Runde #317: Cancel Culture?

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Voigt
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Re: Runde #317: Cancel Culture?!?

Beitrag von Voigt »

@Inkognito
Sovietische Invasion von Mandschukuo, dadurch die letzte Hoffnung auf Friedensvermittlung durch Soviets verflogen und drohender Verlust aller Festlanderoberungen, inkl. Korea wodurch Lebensmittelsituation absehbar noch schlimmer wird.

Dafür muss ich aber erstmal überlegen was Operation Overlord war, ich kenne mich schlecht aus mit solchen Operationsnahmen, da ich die historisch auch weniger wichtig finde.
Alexandre
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Re: Runde #317: Cancel Culture?!?

Beitrag von Alexandre »

Danke für den mutigen Podcast. Dass er wichtig ist zeigt sich für mich daran, dass ich nach der Hälfte erstmal Pause machen musste.
Darf ich vorschlagen zukünftig den Disclaimer ganz an den Anfang zu stellen? Der behandelte Themenkomplex lebt wie kaum ein Zweiter davon, in der Bevölkerung als richtig, wichtig, relevant und moralisch aufwertend wahrgenommen zu werden. Wenn Dom damit einen Teil seines Lebensunterhaltes bestreitet dann sollte ich das als Hörer wissen, Stichwort Quellenkritik.

Jetzt habe ich 4 Seiten Beiträge gelesen, mehrheitlich ausgewogene, interessante Beiträge die mich gedanklich weitergebracht haben.
Und trotzdem habe ich ein nagendes Gefühl von Unzufriedenheit in mir. Etwas relevantes ist nicht gesagt worden, aber was? Was hat Wolfgang Walk mit dem einfachen Satz: Wir seien alle ein Stück weit Rassisten, bzw. Rassismus würde in jedem von uns stecken*, geschafft was mir hier fehlt? (*sinngemäß, das genaue Zitat habe ich nicht im Kopf)

Ich denke, der walksche Ansatz war in der Problemstellung ziemlich allgemein gehalten aber in der Handlungsempfehlung präzise. Der domsche (ich muss dem Baby einen Namen geben, das ist nicht gegen die Person gerichtet) hat konkrete Problemstellungen und so gut wie keine Handlungsempfehlung, jedenfalls keine umsetzbare.

"Wir sind alle Rassisten, wir können uns in der Regel kaum in das Leben von von Rassismus Betroffenen hineinversetzen, wir sollten uns da konkret bemühen, Kritik annehmen, denn je offener und liberaler eine Gesellschaft, umso lebenswerter und positiver ist sie für Alle."
Damit kann ich etwas anfangen. Darin fühle ich mich nicht angegriffen sondern als das beschrieben was ich bin: Ein Mensch dessen Instinkte ihn in eine Richtung lenken und der durch die Kraft seines Verstandes eine bessere Welt schaffen kann. Nicht für andere, für sich selbst!

"In Anno 1800 wird keine Sklaverei gezeigt und daher wissen Annospieler zu wenig über die Übel der Sklaverei."
Das ist präzise, völlig richtig, nachvollziehbar und völlig irrelevant.
Ähnliche Aussagen, welche aber nicht ganz die gesellschaftliche Akzeptanz haben wie die obige, werden von Dom als unsachlich abgetan.
Wir können uns hier mit Beispiel und Gegenbeispiel im Kreis drehen bis wir schwarz werden (no pun intended) oder aber, wir malen uns aus wie die walksche und domsche Utopie aussieht.

Im ersten Fall erkennen und akzeptieren wir die in uns verdrahteten Neigungen und Mechanismen. Wir treffen willentlich eine Entscheidung achtsamer zu sein und verbessern die eigene und auch fremde Lebenssituationen.
Interessanterweise hat zwar jeder das Recht sich wie ein Arsch zu benehmen, aber sobald eine gesellschaftliche Mehrheit anfängt, negativ abweichendes Verhalten zu missbilligen, nimmt die Anzahl der sichtbaren Ärsche in der Gesellschaft ab. (Sie zeigen sich allerdings schnell wieder wenn ein Trump gewählt wird und "man endlich wieder mal sagen darf...")
Das Gleichgewicht bringt hier die Tatsache dass der erste Schritt die Akzeptanz der EIGENEN Fehlbarkeit ist. Wenn ich an mir selbst rassistische Verhaltensmuster erkennen kann, dann bin weniger extrem darin sie an anderen zu kritisieren.
Halte ich mich allerdings für das Maß aller Dinge, tolerant, weltoffen, schlichtweg perfekt, dann werde ich von meinem abweichendes Verhalten viel problematischer finden und entsprechend bekämpfen.

So wirkt zumindest des zweite Fall. Wenn die Wortwahl von Dom auf seine Gedankenwelt schließen lässt, dann sind Satzfragmente wie "Ganz schlimm!" und "da bin ich erschrocken" aufschlussreich.
Vielleicht erklärt das ja die von Dom angesprochene, oftmals negative Reaktion, die er erntete. Da erzählt dieser unbekannte Mensch, dessen Suche nach innerer Erkenntnis wir nicht kennen; von dem wir nicht wissen, wie sehr er sich selbst hinterfragt und sieht, uns dass ein kommerzielles Computerspiel zu kritisieren sei, weil es ausgewählte historische Tatsachen nicht korrekt vermittelt. Nicht Alle und auch nicht die Wichtigsten sondern diejenigen die aktuell das größte Potential für eine gesellschaftliche Kontroverse in sich tragen.

