Runde #048: Das seichte Vergnügen des Auflevelns

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Max
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Runde #048: Das seichte Vergnügen des Auflevelns

Beitrag von Max »

Axel hat geschrieben:Ich finde skillbasierte Spiele einfach schöner, weil sie mich herausfordern, weil man die Freude intensiver fühlt, wenn man in einem Rollenspiel einen schweren Endboss besiegt , wenn man in einem Platformer schwierige Stellen gemeistert oder wenn man in einem Strategiespiel so lang überlegt und probiert hat um eine gute Taktik zu entwerfen, die dann letzlich zum Erfolg führt.
Das ist wohl auch eine Frage, welcher Spielertyp man ist. Ich bin beispielsweise ganz anders als du, weil ich gerade diese intensive Freude nicht habe, wenn ich lange einen schweren Boss bekämpft habe, sondern bei mir der Frust und die Genervtheit überwiegt. Ich finde Bosskämpfe ohnehin scheußlich. Die Art von Progression, die mir Befriedigung verschafft, ist eher von erzählerischer und atmosphärischer Natur. Heißt: Wenn ich in der Geschichte voranschreite und/oder eine Welt erkunde und die Atmosphäre erlebe. Das ist vermutlich auch der Grund, warum mir die Telltale-Spiele so gut gefallen, die ja immer wieder für ihre spielerische Anspruchslosigkeit kritisiert werden. Ich brauche das nicht, mir reicht das Erlebnis der Geschichte vollkommen. In der Hinsicht wäre es mal interessant, die Spielertypen mal wissenschaftlich aufgedröselt zu sehen. Da gab es vor kurzem im englischen Eurogamer einen interessanten Artikel.
Marius
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Re: Gedanken zur Folge 48

Beitrag von Marius »

Vielen Dank für die wieder super interessante Folge! Auch wenn es noch nicht Tomb Raider ist, passt es ja auch ein bisschen dazu.

Habe sie noch nicht komplett angehört, aber muss kurz folgendes loswerden, bevor ichs vergesse: Oft wird ja gesagt, man könne diese Komplettierungs-Nebenbeschäftigungen wie Symbole auf der Karte abgrasen etc. einfach ignorieren, und das stimmt so nicht generell, zumindest nicht für jeden Spielertypus.
Jedenfalls mich stören sie selbst dann, wenn ich sie ignoriere. Das ist wie wenn man sich gesund ernähren will aber neben einem am Schreibtisch steht ein Teller voller leckerer Kekse. Jedenfalls mir geht es dann so, dass ich entweder irgendwann schwach werde und doch einen Keks esse (mit dem resultierenden unbefriedigenden Gefühl) oder meine ganze Konzentration und Willenskraft auf diesen verdammten Teller konzentrieren muss, was dazu führt, dass ich von meiner eigentlichen Beschäftigung abgelenkt werde und für diese weniger Konzentration habe oder weniger Vergnügen daran empfinde.

So ist es auch bei Spielen: Entweder ich mache den Stumpfsinn doch z.B. weil "ist ja gerade in der Nähe, dann nehme ich das noch mit", oder ich muss Disziplin aufwenden, um die bescheuerte Sammelaufgabe jetzt nicht zu machen, um dann doch mit einem leichten Gefühl des Versagens vom Spiel zurückgelassen zu werden, dass man es nicht richtig/komplett/erfolgreich genug gespielt und abgeschlossen habe (z.B. Arkham Knight: Hauptstory erfolgreich zu Ende, aber Gotham immer noch im Griff von x Bösewichten), was einem ganz wichtigen Spaßfaktor von Spielen, nämlich ein (wenn auch rein virtuelles) Erfolgserlebnis zu haben, zuwiderläuft und dieses abschwächt - also ist man doch versucht, den ganzen Stumpfsinn zu machen, um dann am Ende das volle Erfolgserlebnis zu haben, muss dafür aber durch die Kloake der repetitiven Langeweile waten.
Zuletzt geändert von Marius am 6. Mär 2016, 09:51, insgesamt 1-mal geändert.
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Andre Peschke
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Re: Gedanken zur Folge 48

Beitrag von Andre Peschke »

Die Nintendo-Methode ist einerseits wirklich nicht doof, andererseits aber auch irgendwie unbefriedigend, weil die Belohnung für meine Mühen so antiproportional ausfällt. Man hat das Gefühl, für den unwichtigsten Scheiß die größte Mühe aufzuwenden. Das finde ich ebenfalls nicht ideal.

