Enlagom hat geschrieben:
- Charaktersystem: Jeder Charakter in CK2 hat Eigenschaften. Sehr konträre, wie stolz und bescheiden, schließen sich gegenseitig aus. Es gibt unglaublich viele dieser Eigenschaften, die stetig erweitert
wurden. Das löst aber nicht das Problem, daß jeder zweiter CK2 Mensch schizophren zu sein scheint. Ständig trifft man auf Leute die sehr merkwürdig sind. So gibt es religiöse Eiferer, die gleichzeitig gütig und schüchtern sind. Oder lüstern, gemäßigt und bescheiden, oder hinterlistig und treuherzig, etc.
Das ist mir aber eigentlich noch nie negativ aufgefallen. Also, höchstens selten. Es kann doch jemand ein Eiferer sein und gleichzeitig lüstern? Die Tatsache, dass der ein Eiferer ist, kann sich doch einfach darauf beziehen, wie er sich nach außen gibt. Dass er sich trotzdem mit der Magd vergnügt, muss ja keiner wissen
Auch kann man lüstern und gemäßigt sein, da gemäßigt hier als Gegenteil von gefrägig definiert ist. Dann ist es meiner Meinung nach kein wirklicher Widerspruch. Ich kann auch sehr eifrig sein, also absolut überzeugt von meinem Glauben und alle, die sich nicht daran halten, doof finden (aka Beziehungsmalus "Eifrig gegen lüstern"), aber an sich ein schüchterner Mensch...
Also wie gesagt, mir sind die Eigenschaften nie, oder höchstens sehr, sehr selten, als Widersprüche aufgefallen. Menschen sind häufiger mal nicht ganz widerspruchsfrei, das hat für mich eigentlich immer gepasst.
Kritischer sehe ich da eher das Charakterfokus-System, also diese absolut schematischen Ereignisketten, die sich immer wiederholen... wie die von dir bereits genannte Handelsexpedition, die zwar spielerisch super ist, weil sie viel Geld bringt, aber ich an der Stelle eben kurz meinen Kopf ausschalten muss um mich an der Stelle nicht aus der Immersion bringen zu lassen, weil sich schon in den letzten 20 Expeditionen der Hofkaplan bei Tisch danebenbenommen hat.
Hier wurde einfach von Anfang an die Chance vergeben, daß ich festgelegt historische Personen spielen könnte. Wie gern würde ich einen Friedrich Barbarossa spielen, mit realistischen Charakterzügen.
Oder seinen Sohn, Friedrich II, eine der stark faszinierenden Persönlichkeiten des Mittelalters..
Die historischen Figuren sind doch fest definiert? Also wenn ich Karl den Großen spiele, dann ist er eigentlich immer Eiferer und hat immer die gleichen Werte. Genauso El Cid, William von der Normandie, und alle anderen, zu denen Paradox für die Startzeitpunkte irgendwas recherchieren konnte. Oder worauf willst du hinaus?
- Fokussystem: Wie bei den Eigenschaften hat jeder einen Fokus, wie Kampf oder Intrige. Auch das wurde stetig erweitert. Die Probleme wurden nicht angegangen.
Mein Herzog aus Bayern mit dem Fokus Verführen kann sowohl die Hofdame in Bayern, als auch die Königin von Schottland oder auch die Kaiserin des HRR verführen.
Rang oder Entfernung spielen keine Rolle.
Wie gesagt, das Fokussystem finde ich auch nicht so toll.
Aber ich muss hier erwähnen, dass das mit dem Verführen so nicht stimmt. Das war mal in früheren Versionen so, haben sie aber rausgenommen. Wenn sich der Zielcharakter zu weit entfernt aufhält (also ich als Herzog von Bayern die Königin von Schhottland verführen will, oder als Mathilda von der Toskana einen Charakter, der gerade auf Kreuzzug ist... also im Allgemeinen gefühlt mehr als ein paar Provinzen oder über Landesgrenzen hinweg), dann scheitert das Verführungsevent in 95 % der Fälle mit der Meldung "Ich finde nicht die Zeit, eine so lange Reise zu unternehmen, um Prinzessin XY zu verführen".