In einer anderen Zeit hätte Dominicus Schottus darauf hingewiesen, dass in diesem gottlosem Machwerk die Dreifaltigkeit nicht auftaucht. (Habe Anno nie gespielt, ich kann nur hoffen dass dem so ist)
Der christliche Gott wohlgemerkt.

Der Poet Dominik Sturm-Drang hätte hingegen argumentiert, dass das Werk zu sehr Autorität und Tradition verhaftet sei. In einer neuen Welt sollte das gesunde Genie mit eigener Kraft und eigenem Können eine bessere Welt schaffen können. Also weg mit Schiffen, Kontoren, her mit ... der Kommune, der Planwirtschaft, der Naturwirtschaft...

Lieber Dom, danke für deinen Beitrag und den Mut den es kostet, darüber öffentlich zu reden. Das ist mir sehr sympatisch. Aber wenn nur die Menschen recht haben, die dir zustimmen, und alle Abweichler unrecht, dann musst du deine Selbstwahrnehmung hinterfragen.
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Fährmann
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Re: Runde #317: Cancel Culture?!?

Beitrag von Fährmann »

Dr_Hasenbein hat geschrieben: 2. Mai 2021, 17:49 Das überrascht mich wenig, weil die häufiger Opfer genau dessen werden. Dass Menschen aus dem Job ausgegrenzt werden oder Publikationen verhindert werden beruht ja auf öffentlichen Druck bis hin zu Drohungen. Das betrifft aber eben nicht ausschließlich Rechte, wenngleich diese sicherlich öfter betroffen sind. Einfach indem man diese denunziert. In den USA ist das natürlich noch einmal besonders verstärkt zu beobachten.

Ich finde es auch absurd das immer auf das N-Wort zu reduzieren. Inwiefern hat die Arbeit von Bernd Lucke an der Universität irgendwas mit dem N-Wort zu tun? Du beklagst Framing, bedienst dich aber des gleichen Stilmittels. Auch Cassie Jaye hat keine radikalen Äußerungen getätigt und wurde Opfer der Cancel Culture. Die Cancel Culture selbst sorgt für eine Radikalisierung. Nachdem Menschen aus ihrem Job gedrängt wurden, bedienen sie nun jene, die deutlich radikaler sind als der Mainstream. Das ist insbesondere deshalb erstaunlich, als dass sich der ÖRR daran beteiligt der meines Erachtens nach zwanglos alle politischen Strömungen abbilden sollte, und das tut er sukzessive immer weniger.

Der Prozess, der durch Cancel Culture beschrieben wird existiert ja auch. Es gibt dutzende Beispiele, in denen Menschen aus dem Job gefeuert wurden oder Shitstorms zu kleinen Unternehmen betreffend vermeintlich kultureller Aneignung etc. Auch das Niederschreien einer Grünen Politikerin, die als Kind (Gott bewahre) Indianerhäuptling sein wollte, sind Cancel Culture.

Ich halte genau diese Bewegung für extrem problematisch, die sich in "sozialen" Netzwerken Personen raussuchen und diese aufgrund ihrer Meinung niedermachen, Ihre Arbeitgeber raussuchen und diese dort anschwärzen. Oder beim Vermieter und Druck aufbauen, um eine Entlassung zu erzwingen.

Drei Anmerkungen dazu:

1.: Natürlich benutze ich Framing. Jeder Mensch benutzt zu jeder Zeit Framing. Das ist eines der grundsätzlichen Erkenntnisse der Framing-Theorie. Mehr dazu hier von Elisabeth Wehling, eine der führenden deutschen Forscher*innen zur Framing-Theorie:

https://www.youtube.com/watch?v=3tuaXaX ... %3Apublica

Beim Framing muss man bewerten, ob es irreführend ist und welchen Verwendungszweck es hat. Das tue ich im Kontext von Cancel Culture: Der Begriff ist irreführend und hat einen Zweck, der Rechten extrem hilft, weswegen sie dieses Wort so häufig verwenden.


2.: Wie ich oben angemerkt habe, habe ich in meinem Beispiel das N-Wort thematisiert. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wo plötzlich Bernd Lucke herkommt. :?:


3.: Ich verweise nochmal auf etwas, dass ich weiter oben schon so ähnlich gesagt habe: Die Grünenpolitikerin hat den Mob, der sich gegen sie gewendet hat, nicht im Kontext von "Cancel Culture" aufgegriffen. Auch Cassie Jaye hat niemals gesagt, dass sie Opfer von Cancel Culture geworden sei. Die beiden haben diesen Kontext und dieses Framing nie aufgebaut. Du bist derjenige, der diesen Kontext gerade aufbaut.
Das zeigt nochmal: Linke (und im Idealfall Vertreter des Mainstreams) benutzen diesen Begriff nicht. Es ist kein unbefangenes oder unschuldiges Wort.
Dr_Hasenbein
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Re: Runde #317: Cancel Culture?!?

Beitrag von Dr_Hasenbein »

Fährmann hat geschrieben: 2. Mai 2021, 18:05
Dr_Hasenbein hat geschrieben: 2. Mai 2021, 17:49 Das überrascht mich wenig, weil die häufiger Opfer genau dessen werden. Dass Menschen aus dem Job ausgegrenzt werden oder Publikationen verhindert werden beruht ja auf öffentlichen Druck bis hin zu Drohungen. Das betrifft aber eben nicht ausschließlich Rechte, wenngleich diese sicherlich öfter betroffen sind. Einfach indem man diese denunziert. In den USA ist das natürlich noch einmal besonders verstärkt zu beobachten.

