyp führen. Doch genau das ist einfach nur absurd: diese Idiome sind, wie andere Bedeutungen auch (in der Frauengeschichte etwa die Hausfrauenrolle einer Doris Day), bereits lange (über die Topoi Zeit und Ort) vor den respektiven Erzählungen vorhanden. Und genau darauf müsste eine Kritik am Patriarchat aufbauen, aber das bestätigt meine Befürchtung nur, dass sie am Ende bloß im Sinne des Patriarchats argumentiert und darin Videospiele (wie gehabt) als Sündenböcke verwendet. Das dem allem zugrunde liegende System kritisiert sie danach nämlich mit keiner Silbe - und genau das dürfte einem etablierten Journalismus so (sehr) daran gefallen, dass er weiß wie er letztlich halt doch (wieder) nicht in Frage gestellt wird...
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DemianLucis
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Re: Feedback Runde #16

Beitrag von DemianLucis »

Joss hat geschrieben: Geisteswissenschaften sind (oder waren?) an deutschen Universitäten der Gegenbegriff zu Naturwissenschaften. Als zwei Bereiche einer Menge gedacht.
Bei mir sind die Sozialwissenschaften bspw. in einer eigenen Fakultät angesiedelt. Gegen die Darstellung, dass es sich bei den Sozialwissenschaften um einen Unterbereich der Geisteswissenschaften handelt, wird meines Erachtens schon länger gefochten, weil die Paradigmen und Logiken unter denen gearbeitet werden verschieden sind. Mit dahin gehört auch der Diskurs was nicht zu den Naturwissenschaften zählt und daher als weniger reliabel. Für mich präsentiert sich das wieder als das bekannte Schema einer dichotomen Teilung der dann alles untergeordnet wird. Es ist, meinem Kenntnisstand, immer noch ein häufig genutzes Muster, auch zum Gewinn eigener Identität. Ich sehe aber Auflösungstendzen, weil die zur Bearbeitung unterschiedlichster Probleme eine zunehmende Verschränkung erfordert.
Joss hat geschrieben: Was die Struktur des Mediums betrifft halte ich die durchaus für relevant. Aber auch nicht derart, wie es immer wieder gern unternommen wird, dass man damit so einfach die konkrete Kommunikation oder die Gestalt von Diskuren erklären könnte. Das ist mir zu einfach. Nur weil man auf Facebook Beiträge durch Daumenwertungen beeinflussen kann oder die Formatierung auf die Textgestaltung wirkt, Bilder den Gebrauch von Text kompensieren, hält mich das nicht davon ab, meine Meinung so zum Ausdruck zu bringen und zu erläutern, wie ich das in einer E-Mail oder einem Telefonat oder einem Vieraugengespräch nicht anders machen würde. Zumal die Figuration des Denkens betreffend.
So wollte ich das auch nicht verstanden wissen. Dennoch halte ich die Struktur für etwas, dass zu selten als formgebender Faktor Berücksichtigung findet. Ich bin hier bei dir was die Faktoren und Tendenzen angeht.
Joss hat geschrieben: Wesentlich einflussreicher würde ich da schon den Diskurs (jetzt im eminenten Sinne) verstehen, der das Sagbare gegenüber dem Nichtsagbaren bereits im Vorfeld einer Netzdiskussion strukturiert.
Stimmt. Ein nicht zu unterschätzender Faktor und ich kann mir durchaus vorstellen, dass er hier wirkungsmächtiger als die Struktur des Mediums ist. Trotzdem gibt es meiner, aus der Techniksoziologie informierter, Ansicht nach ein inhärenter, durch die genutzen Medien erzeugter, Unterschied in der Art der Kommunikation und das was zum Ausdruck gebracht werden kann.

Joss hat geschrieben: Mit Dichotomien habe ich es übrigens eher nicht so. Ich komme aus einer Denktradition in der Begriffe wie Widerspruch, Reflexivität und Vermittlung das Denken leiten.
Was nicht davor schützt verbreitete Denkmuster, welche einen immer wieder im Alltag begegnen und insbesondere außerhalb der eigenen Strömung der scientific community zu übernehmen ;). Ich bin jetzt aber auch neugierig, welcher Tradition du dich zugehörig fühlst. Ich stehe dem Poststrukturalismus nahe.
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DemianLucis
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Re: Feedback Runde #16

Beitrag von DemianLucis »

