Runde #045: Sumpf der Gewalt

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Dostoyesque
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Re: Feedback zu Runde 45

Beitrag von Dostoyesque »

Jochen hat geschrieben:
Dostoyesque hat geschrieben:Solang man in einem Spiel gut und schlecht sein kann, solang es Erfolg und MIsserfolg gibt und damit eine gewisse Aggression und Intensität einhergeht mit der Erfahrung, wird Gewalt ein wichtiger Bestandteil sämtlicher Spieleformen bleiben
Das ist ein interessanter Punkt. Zum einen, weil sich der Fußball seit Jahren bemüht, seine ihm lange innewohnende "Gewalt" (sowohl auf dem Platz durch eine erhebliche Verschärfung des Regelwerkes als auch durch die Stigmatisierung bestimmter Fankulturen) bis auf das unbedingt nötige Minimum zu reduzieren. Zum anderen, weil der American Football durch die gesundheitlichen Folgen der Gewalt vor einem heute noch gar nicht abschätzbaren Existenzproblem steht und ebenfalls panische Regelwerkmaßnahmen ergreift, um sich vor sich selbst zu retten. Will sagen: Während sich mediale Gewalt immer stärker von den alten Stigmata entfernt, haben plötzlich die großen "Spectator Sports" ein handfestes Problem damit.
Haha ja, ist tatsächlich ein interessanter Punkt, was denke ich vor allem auf die zunehmend gesundheitsbewusste Bevölkerung zurückzuführen ist. Die NBA ist momentan zum Beispiel darauf bedacht, den Spielplan zu verbessern zugunsten der Spielergesundheit, weil sich die Verletzungen (wie gefühlt in allen Ballsportarten) mehren. Im American Football wird sogar diskutiert, ob man die Helme abschaffen soll, damit die Spieler mit weniger Risiko in die tackles gehen und sich die Gehirnerschütterungen im Rahmen halten. Wird sehr spannend, diesen Sport in den nächsten Jahren zu verfolgen und zu beobachten, welche Entscheidungen so getroffen werden im Bezug auf Spielergesundheit. Eine gesundheitsbewusste Gesellschaft bedeutet nämlich auch, dass die Eltern ggf. ihre Kinder gar nicht erst Football spielen lassen und sich die Talente evtl. umverteilen, was natürlich eine sehr dramatische Situation für die NFL wäre.
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Joss
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Re: Feedback zu Runde 45

Beitrag von Joss »

Jochen hat geschrieben:
Joss hat geschrieben:Da geht es aber weniger um eine kulturelle Sensibilisierung als um Fragen der Risikoabwägung und Haftung. Immer wenn jemand für etwas zahlen soll, wird es natürlich problematisch. Medialisiert wird das über die Sportler und Fans, aber dahinter stehen auch die Versicherer in der Arena eines Milliardengeschäfts, allein was die NFL betrifft.
Nicht unbedingt. Gerade im Football - wo ich mich zufällig recht gut auskenne - geht es nämlich explizit um die kulturelle Sensibilisierung. Der Sport ist in den USA nicht zuletzt deshalb so erfolgreich, weil er in sämtlichen Gesellschaftsgruppen präsent ist. Wenn die (weiße) Ober- und Mittelschicht aussteigt, also ihren Söhnen aus gesundheitlichen und teils auch ethischen Gründen die Teilnahme verbietet (erste Indikatoren in diese Richtung gibt es schon), bricht nicht nur das System NFL zusammen, sondern mit dem Highschool- und College-Football mithin auch die beiden kulturell bedeutendsten Eckpfeiler der us-amerikanischen Sportlandschaft. Das wäre in etwa so, als würde in Deutschland das System (Jugend-)Fußball kollabieren. Das hat gewaltige gesellschaftliche Dimensionen.
Kürzlich war auf Spon mal wieder ein interessantes Interview mit einem komplett geshredderten Ex-Profi. Der sah das eher so, dass die Schauer die Arena nach wie vor erwarten, dass also die Schauer die Position des Gladiatorenkampfes an der Seite der NHL vertreten. Von daher erscheint mir das sehr fraglich, dass da in einer extrem kompetetiven Leistungsgesellschaft relevante Gruppen aussteigen werden. Und da der Arenakampf eine Domäne der Randgruppen (2/3 Afroamerikaner) ist, also vom Reservoir des Spielernachwuchses her, bin ich sehr skeptisch, dass sich da kultureller Wandel einstellen wird. Wenn es künftig noch weniger weiße Spieler gibt, muss das nicht dem Produkt schaden, schon gar nicht sehe ich da die NFL zusammenbrechen. Die größte Gefahr für die NFL heißt in meinen Augen Bernie Sanders. Denn wenn eines lichten Tages Amerikaner freien Zugang zu ihren Universitäten hätten, müssten die Randgruppen dafür nicht mehr ihre Knochen hinhalten.
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Nachtfischer
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Re: Feedback zu Runde 45

Beitrag von Nachtfischer »

Dostoyesque hat geschrieben:Solang man in einem Spiel gut und schlecht sein kann, solang es Erfolg und MIsserfolg gibt und damit eine gewisse Aggression und Intensität einhergeht mit der Erfahrung, wird Gewalt ein wichtiger Bestandteil sämtlicher Spieleformen bleiben
Ich bin schon der Ansicht, dass Herausforderung (und damit gut vs. schlecht, Erfolg vs. Misserfolg und so weiter) ein fundamentaler Bestandteil des Spielens ist. Dadurch teilen uns Spiele mit, dass unser Dasein und unsere Aktionen bedeutsam sind. Triviale Interaktion (oder so stark eingeschränkte, dass sie sowieso nur auf eine Art und Weise ablaufen kann) ist in der Regel völlig überflüssig.