Ich finde es auch absurd das immer auf das N-Wort zu reduzieren. Inwiefern hat die Arbeit von Bernd Lucke an der Universität irgendwas mit dem N-Wort zu tun? Du beklagst Framing, bedienst dich aber des gleichen Stilmittels. Auch Cassie Jaye hat keine radikalen Äußerungen getätigt und wurde Opfer der Cancel Culture. Die Cancel Culture selbst sorgt für eine Radikalisierung. Nachdem Menschen aus ihrem Job gedrängt wurden, bedienen sie nun jene, die deutlich radikaler sind als der Mainstream. Das ist insbesondere deshalb erstaunlich, als dass sich der ÖRR daran beteiligt der meines Erachtens nach zwanglos alle politischen Strömungen abbilden sollte, und das tut er sukzessive immer weniger.

Der Prozess, der durch Cancel Culture beschrieben wird existiert ja auch. Es gibt dutzende Beispiele, in denen Menschen aus dem Job gefeuert wurden oder Shitstorms zu kleinen Unternehmen betreffend vermeintlich kultureller Aneignung etc. Auch das Niederschreien einer Grünen Politikerin, die als Kind (Gott bewahre) Indianerhäuptling sein wollte, sind Cancel Culture.

Ich halte genau diese Bewegung für extrem problematisch, die sich in "sozialen" Netzwerken Personen raussuchen und diese aufgrund ihrer Meinung niedermachen, Ihre Arbeitgeber raussuchen und diese dort anschwärzen. Oder beim Vermieter und Druck aufbauen, um eine Entlassung zu erzwingen.

Drei Anmerkungen dazu:

1.: Natürlich benutze ich Framing. Jeder Mensch benutzt zu jeder Zeit Framing. Das ist eines der grundsätzlichen Erkenntnisse der Framing-Theorie. Mehr dazu hier von Elisabeth Wehling, eine der führenden deutschen Forscher*innen zur Framing-Theorie:

https://www.youtube.com/watch?v=3tuaXaX ... %3Apublica

Beim Framing muss man bewerten, ob es irreführend ist und welchen Verwendungszweck es hat. Das tue ich im Kontext von Cancel Culture: Der Begriff ist irreführend und hat einen Zweck, der Rechten extrem hilft, weswegen sie dieses Wort so häufig verwenden.


2.: Wie ich oben angemerkt habe, habe ich in meinem Beispiel das N-Wort thematisiert. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wo plötzlich Bernd Lucke herkommt. :?:


3.: Ich verweise nochmal auf etwas, dass ich weiter oben schon so ähnlich gesagt habe: Die Grünenpolitikerin hat den Mob, der sich gegen sie gewendet hat, nicht im Kontext von "Cancel Culture" aufgegriffen. Auch Cassie Jaye hat niemals gesagt, dass sie Opfer von Cancel Culture geworden sei. Die beiden haben diesen Kontext und dieses Framing nie aufgebaut. Du bist derjenige, der diesen Kontext gerade aufbaut.
Das zeigt nochmal: Linke (und im Idealfall Vertreter des Mainstreams) benutzen diesen Begriff nicht. Es ist kein unbefangenes oder unschuldiges Wort.
Die Frage ist, wie man Framing benutzt. Ich versuche nicht irgendwas irgendwie einer politischen Gruppe zuzuschreiben oder Begriffe für meine Zwecke umzudefinieren, um den politischen Diskurs zu meinen Gunsten zu verschieben.

Bernd Lucke ist Beispiel für Cancel Culture. Nicht jeder der gecancelt wurde schmeißt mit dem N-Wort um sich. Und selbst wenn ist wichtig bei der Betrachtung, wie und wann und warum, und ob sich hier an der Einstellung etwas geändert hat.

Es ist nicht wichtig, ob sie es Cancel Culture genannt hat. Die Mechanismen sind relevant. Und nochmal, the origins of cancel culture sind links.

Ich weiß ohnehin nicht warum das so relevant ist. Eine rechtspolitische Ansicht ist weder verboten, noch verfassungsfeindlich oder gar topic für eine Rechtfertigung.
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Fährmann
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Re: Runde #317: Cancel Culture?!?

Beitrag von Fährmann »

Dr_Hasenbein hat geschrieben: 2. Mai 2021, 18:26 Ich weiß ohnehin nicht warum das so relevant ist. Eine rechtspolitische Ansicht ist weder verboten, noch verfassungsfeindlich oder gar topic für eine Rechtfertigung.
Ich kann mich nicht zurückhalten und muss auf die Ironie hinweisen: In dieser Auseinandersetzung um Cancel Culture haben sich die Grenzen des Sagbaren in diesem Forum gerade nach rechts verschoben.

Ich verabschiede mich damit aus diesem Gespräch.

(Um den ursprünglichen Cliffhanger aufzulösen: Ohne es böse zu meinen, habe ich beschlossen, mir die Folge aus den vorher genannten Gründen nicht anzuhören. Auch wenn ich ein großer Fan von Dom Schott bin, habe ich Angst davor, welche Sätze in dieser Folge fallen werden, wenn schon der Titel dementsprechend ist. Und das ist nichts, womit ich meinen Sonntag verbringen will.)
SunshineBob
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Re: Runde #317: Cancel Culture?!?

