Bei dem Thema habe ich häufig das Gefühl das oft populistische Schlagzeilen gegen Microsoft verbreitet werden, was zuletzt sicher häufig auch deswegen gelingt, weil es für das gros der User nicht ersichtlich ist was Microsoft dort technisch genau treibt und vor allem warum Sie das tun.
Nun, die Details brauchen und sollten die meisten Leuten auch nicht kennen, nichts desto trotz meine Sicht dazu…
Eine einheitliche, strukturierte App-Plattform ist genau das, was Windows aus meiner Sicht seit Jahren fehlt... Ich meine, wir alle kennen doch das Phänomen des „vermüllten“ Windows, das immer langsamer und instabiler wird.
Nun, woher kommt das? In aller Regel durch schlecht programmierte oder mit der eigenen Software/Hardware Konfiguration inkompatible Dritthersteller Software, die das System instabil machen kann.
Okay, kein Problem, Software nicht kompatibel, dann deinstallier ich sie einfach… Und da fängt es an schwierig zu werden, denn die allermeisten Deinstaller arbeiten nicht sauber, lassen Ressourcen wie Bibliotheken, Registry-Einträge, Arbeitsdateien des zu deinstallierenden Programms oder gar Treiber auf dem System zurück, was langfristig einfach dazu führt das Windows ständig versucht nicht kompatible oder nicht vorhandene Dinge auszuführen oder zu laden.
Derartige Probleme gibt es mit Windows seit eh und je, das weiß auch Microsoft und ist nun schon seit geraumer Zeit dabei, eine Lösung dafür zu entwickeln.
Angefangen haben sie damit zu Zeiten von Windows Phone 7/8 und Windows 8, wo die so genannte Windows Runtime eingeführt wurde, eine relativ restriktive API die den Entwicklern im Gegensatz zu Win32 keinen direkten Zugriff auf tiefgreifende Systemfunktionen oder Hardware gibt, das Programm kann also „nichts kaputt machen“.
Verpackt wurden diese zu Beginn noch „Metro-Style“ Apps (später auch Modern Apps, Universal Apps, Windows Store Apps) genannten Programme sowie alle zur Ausführung benötigten Ressourcen in sogenannte appX Pakete, diese appX Pakete wiederrum wurden über den Windows App Store vertrieben. Wenn man nun eines dieser Programme installiert und gestartet hat, so wurde dieses Programm innerhalb der besagten Windows Runtime ausgeführt. Das heißt, wenn dieses Programm nun durch schlechte Programmierung oder ähnliches abstürzt, kann es nicht das gesamte System mitreisen, da schwerwiegende Fehler durch die Windows Runtime abgefangen werden.
Wenn ich eine solche App nun deinstallieren möchte, entfernt der Deinstaller alle Ressourcen die im ursprünglichen appX Paket enthalten waren sowie alle temporären Dateien die das Programm im Laufe der Zeit so angelegt hat. Anders als bei „klassischen“ Programmen sind diese Dateien nicht mehr quer im System verstreut, sondern liegen an einer durch die Windows Runtime fest definieren Stelle, somit ist nun also gewährleistet das Programme sauber und ohne jegliche Rückstände deinstalliert werden können.
Microsoft hat damit also ein App-System geschaffen das dem von Apples iOS ziemlich ähnlich ist, Apps können nur aus einem mehr oder weniger kontrollieren Store bezogen werden, eine saubere de/installation ist einfach möglich.
Unter Windows Phone ist dies bis heute die einzige Möglichkeit Apps zu beziehen.
Unter Windows Desktop gibt es diese neue Möglichkeit über den Windows Store und weiterhin die „klassische“ Möglichkeit Apps zu installieren.
Zu welchen Problemen der klassische Weg führt, wurde weiter oben besprochen.
Jetzt steht Microsoft vor dem Problem, das sie auf der einen Seite die sicheren und stabilen Windows Runtime Apps haben, auf der anderen Seite stehen die klassischen eher unsicheren, „unsauberen“ und tendenziell eher problembehafteten Win32 Programme, die im Gegensatz zu den Windows Runtime Apps aber mehr Leistung bringen können und von sehr vielen Drittherstellern für Windows angeboten werden.
Wie kann man also diese alten Win32 Programme in das neue stabile System integrieren? Nun, man könnte sie theoretisch statt für Win32 für Windows Runtime programmieren, was praktisch bei vielen Programmen aber an der eingeschränkten Leistungsfähigkeit der Windows Runtime sowie dem immensen Aufwand scheitern würde. Denn z.B. Adobe würde niemals anfangen Photoshop von Grund auf neu zu programmieren, niemals.