Bei Mega Man: Ja, ABER: Da war auch einfach viel Trial & Error dabei. zB beim Endgegner die falsche Waffe dabei? Ultrahart. Richtige Waffe dabei - geradezu leicht.

Die "X% Complete"-Anzeigen in Spielen sind wirklich inzwischen der Hohn, weil sie jeden kleinen Mist einrechnen. Tomb Raider habe ich zB sogar einigermaßen gründlich durchgespielt und war am Ende glaube ich bei ca. 68% oder so. Die Motivation, den Rest noch abzugrasen ist aber nahe Null.Es stimmt aber, was Marius schreibt: Während des ersten Durchgangs muss ich mich auch immer zwingen, nicht irgendeinen Kleinkram mitzunehmen, weil ich immer denke "aber was, wenn DA was cooles zu finden oder erleben ist?".

Andre
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Skizzenbildner
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Achievements als Gradmesser für Titel-Expertise

Beitrag von Skizzenbildner »

Abgesehen von ein paar Spielen mit reinen Progressions-Achievements (Durchgespielt = 100%) habe ich mir bisher nur bei Deus Ex: Human Revolution DC die Arbeit gemacht, sämtliche verfügbaren Errungenschaften zu holen.

Meine Motivation war es dabei, die in meinen Augen sehr reichhaltige Spielwelt dieses Titels komplett auszukundschaften und das Spiel in seiner Gesamtheit zu durchdringen. Wohlgemerkt: Erst beim zweiten Durchspielen.

Ziel war es demnach vor allem, die Mechaniken im Spiel und das Werk an sich zu erfassen - sprich: Das Spiel insgesamt möglichst vollständig zu verstehen. Ähnliches habe ich mir für die Zukunft auch noch für Dishonored vorgenommen.

In diesem Sinne: Sind Achievements vielleicht auch eine Art Gradmesser, wie tief man ein Spiel auf einer mechanisch-wissenschaftlichen Ebene durchdrungen hat? Sachen wie das berühmte "Trage den Gartenzwerg in Half-Life 2 Episode 2 durchs halbe Spiel und packe ihn dann am Ende in die Rakete" seien hier mal aussen vor gelassen. :)
Als Anderaal in der Welt der Spiele und als Skizzenbildner überall sonst unterwegs.
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Nachtfischer
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Re: Gedanken zur Folge 48

Beitrag von Nachtfischer »

Zum Thema "Früher ging es doch auch ohne" (arbiträren Pseudofortschritt): Ein entscheidender Grund dafür, dass das heute (vermeintlich) nicht mehr geht, ist, dass Spielern eben mittlerweile ihr 83. Ego-Shooter vorgesetzt wird, also prinzipiell das gleiche Game-Design wie schon 82 mal davor. Große Teile des natürlichen Skill-Fortschritts fliegen somit raus, da sie schon in älteren Spielen durchlebt wurden. Wirklich originelle, den Spieler noch ernsthaft fordernde Designs haben die ganzen Holzhammer-Karotten wesentlich weniger nötig.

Sehr schön übrigens wie ihr ein Gros der modernen Spiele als den süchtigmachenden und gehaltlosen Mist identifiziert, der es ist. Ich habe da einige Parallelen zu Jonathan Blows diesbezüglicher Philosophie rausgehört.
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derFuchsi
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Re: Gedanken zur Folge 48

Beitrag von derFuchsi »

