Das denke ich nicht. Eine Verharmlosung wäre es, die Wirkung der AfD & Co. zu relativieren. Vielmehr erachte ich es für wichtig, zu differenzieren, denn es ist ja wichtig zu schauen, woher AfD und Querdenker kommen. Erstere sind aus einer neoliberalen, bzw. neokonservativen Strömung entastanden und wurden dann von Nationalkonservativen, religiösen Fundamentalisten und Rechtsradikalen gekapert. Diese Flügel, die auch untereinander Machtkämpfe austragen, gibt es bis heute. Meuthen = Neokonservativ, von Storch = Feudalkatholizismus, Höcke = Rechtsradikalismus.Dr_Hasenbein hat geschrieben: ↑3. Mai 2021, 08:51 Ist nicht genau das die eigentliche Verharmlosung, die wir schon bei Pegida, AfD und Querdenker erlebten und erleben? In der die Menschen dort als bürgerliche Mitte bezeichnet werden, aber in einer Weise agieren, die ganz und gar nicht reasonable ist sondern unerbittlich mit Worten aufeinander einschlagen?"
Das ist auch dewegen wichtig zu wissen, weil die Schnittmegen bis in die etablierten Parteien reichen. Umfragen besagen z.B. das 2/3 der FDP-Anhänger für eine politische Kooperation mit der AfD sind - in Thüringen hatte die ja bereits stattgefunden, als FPD, CDU und AfD sich bei der Wahl des Ministerpräsidenten abgesprochen hatten. Ebenso gibt es Schnittmengen zur CDU, wie die Werteunion und Politiker/innen wie Maaßen, Steinbach, Lengsfeld oder auch einige AfD-Mitglieder zeigen, die ehemals aus der CDU kamen.
Auch bei den Querdenkern hat eine Studie ergeben, dass deren Mitglieder zuvor Grüne (ich glaube 27%) und Linke gewählt haben und die AfD-Wähler erst auf Platz 3 kommen. Ebenso ist die Anzahl der Akademiker und Selbständigen überdurchschnittlich hoch. Diese Differenzierung tragen zum Verständnis bei und sind keine Verharmlosung. Eine Verharmlosung wäre es, zu sagen, dass deren Tolerierung von Rechtsradikalen oder rechtsradikalen Positionen unproblematisch ist. Sie machen sich mit Rechtsradikalen gemein, was deren Meinungen zugänglicher für die sogenannte bürgerliche Mitte macht.
Das ist eine wichtige Frage, aber bei meinem Kommentar nicht der Punkt. Es geht um notwendige Differenzierung, denn nicht alles was rechts oder links der selbsternannten Mitte ist, ist radikal. Die AfD als rundum rechtsradikal zu betrachten, ist problematisch, weil dies das Verstehen um deren Entstehen und deren Wählerschaft erheblich erschwert und somit die Mittel eingrenzt, deren politischen Einfluss einzudämmen. Auch macht es blind dafür, dass gerade die nicht-extremen Kräfte der Partei eine Schnittstelle zur sogenannten Mitte bilden, wie im Falle der AfD die Werteunion oder der neoliberale Flügel zur FDP. Zudem behaupte ich nirgendwo, dass die AfD nicht am rechten Rand steht, sie ist nur nicht durchweg rechtsradikal. Die nicht-rechtsradikalen Teile der Partei tolerieren jedoch rechtsradikale Positionen innerhalb der Partei, was viel gefährlicher ist. Die rechtsradikale Partei NPD ist erfolglos und nimmt kaum Einfluss auf die etablierte Politik. Über den neokonservativen Teil der AfD werden jedoch radikale rechte Positionen dieser Partei auch innerhalb der CDU und FDP salonfähig. Das zu verstehen und differenziert hervorzuheben, halte ich für enorm wichtig.Dr_Hasenbein hat geschrieben: ↑3. Mai 2021, 08:51 Ab wann hat sich ein Mensch weit genug radikalisiert, dass man ihn guten Gewissens den politischen Rändern zuordnen kann?"
Welche Standpunkte meinst du denn genau? Und ab wann ist etwas radikal? Wenn es herrschende Verhältnisse infrage stellt? Wenn es verfassungsfeindlich ist?Dr_Hasenbein hat geschrieben: ↑3. Mai 2021, 08:51 Ich beobachte eher, dass gerade umgekehrt die Standpunkte von den Rändern kommen. Die Initiatoren sind oftmals politisch sehr extreme Persönlichkeiten."
Die Identitätspolitik kommt ursprünglich aus den nun nicht allzu linken USA, ist in Deutschland von einem akademisch geprägten Umfeld aufgegriffen worden und umfasst u.a Antirassismus und Feminismus. Es sind Positionen der urbanen, weitgehend akademischen Linken, nicht jene der klassischen Linken im Sinne des Sozialismus und des alles andere als akademischen Proletariats. Daraus erwachsen innerhalb der Linken auch Konflikte, für die z.B. die Diskussionen um Wagenknecht exemplarisch aber aber halt nur der medial sichtbare Teil dieser Konflikte sind. Die Grünen vertreten identitätspolitische Positionen und in der SPD gab es gerade rund um Wolfgang Thierse einen innerparteiischen Konflikt zu diesem Thema. Das sind alles ebenso wenig Radikale, wie Vertreter der People Of Color, die Rassismus in diversen Medien anmahnen. Radikale nutzen dies hingegen vielfach als Vehikel für ihre Positionen.
Was rechte Positionen angeht: Siehe oben.
Darüber kann man natürlich trefflich streiten. Meine Formulierungen dazu enspringen zwei Umständen: Es gibt zahlreiche Beispiele, sowohl aus den Medien als auch aus sozialen Netzwerken und der gesamten Gesellschaft, die AfD(-Anhänger), Querdenker, Trump & Co. zum ungebildeten Pöbel erklären und deren Anhänger gleich mit. Die Verantwortung wird vom Bürgertum und Bildungsbürgern also mitunter an die bildungsferne Unterschicht abgeschoben. Das ist problematisch, sachlich alles andere als vollständig, nicht zielführend und auch fahrlässig, weil die Unterschicht damit der Neuen Rechten preisgegeben wird.Dr_Hasenbein hat geschrieben: ↑3. Mai 2021, 08:51 Hier würde ich sogar entgegenkommen. Natürlich kommen sie aus der Mitte, aber die Verantwortung begründet das nicht zwangsläufig."
Nun ja, die Sache ist natürlich komplex und umfasst zahlreiche Aspekte und diese betreffen nicht nur die CDU, sondern mit der der SPD auch die zweite Volkspartei und zudem zahlreiche historische Entwicklungen. Ein interessantes Thema, über das ich durchaus gern diskutiere - allerdings an anderer Stelle, da ich ungern das eigentliche Thema (der Podcast) derailen möchte. Entsprechend mache ich hier mal einen Schnitt und steige aus dieser Diskussion aus, bzw. äußere mich künftig nur noch zum eigentlichen Thema.Dr_Hasenbein hat geschrieben: ↑3. Mai 2021, 08:51 IMHO hat die AfD möglich gemacht, dass es auf rechten Seite plötzlich sehr viel Luft zwischen Union und NPD gab. Wie es dazu kam, ist mir nicht ganz klar. Ob die Union selbstständig weiter nach links driftete oder ob sie von außen gezwungen wurde, damit habe ich mich nie beschäftigt. Und nein, damit will ich nicht sagen, dass die Union links ist um das gleichmal vorweg zu nehmen."
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