Runde #335: Video-Seuche, Kaufberatung & Klimawandel

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Smutje187
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Runde #335: Video-Seuche, Kaufberatung & Klimawandel

Beitrag von Smutje187 »

Weil Jochen in der Folge ankündigt, sich demnächst „The Lighthouse“ anzusehen - wenn du ihn nicht ganz grausig findest, „The Witch“ (manchmal auch Vvitch geschrieben) ist vom selben Regisseur und baut auf ähnlichen Grundparametern auf, nur hier ist es die folkloristische Darstellung von Hexen und nicht Wasserwesen.

Außerdem spielt Anya Taylor-Joy die Hauptrolle, es gibt exakt einen einzigen Jumpscare und es spielt eine schwarze Ziege mit, also genug Gründe. :D
Otis
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Re: Runde #335: Video-Seuche, Kaufberatung & Klimawandel

Beitrag von Otis »

Die anfänglich beschriebene Situation mit der Videoflut nervt mich auch ziemlich. Gerade wenn man in 'nem Spiel irgendetwas sucht und dann online nachschaut, ist das ein ziemlicher Krampf, insbesondere, wenn dann noch der Video-Player auf der Seite Müll ist. Open-World-Game, wo ich mir noch die restlichen Collectibles holen will … da Dreiviertelstunde Video ohne den geringsten Hinweis, wann welche Collectibles gezeigt werden und dann jeweils am besten auch noch ohne zu zeigen, wo im Spiel das nun ist. Leute, klatscht mir doch bitte einfach ein Bild von der Map hin mit kleinen Markierungen, wo ein Collectible liegt. Das kann ich nebenher auf dem Tablet offen haben, ohne ständig pause/play/vor&zurückspul rumzudrücken und noch alle fünf Minuten 'nen Werbeclip wegzuklicken und ab der Hälfte des Videos lädt Euer mieser Player das Video eh nicht weiter … >brech<
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Smutje187
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Re: Runde #335: Video-Seuche, Kaufberatung & Klimawandel

Beitrag von Smutje187 »

Otis hat geschrieben: 5. Sep 2021, 11:40klatscht mir doch bitte einfach ein Bild von der Map hin mit kleinen Markierungen, wo ein Collectible liegt.
110% dies. Meine Vermutung neben der Monetarisierung ist aktuell auch, dass man einen großen zusammenhängenden Walkthrough nimmt und einfach einen kleinen Teil rausschneidet, der den gerade benötigten Schnipsel zeigt. Dann muss man kein „extra“ Video machen, muss keine Speicherstände pflegen etc. sondern verlinkt „einfach“ auf die 10 Sekunden des 1.5h Walkthroughs.
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Textsortenlinguistik
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Re: Runde #335: Video-Seuche, Kaufberatung & Klimawandel

Beitrag von Textsortenlinguistik »

Dem Abschnitt zum Zustand des deutschen Bildungs- und Wissenschaftswesen konnte ich überhaupt nicht folgen. Alles, was dort anekdotisch kritisiert wurde, erlebte und erlebe ich gegenteilig.

Am vom Bund geförderten Schülerwettbewerb "Jugend debattiert" konnte ich übrigens schon selbst als Schüler teilnehmen, üblicherweise ist das Thema auch regulärer Bestandteil der Lehrpläne in Jahrgang 8 oder 9.

Eine Textanalyse und/oder -Interpretation ist Kern eines jeden Deutsch-Abiturs und daher die grundlegende im Unterricht zu erwerbende Kompetenz. Ich zitiere aus dem Erwartungshorizont des Zentralabiturs 2006: "Jede am Text begründete und in sich stimmige Lesart soll anerkannt werden;"

Zur Wissenschaft kann ich selbst nur anekdotisch argumentieren, würde mich aber wundern, wenn das mir bekannte Grundprinzip jeder wissenschaftlichen Forschung in Deutschland erst in den letzten 20 Jahren etabliert wurde.
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lipt00n
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Re: Runde #335: Video-Seuche, Kaufberatung & Klimawandel

Beitrag von lipt00n »

Kann es kaum erwarten die Folge zu hören, ich hasse die Videoflut so sehr und gehe mit obigen Aussagen von Otis vollkommen mit.
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BasF
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Re: Runde #335: Video-Seuche, Kaufberatung & Klimawandel