Allerdings wird diese - wenn man so will - grundsätzlich "gewalthaltige" Natur oft noch durch eine übertrieben gewaltfokussierte Thematik unterstützt. Audiovisuell und verbal ballert einem da regelmäßig steinzeitliches Dominanzgehabe um die Ohren, dass es im wahrsten Sinne nur so kracht. Bestes Beispiele: League of Legends.
Zuletzt geändert von Nachtfischer am 16. Feb 2016, 13:02, insgesamt 1-mal geändert.
Jochen

Re: Feedback zu Runde 45

Beitrag von Jochen »

Joss hat geschrieben:Kürzlich war auf Spon mal wieder ein interessantes Interview mit einem komplett geshredderten Ex-Profi
Ja, das habe ich auch gelesen. Leider typisch SPON im Jahre 2015: kein Kontext. So interessant das Interview auch war, so wenig entsprechen die Anylsen des armen Mannes der Realität. Der ist halt - aus verständlichen Gründen - extrem verbittert. So kommt dann beispielsweise auch die weiter oben von Dosto geäußerte Einschätzung zustande, in den USA werde über die Abschaffung von Helmen diskutiert. Wird es aber nicht. Jedenfalls nicht ernsthaft. Wäre übrigens auch kompletter Unsinn. Bei der Abschaffung von Helmen gäbe es Tote. Deshalb wurden die überhaupt erst eingeführt. Die moderne NFL hat mit einem Gladiatorenspektakel im Übrigen auch nur noch sehr wenig am Hut; diese konkrete Debatte ist seit den 40ern ein alter Hut.
Von daher erscheint mir das sehr fraglich, dass da in einer extrem kompetetiven Leistungsgesellschaft relevante Gruppen aussteigen werden
Ich habe mich erst kürzlich mit einer amerikanischen Journalistin unterhalten, die in Ligakreisen ausgezeichnet vernetzt ist. Die Einschätzung, dass der Sport vor einem existenzbedrohenden Problem steht, ist unter Fachleuten durchaus konsensfähig. Das zeigt übrigens auch die gesellschaftliche Debatte in den USA, etwa an Schulen und Universitäten.
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Joss
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Re: Feedback zu Runde 45

Beitrag von Joss »

Dostoyesque hat geschrieben:Ehrlich gesagt bin ich geneigt, nach deinem Zitat ein "q.e.d." anzufügen. Ist doch genau mein Punkt: Bis zum 2. Weltkrieg viel Albernheit und Ablenkung, danach kam auch eine eher realistischere Darstellung bzw. im Fall von Noir eine etwas stilisiert-melancholische. Citizen Kane ist ein schönes Beispiel (nicht für Film Noir, aber eben den Beginn einer eher naturalistischen Darstellung, was auch durch die Kameraführung in Citizen Kane unterstützt wurde). Habe jetzt bewusst Film Noir aus den verschiedenen Nachkriegsgenres rausgepickt, weils meinen Punkt am besten illustriert hat. Ansonsten hätt ich dein erwähntes Zitat Wort für Wort übernehmen können.
Du schriebst aber, dass der Noir der Trend war, und das war er eben nicht wirklich. Er war eine Nische, die das Studiosystem ließ und das Filmemacher nutzten, um gegen den Trend dunkle Filme ins Kino zu bringen. Das ist eben schon ein Unterschied. Auch nach dem Krieg waren die großen Produktionen und Blockbuster Komödien, Schmonzetten und der Western. Jedenfalls schien mir, dass du das aus dem Blick des 20. Jahrhunderts verklärst, weil der Noir für unsere Zeit und einige sehr populäre Regisseure prägend wurde und wir ihm viel davon verdanken, was heute noch an Helldunkel in den Kinos läuft. Auch Citizen Kane war übrigens ein Flop an der Kasse, wie so viele filmgeschichtlich wirkungsstarke Produktionen. Die Leuten wollten das gar nicht haben. Schon damals gingen die wegen Ziemlich beste Freunde und ähnlichem ins Kino. Bei uns in Deutschland liefen die harten Filme oft in eigenen Kinos, die waren meist an den Bahnhöfen untergebracht, nahe den Nuttenklubs und den Dealern. Das war bis in die 90er Jahre alles noch nicht im Mainstream angekommen. Das fing erst langsam an mit Leuten wie Scorsese und etablierte sich endgültig erst mit Tarantino. Mit dem wurden Actioner auf eine Weise cool, dass auch der Bänker und Beamte Sprüche aus den Filmen zitierte. Hitchcock und Co, also der gesellschaftlich einigermaßen akzeptierte Kriminalfilm und Thriller wäre noch einmal ein ganz eigenes (spannendes) Thema.
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Joss
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Re: Feedback zu Runde 45

Beitrag von Joss »

Jochen hat geschrieben:Ich habe mich erst kürzlich mit einer amerikanischen Journalistin unterhalten, die in Ligakreisen ausgezeichnet vernetzt ist. Die Einschätzung, dass der Sport vor einem existenzbedrohenden Problem steht, ist unter Fachleuten durchaus konsensfähig. Das zeigt übrigens auch die gesellschaftliche Debatte in den USA, etwa an Schulen und Universitäten.
Hast du mal einen Link zu einem (raunfreien) Medium, das diesen Konsens in der Debatte behandelt? Kann gut sein, dass hier vieles nicht ankommt.
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Jochen

Re: Feedback zu Runde 45

Beitrag von Jochen »

Joss hat geschrieben:Hast du mal einen Link zu einem (raunfreien) Medium, das diesen Konsens in der Debatte behandelt? Kann gut sein, dass hier vieles nicht ankommt.
Ein Konsens lässt sich leider schlecht mit einem Link einfangen. Ein ganz guter Einstieg in das Thema ist aber die bekannte Dokumentation von PBS, inklusive den anschließenden Berichten und Interviews sowie der Rezeption in den Medien:

http://www.pbs.org/wgbh/frontline/film/ ... of-denial/

Die pathologischen Forschungsergebnisse sind verheerend. Bis die erste Highschool (erfolgreich) verklagt wird, dürfte nur eine Frage der Zeit sein.
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Re: Feedback zu Runde 45

Beitrag von Joss »