Leonard Zelig hat geschrieben: Im Gegenteil: ich zementiere und verlängere diese (historische) Macht/Gewalt (eines Patriarchats, von einseitiger "Logik" und etablierter Vernunft) weit eher indem ich ihren angeblichen Einfluss, ihre vorgebliche Bedeutung andauernd wiederhole. Was schon beim Kausalitätsprinzip beginnt, also "ich Mann" deshalb ... "ich Frau" darum anders.
Ich sehe das Spannungsfeld, trotzdem ist meiner Ansicht nach der Schaden der durch Nicht-Nennung der Strukturen entsteht, größer als durch seine Benennung. Denn die Strukturen waren und sind da und sie verschwinden auch nicht, indem eins darüber nicht mehr spricht. Das Problem gab es schon in der zweiten Welle des Feminismus durch die Kategorie-Bildung. Sie hat es aber auch ermöglicht Positionen zu versprachlichen nd politische Gestaltbarkeit zu befähigen. Diese Kategorisierung wird aber inzwischen, ab der dritten Welle, heftigst aufgebrochen.

Leonard Zelig hat geschrieben: Wobei ich glaube, dass hierbei nicht einmal mehr Gender gemeint sein kann, sondern ein reiner Biologismus zum Ausdruck kommt welcher die (Nicht-)Sprechenden allein darüber definiert was sie (nicht) zwischen den Beinen haben, oder sonst halt über ihre (Hetero-)Sexualität. Weiterhin heteronormativ, weil ja nur das "kritisiert" wird was "normal" wäre, wovon als Vorurteil (wie der sozialen "Unreife") ausgegangen wird.
Das ist genau der Punkt der im intersektionalen Feminismus und in der Intersektionaliät angegangen wird. Im white cis heteronormativen able-bodied Feminismus wird viel nicht berücksichtigt und er diskriminiert selbst und schmeißt für seine Ziele andere Gruppen "unter den Bus". Allen voran trans und andere Geschlechter. Deswegen finde ich Intersektionalität essenziell, nicht zuletzt weil ich selbst behindert bin und werde. Wir haben in der gesellschaftlichen Breite einen Verzug um etwa 20 Jahre zum wissenschaftlichen Diskurs. Das schmerzt gewaltig. Ich kämpfe mit dafür, dass sich das verändert.
Leonard Zelig hat geschrieben: Zu Darstellung von Frauen in Videospielen sei nur noch gesagt, dass prinzipiell alle Darstellungen erlaubt sein müssen und gefördert werden sollten.
Zumindest gegenwärtig braucht es Förderung marginalisierter und nicht-repräsentierter Bilder. Es gibt einen gewaltigen Bias der erst abgetragen werden muss.
Leonard Zelig hat geschrieben: Also das widerspricht sich oft alles total und macht insgesamt gesehen schonmal vielfach keinen Sinn. Doch ein mangelhaftes Gedächtnis und die immerwährende Regentschaft des Ressentiments stehen offenbar dazwischen: hinzu kommt, dass überhaupt kaum gesagt wird welche Bilder nun eigentlich erwünscht wären.
Eine Eindeutigkeit wird es auch nicht geben, denn es würde eine Vereinheitlichung im Sinne einer Kategorsierung, welche du obig kritisiert hast, voraussetzen. Anita Sarkeesian liefert aber inzwischen Positivbeispiele.


Leonard Zelig hat geschrieben: Das dem allem zugrunde liegende System kritisiert sie danach nämlich mit keiner Silbe - und genau das dürfte einem etablierten Journalismus so (sehr) daran gefallen, dass er weiß wie er letztlich halt doch (wieder) nicht in Frage gestellt wird...
Wir haben mit Sarkeesian jetzt gerade erst einmal eine prominent gemachte Vertreterin die Kritik an verwendeten diskriminierenden Narrativen im Medium voran treibt. Und das in einem Feld, wo es extrem radikalisierten und öffentlichkeitswirksamen Gegenwind gibt (ich spreche hier absichtlich nicht über Größenverhältnisse). Ich hoffe, dass es über Zeit einen spill-over-Effekt zu den Strukturen innerhalb der Branche kommt und letztlich auch eine Rückbindung an einen gesamtgesellschaftlichen Diskurs.
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Re: Feedback Runde #16

Beitrag von Joss »

DemianLucis hat geschrieben:Was nicht davor schützt verbreitete Denkmuster, welche einen immer wieder im Alltag begegnen und insbesondere außerhalb der eigenen Strömung der scientific community zu übernehmen ;). Ich bin jetzt aber auch neugierig, welcher Tradition du dich zugehörig fühlst. Ich stehe dem Poststrukturalismus nahe.
Reflexion ist eine stete Anforderung an die eigene Person und das Denken. Und ich verwende den Begriff im strengen Sinne, nicht als pinkere Variante von "Nachdenken".