Beitrag von BasF »

Was den Teil bzgl. der Analysekompetenz, kann ich mal meine persönliche Sicht aus der Schulpraxis als Realschullehrer schildern. Es wird einem von jedem seriösem Literaturdidaktiker nahegelegt, dass natürlich das Werk für sich steht und man auch selbstverständlich auch Analysen der Schüler, wenn sie dementsprechend gut begründet sind, zu wertzuschätzen hat. Der Optimalfall wäre, dass nach dem Lesen eines Gedichts, einer Kurzgeschichte oder eines Buchs das Buch mit der gesamten Klasse diskutiert und analysiert wird. Der Lehrer dient dann lediglich als Impulsgeber und bringt dabei neue Ideen in die Diskussion ein und soll eben gerade nicht als das Orakel gelten, das DIE Interpretation am Schluss verkündet. Dies ist auch jedem Lehrer, der auch nur im geringsten etwas Leidenschaft für sein Fach mitbringt, bewusst. Und wie schon angesprochen, dieser Umgang mit Literatur, bzw. Kulturerzeugnissen allgemein, also auch Filmen und wenn die Möglichkeiten da wären, auch PC-Spielen, ist eigentlich auch fest in den Lehrplänen und als Kernkompetenz des Fachs festgeschrieben. Aus diesem Grund hat z.B. in Hessen die Kurzgeschichte einen festen Platz im Lehrplan. Sie eignet sich durch die überschaubare Handlung und Personenzahl, sowie den vielen Leerstellen ganz ausgezeichnet zur Analyse.

Die Praxis sieht leider anders aus. Denn das was den Schülern im Rahmen der Kurzgeschichte gestattet wird, wird den Schülern an anderer Stelle und in anderen Fächern konsequent wegtrainiert. Dazu brauch man sich nur einmal die Schulbücher in ihrer Entwicklung anschauen. Ich nehme mal das Beispiel des Gescichtsbuchs. In älteren Geschichtsbüchern findet man teilweise ungekürzte Originalquellen, die man sich erstmal erschließen und interpretieren muss. Je jünger ein Geschichtsbuch ist, desto weniger Quellen findet man zum einen und zum anderen sind diese auch so massiv gekürzt, sodass im Prinzip keinerlei Analyse erfolgen muss. Es besteht also im großen Teilen im Unterricht eben die Tendenz Texte glattzubügeln, um möglichst schnell die entsprechenden Lernergbnisse zu bekommen. Man lässt den Schülern nicht mehr genug Zeit, um sich mit einem Text richtig zu beschäftigen. Kabale und Liebe will beispielsweise eigentlich erstmal sprachlich erschlossen werden, damit man das Drama überhaupt auch genießen und würdigen kann. Stattdessen gibt es Kabale und Liebe in einfacher Sprache soweit gekürzt und sprachlich vereinfacht, dass das Stück am Ende ziemlich belanglos ist.

Die Lehrer, die ja frei in ihrer Lehre sind, könnten sich dem ganzen auch widersetzen und sich im Detail z.B. einem Drama oder einem Gedicht widmen. So viel Zeit bleibt oftmals leider nicht (immer). Die nächste Klausur und auch die vielen anderen Rechtschreib- und Grammatikthemen, die auch noch behandelt werden wollen, schweben einem ständig im Kopf rum. Gerade ab den Klassenstufen 8/9. Da denkt man als Realschullehrer immer schon automatisch an die Abschlussprüfung und kann nicht jedes Gedicht, nicht jede Kurzgeschichte mit einer großen Diskussion abschließen. Gerade auch weil die Schüler durch die oben beschriebenen Entwicklungen kaum Analyseerfahrungen haben, sodass dann etwaige Interpretationsdiskussionen sehr langatmig und mühselig werden können und man am Ende, wenn die Impulse nicht ausreichen, doch als Lehrer den Erklärbär gibt.
rammmses
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Re: Runde #335: Video-Seuche, Kaufberatung & Klimawandel

Beitrag von rammmses »

