Ich muss ein paar Sätze zu
Mass Effect loswerden, weil mich das gerade sehr beschäftigt. Erstmal zum Kontext: Ich hatte bis vor zwei Wochen nur Andromeda gespielt und damit mehr Spaß als wahrscheinlich die meisten, wenn ich micht richtig an die Rezeption erinnere. Ich fand das damals ein sehr unterhaltsames Spiel, ohne den größeren Kontext zu kennen. Allerdings war ich danach auch nicht interessiert, die Original-Trilogie nachzuholen. Jetzt hatte ich zwei Wochen lang viel Zeit und Lust auf ein umfangreiches RPG. Dabei bin ich in meinem Origin-Account auf Mass Effect 1 und 2 gestoßen. Ich kann mich nicht erinnern, die jemals gekauft zu haben. Müssen wohl aus irgendeinem Giveaway stammen. Und da ich, wie gesagt, Zeit hatte, hab ich ich mich ein bisschen über Mods informiert und eingelesen, wie man Mass Effect heute am besten spielen kann. Im Endeffekt habe ich für jedes Spiel nur zwei Mods installiert: eine für Controller-Support und eine mit schöneren Texturen. Mein Eindruck ist, dass man damit alle drei Siele auch heute noch wunderbar spielen kann.
Knappe zwei Wochen später sitze ich jetzt hier mitten in Mass Effect 3 und hab einige Meinungen zu allen drei Spielen, aber insbesondere zum dritten Teil. Der Reihe nach:
Mass Effect 1 ist ein wirklich gutes Spiel. Hätte mir mal jemand etwas eher sagen sollen. Kann ich ja nicht ahnen, sowas.
Klar, auch mit neuen Texturen sieht alles ein bisschen alt aus, das Menüsystem / Inventar ist umständlich und man sieht das Videospielgerüst überall. Trotzdem: spannende Geschichte, sehr wenig nervige Missionen und Spielmomente, fantastische Charaktere, und das Spiel ist ziemlich abwechslungsreich.
Mass Effect 2 ist fantastisch, ein an allen Stellen besseres Spiel, was im nächsten Absatz der wichtige Punkt ist! Das Schießen fühlt sich fantastisch an. Der Plot hat einen großartigen Aufhänger, von dem ich anfangs nicht erwartet habe, dass er funktioniert. Die übergreifende Struktur rund um den Blues-Brother-Plot "We're getting the band back together" ist großartig umgesetzt. Die Missionen sind knackig und klar strukturiert. Die neuen und alten Crew-Mitglieder sind fast alle schöne Charaktere. Und es gibt so viele! Die Story schreitet genau in der richtigen Geschwindigkeit voran und stellt einen vor interessante Entscheidungen. Die Konsistenz der Story (über den Import eines Speicherstandes aus Teil 1) scheint überall durch, auch wenn das natürlich sehr konstruiert wirkt. Das UI ist um Längen besser als bei Mass Effect 1, schön reduziert, an jeder Stelle klar und fast modern. Das Spiel macht an kaum einer Stelle den Eindruck, zehn Jahre alt zu sein.
Und dann kommt
Mass Effect 3. Und ich verstehe ein paar Dinge hier einfach nicht. Das Spiel ist in ein paar so offensichtlichen Punkten schlechter als Teil 2, das will mir einfach nicht in den Kopf:
- Das UI sieht wieder aus wie in Mass Effect 1, um Jahre älter als das von Teil 2.
- Das Inventar ist auch wieder ein Schritt in die ursprüngliche Richtung. Da habe ich wenig Lust aufs Optimieren.
- Das Journal insbesondere ist unerträglich. Bei Teil 1 und 2 gibt es zwei Tabs für Missionen (Haupt- und Nebenmissionen). Wenn man eine bestimmte Mission anwählt, sieht man die Einzelschritte und was als nächstes zu tun ist. Simpel und elegant. Jetzt ist alles in einer langen Liste, weil aus irgendeinem Grund der Codex unter demselben Menüpunkt zu finden ist. Jede Mission hat nur noch einen einzigen kurzen Eintrag. Und hinzu kommt noch, dass das Spiel mir ständig neue Missionen in die Liste schreibt, ohne dass ich mit irgendwem gesprochen habe.
- Das Leveldesign hat einige sehr schöne Höhen, aber genauso auch einige echte Tiefen. Ich laufe zu oft minutenlang herum, ohne den nächsten Ausgang zu finden. Angesichts der Tatsache, dass die Levels in Teil 3 genau wie vorher nur hübsch dekorierte, explodierende Schläuche sind, muss das echt nicht sein. (Nicht falsch verstehen, ich hab nichts gegen Schlauchlevel im Allgemeinen.)
- Die Liste der Crewmitglieder ist enttäuschend kurz und keinen der Neuen finde ich besonders interessant. Hier stimmt das Verhältnis einfach nicht. Über die Hälfte der Charaktere war schon in Teil 1 dabei. Von denen aus Teil 2 kommt keiner so richtig wieder. Das ist schade, auch wenn es zwischendurch (bei den DLCs) noch etwas mehr Abwechslung gibt.
- Keine Hacking-Minigames mehr. Ich mochte die.
Trotz allem habe ich allerdings einen Haufen Spaß mit dem Spiel, das will ich nicht abstreiten. Die Geschichte finde ich weiterhin spannend. Der Wille, auch wirklich jeden einzelnen losen Faden aus dem vergangenen beiden Spielen wieder aufzunehmen, teils in eigenen Missionen, teils nur in Gesprächen, ist bei aller Konstruiertheit ganz wunderbar unterhaltsam. Die alten Charaktere sind immer noch klasse. Die grundsätzliche Spielstruktur rund um die War Assets klappt ganz gut, auch wenn ich nach 30 Stunden immer noch keine Ahnung habe, wie ich diesen Prozentwert beeinflussen kann. Ich sitze gerade an dem Citadel-DLC und der ist schon auch ziemlich witzig geschrieben.
Alles in allem ist Mass Effect 3 bisher eine Enttäuschung auf hohem Niveau. Aber immerhin wird das Spiel mir nicht egal, sonst hätte ich wohl auch nicht diese langen Eindrücke aufgeschrieben.