"Geschmacksverstärker für Spiele"
Besser konnte man das Thema Progressionssysteme nicht zusammenfassen, herrlich ! :lol:
Max hat geschrieben: Das ist wohl auch eine Frage, welcher Spielertyp man ist. Ich bin beispielsweise ganz anders als du, weil ich gerade diese intensive Freude nicht habe, wenn ich lange einen schweren Boss bekämpft habe, sondern bei mir der Frust und die Genervtheit überwiegt.
...
Es kommt auch irgendwie auf die Lebensphase an.
Als Schüler hatte ich massig Zeit, da hat man sich auch gerne an ein Spiel festgebissen und war stolz wie Oscar wenn man etwas geschafft hatte was lange unmöglich aussah.
Als Erwachsener mit Familie und Beruf ist die Freizeit begrenzt. Jetzt ärgert es mich massiv wenn ich meine begrenzte Freizeit damit verschwende immer und immer wieder den gleichen Abschnitt eines Spieles zu probieren.
Ist trotzdem kein Grund auf aufgesetzte Progressionssysteme zurückzugreifen.
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Nachtfischer
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Re: Gedanken zur Folge 48

Beitrag von Nachtfischer »

derFuchsi hat geschrieben:Als Erwachsener mit Familie und Beruf ist die Freizeit begrenzt. Jetzt ärgert es mich massiv wenn ich meine begrenzte Freizeit damit verschwende immer und immer wieder den gleichen Abschnitt eines Spieles zu probieren.
Da läuft dann aber noch etwas viel Grundlegenderes verkehrt im Game-Design. Die Tatsache, dass ich scheitere, heißt ja nicht, dass ich einen Abschnitt 1:1 wiederholen muss (um dann gegebenenfalls nicht zu scheitern, weil ich ja eh schon weiß, was mich erwartet, Spannung pur...). Roguelikes haben schon seit Ewigkeiten verstanden, dass strategisch interessante Single-Player-Spiele permanentes Scheitern sowie Randomisierung in ihrem Aufbau brauchen, damit es eben nicht zu solchen Trial-and-Error-Frustorgien kommt (die übrigens meines Erachtens auch für den "Schüler mit massig Zeit" beschissen sind, ihm ist es nur noch nicht so bewusst beziehungsweise wichtig).

Typischerweise geraten Spiele in die von dir erwähnte Falle ("Bitte nochmal genauso, nur jetzt richtig!"), wenn sie auf Teufel komm raus eine lineare Erzählung mit forderndem Gameplay verknüpfen wollen. Das geht eben in der Regel schief.
derFuchsi hat geschrieben:"Geschmacksverstärker für Spiele"
Besser konnte man das Thema Progressionssysteme nicht zusammenfassen, herrlich ! :lol:
Stimmt, die Analogie funktioniert hervorragend, um auf den schädlichen Charakter vieler moderner Titel aufmerksam zu machen. Allerdings ist das ganze noch recht nett ausgedrückt (wie Geschmacksverstärker ja auch irgendwie ein Euphemismus ist) - im Gegensatz zu beispielsweise "Psychological Exploitation Games". :D
Marius
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Re: Gedanken zur Folge 48

Beitrag von Marius »

Nachtfischer, vielen Dank für die Links, die sind sehr interessant.
Maestro84
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Re: Gedanken zur Folge 48

Beitrag von Maestro84 »

Als Andre erwähnte, dass er nach manchen Spielsessions denkt, ob das jetzt wirklich tolle x Stunden waren, musste ich sofort an mich denken. Wie oft in den letzten Jahren saß ich sonntags, wenn meine Partnerin arbeiten musste, 3-4 Stunden an einem Spiel und habe gezockt, danach musste ich aber wirklich überlegen, ob ich überhaupt Spaß hatte? Und das bei der begrenzten Freizeit, eigentlich ist man ja blöd, aber man fällt halt wirklich auf diese Minibelohnungen drauf rein. Wobei ich zugeben muss, dass ich mittlerweile wohl nicht ohne Grunde immer weniger zocke, irgendwie hab ich durchaus das Gefühl, bei anderen Hobbys mehr Entspannungswert herauszuholen, ohne mir am Ende die Frage nach dem Spaß in Spiel x stellen zu müssen.
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Nachtfischer
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Re: Gedanken zur Folge 48

Beitrag von Nachtfischer »

BlackSun84 hat geschrieben:irgendwie hab ich durchaus das Gefühl, bei anderen Hobbys mehr Entspannungswert herauszuholen
Ich bin ohnehin der Ansicht, dass gute Spiele als Entspannungslieferanten vergleichsweise wenig taugen. Am besten sind sie letztlich, wenn sie den Spieler fordern, wenn sie ihm neue Dinge beibringen, ihn gewissermaßen das Lernen lehren und ihm komplexe Denkprozesse auf greifbare Art und Weise zugänglich machen. Das kann sehr bereichernd sein, ist aber nicht wirklich "entspannend".