Zur Analysekompetenz muss ich als Gymnasiallehrer für Deutsch auch insbesondere Jochens Ausführungen entschieden widersprechen. Analysekompetenz, essayistisches Schreiben bzw. argumentatives Schreiben auch im Rahmen eines Kommentars, sowie natürlich Rhetorik, Diskussionsstrategien und allgemein die Fähigkeit zum kritischen Denken sind absolut essentielle Ziele des Unterrichts, die auch entsprechend vermittelt werden (sollen).
Aus der Praxis muss aber auch gesagt werden, dass je nach Lerngruppe bereits das Ziel des bloßen Textverständnisses eine große Herausforderung darstellt und nicht alle SchülerInnen wesentlich darüber hinaus kommen; d.h. auch Analysen bleiben dann größtenteils deskriptiv, analytisch vage und im fundiert wertenden Bereich wird es ganz eng. Die Ebene eines fundierten Streits über verschiedene Interpretationsebenen kann dann letztendlich nur von einem eher kleinen Teil einer Lerngruppe erreicht werden.
Elb356
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Re: Runde #335: Video-Seuche, Kaufberatung & Klimawandel

Beitrag von Elb356 »

ausgerechnet hbomberguy .... So einer isser also der Andre
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Jochen Gebauer
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Re: Runde #335: Video-Seuche, Kaufberatung & Klimawandel

Beitrag von Jochen Gebauer »

rammmses hat geschrieben: 5. Sep 2021, 16:04Zur Analysekompetenz muss ich als Gymnasiallehrer für Deutsch auch insbesondere Jochens Ausführungen entschieden widersprechen
Du kannst meinen Ausführungen nicht widersprechen, weil sie die Summe persönlicher Erfahrungswerte sind, was ich im Podcast auch explizit und mehrfach betone. Also du kannst ihnen schon widersprechen, aber dann würdest du behaupten, ich hätte mir das alles nur ausgedacht. Was schlicht falsch wäre :mrgreen:
Aus der Praxis muss aber auch gesagt werden, dass je nach Lerngruppe bereits das Ziel des bloßen Textverständnisses eine große Herausforderung darstellt und nicht alle SchülerInnen wesentlich darüber hinaus kommen; d.h. auch Analysen bleiben dann größtenteils deskriptiv, analytisch vage und im fundiert wertenden Bereich wird es ganz eng. Die Ebene eines fundierten Streits über verschiedene Interpretationsebenen kann dann letztendlich nur von einem eher kleinen Teil einer Lerngruppe erreicht werden.
Aha. Und woran liegt das? Dass die Mehrheit der Schüler intellektuell nicht in der Lage dazu sind? Dem würde ich entschieden widersprechen. Es liegt vielmehr daran, dass hierzulande eben keine echte Bildungskultur der Dialektik existiert, weil schon die dafür notwendigen Grundlagen wie Textverständnis stiefmütterlich vernachlässigt werden. In Lehrpläne reinschreiben kann man immer viel; entscheidend ist, was davon auch wirklich handfest im täglichen Bildungsalltag und von Kleinauf praktiziert wird. Und da scheinen meine Ausführungen ziemlich treffend zu sein, wenn ich mir eure Reaktionen hier so anschaue ;)
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Smutje187
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Re: Runde #335: Video-Seuche, Kaufberatung & Klimawandel

Beitrag von Smutje187 »

Meine Beigabe zu dem Thema ist ein Geschichtsgrundkurs eines hessischen Gymnasiums. In Klasse 11 und 12 segelte Smutje meistens knapp an den 15 Punkten vorbei, Interesse an Texten war schon immer da. Ende 12 drehten dann ein paar Leute eine Extrarunde vor dem Abi und in Folge dessen wurden zwei Grundkurse zusammengelegt und leider verlor mein Lehrer das Strohhalmziehen und plötzlich sah ich mich einer Lehrerin gegenüber, deren einziges Interesse an Interaktion mit den Schülern darin bestand, Sätze aus dem Lehrbuch halb vorzulesen und sie dann von uns vervollständigen zu lassen. Eigene Gedanken? Ha! Satz umstellen, damit er schöner klingt? Böse Blicke! :D

Ja, 17 Jahre alte Anekdoten aber sicherlich nicht der einzige Fall dieser Art. Wir haben immer gewitzelt, dass diese Art des Lernens ein typisch bayerisches Phänomen ist (Aschaffenburg war nahe) und dass einige Lehrer auch aus Bayern kamen, aber wie gesagt - lange her :D
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Textsortenlinguistik
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Re: Runde #335: Video-Seuche, Kaufberatung & Klimawandel