Nun hat Microsoft sich für dieses Problem eine Lösung überlegt. Die klassischen Win32 Programme werden in kompakte virtuelle Maschinen verpackt, die wiederum für den Benutzer nicht sichtbar in das laufende Windows eingebunden werden. Das Programm das nun innerhalb dieser virtuellen Maschine läuft, kann seine Dateien und Registry Einträge weiter lustig dorthin schreiben wo es möchte, der Hersteller der Anwendung muss also keine grundlegenden Änderungen am Code des Programms vornehmen. Kann dieses Programm nun weiterhin mein System vermüllen oder es zum Absturz bringen? Ja das kann es, allerdings nicht das eigentliche Betriebssystem, sondern nur jenes, das in erwähnter virtueller Maschine läuft. Möchte man dieses Programm nun entfernen, so wird einfach der Container der entsprechenden virtuellen Maschine gelöscht, es gibt keinerlei Rückstande am eigentlichen Betriebssystem, eine saubere Deinstallation.
Diese beiden Technologien, Windows Runtime Apps und in Container verpackte Win32 Apps, bündelt Microsoft nun unter dem Namen UWP Universal Windows Platform Apps.
Okay… Aber was haben nun Spiele damit zu tun?
Spiele die z.B. bei Steam vertrieben werden, sind rein technisch gesehen Win32 Apps, bringen also häufig genau die Probleme mit sich die oben beschrieben werden.
Die Vorzüge dieser neuen Plattform habe ich weiter oben erläutert, warum also sollten die Entwickler diese nicht nutzen wollen? Tim Sweeney meint, die Vorteile der UWP könnten nur in Kombination mit dem Windows Store genutzt werden, was genau nicht der Fall ist.
Alle Apps für die UWP werden als appX Paket bereitgestellt, egal ob sie dann aus dem Windows Store, von irgendeiner Website, einer DVD oder sogar aus Steam stammen.
Die Grundlagen für dieses Sideloading von Apps hat Microsoft bereits mit dem 1511 Update von Windows 10 gelegt, das sollte dem Herrn Sweeney also bekannt sein. Die von Ihm geforderte Öffnung der Plattform existiert also bereits.
Die Technologie Win32 Apps für die UWP Plattform anzubieten wird wohl erst ab Sommer generell verfügbar sein, einen ersten Vorgeschmack gab es ja bereits vor wenigen Wochen mit Rise of the Tomb Raider, bei dem, berechtigterweise, diverse Unzulänglichkeiten vorhanden waren. Wie Probleme mit Spiel-Overalys, Vollbildmodi etc., hervorgerufen durch den Container, in dem das Programm nun läuft. Wobei Microsofts Phill Spencer hier ja Verbesserung angekündigt hat.
Grundsätzlich geht Microsoft mit UWP also in die richtige Richtung und sorgt damit lediglich dafür das System stabiler und sicherer zu machen und schottet es keineswegs ab. Immer schön unterscheiden, zwischen UWP Apps und dem Microsoft Store.
UWP Apps -> Gut, eine neue sichere und saubere Möglichkeit Apps zu installieren
Microsoft Store -> Eine zentrale Anlaufstelle für alle „die sich nicht auskennen“, inkl. Automatischer Updates etc. Alle anderen haben genauso wie früher alle Möglichkeiten sich Apps aus alternativen Quellen zu besorgen.
Axel hat geschrieben:Windows 10 kommt mir allgemein nicht auf den Rechner. Ich kann mit dem ganzen Trend hin zu geschlossenen Computersystemen nichts anfangen. Schon bei Windows 7 stören mich einige Einschränkungen, die man erst mühsam abschalten muss. Windows 10 ist dahingehend eine einzige Katastrophe. Es bleibt zu hoffen, dass dieses OS allgemein boykottiert wird.
An welcher Stelle ist Windows 10 denn weiter geschlossen als Windows 7?
Leonard Zelig hat geschrieben:Warum die User allen Ernstes zusätzliche Nachteile (kein echter Fullscreen, keine Mods etc.) in Kauf nehmen sollen, nur weil es Microsoft gerade so schön in den Businessplan passt, bleibt offen.
Das mit dem Fullscreen etc. hat mit dem Businessplan nichts zu tun, sondern technische Gründe. Aber an dem Thema sind sie wohl dran...