Kritische Theorie (ganz klassisch mit allen Voraussetzungen und Folgen) mit einem Schwerpunkt in der Soziologie im Arbeitsfeld soziale Devianzen (noch enger: Kriminalsoziologie) und in der Kulturindustrietheorie. Letzteres ist auch mein wichtigster Bezugspunkt, Kulturproduktion stets vor dem Hintergrund ökonomischer Strukturen zu verstehen, enger gefasst: Kommodifizierung und Vermarktung. In den letzten Jahren habe ich mich dann auch mit Foucault stärker beschäftigt und denen, die in meinen Interessenfeldern an ihn anknüpfen. Im Bereich Medien ist meine Heimat auch eher der Film, Computerspiele mehr eine Brücke von der Kindheit in die Gegenwart. Ich schrieb das hier auch irgendwo, mehr als die Spiele interessieren mich deren Vermarktung und die mediale Inszenierung sowie das Kommunizieren, (sich mit sich selbst und anderen) Verständigen und auch Nachdenken von Spielern über Spiele (und sich als Spieler). Auf ein Bier war dann der für mich einzigartige Fall, wo sich einige Stränge in der Mitte trafen. Ich freue mich nicht nur an den Themen, sondern auch am Mithören oder -lesen gelebter Freundschaft. Seit die Filmforen nicht mehr sind, bin ich doch etwas obdachlos geworden.

Was nun vor diesem Hintergrund Saarkesian betrifft, ist für mich das interessante Phänomen die Art und Weise, wie über sie gesprochen und wie sie wahrgenommen wird. Nämlich fast immer abwertend. Selbst in dem Lob steckt nicht selten noch 3x ja aber und auch gern ein Tritt in die Knie (unter der Tischkante). Das Fokusthema sehe ich daher auch im Geschlechterdiskurs, wozu die Spiele lediglich ein das Feld strukturiender Faktor sind. Zum Feminismus selbst stehe ich von den jüngeren solchen wie Laurie Penny wohl am nächsten. Denen also, die sehr deutlich die kapitalistische Verwertungslogik in ihre Überlegungen mithineinnehmen, so wie es auch früher noch gewöhnlich war. Wobei es nicht nur sie selbst, sondern auch mich überrrascht, dass sie von den deutschen Netzfeministinnen (weitenteils Leute, die gerade das weglassen, was Penny mitdenkt) so gefeiert wird. Vielleicht weil sie bunt, straight forward und trotzdem mit britischer Höflichkeit gleichermaßen ausgestattet ist. 2013 waren die auch schon einmal zusammen zu einer Veranstaltung eingeladen.
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DemianLucis
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Re: Feedback Runde #16

Beitrag von DemianLucis »

Joss hat geschrieben: Reflexion ist eine stete Anforderung an die eigene Person und das Denken. Und ich verwende den Begriff im strengen Sinne, nicht als pinkere Variante von "Nachdenken".
Word.

Joss hat geschrieben: Kritische Theorie (ganz klassisch mit allen Voraussetzungen und Folgen) mit einem Schwerpunkt in der Soziologie im Arbeitsfeld soziale Devianzen (noch enger: Kriminalsoziologie) und in der Kulturindustrietheorie.
Spannend! Sowohl deine Heimat als auch dein Betätigungsfeld. Ich hab einige Zeit als studentische Hilskraft in einem Bereich des kriminologischen Instituts gearbeitet.
Mit der Kritischen Theorie habe ich mich noch nicht ausführlich beschäftigt, sondern lediglich sehr oberflächlich gestriffen. Ich bin derzeit am Ende meines BA-Studiums und wie bereits angedeutet im Feld Techniksoziologie unterwegs, beschäftige mich mit Transhumanismus. Darüber hinaus Interesse an Gender und Disability Studies.

Joss hat geschrieben: Auf ein Bier war dann der für mich einzigartige Fall, wo sich einige Stränge in der Mitte trafen. Ich freue mich nicht nur an den Themen, sondern auch am Mithören oder -lesen gelebter Freundschaft. Seit die Filmforen nicht mehr sind, bin ich doch etwas obdachlos geworden.

Dann wünsche ich dir, dass du hier Obdach findest. :) Ich erfreue mich deiner Beiträge, da du mir Input gibst an dem ich knabbern kann.

Joss hat geschrieben: Was nun vor diesem Hintergrund Saarkesian betrifft, ist für mich das interessante Phänomen die Art und Weise, wie über sie gesprochen und wie sie wahrgenommen wird.