Beitrag von Textsortenlinguistik »

Jochen Gebauer hat geschrieben: 5. Sep 2021, 16:30 Aha. Und woran liegt das? Dass die Mehrheit der Schüler intellektuell nicht in der Lage dazu sind? Dem würde ich entschieden widersprechen. Es liegt vielmehr daran, dass hierzulande eben keine echte Bildungskultur der Dialektik existiert, weil schon die dafür notwendigen Grundlagen wie Textverständnis stiefmütterlich vernachlässigt werden. In Lehrpläne reinschreiben kann man immer viel; entscheidend ist, was davon auch wirklich handfest im täglichen Bildungsalltag und von Kleinauf praktiziert wird. Und da scheinen meine Ausführungen ziemlich treffend zu sein, wenn ich mir eure Reaktionen hier so anschaue ;)
Ist das jetzt auch die Summe deiner persönlichen Erfahrungswerte oder darf man widersprechen?
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rammmses
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Re: Runde #335: Video-Seuche, Kaufberatung & Klimawandel

Beitrag von rammmses »

Jochen Gebauer hat geschrieben: 5. Sep 2021, 16:30 Du kannst meinen Ausführungen nicht widersprechen, weil sie die Summe persönlicher Erfahrungswerte sind, was ich im Podcast auch explizit und mehrfach betone. Also du kannst ihnen schon widersprechen, aber dann würdest du behaupten, ich hätte mir das alles nur ausgedacht. Was schlicht falsch wäre :mrgreen:
Ich widerspreche dem Punkt, dass diese Kompetenzen hierzulande weniger wichtig wären als in anderen Ländern oder die "Erörterung" einen höheren Stellenwert habe und ähnliche Punkte, die du da einfach mal in die Welt setzt; sicher mit persönlichem Erfahrungsschatz begründbar, was - wie du sicher weißt - kein besonders fundierter Beleg für eine These ist, weshalb ich eine andere, auf Fakten basierende Perspektive dazu anbieten wollte.
Aha. Und woran liegt das? Dass die Mehrheit der Schüler intellektuell nicht in der Lage dazu sind? Dem würde ich entschieden widersprechen. Es liegt vielmehr daran, dass hierzulande eben keine echte Bildungskultur der Dialektik existiert, weil schon die dafür notwendigen Grundlagen wie Textverständnis stiefmütterlich vernachlässigt werden. In Lehrpläne reinschreiben kann man immer viel; entscheidend ist, was davon auch wirklich handfest im täglichen Bildungsalltag und von Kleinauf praktiziert wird.
Ich kann natürlich nicht beurteilen, was tatsächlich im Bildungsalltag von Kleinauf überall praktiziert wird, aber durchaus versichern, dass die Lehrpläne, Kompetenzziele, das Lehrmaterial und letztendlich auch die Abschlussprüfungen das so vorsehen und würde dahingehend schon dazu tendieren, dass das auch im Wesentlichen so umgesetzt wird.
Es ist aber eben auch so, dass sich Unterricht immer an den Bedürfnissen der Lerngruppe orientiert und da ist es nun einmal so, dass die notwendigen Grundlagen manchmal stärker im Vordergrund stehen müssen und nicht alle die abschlussorientieren Standards im Bereich der Analysekompetenz erreichen. Ob man das nun einer vermeintlich defizitären "Bildungskultur" festmachen kann, finde ich zumindest fraglich bzw. ist mir zu vage und verallgemeinernd.
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Jon Zen
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Re: Runde #335: Video-Seuche, Kaufberatung & Klimawandel

Beitrag von Jon Zen »

rammmses hat geschrieben: 5. Sep 2021, 16:04 Aus der Praxis muss aber auch gesagt werden, dass je nach Lerngruppe bereits das Ziel des bloßen Textverständnisses eine große Herausforderung darstellt und nicht alle SchülerInnen wesentlich darüber hinaus kommen; d.h. auch Analysen bleiben dann größtenteils deskriptiv, analytisch vage und im fundiert wertenden Bereich wird es ganz eng. Die Ebene eines fundierten Streits über verschiedene Interpretationsebenen kann dann letztendlich nur von einem eher kleinen Teil einer Lerngruppe erreicht werden.
Textverständnis in Deutsch wird in der Schule derart schlecht, bzw. ineffizient trainiert, darüber kann man eigentlich nur weinen. Dass es praktisch nur die Inhaltszusammenfassung in den späteren Schulklassen gibt, zeigt schon das Problem: Die Schüler verbringen die meiste Zeit damit zu schreiben, anstatt sich mit dem Inhalt des Textes zu befassen.
Bei Schnelllese-Apps gibt es beispielsweise Ankreuzfragen für das Textverständnis. So kann man viel schneller sein Leseverständnis üben - beim ersten Mal Lesen.