Andre Peschke hat geschrieben:Das Problem ist vermutlich wirklich weniger der IST-Zustand, sondern die mögliche Zukunft. Microsoft verschenkt Win10 ja nicht zum Spaß - irgendwoher muss die Kohle später kommen. Free-2-Play auf Betriebssystem-Ebene, sozusagen. Die Vermutung liegt nahe, das unter anderem der Windows-Store da zum Konzept gehört. Das sie Exklusivtitel ihrer Konsole dorthin bringen, passt da ins Bild. Microsoft hat auch in der Vergangenheit bewiesen, dass sie versuchen durchaus Leute zum Wechsel zu "zwingen", wie zB damals als...ich glaube es war DX10 nicht mehr für alte Betriebssysteme verfügbar war.
Das Microsoft Windows 10 verschenkt hat allem nach was man so mitbekommt 2 Hauptgründe.
Punkt eins ist das sie so versuchen die Fragmentierung aus dem Markt zu kriegen, das heißt wenn idealerweise irgendwann jeder auf Windows 10 geupgradet hat, muss nur noch ein Betriebssystem mit Patches versorgt werden. Denn auch Microsoft hat festgestellt das heutzutage niemand mehr Geld für ein OS ausgibt, und man sich ewig an alte Systeme klammert. Das Windows 7 ein zweites Windows XP wird, wo nach Supportende noch über 30% Marktanteil vorhanden ist, versucht man auch mit dieser Upgrade Strategie zu verhindern.
Punkt zwei ist Microsofts unbedeutender Marktanteil im Smartphone-Sektor von weniger als 5%.
Microsoft hat zu Beginn den Smartphone Trend verpennt und ist mit seinem System gestartet, als die Konkurrenz aus dem Hause Apple und Google bereits mit prall gefüllten App Stores aufwarten konnte. Problem an der Stelle ist ganz einfach das Entwickler für eine Mobile Plattform die niemand nutzt keine Apps entwickeln möchten, eben weil kaum Jemand ein Windows Phone nutzt. Die Kunden hingegen möchten keine Windows Phones nutzen, eben weil es keine Apps gibt. Ein Teufelskreis.
Genau diesen Teufelskreis möchte Microsoft mit dem Kostenlosen Windows 10 Upgrade für Desktops durchbrechen. Moment, wo ist da der Zusammenhang?
Die oben angesprochenen Windows Runtime UWP Apps sind mit geringen Code Anpassungen auf dem Windows Desktop und auf Windows Phone/Mobile lauffähig.
Mit dem kostenlosen Windows 10 Upgrade holt Microsoft also potentiell hunderte Millionen Kunden auf seine Store Plattform, was den Store wiederrum für Entwickler attraktiv macht, wodurch wiederrum potentiell mehr Apps im Store landen, was Windows Phone/Mobile für Endkunden wieder attraktiver macht, was für Microsoft mehr Marktanteile im heute so wichtigen Smartphone-Geschäfft bedeuten könnte.
Also ja, der Store gehört durchaus zum Konzept, aber auch um Windows Mobile attraktiver zu machen.
Gehen wir bei DirectX mal etwas weiter in die Vergangenheit...
Windows XP wurde im Jahr 2001 mit DirectX 8.1 ausgeliefert, DirectX 9.0 gab es dann im Jahr 2002, in Kombination mit dem kostenlosen Service Pack 1 für Windows XP, das neben dem neuen DirectX auch noch diverse andere Veränderungen am Betriebssystem mit sich brachte.
Wie sieht die Situation heute aus? Du kannst kostenlos von Windows 7/8 auf Windows 10 upgraden und bekommst dadurch unter anderem ein neues DirectX.
Bevor jetzt jemand kommt „das ist aber ein anderen Windows…“, Wortklauberei, in beiden Fällen sind es Updates für eine existierende Codebasis.
Gut natürlich ist das ein „Zwang“, aber aus meiner Sicht keiner der negative Folgen mit sich bringt, damals wie heute.
Max hat geschrieben:Microsoft hat heute auf der BUILD-Keynote UWP-Versionen von Age of Empires 2 und Witcher 3 gezeigt, die trotzdem mit Steam verbunden waren. Somit scheint klar zu sein, dass UWP nicht Windows-Store-exklusiv ist, womit sich der Rant von Sweeney erledigt hätte.
Natürlich hat sich der Rant erledigt, auch schon vor der Build. Deswegen, leider schaffen es Leute wie Sweeny, die es eigentlich besser wissen sollten, immer wieder mit Falschinformationen Schlagzeilen zu machen.