Jochen hat geschrieben:
Joss hat geschrieben:Hast du mal einen Link zu einem (raunfreien) Medium, das diesen Konsens in der Debatte behandelt? Kann gut sein, dass hier vieles nicht ankommt.
Ein Konsens lässt sich leider schlecht mit einem Link einfangen. Ein ganz guter Einstieg in das Thema ist aber die bekannte Dokumentation von PBS, inklusive den anschließenden Berichten und Interviews sowie der Rezeption in den Medien:

http://www.pbs.org/wgbh/frontline/film/ ... of-denial/

Die pathologischen Forschungsergebnisse sind verheerend. Bis die erste Highschool (erfolgreich) verklagt wird, dürfte nur eine Frage der Zeit sein.
Medien verdichten Themen immer auf einen gewissen Konsens, schließlich wollen sie konsumiert werden. Zu den Gladiatorenkämpfen noch, da kommt es auf den Begriff davon an. Sie werden ja nach wie vor als solche inszeniert. Würde die ökonomische Seite (mit allem Schatten) und Puppenspiel im Vordergrund stehen, wäre das nur noch schwer konsumierbar. Das ist ja gerade die Kunst, das eine vom anderen im Sinne der Inszenierung zu scheiden und nur das in die Inszenierung vordringen zu lassen, was der Marke dient (Vereinsmarke, Spielermarke, Werbeträger usw.) dient. Da sollte man sich nichts vormachen. Das war vor ca. 15 Jahren für mich der Grund, keinen Fußball mehr zu schauen. Weil der sportliche Wettkampf mehr und mehr in den Hintergrund geriet, die Liga aufhörte noch eine zu sein. Damals wurde dann ja auch die Stadien werbeträchtig umbenannt und all sowas. Meine Wette würde dahin gehen, dass sich auch in der NHL an der allgemeinen Praxis nichts ändern wird. Spieler werden Unterschriften unter Freistellungen setzen, weil sie die Hoffnung im Hier und Heute gegenüber den zu erwartenden Schäden in 10-20 Jahren höher schätzen. Man darf gespannt sein, was an den Gerichten geschieht. Vermutlich wird es weitere Entschädigungen geben, aber die werden in ausgefeilteren Verträgen münden. Das Recht sich zum Markte (oder zum Henker) zu tragen, werden viele Amerikaner verteidigen. Und die Deklassierten werden ihre wenigen Chancen auf eine Karriere auch einfordern. Daher bin ich da sehr skeptisch hinsichtlich eines folgenreichen Wandels.

Danke dir für den Link, schaue ich mir an.
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Jochen

Re: Feedback zu Runde 45

Beitrag von Jochen »

Joss hat geschrieben:Das war vor ca. 15 Jahren für mich der Grund, keinen Fußball mehr zu schauen. Weil der sportliche Wettkampf mehr und mehr in den Hintergrund geriet, die Liga aufhörte noch eine zu sein
Beim Fußball habe ich eine vergleichbare Entwicklung durchgemacht. Den verfolge ich als ehemals langjähriger Fan und Selbstspieler inzwischen auch bloß noch am Rande und mit - ich gestehe - einer gewissen verbitterten Verachtung. Beim Football ist das erheblich anders. So konsequent das Ganze als Spektakel inszeniert wird - im Gegensatz zum europäischen Fußball verdient das Spiel mehr denn je das Prädikat "sportlicher Wettkampf". Genau das ist ja das Problem der NFL: Die kann gegen die Gesundheitsrisiken wenig ausrichten, weil die geeigneten Gegenmaßnahmen den Sport untergraben, nicht das Spektakel. Der typische Fan heißt die neuen Regeln nicht deshalb, weil es nicht mehr so schön rummst und bummst, sondern weil das Spiel dadurch spürbar eindimensionaler geworden ist.
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Re: Feedback zu Runde 45

Beitrag von KingSirus »

Dostoyesque hat geschrieben:Uff, also das mit den spikes hat auf mich schon sehr tödlich gewirkt, wenn mein Mario zwischen Wand und Spike Trap eingezwickt wurde. Mario 64 war teilweise schon recht brutal und gar nicht so harmlos, wie du es vielleicht unbedingt in Erinnerung hast. Das Sterben beim Tauchen ist hier ganz besonders "brutal". Ich kann aber absolut verstehen, dass sich hier die Grenzen unterscheiden können und du auch nach Betrachten des Videos der Meinung bist, dass der Gewaltakt so sehr abstrahiert wurde, dass man hier nicht mehr auf die Realität zurückschließen kann. Ich teile diese Meinung zwar nicht, vor allem nicht im Bezug auf das Ertrinken, das schon sehr realitätsnah ist, kann aber verstehen, dass sich hier die Grenzen unterscheiden können, je nachdem, wie hoch die Killerspiel/Tag-Dosis im Leben war ( ;) ). Ich würd auch nicht strenger gegen Mario vorgehen beim Jugendschutz, aber wenn wir über Spielmechaniken reden, die ohne Gewalt auskommen, ist Mario für mich irgendwie kein gutes Beispiel. Die Inszenierung, Ästhetik, der Kontext und insgesamt der Abstraktionsgrad macht einen sehr, sehr großen Unterschied, da bin ich ganz bei dir, aber es ist immer noch "gewalttätig", so übertrieben der Begriff im Bezug auf Mario auch klingt.
Ja, mach dir keinen Kopf was die Antworten angeht. Ich kann mir in der Regel auch nur alle paar Tage einen Roman als Antwort erlauben, der Rest ist bei mir ja auch kürzer.

edit: Ich will jetzt nicht ernsthaft Youtubekommentare als Beweise für meine These benutzen, aber ich muss trotzdem auf ein paar verweisen:
"Seeing Mario die was very painful to me as a kid, it still do actually .. I always made sure not to die. The gas death was actually my first time seeing that! "

"wow he actualy twitches and goes stiff from the gas.
fuckin creepy"

"The drowning animation is kinda dark for a mario game"
Mit Verlaub, aber kann es sein, dass du hier vielleicht zu stark deine erwachsene Betrachtungsweise, beziehungsweise auch zu stark deine eigenen Erfahrungen mit in die Behauptung einfließen lässt? Ich meine natürlich dürfte es eine gewisse Prozentzahl an Fällen gäben, die auch durch den cartoonartigen Gewaltgrad (ich finde diese Beschreibung trifft bei Mario überaus passend zu) auf negative Weise beeinflusst wurden. Schließlich gibt es auch Kinder die bei Tom und Jerry oder Road Runner und Wile E. Coyote sicherlich schockiert waren. Der entscheidende Fakt ist aber doch, dass dies prozentual gesehen letztendlich eine Minderheit sein dürfte.