Einen "fundierten Streit über verschiedene Interpretationsebenen" zu führen ist schon alleine wegen der Gruppengröße fast unmöglich. Wir hatten z.B. eine sehr gute Klasse in der Mittelstufe, aber auch 30 Schüler und Schülerinnen. Wenn jeder einmal in einer Stunde dran kam, war das gut. Aber eine Diskussion lebt von Entgegnungen. Das ist in diesem Rahmen nicht möglich. Auch in der Oberstufe mit noch 25 Schülern pro Kurs wollten sich alle beteiligen, was ironischerweise dazu führt, dass keine richtige Diskussion entstehen konnte, sondern zu einem Aufwerfen vieler verschiedener Aspekte führte, die dann von den jeweils nächsten 2-3 Schülern in ihren Antwort aufgegriffen wurden und dann mit ihren eigenen Auffassungen verwoben wurden.
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rammmses
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Re: Runde #335: Video-Seuche, Kaufberatung & Klimawandel

Beitrag von rammmses »

Jon Zen hat geschrieben: 5. Sep 2021, 17:02 Textverständnis in Deutsch wird in der Schule derart schlecht, bzw. ineffizient trainiert, darüber kann man eigentlich nur weinen. Dass es praktisch nur die Inhaltszusammenfassung in den späteren Schulklassen gibt, zeigt schon das Problem: Die Schüler verbringen die meiste Zeit damit zu schreiben, anstatt sich mit dem Inhalt des Textes zu befassen.
Bei Schnelllese-Apps gibt es beispielsweise Ankreuzfragen für das Textverständnis. So kann man viel schneller sein Leseverständnis üben - beim ersten Mal Lesen.
Pure Inhaltsangaben in Textform spielen ab Klasse 7 eigentlich keine Rolle mehr; Ankreuzfragen und Ähnl. existieren (obgleich ich deren Nutzen zur Kompetenzvermittlung eher kritisch sehe), aus komplexen Texten Kernthesen und Argumentationshergang zu erfassen oder komplexe literarische Texte (insbesondere Lyrik) zu erschließen, bleibt aber bis zum Ende eine Herausforderung, das zählt auch zum Textverständnis, das ist nicht nur reproduzierend.
Einen "fundierten Streit über verschiedene Interpretationsebenen" zu führen ist schon alleine wegen der Gruppengröße fast unmöglich. Wir hatten z.B. eine sehr gute Klasse in der Mittelstufe, aber auch 30 Schüler und Schülerinnen. Wenn jeder einmal in einer Stunde dran kam, war das gut. Aber eine Diskussion lebt von Entgegnungen. Das ist in diesem Rahmen nicht möglich. Auch in der Oberstufe mit noch 25 Schülern pro Kurs wollten sich alle beteiligen, was ironischerweise dazu führt, dass keine richtige Diskussion entstehen konnte, sondern zu einem Aufwerfen vieler verschiedener Aspekte führte, die dann von den jeweils nächsten 2-3 Schülern in ihren Antwort aufgegriffen wurden und dann mit ihren eigenen Auffassungen verwoben wurden.
Dem lässt sich methodisch sehr einfach entgegen wirken, Arbeit in Kleingruppen; amerikanische Debatte, TPS usw.; das Unterrichtsgespräch ist natürlich eher ungeeignet.
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Jon Zen
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Re: Runde #335: Video-Seuche, Kaufberatung & Klimawandel