Als Student der Soziologie kann ich diese Perspektive und das Interesse sehr gut nachvollziehen. Ich verfolge den Diskurs um Anita Sarkeesian nicht aktiv und kann zu deiner Wahrnehmung leider nichts beitragen (vll. sollte ich das mal nachholen).
Ich glaube aber, dass Spiele mehr sind als ein Feld strukturierender Faktor. Mit allem was daran hängt sehe ich es als soziale Arena bzw. Welt, welche nicht einfach an einen gesamtgesellschaftlichen Geschlechterdiskurs rückgebunden werden kann. Wie im obigen Kommentar zu Leonard Zelig angedeutet sehe ich im Bereich der Videospiele einen exorbitanten Nachholbedarf bzgl. öffentlichkeitswirksamer kritischer Betrachtung, selbst im Vergleich zum größeren Sphäre gesellschaftlich/politischer/wirtschaftlicher Diskussion oder auch anderer kultur schaffender Branchen. Sonst müsste Sarkeesian ja nicht mit den Basics ankommen die eine derartige Reaktion auslösen. Vielleicht verstehe ich dich hier aber auch nicht richtig.

Joss hat geschrieben: Zum Feminismus selbst stehe ich von den jüngeren solchen wie Laurie Penny wohl am nächsten. Denen also, die sehr deutlich die kapitalistische Verwertungslogik in ihre Überlegungen mithineinnehmen, so wie es auch früher noch gewöhnlich war. Wobei es nicht nur sie selbst, sondern auch mich überrrascht, dass sie von den deutschen Netzfeministinnen (weitenteils Leute, die gerade das weglassen, was Penny mitdenkt) so gefeiert wird. Vielleicht weil sie bunt, straight forward und trotzdem mit britischer Höflichkeit gleichermaßen ausgestattet ist. 2013 waren die auch schon einmal zusammen zu einer Veranstaltung eingeladen.
Laurie Penny ist mir in meiner Netzfemnistischen Blase noch nicht augfetaucht. Danke dafür! Trügt es oder ist Netzfeminismus bei dir leicht negativ konotiert?
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Joss
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Re: Feedback Runde #16

Beitrag von Joss »

DemianLucis hat geschrieben:Ich hab einige Zeit als studentische Hilskraft in einem Bereich des kriminologischen Instituts gearbeitet.
Studierst du in Hamburg?
DemianLucis hat geschrieben:Mit der Kritischen Theorie habe ich mich noch nicht ausführlich beschäftigt
Das ist heute wohl auch nicht mehr sehr populär und außerdem gefährlich. Ich landete auf diesem Weg nämlich erst einmal überhaupt bei den Soziologen, hatte zunächst mein Vordiplom in der Politologie abgeschlossen und bin dann in die Soziologie gewechselt, mit dem Resultat, dass ich etwa drei Jahre mindestens auch mit meinem Nebenfach (Philosophie) zubrachte. Eben wegen der Voraussetzungen der kritischen Theorie. Damals war das möglich, es gab den heutigen Druck noch nicht. Und mich begeisterte das Studium, die Universität war mein Schlaraffenland.
DemianLucis hat geschrieben:Ich bin derzeit am Ende meines BA-Studiums und wie bereits angedeutet im Feld Techniksoziologie unterwegs, beschäftige mich mit Transhumanismus. Darüber hinaus Interesse an Gender und Disability Studies.
Und, wirst du weitermachen? Ich stehe dem BA eher kritisch gegenüber und freue mich immer, wenn dieser nicht das Ende (ich nenn es auch: das nasse Grab) eines Studiums in diesen Feldern wird. Allerdings muss man natürlich heute auch irgendwo einen Plan haben, um nach dem Studium nicht zu ertrinken. Grundsätzlich, und das sag ich auch immer meinen jüngeren KollegInnen, stehe ich immer bereit für eine Krisenintervention, um eine Neujahrsansprache für die Sinnerfüllung und das Lebensglück eines Studiums zu halten. Ich bin damit sehr glücklich geworden, obwohl es sich beruflich nur in Phasen meiner Berufsbiographie bewährte. Geisteswissenschaftler werden ja überhaupt vom Arbeitsmarkt mit einem herzlichen WTF empfangen. Du liest dich für mich so, als würde dir ein Masterstudium ganz gut stehen.
DemianLucis hat geschrieben: Laurie Penny ist mir in meiner Netzfemnistischen Blase noch nicht augfetaucht. Danke dafür! Trügt es oder ist Netzfeminismus bei dir leicht negativ konotiert?
In der Breite nicht, denn hier sucht und findet eine Generation ihren Zugang zu feministischen Fragen und Theorien. Spannend finde ich so ziemlich jede Form des Hinterfragens von Geschlechterverhätnissen, -formen, -stereotypen, -theorien. Es gibt im deutschen Netzfeminismus aber auch eine gewisse Blindheit für die Zusammenhänge mit anderen strukturellen Fragen und Problemen (Kapitalverwertung oder Klassenlagen z.B., Netzfeminismus hat hier einen deutlichen Bias, interessiert sich noch ziemlich wenig für Frauen ohne entsprechenden Voraussetzungen an Bildung, Berufsqualifikationen und Faible für Twitter & Co) und den Versuch des Herauslösens feministischer Standpunkte aus grundlegenderen Diskurszusammenhängen, daraus folgend dann eine Fokusierung auf sehr isolierte Betrachtungen ausgewählter Frauenlagen und Problemzusammenhänge. So kann man es sich dann mit "seinem" spezialisierten Feminismus auch sehr bequem machen, ohne an Fragen anzulanden, die einem auch selbst unbequem werden könnten. Da fehlt mir dann manchmal durchaus die Fallhöhe der sogenannten zweiten Welle, die immer auch die Gesamtgesellschaft als eine kapitalistische im Blick hatten. Die für mich interessantesten Personen würden sich selbst wohl nicht dem Netzfeminismus zurechnen. Andererseits vernebelt mir gewiss auch manchmal ein zu langes Mitverfolgen bestimmter Netzfeministinnen (also aus Zeiten, wo es den Begriff nicht gab und man sich noch einfach "Blogger" nannte) die Sicht auf deren heutiges Nachdenken und Agieren. Schließlich bin ich selbstverständlich auch sehr froh, überhaupt so viel spannende Auseinandersetzungen mitverfolgen und mich derart dann selbst hinterfragen zu können.
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DemianLucis
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Re: Feedback Runde #16