Als Erwachsener mit bald 30 Jahren auf den Buckel, sehe ich den Grad an Gewalt in einem Mariospiel auch anders, als damals mit 6 Jahren. Und ich würde behaupten, dass die zitierten YouTube Kommentare ebenfalls eher von bereits erwachseneren Personen stammen dürften. Die Betrachtungsweise auf gewisse Dinge sind eben von Erwachsenen und Kindern eine gänzlich andere, was auf den Entwicklungsgrad und den Lebenserfahrungsschatz zurück zu führen sein dürfte.

Ich erinnere mich beispielsweise daran gehört zu haben, dass es einen Psychologen von ein paar Jahren gegeben haben soll, der Mario Spiele für ihren Gewaltgrad verbieten wolle (man tötet Lebewesen indem man ihnen auf den Kopf springt und erhalte Geld dafür, so oder so ähnlich war damals die Argumentation, wenn ich mich halbwegs Recht entsinne). Oder die PETA mit ihrem „Mario Kills Tanooki“-Spiel, weil Mario ja ein Tiermörder sei.
Solche Beispiele lassen für mich eine Neigung erkennen, dass wir als Erwachsene Spiele mit einer gewissen cartoonartigen Gewaltinszenierung deutlich realistischer Einstufen, als es angedacht ist / war und vermutlich von jüngeren Menschen wiederum gesehen wird.

Letztendlich sind dies aber auch nur Behauptungen und keinerlei wissenschaftlich fundiert. Aber Andre hat ja schon angeschnitten, dass diese Sache mit den wissenschaftlichen Untersuchungen ohnehin ein problematisches Themengebiet sind.

Nachtfischer hat geschrieben:
Dostoyesque hat geschrieben:Solang man in einem Spiel gut und schlecht sein kann, solang es Erfolg und MIsserfolg gibt und damit eine gewisse Aggression und Intensität einhergeht mit der Erfahrung, wird Gewalt ein wichtiger Bestandteil sämtlicher Spieleformen bleiben
Ich bin schon der Ansicht, dass Herausforderung (und damit gut vs. schlecht, Erfolg vs. Misserfolg und so weiter) ein fundamentaler Bestandteil des Spielens ist. Dadurch teilen uns Spiele mit, dass unser Dasein und unsere Aktionen bedeutsam sind. Triviale Interaktion (oder so stark eingeschränkte, dass sie sowieso nur auf eine Art und Weise ablaufen kann) ist in der Regel völlig überflüssig.

Allerdings wird diese - wenn man so will - grundsätzlich "gewalthaltige" Natur oft noch durch eine übertrieben gewaltfokussierte Thematik unterstützt. Audiovisuell und verbal ballert einem da regelmäßig steinzeitliches Dominanzgehabe um die Ohren, dass es im wahrsten Sinne nur so kracht. Bestes Beispiele: League of Legends.
Aber sagtest du nicht noch einige Beiträge zuvor:
Nachtfischer hat geschrieben:Ich habe an anderer Stelle schon angedeutet, dass ich gerade die Richtung linearen Erzählens bei Spielen für eine inhärent fragwürdige halte.
Ist nicht – um dies einmal extrem vereinfacht und vielleicht auch etwas überspitzt darzustellen – die Herausforderung die am linearsten (ist dies grad grammatikalisch korrekt? Egal :D *hust*) inszenierbare Erzählweise?

Man hat ein Ziel und arbeitet darauf zu. Fertig.
Vor allem wenn dann auch noch stures „schwarz-(böse)-weiß-(gut)“-Denken hinzukommt. Dann hat man doch genau das Szenario, welches du zuvor als fragwürdig eingestuft hattest und sind genau an dem Punkt, wo sich Film / Buch / Spiel wahrlich nicht unterscheiden.

Außerdem würde ich dir in dem Punkt widersprechen, dass die Herausforderung ein fundamentaler Bestandteil von Spielen ist und unsere Aktionen allein dadurch als bedeutsam eingestuft werden können. Allein schon die Werke von Jenova Chen (ihm haben wir Werke wie Journey, Flow, Flower oder Cloud zu verdanken), zeigen doch dass es durchaus Spiele geben kann, die frei von diesen Aspekten sind und dennoch auch eine gewisse Bedeutsamkeit in unserem Handeln zu vermitteln vermögen. Es geschieht lediglich auf eine abstraktere Ebene, auf die man sich auch einlassen muss.
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Joss
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Re: Feedback zu Runde 45

Beitrag von Joss »

Jochen hat geschrieben:
Joss hat geschrieben:Das war vor ca. 15 Jahren für mich der Grund, keinen Fußball mehr zu schauen. Weil der sportliche Wettkampf mehr und mehr in den Hintergrund geriet, die Liga aufhörte noch eine zu sein
Beim Fußball habe ich eine vergleichbare Entwicklung durchgemacht. Den verfolge ich als ehemals langjähriger Fan und Selbstspieler inzwischen auch bloß noch am Rande und mit - ich gestehe - einer gewissen verbitterten Verachtung. Beim Football ist das erheblich anders. So konsequent das Ganze als Spektakel inszeniert wird - im Gegensatz zum europäischen Fußball verdient das Spiel mehr denn je das Prädikat "sportlicher Wettkampf". Genau das ist ja das Problem der NFL: Die kann gegen die Gesundheitsrisiken wenig ausrichten, weil die geeigneten Gegenmaßnahmen den Sport untergraben, nicht das Spektakel. Der typische Fan heißt die neuen Regeln nicht deshalb, weil es nicht mehr so schön rummst und bummst, sondern weil das Spiel dadurch spürbar eindimensionaler geworden ist.
Ich war ja nach dem Fußball auch Rugby-Spieler, habe daher auch einen (erinnerten) Eindruck davon, was Körper im Sport für diese Arten bedeutet. Das mit dem Prädikat "sportlicher Wettkampf", da bin ich aber zögerlicher als du, denn American Football wird ja nicht einfach auf dem Feld, sondern vielmehr auch noch in der Kabine, von der Seite und von oben gespielt. Das macht ihn ja für die meisten neben dem Kampf der Körper und der ausgeprägten medialen Inszenierung so interessant.

