Da ich im GOTY thread dieses Jahr wenig zu melden habe, dachte ich, dass ich trotzdem mal kurz was zu den Spielen schreiben könnte, die ich 2021 so gespielt habe, die aber nicht 2021 erschienen sind. Das passt am besten hier rein. Ich beschränke mich auf die 3 interessantesten, welche nicht unbedingt die 3 besten sind. Und weil mir das bei Ross Scott auch gefällt, werde ich jedem Spiel statt einer Wertung 3 willkürliche Awards geben.
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La-Mulana 2
Die meisten werden nicht mal den ersten Teil kennen. Das ist ein Metroidvania mit Indiana Jones Charakter, kryptischen Rätseln, und absichtlich schwierig zu steuernden Sprungeinlagen. Und es ist großartig.
Mit dem zweiten Teil habe ich lange gewartet, weil ich glaubte, aus der Ferne schon die Mittelmäßigkeit riechen zu können. Zum Glück hatte ich mich getäuscht. Trotzdem ordne ich ihn schlechter ein als den ersten Teil. Das liegt vor allem an drei Punkten:
1) Der erste Teil setzt die Messlatte ziemlich hoch.
2) Man muss oft und mehrmals mit den vielen NPCs reden, um Ereignisse auszulösen und weiterzukommen. Es ist eine subjektive Geschichte, aber mir gefällt das nicht so sehr. Der erste Teil beschränkt sich dagegen auf sehr wenige NPCs.
3) Die Rätsel sind im Schnitt(!) weniger gelungen. Zu oft habe ich das Gefühl, MacGuffins hinterherzujagen. Außerdem nutzt das Spiel besonders gegen Ende häufig Mantras, um Mechanismen auszulösen. Mantras sind quasi "Zauberwörter", welche man sammeln und mit einem Gegenstand aussprechen kann. Das verkappte daran ist, dass man die Hinweise dafür gar nicht vernünftig lesen und inhaltlich verstehen muss, da die benötigten Wörter einfach farblich hervorgehoben werden. Und zu guter letzt fehlt dem Spiel ein großes, allumfassendes End-Rätsel. Das war im ersten Teil richtig gut gemacht, mit Hinweisen, die schon ganz am Anfang darauf hindeuten, man aber zu dem Zeitpunkt noch nicht versteht, wie konsequent diese Regeln tatsächlich überall gelten. Es ist sehr befriedigend, wenn man das ohne fremde Hilfe rauskriegt.
Viele Reviews beklagen beim zweiten Teil auch die fiesen Fallen überall, wo man z.B. auch mal 3 Bildschirme runterfällt und einen langen Umweg wieder zurückgehen muss. Aber diese Fallen gibt es im ersten Teil auch. Wenn man gut aufpasst, kann man sie auch bis auf wenige Ausnahmen vorher erkennen. Vielleicht haben diese Leute den ersten Teil nicht gespielt? Ich finde den zweiten Teil sogar noch etwas freundlicher in der Beziehung.
Trotz der genannten Schwächen kann ich den zweiten Teil empfehlen, wenn man nach dem ersten Teil noch Lust auf mehr hat. Denn genau das bietet er: Einfach mehr La-Mulana. Die Spiele sind günstig zu kriegen, besonders der erste Teil geht im Sale oft für unter 5€ weg.
Interessiert, aber immer noch unsicher?
https://www.youtube.com/watch?v=g3gL9Isd_C4
Awards:
<Nichtlinear>
Hollow Knight Fans behaupten, dass Hollow Knight ein Paradebeispiel für ein nichtlineares Metroidvania sei. *lacht in curry* Die haben wohl La-Mulana nicht gespielt. Und der zweite Teil setzt da nochmal einen oben drauf. Viel Spaß beim Verirren!
<I Have No Idea What I'm Doing>
Man kann sämtliche Rätsel ohne fremde Hilfe anhand der Hinweise im Spiel lösen, wenn man sie richtig deutet. In der Praxis werden aber selbst Puzzlefreaks an ein oder zwei Stellen hängen bleiben und verzweifeln. Dafür gibt es
nette Guides auf Steam, welche nicht einfach die Lösungen verraten sondern weitere Hinweise geben. Trotzdem wird man sich hinterher ärgern, wenn man feststellt, dass man auch selber auf die Lösung hätte kommen können.
<Geheimer Fetisch>
Irgendjemand aus dem Entwicklerteam muss einen leichten Mulbruk Fetisch haben. Anders kann ich mir die zahlreichen Illustrationen von Mulbruk in den unterschiedlichsten Posen nicht erklären. Naja, ich urteile nicht.
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NieR:Automata
Ich habe die Enden A bis E gesehen und bin sehr zwiegespalten. In den besten Momenten ist Automata echt genial und macht Sachen, die ich sonst noch nicht in Spielen gesehen habe. In den schlechtesten Momenten ist es dagegen genau so wie ich mir Anime Klischees immer in meinen stressigsten Albträumen vorstelle, voll mit dämlichen Bösewichtmonologen und immer dieses Stöhnen oder Seufzen, das Anime Charaktere ständig von sich geben müssen. (Hatte Andre nicht genau das in der Wertschätzung erwähnt? Es ist so lange her.) Dazu kommt noch ein Kampfsystem, welches eigentlich viel besser sein könnte, wenn nur die Kämpfe vernünftig ausbalanciert wären.
Dennoch hat das Spiel einen verdammt coolen Stil und Soundtrack, was mich lange genug vorangetrieben hat, bis es mich dann irgendwo in der B Route endlich gepackt hat. Das klingt jetzt wieder total hohl nach: "Du musst erst drölfzig Stunden spielen, bis es gut wird!" Aber so ist es halt. Wer nach Ende A aufhört, kann dem Spiel nicht mehr als ein "ok" geben. Und selbst dann wird es Leute geben, die auch mit dem Rest nichts anfangen können. Bei mir hat es zumindest einen bleibenden Eindruck hinterlassen.