Beitrag von SunshineBob »

Fährmann hat geschrieben: 2. Mai 2021, 18:34 (Um den ursprünglichen Cliffhanger aufzulösen: Ohne es böse zu meinen, habe ich beschlossen, mir die Folge aus den vorher genannten Gründen nicht anzuhören. Auch wenn ich ein großer Fan von Dom Schott bin, habe ich Angst davor, welche Sätze in dieser Folge fallen werden, wenn schon der Titel dementsprechend ist. Und das ist nichts, womit ich meinen Sonntag verbringen will.)
Wie bereits geschrieben, der Titel ist eh irreführend und der Begriff wird nach meiner Erinnerung nur am Anfang mal von Jochen erwähnt...aber hey, hör was du willst und hör nicht was du nicht willst, aber ich finde es schade, dass du Dom und Jochen nicht mal ne Chance gibts...wenn wir uns nicht mal mehr gegenseitg zuhören können, dann ist auch keine sinnvolle Diskussion mehr möglich.
Dr_Hasenbein
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Re: Runde #317: Cancel Culture?!?

Beitrag von Dr_Hasenbein »

Fährmann hat geschrieben: 2. Mai 2021, 18:34
Dr_Hasenbein hat geschrieben: 2. Mai 2021, 18:26 Ich weiß ohnehin nicht warum das so relevant ist. Eine rechtspolitische Ansicht ist weder verboten, noch verfassungsfeindlich oder gar topic für eine Rechtfertigung.
haben sich die Grenzen des Sagbaren in diesem Forum gerade nach rechts verschoben.
Das würde ich bezweifeln.
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IpsilonZ
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Re: Runde #317: Cancel Culture?!?

Beitrag von IpsilonZ »

Also, ich muss sagen, dass ich den Titel der Folge auch sehr clickbaitey und blöd finde. Ich hatte auch überlegt sie aus dem Grund zu skippen weil ich einfach keinen Bock auf die zigste Diskussion zwischen irgendwelchen Dudes über Cancel Culture hatte.

Kann das schon gut nachvollziehen. Ich muss mir nicht alles anhören, nur um offen für Diskussionen zu sein. Auch wenn die Folge deutlich besser war als befürchtet.

Aber ja... dieser Titel... naja...
Stefan H.
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Re: Runde #317: Cancel Culture?!?

Beitrag von Stefan H. »

Als ich den Titel des Podcasts und die Teilnehmer gesehen hatte, hatte ich schon kein Bock mehr auf diese Folge.
Schon ohne den Rest der Beschreibung gelesen zu haben, wusste ich, dass Anno 1800 zur Sprache kommt und das Dom weiter darauf beharrt das er ein Recht darauf hat, dass ein Künstler sein Werk nach Doms Wünschen verändert damit die fiktive Welt dort in einem Nebenaspekt die 'Realität' abbildet. Und er wird wieder nicht sagen wie das passieren soll in einer Welt, in der für Manchen schon die Worte 'Master' und 'Slave' traumatisierend sind, und man die Geschichte der Sklaverei weder verharmlosen noch einen Hobbysklavenhalter-Spielplatz bauen will.

Da ich die Küche putzen musste, habe ich trotzdem gestartet und war vom ersten Teil Genshin Impact noch recht positiv überrascht, habe dann beim zweiten Teil über Anno 1800 dann recht schnell abgebrochen, weil er exakt in die von mir vorhergesagte Richtung lief.

Der Satz 'Wir kritisieren nur ein (Aspekt des) Spiel, nicht den Spieler ...' ist für mich zu einer vollkommen leeren Phrase verkommen. So wie 'Ich habe nichts gegen Gruppe xxx, aber ...'.
JanTenner
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Re: Runde #317: Cancel Culture?!?

Beitrag von JanTenner »

SunshineBob hat geschrieben: 2. Mai 2021, 16:01 Hierbei ein Lob an Dom, dass er sich dabei nicht von Jochen hat einschüchtern lassen. Und ja, ich weiß, dass war ja von Jochen nicht böse gemeint, allerdings neigt er halt dazu, nicht locker zu lassen bis das Gegenüber der einzig richtigen Meinung (also seiner eigenen ;P ) zugestimmt hat; wenn man dabei auch noch das Talent hat, jedes Gegenargument rhetorisch zu seinen Gunsten zu verwandeln und zurückzugeben, dann hat es das Gegenüber halt schwer (kein Angriff an Jochen, bin leider selber oft so).
Oh mein Gott, dann werde ich die Folge auf keinen Fall anhören. Ertrage es nicht wenn Jochen in Diskussionen einfach so lange auf seinem Standpunkt beharrt und ohne neue Argumente zu bringen diesen nur so oft wiederholt bis sein Gegenüber entnervt aufgibt und er dann auch noch meint er wäre jetzt als Sieger aus der Diskussion gegangen. Leider hat er damit viel zu oft "Erfolg" und es wird von Podcastern und Zuhörern auch einfach akzeptiert.. "Der Jochen, so ist der halt". :roll:
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Re: Runde #317: Cancel Culture?!?

Beitrag von Elb356 »

JanTenner hat geschrieben: 2. Mai 2021, 20:32
SunshineBob hat geschrieben: 2. Mai 2021, 16:01 Hierbei ein Lob an Dom, dass er sich dabei nicht von Jochen hat einschüchtern lassen. Und ja, ich weiß, dass war ja von Jochen nicht böse gemeint, allerdings neigt er halt dazu, nicht locker zu lassen bis das Gegenüber der einzig richtigen Meinung (also seiner eigenen ;P ) zugestimmt hat; wenn man dabei auch noch das Talent hat, jedes Gegenargument rhetorisch zu seinen Gunsten zu verwandeln und zurückzugeben, dann hat es das Gegenüber halt schwer (kein Angriff an Jochen, bin leider selber oft so).
Oh mein Gott, dann werde ich die Folge auf keinen Fall anhören. Ertrage es nicht wenn Jochen in Diskussionen einfach so lange auf seinem Standpunkt beharrt und ohne neue Argumente zu bringen diesen nur so oft wiederholt bis sein Gegenüber entnervt aufgibt und er dann auch noch meint er wäre jetzt als Sieger aus der Diskussion gegangen. Leider hat er damit viel zu oft "Erfolg" und es wird von Podcastern und Zuhörern auch einfach akzeptiert.. "Der Jochen, so ist der halt". :roll:
interessant, hatte genau den gegenteiligen Eindruck. während Jochen immer darauf hinwies dass man diese Meinung haben kann und sie legitim sei, hielt Dom doch sehr stark an seinen Standpunkten fest und ist dann überrascht und äußert sein Unverständnis wenn man eine andere Meinung dazu hat. .
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tsch
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Re: Runde #317: Cancel Culture?!?