Beitrag von DemianLucis »

Joss hat geschrieben: In der Breite nicht, denn hier sucht und findet eine Generation ihren Zugang zu feministischen Fragen und Theorien. Spannend finde ich so ziemlich jede Form des Hinterfragens von Geschlechterverhätnissen, -formen, -stereotypen, -theorien. [...]
In den Kreisen in denen ich mich bewege ist meinem Empfinden der Bias, weil immer wieder auf die Intersektionalität verwiesen wird, glücklicherweise nicht so stark. Ich bekomme aber immer wieder mit wenn es zwischen verschiedenen Strömungen des Feminismus im Netz kracht. Mein Eindruck ist hier, dass häufig das Anmerken und Aufmerksam machen auf weitere Diskriminierungsstrukturen als "derailing" wahrgenommen wird.

Ich empfinde die Betrachtung spezifischer Frauen*lagen und Problemzusammenhänge aber als äußerst wichtig, gerade im Zusammenhang mit non-binary, trans und den anderen Geschlechtern, welche häufig auch innerhalb vieler feministischer Strömungen marginalisiert werden.
Das Problem, dass es mit einem gesamtgesellschaftlichen Diskurs immer schwieriger wird, sehe ich -modernisierungstheoretisch betrachtet- in der weiter voranschreitenden Individualisierung. Ich bin kein Vertreter der sagt, dass sich deswegen eine Gesellschaft auflöst und ich bin auch der Ansicht, dass es weiterhin geteilte Werte und Normen gibt die in einer überindividuellen Sozialisation internalisiert werden, aber das Erleben wird zunehmend partikularer und dadurch die Strukturen wieder unsichtbar, sodass das Abstrahieren und Induktion gerade außerhalb der scientif community immer schwieriger in Gesprächen angewendet werden kann.

Zu deinen anderen Fragen und Bemerkungen kommt noch eine PM, das ist meiner Ansicht nach zu weit Off-Topic. :)
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Joss
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Re: Feedback Runde #16

Beitrag von Joss »

DemianLucis hat geschrieben:Ich empfinde die Betrachtung spezifischer Frauen*lagen und Problemzusammenhänge aber als äußerst wichtig, gerade im Zusammenhang mit non-binary, trans und den anderen Geschlechtern, welche häufig auch innerhalb vieler feministischer Strömungen marginalisiert werden.
Das wurde jüngst ja in Zusammenhang mit Lann Hornscheidt diskutiert. Die taz hatte Hornscheidt zu einer interessanten Diskussionsveranstaltung eingeladen, ist nachlesbar. Über ProfX brach ja ein gewaltiger Shitstorm rein. Es ist schon erstaunlich, welche Aggressionen das in manchen Menschen freisetzt. Im Twitter-Stream von Margarete Stokowski, die nach taz nun auf SPON Kolumnen schreibt kann man dieser Tage auch einige "Petitessen" nachlesen.