Beitrag von Jon Zen »

rammmses hat geschrieben: 5. Sep 2021, 17:10 Pure Inhaltsangaben in Textform spielen ab Klasse 7 eigentlich keine Rolle mehr; Ankreuzfragen und Ähnl. existieren, aus komplexen Texten Kernthesen und Argumentationshergang zu erfassen oder komplexe literarische Texte (insbesondere Lyrik) zu erschließen, bleibt aber bis zum Ende eine Herausforderung, das zählt auch zum Textverständnis, das ist nicht nur reproduzierend.
Die Inhaltsangaben machen aber einen Teil fast aller geisteswissenschaftlicher Klausuren der Oberstufe aus und haben damit einen sehr hohen Einfluss.
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Textsortenlinguistik
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Re: Runde #335: Video-Seuche, Kaufberatung & Klimawandel

Beitrag von Textsortenlinguistik »

Eine Inhaltsangabe zu verfassen entspricht dem AFB I und macht damit maximal 30% der Gesamtleistung in einer Oberstufenklausur aus.

Für eine Interpretation oder Analyse ist eine knappe Inhaltsangabe natürlich obligatorisch.
Zuletzt geändert von Textsortenlinguistik am 5. Sep 2021, 17:43, insgesamt 1-mal geändert.
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Jochen Gebauer
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Re: Runde #335: Video-Seuche, Kaufberatung & Klimawandel

Beitrag von Jochen Gebauer »

Textsortenlinguistik hat geschrieben: 5. Sep 2021, 16:44Ist das jetzt auch die Summe deiner persönlichen Erfahrungswerte oder darf man widersprechen?
Du darfst ständig widersprechen. Hast du ja weiter oben auch ausführlich getan, oder? Dann sind deine Erfahrungswerte eben andere. Fair enough. Es soll ja durchaus vorkommen, dass zwei Menschen völlig unterschiedliche Erfahrungen machen und deshalb eine andere Sichtweise auf bestimmte Dinge haben ;)
rammmses hat geschrieben: 5. Sep 2021, 16:45Ich widerspreche dem Punkt, dass diese Kompetenzen hierzulande weniger wichtig wären als in anderen Ländern oder die "Erörterung" einen höheren Stellenwert habe und ähnliche Punkte, die du da einfach mal in die Welt setzt; sicher mit persönlichem Erfahrungsschatz begründbar, was - wie du sicher weißt - kein besonders fundierter Beleg für eine These ist, weshalb ich eine andere, auf Fakten basierende Perspektive dazu anbieten wollte
Äh. Nein. Diesem Punkt widersprichst du nicht. Zumindest bislang nicht. Du hast die deutsche Situation anhand von "Fakten" belegt (die "" deshalb, weil prompt ein anderer Lehrer einwendet, das seien gar keine Fakten ^^) und sogar eingeräumt, dass das in der Praxis gar nicht vernünftig umsetzbar ist. Von anderen Ländern und deren Unterrichtsdialektik hast du nichts gesagt. Kann ja sein, dass du dich damit im Rahmen deines Studiums o.ä. auch auseinandergesetzt hast bzw. sie sogar in anderen Ländern anders erlebt hast, das weiß ich natürlich nicht. Aber argumentiert hast du das nicht.
rammmses hat geschrieben: 5. Sep 2021, 16:45Ob man das nun einer vermeintlich defizitären "Bildungskultur" festmachen kann, finde ich zumindest fraglich bzw. ist mir zu vage und verallgemeinernd
Ah. Wo kommt denn jetzt das "defizitär" her? Das Werturteil stammt nämlich nicht von mir. Denn obwohl ich es wie im Podcast angesprochen schade finde, dass deutsche Dialektik nach allem, was ich je dazu erlebt und gelesen habe, weniger Wert auf echten kritischen Diskurs legt als z.B. die Dialektik im englischen Sprachraum, muss das nicht defizitär sein. Es werden andere Schwerpunkte gesetzt und damit ist Deutschland auch gar nicht so schlecht gefahren. Vor der Digitalisierung und ihren neuen Kommunikationsformen zumindest.