Und ja, das ist natürlich ein Punkt, dass für das Feldspiel diese Kampagne ein weitaus höheres Risiko darstellt als für andere Sportarten mit weniger hartem Tackling. Konzentriert man sich auf diesen Punkt, kann man ein Desaster kommen sehen. Ich halte aber das Geschäft und die Tradition für zu mächtig. Anders als bei uns ist der Sport eben für viele (neben dem Militär) ein Träger von Hoffnung und Perspektive, von den Millionen Couch Potatos & Barbecue Party-Gängern, für die jedes Opfer in diesem Krieg (Zitat aus der Doku, Football is war) nur (ge)recht ist, ganz zu schweigen. Das ist schon eine Front und ob sich da besorgte Mütter durchsetzen werden, habe ich Zweifel. Es gab im New Yorker mal einen sehr langen und umfassenden Artikel zum Thema, da wurde geschrieben (oder zitiert?), dass wer bislang dachte, er könne seine Kinder diesen Sport ausüben lassen und die wären später nicht davon gezeichnet, nur ein Trottel gewesen sein könne. Solange Sport und Militär in Amerika aber dazu dienen, soziale Probleme zu kompensieren, wird man bereitwilligen Nachschub finden und die Antwort der NFL wird eine einerseits vertragliche und andererseits technische sein.

PS: Auch wenn die Doku etwas martialisch zu unterhalten sucht, macht sie Spaß.
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Jochen

Re: Feedback zu Runde 45

Beitrag von Jochen »

Joss hat geschrieben:Das mit dem Prädikat "sportlicher Wettkampf", da bin ich aber zögerlicher als du, denn American Football wird ja nicht einfach auf dem Feld, sondern vielmehr auch noch in der Kabine, von der Seite und von oben gespielt. Das macht ihn ja für die meisten neben dem Kampf der Körper und der ausgeprägten medialen Inszenierung so interessant
Ich meine das hauptsächlich in Bezug auf Chancengleichheit und vergleichbare Wettkampfbedingungen. Im europäischen Fußball prügeln mittlerweile ja ein paar Klitschkos einen Haufen Grundschulkinder windelweich.
Solange Sport und Militär in Amerika aber dazu dienen, soziale Probleme zu kompensieren, wird man bereitwilligen Nachschub finden und die Antwort der NFL wird eine einerseits vertragliche und andererseits technische sein.
Das Problem sehe ich insofern gar nicht bei der NFL (die muss es bloß öffentlichkeitswirksam ausbaden), dass staatliche Schulen im Zuge dieser medizischen und pathologischen Ermittlungen bald ein Problem haben werden, ihre Football-Programme überhaupt noch aufrecht zu halten. So unterfinanziert und im Regen stehen gelassen wie die jetzt schon sind wird die Antwort dort schlicht lauten: dichtmachen, bevor uns irgendjemand haftbar macht. Ähnlich dürften auch die staatlichen Hochschulen reagieren.

Bei der Rolle des Sports als sozialer Kompensationsmechanismus bin ich grundsätzlich bei dir. Ich halte es bloß für absolut denkbar, dass sich in Zukunft die Relevanz der Sportarten verschiebt. Talentierte Athleten können sich die Sportart jetzt schon aussuchen - und wählen meist deshalb Football, weil dort die dickste Kohle winkt. Winkt plötzlich auch die Wahrscheinlichkeit, mit 40 gehinalbern zu sein, und reagieren NBA/NHL/MLB/MLS nicht ganz dämlich, dürften es sich einige junge Menschen - gerade aus der Mittelschicht - dreimal überlegen, ob sie lieber bloß ein bisschen reich und dafür psychisch gesund bleiben. Das passiert aktuell ja auch schon. Siehe etwa Chris Borland, der mit 25 lieber seinen Ruhestand erklärt. Wäre vor 10 Jahren vollkommen undenkbar gewesen, das.

Freut mich, dass die Doku gefällt. PBS macht eigentlich guten Krams.
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Re: Feedback zu Runde 45

Beitrag von Nachtfischer »

KingSirus hat geschrieben:Ist nicht – um dies einmal extrem vereinfacht und vielleicht auch etwas überspitzt darzustellen – die Herausforderung die am linearsten (ist dies grad grammatikalisch korrekt? Egal :D *hust*) inszenierbare Erzählweise?

Man hat ein Ziel und arbeitet darauf zu. Fertig.
Wenn es denn so einfach ist. Aber dann ist eben fragwürdig, inwiefern ein so einfaches Modell ein interessantes interaktive System überhaupt abbilden kann. Ich gebe dir Recht, dass es in den meisten modernen (gerade auch AAA) Produktionen so ist: Setze den Avatar des Spielers auf Punkt A ab, gib ihm einen Schlauch zum Ablaufen (mit ein paar vordefinierten Hindernissen hier und dort) bis zu Punkt B. Done. Das ist dann aber wahrlich kein gutes oder irgendwie spannendes Game-Design.
KingSirus hat geschrieben:Außerdem würde ich dir in dem Punkt widersprechen, dass die Herausforderung ein fundamentaler Bestandteil von Spielen ist und unsere Aktionen allein dadurch als bedeutsam eingestuft werden können. Allein schon die Werke von Jenova Chen (ihm haben wir Werke wie Journey, Flow, Flower oder Cloud zu verdanken), zeigen doch dass es durchaus Spiele geben kann, die frei von diesen Aspekten sind und dennoch auch eine gewisse Bedeutsamkeit in unserem Handeln zu vermitteln vermögen. Es geschieht lediglich auf eine abstraktere Ebene, auf die man sich auch einlassen muss.
Aber ist meine Interaktion mit diesen Spielen denn wirklich egal? Und wenn nicht, bin ich dann nicht auch gefordert? Ich meine mich sogar zu erinnern, dass Andre im Bezug auf Journey gerade die Tatsache, wie schwierig es war, gemeinsam das Ende zu erreichen, als großartig hervorgehoben hat. Ginge es wirklich nur um triviales Knöpfchendrücken, dann würden diese Titel als Spiele komplett durchfallen.