Und das ist ja auch nicht schlimm. Nach Herzbergs Zwei-Faktoren-Theorie ist Entspannung ein "Hygiene-Faktor". Das heißt wir alle brauchen sie, aber sie allein ist kein Grund zur Ekstase. Auf der anderen Seite stehen die "Motivatoren" im Sinne der intrinsischen Motivation, die uns erst wirklich Erfüllung bereiten und uns zur persönlichen Weiterentwicklung anregen. Gute Spiele können großartige Motivatoren sein.
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Klagsam
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Re: Gedanken zur Folge 48

Beitrag von Klagsam »

Nachtfischer hat geschrieben: Auf der anderen Seite stehen die "Motivatoren" im Sinne der intrinsischen Motivation, die uns erst wirklich Erfüllung bereiten und uns zur persönlichen Weiterentwicklung anregen. Gute Spiele können großartige Motivatoren sein.
Guter Punkt. Ich glaube genau darin liegt das Problem mit den Rangsystemen. Bei diesen handelt es sich nämlich eigentlich um extrinsische Motivatoren und wahrscheinlich sogar um C- gestrichen Motivatoren (s.u.). Daher machen diese auf Dauer nicht zufrieden, sondern es ist eigentlich so, als habe man Hunger und würde etwas trinken. Das macht zwar für kurze Zeit satt, aber kurz danach muss man wieder etwas trinken.
Ganz anders dagegen das erleben einer guten Geschichte oder eines anderweitig gestrickten Spiels, dessen spielen an sich Spass macht. Hier handelt es sich im einen intrinsischen C+ Motivator, weshalb uns das in der Regel über einen längeren Zeitraum zufriedener macht (bei gleichzeitig kürzerer Spielzeit)
Klagsam hat geschrieben: Exkurs Lerntheorien= grundlegende Motivatoren: Es gibt im wesentlichen vier verschiedene mögliche Konsequenzen eines Handelns:
1. Wir bekommen etwas positives (bspw. Geld oder Anerkennung) = C+ = Belohnung
2. Wir bekommen etwas negatives (bspw. Elektroschocks oder auf die Fresse) = C- = Bestrafung

3. Uns wird etwas negatives weggenommen (bspw. keine Elektroschocks mehr oder wir erhalten eine Bestätigung darüber, dass wir entgegen unserer tief verwurzelten Annahme doch nicht scheisse sind) = C- gestrichen = Belohnung
4. Uns wird etwas positives weggenommen (bspw. Geldstrafe oder Statusverlust) = c+ gestrichen = Bestrafung

Dabei ist C+ natürlich psychologisch eine viel gesündere Form der Belohnung, als C- gestrichen oder anders gesagt, ein Lob ist viel gesünder als nicht auf die Fresse zu bekommen. Leider lernen wir über Bestrafung in der Regel aber schneller als über Belohnung (über Belohnung aber dafür nachhaltiger).
Das Problem mit den Rangsystemen ist jetzt, dass wir zwar alle Nase lang Anerkennung, also C+ erhalten, dass uns das aber offensichtlich nicht zufrieden macht. Das liegt möglicherweise daran, dass wir (oder diejenigen, die besonders auf diese Systeme abfahren) ständig internale Aufwärtsvergleiche (wir vergleichen uns mit "besseren" Spielern) laufen haben, woraus sich natürlich schliessen lässt, dass diejenigen, die besonders auf diese Rangsysteme abfahren eigentlich ein (stark) negatives Selbstkonzept aufweisen, das durch die ständigen Erfolgsmeldungen immer nur rudimentär "zurückgedrängt" wird. Die Erfolgsmeldungen enthalten also die Nachricht "doch nicht scheisse" zu sein. Deswegen wird das dahinterliegende Motiv (Anerkennung) aber nicht befriedigt, weshalb diese Rangsysteme auch nicht zufrieden machen.
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Vinter
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Re: Gedanken zur Folge 48

Beitrag von Vinter »

Stichwort Skillsystem - Besser/Schlechter?