Wenn ich über einen konkreten Aspekt einer Bildungskultur oder eines Bildungskanons kritisch spreche, dann heißt das im Umkehrschluss nicht, dass die gesamte Kultur für den Hintern ist ;)
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Jochen Gebauer
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Re: Runde #335: Video-Seuche, Kaufberatung & Klimawandel

Beitrag von Jochen Gebauer »

Textsortenlinguistik hat geschrieben: 5. Sep 2021, 17:43Eine Inhaltsangabe zu verfassen entspricht dem AFB I und macht damit maximal 30% der Gesamtleistung in einer Oberstufenklausur aus
Umgekehrt könnte man einwenden, dass die kritische/interpretatorische/wie auch immer man die tatsächliche originäre Eigenleistung bezeichnen will im AFB III auch nur maximal 30% einer Oberstufenklausur ausmacht. Und ja, wenn du mich fragst, wäre mir das in der Oberstufe erheblich zu wenig.
Für eine Interpretation oder Analyse ist eine knappe Inhaltsangabe natürlich obligatorisch.
Sehe ich nicht so. Während meines gesamenten Studiums wollte kein Amerikanist - ob in Deutschland oder Kanada - je eine Inhaltsangabe von mir im Rahmen einer Arbeit. Warum auch? Anhand der Analyse weiß man ja sehr schnell, ob die Texte gelesen und verstanden wurden, das muss man nicht extra abfragen. Ich verstehe, warum es in Schulen anders gehandhabt wird (u.a. damit man wenigstens das Textverständnis noch irgendwie bewerten kann, wenn an Analyse schon nix kommt), aber das ist keine obligatorische Notwendigkeit, sondern eine Krücke.
Schroffer Reinhold
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Re: Runde #335: Video-Seuche, Kaufberatung & Klimawandel

Beitrag von Schroffer Reinhold »

Hier und im Podcast geht’s vielfach frei nach dem Motto: Ich bin auch mal zur Schule gegangen und daher Bildungsexperte :ugly:
Jon Zen hat geschrieben: 5. Sep 2021, 17:33
rammmses hat geschrieben: 5. Sep 2021, 17:10 Pure Inhaltsangaben in Textform spielen ab Klasse 7 eigentlich keine Rolle mehr; Ankreuzfragen und Ähnl. existieren, aus komplexen Texten Kernthesen und Argumentationshergang zu erfassen oder komplexe literarische Texte (insbesondere Lyrik) zu erschließen, bleibt aber bis zum Ende eine Herausforderung, das zählt auch zum Textverständnis, das ist nicht nur reproduzierend.
Die Inhaltsangaben machen aber einen Teil fast aller geisteswissenschaftlicher Klausuren der Oberstufe aus und haben damit einen sehr hohen Einfluss.
Du verdrehst hier einiges. Eine Inhaltsangabe ist Anforderungsbereich 1 (der niedrigste). Natürlich müssen in einer Klausur alle 3 Anforderungsbereiche angesprochen werden. Demnach findet sich eine Form der Inhaltszusammenfassung auch in vielen Oberstufenklausuren. Diese machen aber nur einen kleinen Teil der zu erreichenden Punkte aus. Nachzulesen in den KMK-Richtlinien, Fachanforderungen und Abiklausuren.
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Textsortenlinguistik
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Re: Runde #335: Video-Seuche, Kaufberatung & Klimawandel

Beitrag von Textsortenlinguistik »

Jochen Gebauer hat geschrieben: 5. Sep 2021, 17:46
Textsortenlinguistik hat geschrieben: 5. Sep 2021, 17:43Eine Inhaltsangabe zu verfassen entspricht dem AFB I und macht damit maximal 30% der Gesamtleistung in einer Oberstufenklausur aus
Umgekehrt könnte man einwenden, dass die kritische/interpretatorische/wie auch immer man die tatsächliche originäre Eigenleistung bezeichnen will im AFB III auch nur maximal 30% einer Oberstufenklausur ausmacht. Und ja, wenn du mich fragst, wäre mir das in der Oberstufe erheblich zu wenig.
Die Faustformel lautet 30%/40%/30%. Im Abitur spielt der AFB I dagegen kaum mehr eine Rolle, alle Teilaufgaben beziehen sich umfänglich auf die AFB II und III. Vorbereitende Klausuren sollten das widerspiegeln. In der Regel findet sich der AFB I dort lediglich in der obligatorischen Einleitung einer Analyse oder Interpretation wieder.

Typische Abituraufgaben:

1. Interpretieren Sie...

2. Vergleichen Sie... (Semesterübergriff)
Zuletzt geändert von Textsortenlinguistik am 5. Sep 2021, 17:55, insgesamt 1-mal geändert.
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