Übrigens würde ich widersprechen, dass die genannten Titel sich auf einer "abstrakteren Ebene" abspielen. Gerade Journey ist in Sachen Setting und Fantasy doch ziemlich konkret und zieht auch daraus über weite Strecken seine Faszination. Gameplay-Herausforderungen an sich halte ich andererseits für mit das Abstrakteste, das es überhaupt in der Kunst-/Medienlandschaft gibt. Spielmechanik ist erstmal immer abstrakt. Thema, Setting und Konsorten immer aufgesetzt.
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Re: Feedback zu Runde 45

Beitrag von Joss »

Jochen hat geschrieben:Ich meine das hauptsächlich in Bezug auf Chancengleichheit und vergleichbare Wettkampfbedingungen. Im europäischen Fußball prügeln mittlerweile ja ein paar Klitschkos einen Haufen Grundschulkinder windelweich.
Das Drafting ist für mich das dicke Doppelplus der populären amerikanischen Teamsportarten. Ich wuchs damals mit viel Sport auf und war als Jugendlicher auch noch Stadiongänger. Aber hier in Deutschland hat man es leider verpasst, ein vergleichbares System wie in den Staaten einzuführen. Anscheinend stört die dröge Liga ja auch keinen, im Gegenteil, es gibt mehr Schauer als je zuvor. Witzigerweise ist mein Berührungspunkt zur SGE heute der FR-Volltreffer von Kilchenstein und Durstewitz. Des von den Fans wohl meistgehassten Sportreporter-Duos im Lande. Was stand mir da nicht schon das Wasser in den Augen vor Lachen. Ohne dass es Satire wäre. Zum Arroganz-Thema musste ich bei den Protesten gegen dich öfters mal an Ingo denken. :mrgreen:
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Re: Feedback zu Runde 45

Beitrag von Dostoyesque »

Joss hat geschrieben:
Dostoyesque hat geschrieben:Ehrlich gesagt bin ich geneigt, nach deinem Zitat ein "q.e.d." anzufügen. Ist doch genau mein Punkt: Bis zum 2. Weltkrieg viel Albernheit und Ablenkung, danach kam auch eine eher realistischere Darstellung bzw. im Fall von Noir eine etwas stilisiert-melancholische. Citizen Kane ist ein schönes Beispiel (nicht für Film Noir, aber eben den Beginn einer eher naturalistischen Darstellung, was auch durch die Kameraführung in Citizen Kane unterstützt wurde). Habe jetzt bewusst Film Noir aus den verschiedenen Nachkriegsgenres rausgepickt, weils meinen Punkt am besten illustriert hat. Ansonsten hätt ich dein erwähntes Zitat Wort für Wort übernehmen können.
Du schriebst aber, dass der Noir der Trend war
Stimmt nicht: [...] wohingegen während und nach dem 2. Weltkrieg Film Noir und eine eher düstere Inszenierung zum Trend wurde. [...] Dieser eher düstere Trend (nicht spezifisch Noir, aber der generelle Ton im Kino) [...]
Film Noir hab ich explizit erwähnt, weil es eben das anschaulichste Beispiel ist, mit dem man sofort etwas assoziieren kann, ich deute aber direkt danach durchaus an, dass Film noir keinen alleinigen Trend darstellt. Wenn ich jetzt mit Fellini antanz, werden viele wohl Schwierigkeiten haben, den Punkt nachzuvollziehen. Desweiteren hat das Film Noir Genre durchaus einen Haufen content rausgekotzt in seiner kurzen Zeit, da es eben so billig war. Desweiteren ist es schwierig, einfach nur box office Zahlen anzusehen und daran zu versuchen, den "impact" abzuleiten. Ich möchte den Film Noir nicht größer machen, als er war, aber ich denke, man kann Film Noir durchaus als Popkulturphänomen seiner Zeit bezeichnen, auch wenn es im box office nicht mit John Ford u.ä. konkurrieren konnte. Die wenigsten Popkulturphänomene sind auf eine gesamte Gesellschaft wirksam. Gone with the wind kam mit 20 Jahren Verspätung in die italienischen Kinos, wie die meisten amerikanischen Produktionen dieser Zeit, inklusive Film Noir. Im Kontext vom Gesagten ist es denke ich nicht allzu schwer zu verstehen, vor allem, wenn man im Film bewandert ist. Ich hab mich aber auch sehr kurz gehalten, muss ich zugeben. Ich versuchte gerade, 80 Jahre Film in 5 Sätzen zusammenzufassen. Dass hier viele Details verloren gehen, ist klar. Dieses Thema können Publizistikstudenten zu wissenschaftlichen Arbeiten verwenden. Man kanns sicherlich besser formulieren, aber dass das Kino, ob populär oder nischig, fluktuiert in seiner Ernsthaftigkeit, auch in Sachen Gewaltdarstellung, ist meiner Meinung nach nicht von der Hand zu weisen und oft auf historischen Kontext zurückzuführen. Lässt sich ja auch in der Literatur und Malerei an vielen Stellen (z.B. am Dadaismus) erkennen. Citizen Kane war, wenig überraschend. im Jahr 1941, wie viele Orson Welles Projekte, ein Flop, ja.
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Re: Feedback zu Runde 45

Beitrag von Dostoyesque »

KingSirus hat geschrieben: Mit Verlaub, aber kann es sein, dass du hier vielleicht zu stark deine erwachsene Betrachtungsweise, beziehungsweise auch zu stark deine eigenen Erfahrungen mit in die Behauptung einfließen lässt?
Ich kann deine Zweifel nachvollziehen, aber ich kann hier mit vollem Selbstvertrauen ein "Nein, kann nicht sein." zur ersten Frage abgeben, weil ich hier direkte Erfahrungen aus meiner Kindheit zitiere. Die Spikes haben dazu geführt, dass ich manche Mario Stages nicht durchgespielt habe. Ich hab die Simpsons erst mit 13 begonnen zu genießen, weil mir Itchy&Scratchy und Sideshow Bob zu gewalttätig waren. Konnte das Blut nicht sehen. Die Harpie im Letzten Einhorn hat mir Alpträume beschert:
Das Letzte Einhorn spoiler Anfang (I guess.....)
Die Szene, in der die Harpie die Hexe umbringt war für mich sehr überwältigend. Es wird nicht mal Blut gezeigt, sondern einfach nur mit rotem Licht gearbeitet. Das hat bei mir als Kind bereits gereicht.
Das Letzte Einhorn spoiler Ende