Ein hervorragendes Beispiel, wo ein Skillsystem das Spiel imho schlechter gemacht hat ist Watch Dogs. Die meisten werden sich erinnern: Man ist Hacker, kann alles hacken was einem so begegnet, u.a. Brücken, Ampeln, ausfahrbare Poller (vor die man dann Verfolger krachen lässt). Und Ubisoft hat all diese Skills branchenüblich in einen relativ großen Skillbaum gepackt, der zwar auf den ersten Blick komplex wirkt, aber durch den ständigen Skillpunktenachschub für jeden Kleinscheiß den man anstellt (auch hier der Verweis auf die Folge) stellt man schnell fest, dass das eigentlich ziemlich simpel ist und der Skillbaum nicht mehr ist als ein billiger Timesink.

Und billig im wahrsten Sinne des Wortes, denn es war die einfachst-mögliche Art von Ubisoft Montreal, so ein Progressionssystem umzusetzen.
Wie viel cooler und dem Szenario zuträglicher wäre es denn gewesen, wenn ich anstatt Erfahrungspunkte zu sammeln und willkürlich Zeug freischalten diese Skills freischalte, in dem ich in der Spielwelt verteilte Nebenquests mache? Wenn ich, um Ampeln hacken zu können, erst zur Verkehrsleitzentrale fahren müsste und mich dann dort eindringen und einen Server hacken müsste? Das würde auch viel mehr Sinn machen als Aidan Pearce, der gerade noch keine Ampeln hacken konnte plötzlich mit dem selben Equipment diese Fähigkeit hat, weil der Spieler auf einer Metaebene einen Skillpoint investiert hat.

Da hat man eine große Chance vertan, wirklich mal ein interessantes Progressionssystem zu implementieren, dass sich direkt aus dem Spiel und der Spielwelt speist, weil man mit einem billigen und bei Spielern akzeptierten System die risikoärmere Schiene gefahren ist. Aber es wäre natürlich weitaus aufwendiger gewesen, für ~50 Skills oder so die entsprechenden Ingame Lokalitäten zu modellieren und mit (abwechslungsreichen) Nebenquests zu versehen.

Und dann gibt es sogar so ein ähnliches System wie das von mir vorgeschlagene System in Watch Dogs, nämlich die unvermeindlichen Ubisoft-Türme, die in WatchDogs CToS-Server sind. Die sind meist irgendwo versteckt, um dorthin zu gelangen muss man ein bisschen knobeln aber anstatt dass dann etwas interessantes passiert schaltet man nur neue Icons zum abklappern auf der Karte frei. Typisch Ubisoft eben. Sehr schade.
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Yometheus
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Re: Gedanken zur Folge 48

Beitrag von Yometheus »

Wiedermal eine tolle Folge! Sehr interessant und trotz eurem Abgeschweife nicht sonderlich ausufernd, sondern eher ums Thema tänzelnd. :)

Ich möchte an dieser Stelle mal etwas Wasser in den Wein kippen:
Ich für meinen Teil habe in der Diskussion das eine oder andere Mal zu sehr "Früher war alles besser" herausgehört. Ich möchte anmerken, dass ich den x%-Balken und -Anzeigen in Spielen seit Donkey Kong Country auf dem SNES nichts mehr abgewinnen kann. Als ich das Spiel nämlich mit meinem Bruder durchgespielt hatte, waren das gerade mal 50+x % laut "Spielfortschrittanzeige" (weil wir nicht alle der rein zufällig verstreuten Bonuslvl gefunden hatten). Meine Frustration war aber nicht in der Form, dass ich mich von der Auswertung betrogen gefühlt habe, weil die Bonuslvl irgendwie magisch in diese Rechnung hineinkommen, sondern dass ich mich beim Start des Spielens noch gefreut habe "Yeah, gerade mal die reichliche Hälfte des Spiels hast du hinter dir!" und dann war es nach 20 Minuten vorbei.