Was mir am meisten im Gedächtnis geblieben ist, sind die vielen absurden Szenen, in denen die Maschinen menschliches Verhalten nachspielen. Dabei meine ich nicht Pascal's Village. Das sind abtrünnige Pazifisten, und ihre Situation ist eine natürliche Folge ihrer Entscheidungen und Ereignisse. Ich meine die vielen Szenen (meistens in Nebenquests), wo sich Maschinen anscheinend einfach so menschliche Konzepte einprogrammiert haben wie Familie, Religion, usw.
Da die Maschinen ein Bewusstsein entwickelt und ihre Schöpfer zernichtet haben, ist davon auszugehen, dass ihre Emotionen echt und nicht gespielt sind?
Trotzdem wirken diese Szenen meistens so absurd. Die an albern grenzende
Musikuntermalung trägt auch ihren Teil dazu bei.
Mir fehlen die Worte.
Awards:
<Bait & Switch>
Du siehst 2Bs Outfit und denkst dir: "Ach,
so ein Spiel ist das also!" Doch dann wirst du stattdessen die meiste Zeit mit 9S verbringen, und das Spiel verpasst dir einen emotionalen Tiefschlag nach dem anderen und konfrontiert dich mit deprimierenden, philosophischen Fragen.
<Überraschungshelden>
Ich hatte überhaupt nicht damit gerechnet, dass die Pods zu meinen liebsten Charakteren heranwachsen könnten. Aber genau das ist passiert.
<Beste Credits>
Selbst ich hatte Pipi in den Augen. Dabei ist das System dahinter, und was sich in den Credits abspielt, eigentlich banal. Letztendlich ist es nur ein dummes Spiel.
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Pathologic 2
Mein erster Durchgang war schon etwas mehr als ein Jahr her, und ich hatte ein wenig befürchtet, dass mich meine selektiven Erinnerungen täuschen könnten und das Spiel eigentlich doch gar nicht sooo genial gewesen ist. Aber dann war ich blitzschnell wieder darin vertieft und konnte beruhigt feststellen, dass meine Erinnerungen korrekt waren. Die dichte Atmosphäre. Die Stadt mit ihren bizarren Einwohnern und Bräuchen. Und darin das ganze Survival Management. Einzigartig.
Dank Vorwissen konnte ich mich diesmal besser auf die zahlreichen Wendungen vorbereiten und mich damit effektiver um meine Aufgaben und Patienten kümmern. Durch die gewonnene Zeit konnte ich auch Pfade betreten, die ich vorher auslassen musste. Da merkt man erstmal, wieviele Möglichkeiten einem das Spiel gibt, um
nicht zu scheitern. Es ist nämlich gar nicht so gemein wie immer alle sagen - nur ein bisschen. Ich glaube, Fans des Spiels tun ihm keinen Gefallen damit, wenn sie es dauernd als "das Spiel, das keinen Spaß macht" anpreisen. Es macht sehr wohl Spaß, die tägliche Route zu planen, sich die Zeit sinnvoll einzuteilen, die richtigen Medikamente herzustellen, für Notfälle vorzusorgen, und alles effizient umzusetzen. Und selbst wenn man scheitert: Das Spiel geht immer weiter.
Neulich habe ich auf reddit die perfekte Zusammenfassung des Spiels gelesen (kein Spoiler):
Welcome to Fuckville McNowhere, Russia! This horrid little trash fire of a town is the setting for Pathologic 2, the surgery/pain and suffering simulator game that is basically the same as Pathologic 1 except the character models aren’t physically painful to look at. Enjoy the town’s many beautiful features, such as an incomprehensible god-defying structure where a bunch of kids have started a furry cult, citizens who all actively want to kill you, a weird rat death god, and did we mention the extra contagious horrible death plague?
In this game you play as a depressed surgeon/organ collection enthusiast who somehow adopts like 7 kids. Dilf rights I guess. Aside from learning how to parent, your quest is to stop the fucking plague that’s killing everyone, and also avoid dying yourself of disease or being stabbed in the kidney or maybe just flat out collapsing from sleep deprivation. You’re joined in your quest to stop this plague by your rival-slash-thematic foil (featuring all the required sexual tension), Twink Ben Shapiro, whose two passions in life are vaccines and reminding everyone around him that he has an IQ of 152. There’s also this like 15 year old running around who may or may not be human idk. But she’s out to solve the plague problem too. Unfortunately all three of these bastards completely disagree on literally everything and refuse to work together. This says a lot about society!
Es wird Zeit, dass das Bachelor Update kommt. IPL kündigte zumindest an, dass sie sich 2022 darauf konzentrieren werden. Es kann sich also nur noch um Jahre handeln.
Awards:
<Hobo Simulator>
In Mülltonnen nach Flaschen suchen ist essentieller Bestandteil des Gameplays. Wenn die Leute nur wüssten, was sie da für wertvolle Sachen wegschmeißen...
<Psychisch Krank>
Ob Depressionen, Alkoholismus, Mysophobie, oder Autismus, alles ist hier irgendwo glaubwürdig vertreten, ohne dass es einem unter die Nase gerieben wird.
<Wohlfühlspiel>
Wenn Darkest Dungeon Doms Wohlfühlspiel sein darf, dann darf Pathologic 2 auch mein Wohlfühlspiel sein! Solange wenigstens die Kinder überleben, ist alles gut. Besonders Murky.