Beitrag von tsch »

Wieso niemand gerne über solche Dinge redet, wird sich im Podcast gefragt? Weil die ganze Diskussionskultur bei solchen Themen absoluter Cancer ist - auf beiden Seiten. Muss man sich ja nur diesen Thread durchlesen, wo jeder 2. butthurt ist und schon im Vorhinein bestimmte Haltungen tabuisiert. Demjenigen geht es dann auch nicht um einen gutwilligen Meinungsaustausch, sondern um eine Predigt seiner ethischen Vorstellungen, die doch bitte alle schnellstmöglich adaptieren sollen.

Ich kann das schon gut nachvollziehen, wenn der durchschnittliche Spieler diese Twitter-Wars ignorieren möchte. Dabei könnte man sich wahrscheinlich sogar auf viele Gemeinsamkeiten einigen. Allerdings wird die Diskussion nicht von diesen Leuten geführt, sondern von Leuten aus 2 unterschiedlichen Lagern, die absolute Extrempositionen fahren.

Ich finde, man kann es kritisieren, wenn bestimmte Stereotypen heutzutage problematisch sind und man den Entwickler darauf hinweisen möchte, dass man sowas als Fan des Spiels nicht sehen möchte. Wenn einem dieses Feedback aber im Cancel-Culture Aufschrei entgegenschlägt und eigentlich alle Videospiele Mist sind, weil sie sich alle nicht differenziert mit ihrem Thema auseinandersetzen, dann kann man sich doch nicht über den Beißreflex wundern?
Zuletzt geändert von tsch am 2. Mai 2021, 21:16, insgesamt 1-mal geändert.
Dr_Hasenbein
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Re: Runde #317: Cancel Culture?!?

Beitrag von Dr_Hasenbein »

Ich hatte auch das Gefühl, dass Jochen insgesamt sehr zurückhaltend war. Eigentlich waren beide in Summe dann doch eher open minded. Klar wird man seinen Standpunkt nicht vollständig ändern, aber das fände ich auch vermessen zu erwarten.
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Andre Peschke
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Re: Runde #317: Cancel Culture?!?

Beitrag von Andre Peschke »

JanTenner hat geschrieben: 2. Mai 2021, 20:32
Oh mein Gott, dann werde ich die Folge auf keinen Fall anhören. Ertrage es nicht wenn Jochen in Diskussionen einfach so lange auf seinem Standpunkt beharrt und ohne neue Argumente zu bringen diesen nur so oft wiederholt bis sein Gegenüber entnervt aufgibt und er dann auch noch meint er wäre jetzt als Sieger aus der Diskussion gegangen. Leider hat er damit viel zu oft "Erfolg" und es wird von Podcastern und Zuhörern auch einfach akzeptiert.. "Der Jochen, so ist der halt". :roll:
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Ironic Maiden
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Re: Runde #317: Cancel Culture?!?

Beitrag von Ironic Maiden »

Ich fand die Folge sehr interessant, auch wenn ich die Überschrift nicht ganz passend finde, da "Cancel Culture" in dem Sinne ja wenig thematisiert wurde. Ich finde es wirklich gut, dass solche Themen in den Podcasts angesprochen werden.

Ich ringe seit heute morgen mit mir, ob ich mich an der Diskussion hier beteiligen sollte, bin aber froh, nicht wirklich eingestiegen zu sein. Ich finde es extrem irritierend: im Podcast berichtet Dom über die vielen negativen Reaktionen, bis hin zu impliziten Drohungen, die er für seine Artikel bekommen hat. Dass sowas auf Dauer dazu führen kann, sich als Mensch, der mit Schreiben sein Geld verdient, nicht mehr in die Schusslinie bringen zu wollen bzw. so zermürbt, dass man sich damit nicht mehr auseinandersetzen will, sollte jede*r nachvollziehen können. Und das ist mMn eine Variante einer "cancel culture". Da werden immer wieder die gleichen - falschen oder zu kurz greifenden - Punkte aufgemacht, a la "auch Weiße werden diskriminiert", Argumentationslinien werden verschoben usw., bis man keine Lust mehr hat, den ad nauseam wiederholten Platitüden was entgegenzusetzen.

Man sieht es ja hier in der Diskussion: Plötzlich geht es seitenweise darum, dass auch Ostdeutsche diskriminiert werden und das der arme Bernd Lucke keine Vorlesungen halten darf. Sorry, das ist eine tolle Diskursverschiebung von der Darstellung von Sklaverei in Spielen hin zu einem rechtskonservativen Opfergestus. So kommen Diskussionen nicht weiter sondern drehen sich immer um die gleichen Aspekte, und damit bleibt der ganze Diskurs hier irgendwo in den frühen 2000ern stecken.
In Wirklichkeit bin ich Janna und podcaste hier ab und zu. Und in echt bin ich auch nicht so grün und flauschig wie auf dem Profilbild. Man kann mich auch auf Bluesky finden.
Dr_Hasenbein
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Re: Runde #317: Cancel Culture?!?