Desweiteren scheinst du meine Intention falsch zu verstehen: Ich will hier nicht sagen, dass Mario so gewalttätig ist, dass der Jugendschutz einen schärferen Blick darauf werfen sollte. Ich bin Mario nicht böse. Ich finde auch nicht, dass Gewalt schlecht ist. Nicht mal bei Kindern. Kinder kratzen, beißen, grätschen beim Fußball und prügeln sich ab und an mit dem Bruder/der Schwester. Nichts davon verdirbt einen Menschen und nichts davon sollte man als pathologisch betrachten, solang es sich in einem gesunden Rahmen bewegt und kontrolliert stattfindet. Die Natur ist gewalttätig, wir sind evolutionsbiologisch darauf programmiert, uns in Gewalt zu schulen, um überleben zu können. Was natürlich auch ein Grund dafür ist, dass wir uns kulturell oft ausdrücken, indem wir Gewalttaten zur Illustration von Konflikten hernehmen. Nichts davon ist falsch. Ich wollte nur hervorheben, dass eine abstrahierte und weniger viszerale Form von Gewalt auch in den Nintendo Spielen vorhanden ist. Ein Schwert ist eine Waffe. Wer mit einem Schwert in Zelda in Sachen sticht, verübt eine Gewalttat. Das betrachte ich nicht als Kritik, sondern als Tatsache. Meine Erfahrungen als Kind bestätigen mich in meinem Eindruck, dass die Verniedlichung der Gewalt die Dinge zwar durchaus erträglicher macht, aber in keinster Weise wirklich die Natur der Sache, wenn sie denn gewalttätig ist, ändert. Gewalt bleibt in der Regel Gewalt. Im übrigen genieße ich heutzutage allerhand gewalttätige Sachen. Ich mag kognitiv etwas gewaltbewusster sein, aber emotional bin ich lang nicht mehr so gewaltbewusst wie ich es als Kind war, als mich sehr viele Dinge sehr verstört haben, im Gegenteil: Mittlerweile lache ich instinktiv bei lustigen Gewaltszenen in Tarantino Filmen, meine emotionale Reaktion auf Gewalt hat sich umgekehrt. Hab hier auch keine Agenda gegen Mario oder Nintendo, ist bzw. war einfach meine Wahrnehmung. Mittlerweile genieße ich Gewaltdarstellungen, wenn sie kreativ gemacht sind, sehr, bin jetzt nicht auf einer Mission, alles Verstörende in meiner Kindheit im Internet zu verteufeln.

Und sogar wenn sich diese heutige Wahrnehmung nicht mit denErfahrungen meiner Kindheit gedeckt hätten, wäre es immer noch ein sehr valider Punkt, unabhängig von meiner Motivation. Deswegen versteh ich den zweiten Teil der Frage nicht. Vor allem stellst du hier eine Frage, die auf zwei unterschiedliche Dinge abzielt: *Entweder* bin ich zu "erwachsen" in meiner Betrachtung oder ich bin zu fokussiert auf meiner kindlichen Erfahrung, beides geht nicht. Kann das "bzw" in der Frage demnach nicht verstehen (not trying to be a dick). Deswegen behandle ich die Fragen gesondert.
Wie kann ich denn meine eigenen Erfahrungen "zu sehr" miteinfließen lassen, wenn wir darüber reden, was wir als Gewalt wahrnehmen? Desweiteren ist es mMn durchaus nachvollziehbar, dass man bei Mario von "Tod" sprechen kann, wenn er sich nach langem Unterwasseraufenthalt an die Gurgel fasst, ein paar gedämpfte Töne von sich gibt und dann im Wasser zusammensackt. Ich geh meiner Meinung nach schon weit über meine eigene Erfahrung hinaus. Wer zwischen Wand und Metallspikes festgenagelt wird, stirbt einen brutalen Tod. Es wirkt aber nicht so, weils im Kontext des Werkes anders wirkt (ausser jetzt z.B. auf mich als Kind), aber das ändert mMn nichts daran, dass es sich um Gewalt handelt. Gewalt ist nicht zwingend verstörend oder "böse". Die einen zucken halt zusammen bei manchen Gewalttaten, andere wiederum nicht. Die Erfahrung Horrorfilme mit Freunden zu sehen lebt direkt von dieser Dynamik der unterschiedlichen moralischen Einordnung von Gewalttaten. Die einen lachen, die anderen schreien. Ich will meine Wahrnehmung von Gewalt vor 15-20 Jahren nicht auf andere projizieren, aber die Tatsache, dass es sich prinzipiell um Gewalt handelt, die *natürlich* unterschiedlich wahrgenommen wird, wollte ich nicht unausgesprochen lassen. Also ist die Antwort auf deine zweite Frage auch "Nein". Ich versuch eben beides: Meine erwachsene sowie meine kindliche Wahrnehmung in dieser Diskussion zu repräsentieren.
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Joss
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Re: Feedback zu Runde 45

Beitrag von Joss »

