Eine unendliche Geschichte geht zu Ende.
Dreamfall Chapters, der dritte Teil von Ragnar Tornqvists „The Longest Journey“-Saga hat mich nicht nur aufgrund seiner phantastischen Welt und diverser seltsamer Kreaturen gelegentlich an Michael Endes Klassiker erinnert. Auch die Entstehungsgeschichte von „Dreamfall Chapters“ hat etwas Unendliches an sich. Das im Episodenformat veröffentlichte Spiel setzte bei den Backern und Käufern einen langen Geduldsfaden voraus. Verzögerungen bei der Synchronisation, der Wechsel auf eine neuere Version der Unity-Engine und die Fertigstellung des Final Cuts ließen einige Zeit ins Land streichen, bis man das Ende der Geschichte in vollen Zügen genießen konnte. Aber hat sich das lange Warten überhaupt gelohnt? Naja, geht so...
Wer in "The Longest Journey" mit April Ryan losgezogen ist, der dürfte sich an die schon damals recht ausufernden Beschreibungen und Dialoge erinnern. Das hat sich nicht geändert, ganz im Gegenteil. In „Dreamfall Chapters“ wird geredet, geredet und noch mehr geredet. Man bekommt gefühlt immer drei bis vier Sätze zuviel an den Kopf geworfen. Das kann in Verbindung mit dem äußerst gemächlichen Sprechtempo und den häufigen Ladepausen zwischen den Szenen sehr schnell ermüdend wirken. Ärgerlich wird es, wenn unser Charakter und diverse NPCs fröhlich durcheinanderplappern und nur noch unverständliches Kauderwelsch übrigbleibt.
So laberlastig Dreamfall Chapters auch daherkommt: Wenn mal ein Rätsel ansteht, herrscht oft Ruhe im Gebälk. Soll heißen: Man weiß nicht, was das Spiel jetzt von einem erwartet. Ohne vernünftige Hotspot-Anzeige kommt man sich - trotz des meist bescheidenen Rätselanspruchs - besonders in den weitläufigeren Gebieten oftmals ziemlich verloren vor. Und selbst in kleineren Locations kann es passieren, dass man einen Hotspot erst angezeigt bekommt, wenn man quasi eine Nasenlänge entfernt davorsteht. Das nimmt zusätzlich Drive aus der ohnehin sehr geruhsamen Inszenierung. Für ungeduldige Naturen ist das Spiel also nur bedingt geeignet.
Die Geschichte kann ich nicht abschließend beurteilen, da ich mittendrin aufgrund der langen Wartezeit den Faden verloren habe. Man könnte sie als ambitioniert bezeichnen, keine Frage. Paralleluniversen, verschiedene Zeitebenen, Dream Machines, politische Querelen, Revolution, Familiendrama, diverse Gottheiten, Weltenwanderer, Rassendiskriminierung, Genozid - alles drin. Vielleicht ein bisschen zuviel des Guten.
Zum Glück gibt’s neben ziemlich viel pathetischem und esoterisch-verschwurbeltem Gequatsche auch ein wenig (nicht immer zündenden) Humor zur Auflockerung. Dafür sorgen hauptsächlich unser Sidekick Rabe und „Katzendame“ Enu.
Klingt alles ziemlich negativ? Ja, wahrscheinlich schon. Man merkt jederzeit, dass das Team von Red Thread Games Großes im Sinn hatte, aber die Umsetzung wirkt oftmals etwas schwerfällig und unbeholfen. Nichtsdestotrotz bietet Dreamfall Chapters einige wunderschöne, epische Momente, wie man sie im Adventure-Genre nicht häufig findet. Hätte das Spiel eine straffere Erzählweise und anspruchsvollere, besser eingebundene Rätsel, dann würde ich es uneingeschränkt und nicht nur ausgewiesenen „Life is Strange“- und Telltale-Fans empfehlen.