Was du über die Individualisierung und Modernisierung schreibst, betrachte ich vor allem durch die Brille der Kontrolltheorie. Siehe Kölner HbH. Ereignis X führt nicht zur Beschäftigung mit Ungleichheits-Thema Y, sondern zu mehr Polizei, mehr Videoüberwachung und mehr Intervention durchs Strafrecht. Da werden stets gesellschaftliche Gruppen gegeneinander formiert und ausgespielt, die Lösungen aber richten den Blick nie auf die Ursachen, sondern auf eine soziale Kontrolle, die nicht nur auf das Problem wirkt, sondern auch auf den öffentlichen Raum und das öffentliche Miteinander überhaupt. Das ist eine, unabhängig vom konkreten Anlass, fatale Entwicklung.

Gendertheorie dagegen lenkt den Blick auf die grundsätzliche biologische und sozialisierte Andersartigkeit, auf die Vielfalt und Differenzen. Im Grunde genommen gehört das schon in den Schulunterricht. Weil es befreiend wirkt und der Anerkennung des Anderen als solchen Bahn bricht. Wozu sich übrigens Lévinas zur Lektüre empfiehlt.
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DemianLucis
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Re: Feedback Runde #16

Beitrag von DemianLucis »

Joss hat geschrieben: Das wurde jüngst ja in Zusammenhang mit Lann Hornscheidt diskutiert. Die taz hatte Hornscheidt zu einer interessanten Diskussionsveranstaltung eingeladen, ist nachlesbar. Über ProfX brach ja ein gewaltiger Shitstorm rein. Es ist schon erstaunlich, welche Aggressionen das in manchen Menschen freisetzt.
Da musste ich tatsächlich nachschlagen, denn ich habe nur die Diskussion mitbekommen das Lann Hornscheidt Rassismus innerhalb eines von X geführten Seminars vorgeworfen wurde.
Joss hat geschrieben:
Was du über die Individualisierung und Modernisierung schreibst, betrachte ich vor allem durch die Brille der Kontrolltheorie. Siehe Kölner HbH. Ereignis X führt nicht zur Beschäftigung mit Ungleichheits-Thema Y, sondern zu mehr Polizei, mehr Videoüberwachung und mehr Intervention durchs Strafrecht. Da werden stets gesellschaftliche Gruppen gegeneinander formiert und ausgespielt, die Lösungen aber richten den Blick nie auf die Ursachen, sondern auf eine soziale Kontrolle, die nicht nur auf das Problem wirkt, sondern auch auf den öffentlichen Raum und das öffentliche Miteinander überhaupt. Das ist eine, unabhängig vom konkreten Anlass, fatale Entwicklung.

Diese Brille kannte ich noch nicht. Sehr spannend. Sehr beunruhigende Schlussfolgerung daraus.
Joss hat geschrieben:
Gendertheorie dagegen lenkt den Blick auf die grundsätzliche biologische und sozialisierte Andersartigkeit, auf die Vielfalt und Differenzen. Im Grunde genommen gehört das schon in den Schulunterricht. Weil es befreiend wirkt und der Anerkennung des Anderen als solchen Bahn bricht. Wozu sich übrigens Lévinas zur Lektüre empfiehlt.
Unterstütze ich. Lévinas möchte ich mir mal angucken. Spezielle Empfehlung wo ich starten kann?
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Joss
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Re: Feedback Runde #16

Beitrag von Joss »

DemianLucis hat geschrieben:Spezielle Empfehlung wo ich starten kann?
Vielleicht mit dem Nachruf auf ihn von Jacques Derrida "Adieu"?

Da Levinas sein Denken an anderen Denkern, also vor allem in Reflexion und Kommentar, entwickelt, kann man nahezu überall und nirgends seinen Einstieg nehmen. Ohne ein Seminar als Begleitung macht wohl eine Sekundärliteratur Sinn, die einem das zunächst einmal zur Orientierung versammelt. Ich würde daher empfehlen als erstes mal das im Netz verfügbare an Interviews zu lesen. Wenn das dein Interesse weckt, zu einer der klassischen Einführungen von Campus, UTB, Junius zu greifen, auch da erst einmal reinlesen vor dem Kauf. Und dann eventuell ins Werk. Das klingt vielleicht etwas tapsig, aber ich selbst gehörte nie zu denen, die mal eben so die "Phänomenologie des Geistes" oder die "Ordnung der Dinge" oder wie das heute läuft "Seite 34-52" gelesen haben. Nicht ehrfürchtig, aber langsam nähern empfiehlt sich bei vielen schon. Als Leser von Poststrukturalisten wird dir das enorme Reservoir an Voraussetzungen aber kein Geheimnis sein.
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Darkcloud
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Re: Feedback Runde #16

Beitrag von Darkcloud »

Mal das gleiche was ich unter der Folge gepostet habe, da ich jetzt seh, es gibt hier auch nen Thread:
Wenn da jemand entsprechende Kritik mit so schlechter Recherchearbeit wie Sarkeesian bringen würde und von dem kritisierenden Medium so wenig Ahnung hat würde man diese Person schlicht und einfach nicht ernst nehmen. Denn selbst wenn ich bei Filmen lange bekannte offensichtlich sexistische Elemente kritisieren will muss man doch zumindest Grundlegende Ahnung von den im Film angewandten Techniken haben um die Kritik fundiert auf das Medium anwenden zu können.