Beitrag von Dr_Hasenbein »

- Es wurde behauptet, es gäbe kein Cancel Culture, dass sei nur rechtskonservatives Framing
- Bernd Lucke wurde neben Cassie Jaye als Beispiel verwendet um aufzuzeigen, dass es Cancel Culture eben doch gibt. Das ist "rechtskonservativen Opfergestus"
- Jemand wird bedroht, zieht sich aus der Schusslinie zurück, dass ist eine Variante der Cancel Culture.

Ich sag mal so, bei der Argumentation komme ich langsam nicht mehr mit. Was ich aber mitnehme ist, dass man sich gerne den rechten rauspickt, während Cassie Jaye, die ebenfalls mit Drohungen übergossen wurde und ebenfalls gecancelt wurde, einfach ausgespart wird.

Und nein, es ist ganz und gar keine Diskursverschiebung, weil die Diskriminierung der Ostdeutschen wesentlich zu der Argumentation beigetragen hat, dazu musste aber insgesamt erstmal das Bewusstsein geschaffen werden, dass das Problem existiert. Es ging nämlich darum, warum Weiße vermeintlich weniger ein Problem haben mit stereotypischer Darstellung. Die generelle Behauptung ist, weil sie keine Nachteile hätten.
Stefan H.
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Re: Runde #317: Cancel Culture?!?

Beitrag von Stefan H. »

Ironic Maiden hat geschrieben: 2. Mai 2021, 21:18 Sorry, das ist eine tolle Diskursverschiebung von der Darstellung von Sklaverei in Spielen hin zu einem rechtskonservativen Opfergestus. So kommen Diskussionen nicht weiter sondern drehen sich immer um die gleichen Aspekte, und damit bleibt der ganze Diskurs hier irgendwo in den frühen 2000ern stecken.
Ich finde es unglaublich anstrengend zu disktuieren, wenn das Diskursfenster immer willkürlich soweit verengt wird, dass nur noch eine richtige Position im Fenster übrigbleibt und alles andere irgendwie mindestens Rechts wenn nicht sogar Nazi ist.
gdm41

Re: Runde #317: Cancel Culture?!?

Beitrag von gdm41 »

Also generell finde ich, dass man als Entwickler schon aufpassen sollte, was rassistische Klischees angeht. Auf der anderen Seite habe ich aber auch bedenken, dass man dann nur noch glattgelutschte, politsche korrekte Spiele bekommt. Da hätte ich kein Bock drauf. Bei bestimmten Spielen habe ich z.B. mit überzeichneten, offensichtlich an Nationalitäten angelehente Charaktere, überhaupt keine Probleme.

Die Sache mit Anno und der Sklaverei verstehe ich nicht. Es ist ein Spiel und soll Spaß machen. Auch wenn es eine Wirtschaftssimulation ist und historisch einigermaßen korrekt sein soll, müssen deswegen doch keine Sklaven vorkommen bzw. die Entwickler stehen auch nicht in der Pflicht dies zu kommentieren. Nur weil es Battlefield V geklappt hat, bedeutet dies nicht einen Automatismus (Änderung nach einem Artikel von Dom). Spiele sollen doch unterhalten bzw. hat doch eine Wirtschaftssimulation gar nicht die Aufgabe, alles bis ins kleinste Detail abzubilden. Wie soll das auch gehen? Ich habe z.B. früher Old Timer gespielt, eine Wirtschaftssimulation im 20. Jahrhundert, die in Deutschland spielt. Wenns historisch korrekt sein soll, dann müsste man ja da auch z.B. Zwangsarbeiter einführen. Jochen hat das mit Holocaust und dem zweiten WK schon deutlich gemacht. Rein subjektiv finde ich, dass diese Debatte, wie z.B. auch dieses cultural aprobidingsbums und die ganzen genderdiskussionen eher in einer relativ kleinen bubble statt findet.
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Feamorn
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Re: Runde #317: Cancel Culture?!?

Beitrag von Feamorn »

Ironic Maiden hat geschrieben: 2. Mai 2021, 21:18 Ich fand die Folge sehr interessant, auch wenn ich die Überschrift nicht ganz passend finde, da "Cancel Culture" in dem Sinne ja wenig thematisiert wurde. Ich finde es wirklich gut, dass solche Themen in den Podcasts angesprochen werden.

Ich ringe seit heute morgen mit mir, ob ich mich an der Diskussion hier beteiligen sollte, bin aber froh, nicht wirklich eingestiegen zu sein. Ich finde es extrem irritierend: im Podcast berichtet Dom über die vielen negativen Reaktionen, bis hin zu impliziten Drohungen, die er für seine Artikel bekommen hat. Dass sowas auf Dauer dazu führen kann, sich als Mensch, der mit Schreiben sein Geld verdient, nicht mehr in die Schusslinie bringen zu wollen bzw. so zermürbt, dass man sich damit nicht mehr auseinandersetzen will, sollte jede*r nachvollziehen können. Und das ist mMn eine Variante einer "cancel culture". Da werden immer wieder die gleichen - falschen oder zu kurz greifenden - Punkte aufgemacht, a la "auch Weiße werden diskriminiert", Argumentationslinien werden verschoben usw., bis man keine Lust mehr hat, den ad nauseam wiederholten Platitüden was entgegenzusetzen.