Trotzdem ist es natürlich
nicht immer besonders logisch. Aber wo hier die Logik ab und zu versagt, eröffnet zumindest der Verführungsfokus spielerisch durchaus neue Möglichkeiten. Auch wenn es gefühlt zu viele Bastarde und Personen mit Lustbläschen gibt, seitdem diese Mechanik eingebaut wurde - aber die Möglichkeit der Intrige sind dadurch deutlich gestiegen. Spielerisch also sinnvoll, in der Umsetzung manchmal nicht ganz nachvollziehbar. Aber wenn eine meiner weiblichen Vasallen zwar verheiratet ist, aber keine Nachkommen hat, dann kann ich sie verführen um zu verhindern, dass ihre Titel außerhalb des Reiches vererbt werden - jedenfalls sofern der Gatte glaubt, dass das Kind von ihm ist

Oder man kann, auch wenn man hier gern über's Exploiten sprechen kann, eine Person mit guten genetischen Merkmalen (Genie, Schnell, Stark, Attraktiv, ...) verführen und falls der Sprössling diese Merkmale erbt, ihn legitimieren und (je nach Erbfolgegesetz) zum Haupterben machen. Aber okay, über den letzten Punkt lässt sich streiten.
Ich will ja nur sagen, dass das Fokus- und insbesondere das Verführungssystem oft nicht hundertprozentisch logisch oder eben zu schematisch ist, es aber teilweise spielerisch trotzdem mehr Tiefe und neue Möglichkeiten gibt. Das ganze müsste einfach weniger schematisch sein, denn die Tatsache, dass es
an sich geht, finde ich eigentlich ziemlich cool!
- Technologie: Ich kann meinen Technologiefortschritt stark ausbauen, indem ich einfach einen fähigen Spitzel in ein Land schicke, das forgeschritten ist.
Konstantinopel oder so. Leider völlig ahistorisch, wenn ich einen 865 eine Wikingerhäuptling spiele.
Jein. Es ist ja nicht so, als wäre man als Wikingerreich dadurch nach 100 Jahren bereits auf dem Stand der christlichen oder muslimischen Welt, das Ganze dauert ja trotzdem seine Jahrhunderte. Und Wikinger in Konstantinopel sind jetzt per se nicht ahistorisch, auch nicht 865, siehe Warägergarde...
- Intrigen: Ständig passiert es mir, daß völlig widersinnige Dinge passieren. Wie oben erzählt findet zB. mein Spitzel heraus, daß er selbst vor hat meinen Sohn zu töten.
Da gäbe es noch viel mehr zu erwähnen..
Ja, ok, das ist mir auch schon mal passiert. Oder dass ich mich selbst hätte in den Kerker werfen können, weil ich mich mir selbst gegenüber unehrenhaft verhalten habe... Ich denke, solche Sachen haben bisschen mit der Komplexität der Spielmechaniken untereinander zu tun. Wobei ich sagen muss, dass mir diese Dinge in den letzten Spielversionen deutlich seltener untergekommen sind... Wurden sie vielleicht rausgepatcht?
Ich habs dann übrigens doch nicht deinstalliert, dafür liebe ich CK2 nach wie vor zu sehr (und hasse es gleichzeitig; bin selbst schizophren).
Meine Frage wäre jetzt gewesen, ob du an manchen Stellen nicht mehr vom Spiel erwartest, als es eigentlich liefern kann? Auch das wieder ohne Unterstellungen, insbesondere wenn du ja auch sagst, dass du das Spiel an sich sehr gern hast

Beim Entschlacken stimme ich dir zu, aber das ist für CK2 wahrscheinlich einfach unmöglich. Und das ist nicht nur die Schuld der Patches und DLCs, sondern teils einfach von der Anlage her. Auch merkt man, dass im Vergleich zu EU4 eine ältere Version der Engine verwendet wird.
Von daher: Ja, ich freue ich auf einen dritten Teil irgendwann, der das Ganze ein wenig entschlackt, aber ich kann auch trotzdem bis dahin noch viel Spaß mit Teil 2 haben. Über den Einfluss von Zufallszahlen habe ich mich natürlich auch schon ein paar mal geärgert, aber da muss man dann eben entweder neuladen oder das Ganze als Teil des Rollenspiels begreifen. Wenn dein Charakter mit 20 an einer Krankheit oder in der Schlacht stirbt, dann ist das zwar doof, aber mei, im Leben kann man auch nicht immer alles optimieren und ausmaxen