Mag sein, dass das für ihre Grundlegende Kritik reicht. Sie versucht sich aber als DIE Koryphäe hinzustellen auf dem Gebiet. Was ihr auch irgendwie gelang den es gibt ja kaum jemand anders, der das bisher kritisiert hat. Vor allem sie hat ja vorher schon Videos zu dem Thema gemacht und die waren größtenteils eher besser als das nach dem Kickstarter. Wofür hat sie denn das ganze Geld gesammelt. In Recherchearbeit ist das ja scheinbar nicht geflossen. In Bildmaterial auch nicht das hat sie sich ja von anderen Youtubechannels geklaut.

Die Kritik ist grundsätzlich Gerechtfertigt sollte aber einfach fundierter sein. Was Sarkeesian hier macht ist Captain Obvious Spielen aber sich als die absolute Autorität in dem Bereich darzustellen. Bis jetzt war die Reaktion von Entwicklern danach ja auch nur, dass man ebenso seicht irgendwas Feministisches in die Spiele einbaut bei dem man sich fragen muss ob das nicht noch sexistischer ist am Ende.

Mir ist übrigens aufgefallen das in der Folge verdammt oft das Gemacht wurde was den Kritikern am Anfang im Podcast vorgeworfen wurde. Die Kritisieren ja nicht ihre Argumente die Kritisieren Sarkeesian als Person. Später wird dann immer erwähnt das die die das und das Sagen vermutlich die sind die am Sexististen sind usw. Kritisiert auch nicht die Kritik sondern den Kritiker als Person.

Was ich wirklich als Problem an dem ganzen seh, genauso wie bei Pfeifer. Durch solche Flache Kritik ändert sich eher nix zum Positiven. Da wird nix besser am ende. Genauso stimme ich nicht zu, dass es ja gar nicht drum geht, dass solche Spiele nicht mehr existieren sollen. Genau das wurde von Ihr doch immer wieder gefordert. Spiele dürfen so und so nicht mehr sein und da seh ich das Problem. Was anderes wäre es zu sagen "find ich scheiße, würd ich an eurer Stelle nicht kaufen und damit unterstützen". Genau das gleiche bei Christian Pfeifer. Beide haben nicht ganz unrecht, Sarkeesian noch ein ganzest stück mehr als Pfeifer aber beide vertreten ihren Punkt einfach auf ne Schreckliche und nicht förderliche Art.

Noch schlimmer sind natürlich die Vollpfosten die ihr dann Morddrohungen schicken und sonst was in die Richtung.

Mal zu der Sache mit Frauen sind emotionaler in Gehaltsgesprächen. Wäre das denn wirklich ein Problem wenn wir nicht in einer Firmenlandschaft leben würden die zu 99% von Männern gegründet und geführt wird/wurde?

Zu dem Umbenennen von den Mohren oder den Negerkönig. Generell wäre ich dagegen, da es einfach die Zeit verfälscht in der die Bücher geschrieben wurde. Da hier aber um Kinderbücher geht versteh ich das durchaus und find es Sinnvoll. Aber wenn man das durchgehend ändern würde, würden da einfach einige Aspekte der Vergangenheit in Vergessenheit geraten, die nicht so toll waren. Denn auch damals war das ganze wohl schon etwas negativ konnotiert, da Schwarze halt einfach generell nicht so toll angesehen wurden.

Zu der Sache mit Social Justice Warriors als negativer begriff muss ich sagen. Finde ich legitim wenn man es auf die Gruppe anwendet für die der Begriff auch gedacht war. Die die dich sofort anschnauzen wenn du irgendwas sagst das in irgendeiner Form sexistisch oder rassistisch oder sonst irgendwie nicht in Ordnung ist und wenn irgend ein Medium in Irgend einer Form so etwas unterstützt, ist es der Satan persönlich.