Man sieht es ja hier in der Diskussion: Plötzlich geht es seitenweise darum, dass auch Ostdeutsche diskriminiert werden und das der arme Bernd Lucke keine Vorlesungen halten darf. Sorry, das ist eine tolle Diskursverschiebung von der Darstellung von Sklaverei in Spielen hin zu einem rechtskonservativen Opfergestus. So kommen Diskussionen nicht weiter sondern drehen sich immer um die gleichen Aspekte, und damit bleibt der ganze Diskurs hier irgendwo in den frühen 2000ern stecken.
War bei mir das gleiche. Ich fand die Folge wirklich gut, aber die Diskussion hier läuft/lief am Ende wir immer. Es ist unglaublich ermüdend, immer wieder den gleichen elementaren Kram neu diskutieren zu müssen, weil grundsätzliche Erkenntnisse zum x-ten Mal in Frage gestellt werden "was hat das überhaupt mit Rassismus zu tun?", "Was ist mit Gruppe Y, warum wird über die nix gesagt?", "Dom hat im Jahr 1492 aber Columbus noch nicht kritisiert, warum sagt er jetzt was gegen Anno?" etc. pp. So kommt man in der Gesamtdiskussion kein Myh weiter. Das ist ungefähr so, als würden hier in Spielepodcasts immer erst nochmal Games ansich vorgestellt werden müssen und was denn nun Games sind und was nicht. Es fällt mir auch zunehmend schwerer, hier nicht absichtliches Derailing zu sehen. Daher, für mich sind solche Diskussion hier im Forum schlicht nicht zu führen, so leid es mir tut, weil Dom und Jochen eine wirklich interessante Diskussion geführt haben, über die es sich zu diskutieren, vielleicht zu streiten lohnte, aber nicht, wenn zwischendurch immer wieder absolute elementare Dinge erörtert werden sollen, die, auch hier im Forum, schon zig Mal erörtert wurden und dann noch den ganzen mutwilligen Abzweigungen zu anderen Themen auszuweichen.

Also, nochmal explizites Lob an Dom und Jochen, beide in Hochform für mich mit sehr interessanten Gedanken und Standpunkten. Aber in diesen Thread hier noch was als Beitrag zum Kernthema, also dem Cast, selbst zu schreiben, fehlt mir schlicht die Lust.
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Tattus
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Re: Runde #317: Cancel Culture?!?

Beitrag von Tattus »

Erstmal ein sehr spannender Beitrag. Vielen Dank an Dom und Jochen!

Den Titel finde ich allerdings auch schwierig. Der Begriff ist so umkämpft und wird auch viel unredlich instrumentalisiert. Daher finde ich, dass wenn man ihn schon verwendet, eine Einordnung wichtig wäre. In der Folge selbst findet er aber so gut wie keine Beachtung.

Und @Dr_Hasenbein: Es mag sein, dass dieser Begriff zuerst von links verwendet wurde. Inzwischen wird er im öffentlichen Diskurs aber häufig nach meinem Erleben auch gerade von Rechtsaußen verwendet, um sich bei berechtigter Kritik als Opfer stilisieren zu können.


Diesen Beitrag von Terranigma bitte lesen:
Terranigma hat geschrieben: 2. Mai 2021, 15:41 Langer Post auf dem Durchflug, darf auch gerne überlesen! :D
Vielen Dank für diese sehr informative Ergänzung! Die macht die aktuelle Folge eigentlich erst komplett.

BlackSun84 hat geschrieben: 2. Mai 2021, 10:18 Ich überlege noch, ob ich diese Folge zum Erhalt meiner Herzgesundheit lieber nicht hören sollte. Gerade Doms bis heute domlicher Einwurf, Ubisoft müsste Anno (1800) realistisch machen, sich damit atomaren Minen und eine um 95% verringerte Verkaufszahl ausssetzen, ist einfach nicht clever.
Das sagt Dom doch gar nicht. Er sagt ja nur: Wenn ihr das nicht darstellen wollt oder könnt, dann nehmt ein anderes Setting - so isses jedenfalls Murks. Das ist schon ein ziemlicher Unterschied in meinen Augen.

Dr_Hasenbein hat geschrieben: 2. Mai 2021, 13:19 Die Mehrheit der Ostdeutschen wählt keine AfD.
Etwas OffTopic meinerseits, aber trotzdem: Das wird viel zu selten festgestellt. Danke dafür!

Dr_Hasenbein hat geschrieben: 2. Mai 2021, 14:31 Das Problem ist für mich nicht, dass man Unterschiede macht sondern folgendes: Auf Twitter werden Ostdeutsche beispielsweise einfach als privilegierte Weiße die mitschuldig sind im besten Fall, oder pauschal als Nazis gelabelt im schlimmsten Fall von genau denjenigen, die sich vermeintlich für Benachteiligte einsetzen. Und das stört mich.
Je nach Kontext ist man halt mal privilegiert und mal benachteiligt. Die meisten Ostdeutschen sind halt nunmal weiß und viele auch Männer.