Gerade das Suchen von Bonusleveln in den älteren SNES-Spielen, wo ich nicht mal weiß wie viele Bonuslvl in einem Level versteckt sind, ist für mich ein total lasches Spieldesign, dass ich am ehesten mit "Brute-Force"-Algorithmen vergleichen würde. Funktionieren, sind aber unspektakulär und langweilig. Und auf diese Mechaniken kann ich gerne auch in heutigen Spielen verzichten, wie z.B. in Darksouls oder vielen RogueLikes wie FTL, wo sinnloser Frust elementarer Bestandteil der Spielerfahrung ist. Ich erwähn das deshalb, weil Darksouls und RogueLikes gerne mal als Beispiele für "gutes Spieldesign" hervorgeholt werden, wie ihr es in der Folge ebenfalls getan habt.

Also ja, tendenziell gehe ich mit euren Thesen mit, dass die Monetarisierung der Branche auf beim Aufleveln komische Früchte trägt, aber solche "Geschmacksverstärker" gabs auch schon früher. Ich finde dieses Analogie übrigens sehr gut, nur würde ich bezüglich der Analogie behaupten, dass es auch früher kein "Bio" gab, sondern einfach das Bewusstsein der Konsumenten mit dem Alter gereift ist - wie übrigens auch bei den Lebensmitteln selbst.
Klagsam hat geschrieben:
Nachtfischer hat geschrieben: Auf der anderen Seite stehen die "Motivatoren" im Sinne der intrinsischen Motivation, die uns erst wirklich Erfüllung bereiten und uns zur persönlichen Weiterentwicklung anregen. Gute Spiele können großartige Motivatoren sein.
Guter Punkt. Ich glaube genau darin liegt das Problem mit den Rangsystemen. Bei diesen handelt es sich nämlich eigentlich um extrinsische Motivatoren und wahrscheinlich sogar um C- gestrichen Motivatoren (s.u.). Daher machen diese auf Dauer nicht zufrieden, sondern es ist eigentlich so, als habe man Hunger und würde etwas trinken. Das macht zwar für kurze Zeit satt, aber kurz danach muss man wieder etwas trinken.
Ganz anders dagegen das erleben einer guten Geschichte oder eines anderweitig gestrickten Spiels, dessen spielen an sich Spass macht. Hier handelt es sich im einen intrinsischen C+ Motivator, weshalb uns das in der Regel über einen längeren Zeitraum zufriedener macht (bei gleichzeitig kürzerer Spielzeit)
Klagsam hat geschrieben: Exkurs Lerntheorien= grundlegende Motivatoren: Es gibt im wesentlichen vier verschiedene mögliche Konsequenzen eines Handelns:
1. Wir bekommen etwas positives (bspw. Geld oder Anerkennung) = C+ = Belohnung
2. Wir bekommen etwas negatives (bspw. Elektroschocks oder auf die Fresse) = C- = Bestrafung

3. Uns wird etwas negatives weggenommen (bspw. keine Elektroschocks mehr oder wir erhalten eine Bestätigung darüber, dass wir entgegen unserer tief verwurzelten Annahme doch nicht scheisse sind) = C- gestrichen = Belohnung
4. Uns wird etwas positives weggenommen (bspw. Geldstrafe oder Statusverlust) = c+ gestrichen = Bestrafung

Dabei ist C+ natürlich psychologisch eine viel gesündere Form der Belohnung, als C- gestrichen oder anders gesagt, ein Lob ist viel gesünder als nicht auf die Fresse zu bekommen. Leider lernen wir über Bestrafung in der Regel aber schneller als über Belohnung (über Belohnung aber dafür nachhaltiger).
Das Problem mit den Rangsystemen ist jetzt, dass wir zwar alle Nase lang Anerkennung, also C+ erhalten, dass uns das aber offensichtlich nicht zufrieden macht. Das liegt möglicherweise daran, dass wir (oder diejenigen, die besonders auf diese Systeme abfahren) ständig internale Aufwärtsvergleiche (wir vergleichen uns mit "besseren" Spielern) laufen haben, woraus sich natürlich schliessen lässt, dass diejenigen, die besonders auf diese Rangsysteme abfahren eigentlich ein (stark) negatives Selbstkonzept aufweisen, das durch die ständigen Erfolgsmeldungen immer nur rudimentär "zurückgedrängt" wird. Die Erfolgsmeldungen enthalten also die Nachricht "doch nicht scheisse" zu sein. Deswegen wird das dahinterliegende Motiv (Anerkennung) aber nicht befriedigt, weshalb diese Rangsysteme auch nicht zufrieden machen.
Boah, darüber sollte ich mal mehr lesen oder mir Gedanken machen. Als angehender Pädagoge finde ich das sehr sehr interessant 8-)
Rhetorik-Tipp: Diskussionen gewinnt man leichter, indem man ruhig und sachlich bleibt und eine Pistole vor sich auf den Tisch legt.
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Wudan
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Re: Gedanken zur Folge 48