Sind dann auch oft die White Knights die so etwas benutzen um irgend eine Frau zu "beschützen" ob sie das will oder nicht. Meistens will sie das eher nicht den Ihr und fast allen anderen ist klar, das der Typ das eigentlich nur macht weil er dadurch ne Chance bekommen könnte die Frau zu knattern. Wenn das dann die einzige Wahre Intention hinter dem ganzen ist, kommt man auch ganz schnell zu dem Schluss, das der Typ eigentlich ein totales Arschloch ist und irgendwie dann doch selbst ein ganzes Stück sexistisch.

Zu jemandem der auch mal die Aussagen von Spielen Kritisiert, ich finde Errantsignal macht das recht gut.

Wo ist denn eigentlich dieser Ständige Sex in Witcher 3? Ich find da 6 Frauen im Spiel mit denen man Bumsen kann, 2 davon jeweils in den Expansions. Dann Triss und Jennefer (wer beide in einem Durchgang benutzt bekommt ne schöne überraschung :D) und dann noch mal 2 Nebenfiguren. Witcher 2 hatte da neben Triss eigentlich auch fast nichts nur im ersten Teil wars echt viel. Interessant finde ich, dass sich CD Project so richtig mühe gegeben hat Ciri ja nicht zu sexualisieren damit sie in der Tochterrolle bleibt.
ONEVA
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Re: Feedback Runde #16 (Anita Sarkeesian / Feminismus)

Beitrag von ONEVA »

Als erstes möchte ich erwähnen, dasz ich ein weißes und männliches Erscheinungsbilde habe, mich selbst vom Geschlecht her aber nicht definiere, sondern als Individuum. (Ja, das ist wichtig, weil die Sicht und Meinung einer maximal priviligierten Person, weiß; gesund, durchschnittlich gebildet und männlich, differenziert von einer Sicht oder Meinung einer z.B. sexistisch oder rassistisch diskriminierten Person betrachtet werden sollte.)

Seit ein paar Wochen verfolge ich den Podcast und gugg regelmäszig auf die Startseite und find immer wieder was zum draufklicken^^
Gestern habe ich mal das Archiv durchgeforstet und mir fiel sofort die Anita-Sarkeesian-Folge auf und dachte mir:
"Ist das jetzt die Folge, die dazu führt, dasz ich dem Podcast nicht mehr so begeistert folgen werde? Ist das die Folge, in der 2 Männer auf Feminismus eingehen und ich nach 10 min einfach nur die Hände über dem Kopf zusammenschlage und meine Boxen leiser drehe, damit meine Mitbewohner_Innen nicht an der Tür klopfen um mir mitzuteilen, dasz von nem Games-Podcast ja nix weiter zu erwarten wäre?"
An dieser Stelle möchte ich mich dafür entschuldigen derartige Vorurteile gehabt zu haben (vor allem weil mich die Rassismus-Folge eigentlich eines Beszeren belehrt haben sollte).
Ich bin tief beeindruckt davon, in welcher Qualität über dieses Thema diskutiert wird. Ich habe in meinem Freundeskreis sowohl Personen, mit denen ich über Spiele bzw. politische Aspekte der Herrschaftsfreiheit (wie z.B. Feminismus) reden kann... aber eben niemals beides gleichzeitig. Ich beschäftige mich seit einiger Zeit mit den politischen Aspekten von Computerspielen und fühle mich damit immer irgendwie alleine (als André verlauten liesz, dasz er es sehr begrüszen würde in Zukunft mehr derartige Themen zu behandeln aber keine Hoffnung hat, dasz genügend Interesze besteht liefs mir kalt den Rücken runter, da ich mich in diesem Moment das erste Mal verstanden gefühlt habe).
Ich finde es sehr wichtig diese Form der Kritik im Bezug auf Computerspiele (aber auch Firmenpolitiken, etc.) zu etablieren.
Ich habe dieser Folge so gebannt gelauscht, wie keine zuvor (und sofort den Wunsch gehabt ganz lange mit euch darüber weiter zu reden, als sie sich dem Ende näherte :D).
Worauf will ich hinaus?
1. Macht weiter so
2. Macht mehr in diese Richtung
3. Gebt mir weiterhin das Gefühl verstanden zu werden ;)
Diese Folge eignet sich hervorragend um politisch engergierten Personen ein Beispiel zu liefern, in welcher Qualität über Computerspiele diskutiert werden kann und dasz "Zocker_Innen" nicht Leute sind, die zurückgezogen ihre Sucht befriedigen und sich keine bis wenig Gedanken um die Gesellschaft machen.
Insbesondere finde ich die Art der Argumentation, die einem jeden Betroffenen eigentlich nur die Schamesröte ins Gesicht treiben müsste :D

Danke für die Hoffnung auf ein nettes Miteinander, die ihr nach vielen Rückschägen im meinem Alltag neu entfacht habt.
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