Mailbag: Was kann man gegen toxische Communities tun?

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Otis
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Re: Mailbag: Was kann man gegen toxische Communities tun?

Beitrag von Otis »

Ok, Dein ursprünglicher Beitrag klang halt nach Netz allg., darum habe ich das auch so argumentiert. Zu Social Media speziell mag ich mich nicht groß äußern, da ich darüber nicht viel weiß.

Es blieben aber trotzdem die beiden Punkte:

Mutti X postet völlig überzeugt Schwachsinn auf facebuch, Tochter Y muss dafür in der Schule Spießruten laufen.

Rando Z liket beim Frühstück einen Nazis-Raus-Beitrag und am Abend steht Glatzkopf-Ede aus dem Nachbardorf vor der Tür, um mal bisschen Druck zu machen.

Und nein, ich finde nicht, dass man sich mit jeder Online-Äußerung "mutig" auch zur Zielscheibe von Kriminellen und psychisch Gestörten machen muss, weil man ja schließlich hinter seinen Äußerungen stehen sollte. Und wenn wir jetzt aussortieren, was man online überhaupt äußern muss und was nicht, dann ist die Antwort schnell gefunden: gar nichts und wir können Social Media direkt einstampfen.

Dass man online (öffentlich) auch keine Möglichkeit hat einzuschätzen, wer das Gepostete sehen kann und was diese Personen dann mit den Informationen anstellen, ist noch gar nicht berücksichtigt, von daher ist der Demo-Vergleich vielleicht auch etwas schief. Laufe ich auf einer Demo mit, kann ich vor Ort vielleicht Gefahr ausgesetzt sein und mich im Zweifelsfall auch zurückziehen, aber es weiß nicht gleich jeder Gegner bundes- oder weltweit, wer ich bin.
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lolaldanee
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Re: Mailbag: Was kann man gegen toxische Communities tun?

Beitrag von lolaldanee »

Ich bin immer wieder erstaunt wie wenige Foren etc. konsequent auf Shadow-Banning setzten. Das sollte das gewöhliche Mittel der Wahl sein.
Lasst die Trolle ihre Energie verschwenden, in dem sie sich die Finger wund tippen, ohne dass es andere nervt. In der Zeit können sie wenigstens keinen andere Unfug treiben :P
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GamingLord80
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Re: Mailbag: Was kann man gegen toxische Communities tun?

Beitrag von GamingLord80 »

Numfuddle hat geschrieben: 30. Nov 2021, 09:36 Klarnamenpflicht hat keinen messbaren Effekt. Auf den Plattformen wo es bereits heute Klarnamenpflicht gibt hat sich keine messbare Verbesserung ergeben. Gibt da sehr interessante Studien dazu.

Den besonders auffälligen Leuten ist es schlicht kein Hinderungsgrund unter ihrem echten Namen zu posten

Hier gilt das Gleiche wie bei Videoüberwachung. Man wird es nicht mal eben ändern, aber die Sanktionierung ist deutlich einfacher. Denn zZ ist das Netz zum Teil ein rechtsfreier Raum geworden.
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Feamorn
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Re: Mailbag: Was kann man gegen toxische Communities tun?

Beitrag von Feamorn »