Beitrag von Wudan »

Max hat geschrieben:In der Hinsicht wäre es mal interessant, die Spielertypen mal wissenschaftlich aufgedröselt zu sehen.
Das ist in der Tat interessant. Aber im Prinzip kann man das, wie Gunnar Lott mal sehr schön sagte, runterbrechen auf "Playmobil Spieler und Lego-Spieler" :D
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Wudan
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Re: Gedanken zur Folge 48

Beitrag von Wudan »

Andre/Jochen: Es hat mich verwirrt das ihr in dieser Folge ausgerechnet Dragon Age: Origins als positives Beispiel angeführt habt was Füllen der Spielwelt und Nebenquests angeht.
Ich gehöre tatsächlich zu den Leuten die erst vor kurzem DA:Origins das erste mal gespielt haben. Irgendwie hab ich das immer aufgeschoben die letzen Jahre, aber jetzt wars endlich mal an der Reihe.
Und ehrlich gesagt kann ich die ganze Lobhudelei um dieses Spiel gar nicht so richtig nachvollziehen. Okay, es hat ein wirklich tolles Skillsystem. Quasi der feuchte Traum der Pen&Paper Rollenspieler. Aber Quests?
Ich war da eher enttäuscht. Denn nach dem wirklich gut gemachten, fulminanten Auftakt folgen erstmal locker 20 Stunden endloses langweiliges gegrinde. Ich hab, unabhängig von der Quest, egal oh Haupt oder Nebenquests, viele viiiele Stunden einzig damit verbracht mich an diversen Orten einen Raum nach dem anderen von Gegnern zu säubern. Klar kam auch hier und da mal coole Dialoge dazwischen, aber vom Gameplay her wars über lange Strecken einfach nur "Raum cleanen, Kisten öffnen, nächster Raum. Cleanen, Kisten, nächster Raum" usw usw. Ich denk da nur an den Turm der Magi der gefühlte 200 Räume hat die man einen nache dem anderen cleanen muss, da hab ich echt teilweise die Hasskappe gekriegt.
Und letztendlich hat mich das Spiel damit auch verloren, ich hab gegen Ende gar nicht mehr so richtig Bock gehabt mich durch die letzten Horden auch noch durchzugrinden. Das Ende war dann wieder ganz gut, aber auf DLCs hab ich dann doch keine Lust mehr gehabt.

Deswegen meine Verwirrung, also wenns um "Welten sinnvoll füllen" geht und Quests die mehr bieten als Spielzeit strecken, wär DA:Origins sicherlich für mich kein Positivbeispiel gewesen (ungeachtet dessen andererer Qualitäten).
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derFuchsi
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Re: Gedanken zur Folge 48

Beitrag von derFuchsi »

Zum Komplettierungswahn las ich schon den Tipp dass man Witcher 3 besser spielen sollte wenn man die ganzen Fragezeichen auf der Karte in den Optionen abschaltet (Selbst noch nicht gespielt). Angeblich ist das dann ein ganz anderes total entspanntes spielen.
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Ryuneke
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Re: Gedanken zur Folge 48

Beitrag von Ryuneke »