Und dabei sollte es erstmal auch nicht um Schuld gehen. Für diese Privilegien oder Nachteile kann man ja nichts.

lovecraftFTW hat geschrieben: 2. Mai 2021, 14:04 Und ich glaube dass Dom immer noch unterbewusst beim Spiel als Produkt ist. Würde man von einem Stephen King verlangen einen "Cultural Adviser" einzustellen oder sind die Diskussionen dazu nicht viel mehr wert als wenn man textbuchartig so etwas durch einen "Cultural Adviser" unter den Teppich kehrt?
Ein Cultural Advisor muss nicht dazu dienen, das Spiel möglichst vermarktbar zu gestalten. Er kann einem einfach dabei helfen, sich klarer zu sein, was für Aussagen in so einem Spiel stecken. Stephen King ist vermutlich einfach sein eigener Cultural Advisor. Der wird ja auch vorher zum Thema seines Buches recherchieren.

lovecraftFTW hat geschrieben: 2. Mai 2021, 14:04 Es gibt da dieses Beispiel mit McDonalds. Um bei den Kunden kein schlechtes Gewissen zu erzeugen, kann man an der Kasse für die dritte Welt spenden, es gibt gesündere Essens-Alternativen im Angebot, umweltfreundliche Initiativen etc. Wie es aber hinter dieser Fassade aussieht scheint allerdings nur die wenigsten zu interessieren.
Ein Wohlfühl-Anno mit Sklaverei wäre genau das.
Hier ein Baudrillard-Zitat dazu: "Das System produziert eine Negativität als trügerischen Schein, der in die Produkte des Spektakels integriert wird, das ist die effektivste Methode jeder echten Alternative einen Riegel vorzuschieben. Es gibt keinen äußeren Omega-Punkt mehr auf den man sich stützen kann um diese Welt zu denken." man integriert quasi die Kritik am eigenen Spiel mit ein, nur um sich davon zu immunisieren und Kritik mundtot zu machen..
Wirklich interessanter und wichtiger Punkt. Ein entscheidender Unterschied zwischen deinem Beispiel und einem Anno, dass Sklavenhaltung thematisiert, wäre aber, dass Anno nicht die Alternative zum Sklavenhandel ist. Es ist keine Charity gegen selbsterzeugtes Leid. Das Problem der Alibi-Implementation bleibt aber natürlich.

Andre Peschke hat geschrieben: 2. Mai 2021, 14:59 Man muss aber unterscheiden ob Anno eine vorhandene Wissenslücke einfach nicht schließt, oder Fehlannahmen erzeugt oder bestärkt. Es hat IMO keinen Bildungsauftrag, insofern finde ich ersteres unkritisch. Zweiteres wäre kritisch zu sehen, aber ich kann mir schwer vorstellen, dass jemand denkt „Es gab um 1800 keinen Sklavenhandel in Europa, sonst hätte ich das in Anno 1800 ja gesehen“.

Es erscheint sinnvoller Doms lehrreichen Artikel zu loben, als Anno zu kritisieren. Anno also eher als Sprungbrett für Wissensvermittlung zu nutzen, anstatt dem Spiel diese Aufgabe aufzuerlegen.

André
Prinzipiell finde ich eine gute Differenzierung. Die Unterscheidung bleibt nur schwer. So kann ich durch das Weglassen von Tatsachen bei einer Erzählung genauso Fehlvorstellungen hervorrufen und damit im Extremfall lügen, wie durch das explizite Behaupten von Unwahrheiten.
Ich kann mir insofern vorliegend schon sehr gut vorstellen, dass man denkt: "Der wirtschaftliche Aufschwung Englands im 19. Jhd. hat nichts mit dem Sklavenhandel zu tun." Der Vorwurf dreht sich ja hier genau um das Bestärken von Fehlannahmen. Und das ist ja auch der Schlusssatz in Doms Artikel für Golem:

"Indem Anno 1800 Kolonisation verniedlicht und den Beitrag der Sklaverei für die Industrialisierung und den Wohlstandszuwachs Europas ignoriert, hilft es, eine europäische Erfolgsgeschichte zu verbreiten, welche die dunklen Seiten einfach ausblendet."

Voigt hat geschrieben: 2. Mai 2021, 16:16
Hedeltrollo hat geschrieben: 2. Mai 2021, 16:13
Juliosovic hat geschrieben: 2. Mai 2021, 08:02 Ich konnte Jochens Kritik an dem Anno-Beispiel aufgrund der ausführlichen Darlegung durchaus nachvollziehen, kann ihm allerdings nicht zustimmen. Gerade in einem Spiel wie Anno, das sich auf den Aufbau von Wirtschaftskreislaufen im 18./19. Jh. konzentriert, einem System, das nicht ohne die Arbeitskraft von Sklaven möglich gewesen wäre, finde ich die Aussparung dessen durchaus problematisch.
Super Punkt. Hatte genau den selben Gedanken. Am Ende kommt es wohl auf das Setting an, welche historischen Elemente aufgegriffen werden sollten. Ein 2. Weltkriegs-Shooter hat das wesentliche Element eines Krieges, der Kampf auf Leben und Tot, schon integriert und kommt dran auch nicht vorbei.
Es spielt aber nicht im 18. Jhr. sondern im 19. Jhr. und damit Zeitalter der aufkommenden industriellen Revolution in England. Und da ist deren Wirtschaft schon unabhängig von der Sklavenwirtschaft (immernoch abhängig vom Imperialismus, aber das ist seperat).
Anno 1602 und 1701 wäre viel passendere Kandidaten für die Sklavendiskussion, aber halt gerade Anno 1800 nicht.
Passend mit Sicherheit, aber auch im 19. Jhd. war das noch relevant.

Siehe dazu diesen Artikel der BpB:

"Diese Verzahnung von rohstofforientierter Kolonialwirtschaft und zunehmender Industrialisierung in Europa setzte sich bis zur endgültigen Abschaffung der Sklaverei in Europa und den USA in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts fort. Bis zum amerikanischen Bürgerkrieg (1861-65) landete die hochprofitable Baumwolle von den Plantagen in Georgia und Mississippi in den neu entstehenden Textilmühlen Englands und machte damit sowohl Unternehmer wie Verbraucher in Europa zumindest indirekt zu Komplizen der Sklavenwirtschaft des amerikanischen Südens."
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