Dostoyesque hat geschrieben:Stimmt nicht: [...] wohingegen während und nach dem 2. Weltkrieg Film Noir und eine eher düstere Inszenierung zum Trend wurde. [...] Dieser eher düstere Trend (nicht spezifisch Noir, aber der generelle Ton im Kino) [...]
Film Noir hab ich explizit erwähnt, weil es eben das anschaulichste Beispiel ist, mit dem man sofort etwas assoziieren kann, ich deute aber direkt danach durchaus an, dass Film noir keinen alleinigen Trend darstellt. Wenn ich jetzt mit Fellini antanz, werden viele wohl Schwierigkeiten haben, den Punkt nachzuvollziehen. Desweiteren hat das Film Noir Genre durchaus einen Haufen content rausgekotzt in seiner kurzen Zeit, da es eben so billig war. Desweiteren ist es schwierig, einfach nur box office Zahlen anzusehen und daran zu versuchen, den "impact" abzuleiten. Ich möchte den Film Noir nicht größer machen, als er war, aber ich denke, man kann Film Noir durchaus als Popkulturphänomen seiner Zeit bezeichnen, auch wenn es im box office nicht mit John Ford u.ä. konkurrieren konnte. Die wenigsten Popkulturphänomene sind auf eine gesamte Gesellschaft wirksam. Gone with the wind kam mit 20 Jahren Verspätung in die italienischen Kinos, wie die meisten amerikanischen Produktionen dieser Zeit, inklusive Film Noir. Im Kontext vom Gesagten ist es denke ich nicht allzu schwer zu verstehen, vor allem, wenn man im Film bewandert ist. Ich hab mich aber auch sehr kurz gehalten, muss ich zugeben. Ich versuchte gerade, 80 Jahre Film in 5 Sätzen zusammenzufassen. Dass hier viele Details verloren gehen, ist klar. Dieses Thema können Publizistikstudenten zu wissenschaftlichen Arbeiten verwenden. Man kanns sicherlich besser formulieren, aber dass das Kino, ob populär oder nischig, fluktuiert in seiner Ernsthaftigkeit, auch in Sachen Gewaltdarstellung, ist meiner Meinung nach nicht von der Hand zu weisen und oft auf historischen Kontext zurückzuführen. Lässt sich ja auch in der Literatur und Malerei an vielen Stellen (z.B. am Dadaismus) erkennen. Citizen Kane war, wenig überraschend. im Jahr 1941, wie viele Orson Welles Projekte, ein Flop, ja.
Hättest du nicht vor einigen Wochen schon die komplette Filmkritik als für dich irrelevant erklärt, hätte ich echt Schwierigkeiten, deine kreativen Schlüsse nachzuvollziehen. Meiner Meinung nach endet man so aber im Gelaber. Ich kann schon lesen, was du geschrieben hast, auch wenn du nun eine Unterstreichung dort machst, wo du meinst das "Eigentliche" zum Ausdruck zu bringen. Es wird aber auch so nicht richtiger, denn im Hollywood der 30er-50er Jahre lag auch keine düstere Inszenierung im Trend. Es war erst New Hollywood, das sich ab der zweiten Hälfte der 60er durchzusetzen begann und den Hollywood Film erneuerte, also Trendsetting (im Sinne des Begriffs) betrieb, während die Zeit der 30er bis zu den 50er Jahren als goldenes Zeitalter von Studio-Hollywood gilt. Und die Trends dieser Zeit setzte gewiss nicht der B-Movie, sondern der Blockbuster. Es ist doch etwas albern, das sich nun zu zu erfinden, nur um irgendwie recht zu haben. Aber geschenkt, du hast recht in deinem Sinne. Ich finde deine Betonung des Noir ja sogar sympathisch, bin ein Liebhaber (vom existenzialistischen Stummfilm über die eigentliche Geburt bis zum Neo Noir) und freue mich über andere Schauer, die seine Bedeutung schätzen. Aber deswegen muss man nicht die Filmgeschichte neu erfinden.

Etwas Präzision bei Begriffen und Geschichte sind übrigens kein Fall für Fachstudierende. Das sollte schicht selbstverständlich sein, wenn man diskutiert. Ernsthaftigkeit ist dabei auch ein Teil des Diskussionsniveaus. Was man mit Rechthaberei eher beschädigt und mit einer Kurzrecherche hebt.
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Nachtfischer
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Re: Feedback zu Runde 45

Beitrag von Nachtfischer »

Axel hat geschrieben:
Ein Schwert ist eine Waffe. Wer mit einem Schwert in Zelda in Sachen sticht, verübt eine Gewalttat. Das betrachte ich nicht als Kritik, sondern als Tatsache.
Ist das dann wirklich als Gewalt anzusehen im Sinne von Unrecht?
Seit wann hat Gewalt zwingend mit Unrecht zu tun? Immerhin definiert doch der größte Gewaltapparat überhaupt, was "Recht" ist.
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Leonard Zelig
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Re: Feedback zu Runde 45

Beitrag von Leonard Zelig »

Jochen hat geschrieben:
Joss hat geschrieben:Das war vor ca. 15 Jahren für mich der Grund, keinen Fußball mehr zu schauen. Weil der sportliche Wettkampf mehr und mehr in den Hintergrund geriet, die Liga aufhörte noch eine zu sein
Beim Fußball habe ich eine vergleichbare Entwicklung durchgemacht. Den verfolge ich als ehemals langjähriger Fan und Selbstspieler inzwischen auch bloß noch am Rande und mit - ich gestehe - einer gewissen verbitterten Verachtung. Beim Football ist das erheblich anders. So konsequent das Ganze als Spektakel inszeniert wird - im Gegensatz zum europäischen Fußball verdient das Spiel mehr denn je das Prädikat "sportlicher Wettkampf". Genau das ist ja das Problem der NFL: Die kann gegen die Gesundheitsrisiken wenig ausrichten, weil die geeigneten Gegenmaßnahmen den Sport untergraben, nicht das Spektakel. Der typische Fan heißt die neuen Regeln nicht deshalb, weil es nicht mehr so schön rummst und bummst, sondern weil das Spiel dadurch spürbar eindimensionaler geworden ist.
Versteh ich nicht. Weil es beim American Football mehr Spektakel gibt, ist es ein sportlicher Wettkampf? Ich hab wirklich keine Ahnung von der Sportart, vermute aber, dass die Gehälter und Ablösesummen dort in ähnlichen Dimensionen wie im Fußball liegen. Kenne einige die bewusst auf Bundesligafußball verzichten und stattdessen die 2. und 3. Liga intensiver verfolgen. Vielleicht ist das bei der NCAA genauso.

Ich schaue sehr gerne Tennis und Skispringen im Fernsehen, auch weil es mir bei Individualsportarten egal ist aus welchem Land ein Sportler kommt.
"The whole problem with the world is that fools and fanatics are always so certain of themselves, but wiser people so full of doubts."

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Re: Feedback zu Runde 45

Beitrag von admin »

Joss hat geschrieben:Etwas Präzision bei Begriffen und Geschichte sind übrigens kein Fall für Fachstudierende. Das sollte schicht selbstverständlich sein, wenn man diskutiert. Ernsthaftigkeit ist dabei auch ein Teil des Diskussionsniveaus. Was man mit Rechthaberei eher beschädigt und mit einer Kurzrecherche hebt.
Ein bisschen milder im Tonfall, bitte. Selbst wenn man das Gefühlt hat, dass sich der Gegenüber in eine These verrent möge man ihm das so beibringen, dass er sich bei der Diskussion nicht schlecht fühlen muss. Wenn Begriffe wie Rechthaberei fallen, wird es da eng - egal wie berechtigt der Gebrauch gerade erscheinen mag. :)

Andre
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