Ein perfektes Beispiel an Spiel, welches in der Presse hochgeschrieben wurde, stellt für eines eurer ersten Argumente Xenoblade Chronicles X dar. Ich selbst empfand das Spiel zu kaum einer Zeit als Vergnügen, sondern stets als ARBEIT. Eine volle Weltkarte mit zich simplen Aufgaben ohne Tiefgang und gutem Questdesign. Da kann die Welt noch so lebendig und dynamisch wirken durch ihre riesigen Aliens etc., wenn sie doch am Ende nur ein großes Grindfestival ist. Ich laufe stundenlang stupide punkte auf der karte ab, erledige einen hol- und bringedienst nach dem anderen, nur um noch mehr geld anzuhäufen, um noch bessere ausrüstung zu erhalten. und dann wird solch ein "erlebnis" als rollenspiel bezeichnet?! dabei existieren doch gar keine rollen, die wirklich miteinander agieren. der begriff rollenspiel wird dadaurch heute zunehmend inflationär benutzt, will heißen, er wird gleichgesetzt mit levelup und exp. richtige rollenspiele sieht man unter den rollenspielen selten.
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Andre Peschke
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Re: Gedanken zur Folge 48

Beitrag von Andre Peschke »

Wudan hat geschrieben:
Max hat geschrieben:In der Hinsicht wäre es mal interessant, die Spielertypen mal wissenschaftlich aufgedröselt zu sehen.
Das ist in der Tat interessant. Aber im Prinzip kann man das, wie Gunnar Lott mal sehr schön sagte, runterbrechen auf "Playmobil Spieler und Lego-Spieler" :D
Zu den Spielertypen spricht die Branche ja schon eine Weile über den Bartel-Test (bzw dessen erweiterte Versionen): https://de.wikipedia.org/wiki/Bartle-Test

Was DA:O angeht: Vielleicht trübt die Zeit da unsere Erinnerungen, aber zumindest was die Ubisoft-Überversorgung an belanglosen Quests angeht, war das doch kein Vergleich? Oder hab ich das so viel vergessen... ist ja auch ne ganze Weile her.

Das "Grinding" in DA:O fand ich u.a. auch weniger grindig, glaube ich, weil die Taktik-Kämpfe weniger belangos waren (erschienen?), als das heutige stumpfe Draufkloppen / -schießen.

Und was Xenoblade Chronicles X angeht, das liegt inzwischen wieder ungespielt herum, nachdem ich ja zwischenzeitlich mit dem Explorationsaspekt des Spiel doch wieder sehr warm geworden war. Verstehe da wirklich den "Hype" nicht (so richtig viel Hype gab's ja nie, weil Wii U).

Andre
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DemianLucis
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Re: Gedanken zur Folge 48

Beitrag von DemianLucis »

Yometheus hat geschrieben: Boah, darüber sollte ich mal mehr lesen oder mir Gedanken machen. Als angehender Pädagoge finde ich das sehr sehr interessant 8-)
Dann aber nicht nur Rational-Choice-Theorien :)
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Wudan
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Re: Gedanken zur Folge 48

Beitrag von Wudan »

Andre Peschke hat geschrieben: Was DA:O angeht: Vielleicht trübt die Zeit da unsere Erinnerungen, aber zumindest was die Ubisoft-Überversorgung an belanglosen Quests angeht, war das doch kein Vergleich? Oder hab ich das so viel vergessen... ist ja auch ne ganze Weile her.
Es gab nicht gar so viele sinnlose Nebenquests, das ist richtig. Also es gab schon einige aber nicht so inflationär wie in anderen Spielen. Ich hätts jedenfalls nicht als das Vorzeige- gute Beispiel eingestuft. Was gute Nebenquests angeht würde ich Mass Efffect 3 ranziehen, aber darüber kann man sicherlich auch diskutieren.
Das "Grinding" in DA:O fand ich u.a. auch weniger grindig, glaube ich, weil die Taktik-Kämpfe weniger belangos waren (erschienen?), als das heutige stumpfe Draufkloppen / -schießen.
Ich persönlich fand es SEHR grindig. Im Prinzip macht man den Großteil des Spiels nichts anderes (auch innerhalb der Mainquest), aber es stimmt - auf höheren Schwierigkeitsgeraden ist der taktische Anspruch sicherlich viel größer und es kommt einem vielleicht nicht so langweilig vor da hast du recht.
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