Floki hat geschrieben: 30. Nov 2021, 12:35
Für mich sind Bubbles bspw. Foren. Wenn ich in einem SM Forum unterwegs sein sollte, dann sind da meist Gleichgesinnte oder Trolle, die direkt wieder gelöscht werden. Hier ist es eigentlich vollkommen egal, wer da unterwegs ist. Es ist die Blase unter sich.
Hier findet keine schichtübergreifenden Meinungsbildung statt. Zumal noch kein Forum in der Kritik stand, auch Reddit nicht, Präsidentschaftswahlen zu beeinflussen. Anders bei facebook und Twitter. Ich würde gerne hier die Diskussion hinführen, denn gerade diese Plattformen stehen diesbezüglich ja enorm in der Kritik und das zu Recht.
Nur dass die Kritik an Facebook und Co. bzgl. der Präsidentenwahlen sich ja nicht vorgeblich an Nutzerkommentaren aufhängt, sondern daran, dass da gezielt Werbung geschaltet werden kann, mit der gewisse "vulnerable" Gruppen in's Visier genommen werden können mit passen zugeschnittener Werbung. Bei FB kann (konnte? kenne den aktuellen Stand nicht) man effektiv gegen Geld maßgeschneiderte Werbung schalten, die gewisse Weltbilder verfestigt und auch nicht geprüft wurde, ob die Angaben darin nicht eventuell schlichte Lügen sind.
Wenn ich die beiden aber nehme und einfach mal davon ausgehen, dass ein Klarnamen mit Legitimation der ID bspw. dahinter verpflichtend ist, was passiert dann? Klar, die Mama des kleinen Petes kann einen Beitrag von Anti Nazi Kommentaren liken. Muss das jedem angezeigt werden? Muss überhaupt angezeigt werden, wer etwas geliked hat? Oder kann ich es anzeigen lassen, wenn ich bewusst sage: Ja, das können alle sehen, mir egal.
Oder kann ich es nicht einstellen, dass es nur Leute sehen können, mit denen ich befreundet bin oder festgelegte Kreise? Dies geht ja teilweise auch heute schon. So wie ich in meiner Bubble Dinge teilen kann.
Hier verkürzt Du den eigentlich Kern der Aussagen aber doch wieder. Hier geht es nicht bloß um's (passive) Liken. Es geht darum, dass ich, bspw. bei Twitter, ein Posting verfasse, in dem ich mich gegen, bspw. Querdenker, Nazis oder was weiß ich stelle. Deine Auffassung ist dann: stell dein Profil auf privat, damit nur die Leute es sehen können, denen Du explizit erlaubt hast, dir zu folgen. Das ist dann aber keine öffentliche Debatte mehr, und genau um die geht es doch, wenn man diese Themen aufgreift. Die Antwort kann doch nicht sein, "ja, wenn Du keine reale Bedrohung erleben willst, halt die Klappe in der Öffentlichkeit.
facebook verlangt einen Klarnamen in seinen Nutzungsbedingungen, der EuGH erteilte dem eine Abfuhr. In meiner Erinnerung ist es so, dass das TMG eine Dienstnutzung aktuelle noch anonym erlauben muss. Daher greift die Passage in den Bedingungen in Deutschland zumindest ins Leere, daher unternimmt facebook auch nichts.
Facebook könnte man strafrechtlich relevanten Geschehnissen, oder jenen, die gegen die Nutzungsbedingungen zum Thema Inhalte/Form stehen, aber eben sehr wohl etwas unternehmen, und da passiert eben viel zu wenig, das hat mir der Untersagung einer Klarnamenpflicht erstmal eigentlich gar nichts zu tun.
Das ganze Thema, hier doch mal etwas proaktiv anzugehen und nicht mit den Schulten zu zucken kommt nicht ohne Preis daher: Ja, wenn ich mich bekenne und einen Beitrag like und das passt dem rechten Pöbel nicht, dann muss die Plattform die Nutzer schützen. Bspw. dass die Namen nicht angezeigt werden bei einem Like. Und wenn ich die Entscheidung, wie auch auf einer Demo mitzulaufen, auf der ich auch fotografiert werden kann von der Presse, bewusst treffe, dann lebe ich damit.
Siehe oben, ein einfaches "ja, wenn Du dich äusserst, musst Du halt mit damit Leben" tut es hier schlicht nicht. Es kann nicht sein, dass in einem demokratisch verfassten Staat, mit Meinungsfreiheit im Grundgesetz, eine der Konsequenzen mit denen man Leben muss, wenn man sich öffentlich äussert, dass hinterher Nazis vor meinem Haus stehen. Und das würde eine allgemeine Klarnamenpflicht doch offensichtlich noch deutlich verschärfen.
Die Frage ist legitim: Braucht es dann Social Media noch? Anscheinend ist es ein teils narzisstisches (Hallo Instagram) Grundbedürfnis, sich mitzuteilen und seine Meinung rauszublasen. Doch wenn man dies tut, sollte man auch dazu stehen. Das "Nazi vor meiner Tür"-Argument finde ich teils schon sehr weit hergeholt, mag sein dass das in Bautzen schon einmal vorgekommen ist, es würde mich aber wundern, wenn das aufgrund eines Likes passiert ist.
Der Fall quattromilf war in Köln. Und nein, es war kein Like. Trotzdem muss die Frau das Recht haben, öffentlich für ihre Prinzipien einzustehen, ohne hinterher Morddrohungen für sich und ihre Kinder ausgesetzt sein zu müssen. Dieses "ja, SM eh alle doof, narzisstisch" (hallo Vorurteile...) "und wer sich äussert muss auch mit dem Gegenwind klarkommen" geht mir, wie man vermutlich merkt, dermaßen gegen den Strich... Hier versagen sowohl Plattformanbieter als auch der Staat in seinem Schutzauftrag.
Die Frage ist doch, wo wollen wir ansetzen? Präventiv oder repressiv? Freischaltung oder Moderation? Wieso nicht beides. Wieso aber nicht einfach mal Regeln aufstellen, die gelten und nicht direkt Argumente finden, wieso das alles nicht funktioniert.
Weil Fälle, in denen keine Anonymität gewährleistet ist, eben heute, ohne Klarnamenpflicht, bereits zu realen und gefährlichen Konsequenzen führen. Und eben nicht in Bautzen, sondern überall.
Im übrigen würde ich die Studie, dass das alles nichts bringt gerne mal sehen. Habt ihr da einen Link?
Südkorea: es gab eine Pflicht, die Hasskommentare sind um ganze 0,9% gesunken, dafür hatte man eine riesige Datenbank mit Daten, die ja wiederum auch wieder eine potentielle Gefahr darstellt, im Falle eines Hacks. -> eingestellt
http://english.chosun.com/m/svc/article ... gn=english

Eine Studie aus Zürich hat sogar ergeben, dass Leute mit Klarnamen aggressiver Kommentieren, als solche mit Pseudonymen.
https://netzpolitik.org/2016/studie-fin ... aggressiv/ (Zusammenfassung durch netzpolitik.org, Link zur Studie im Artikel.)
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philoponus
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Re: Mailbag: Was kann man gegen toxische Communities tun?

Beitrag von philoponus »

Numfuddle hat geschrieben: 30. Nov 2021, 09:36 Klarnamenpflicht hat keinen messbaren Effekt. Auf den Plattformen wo es bereits heute Klarnamenpflicht gibt hat sich keine messbare Verbesserung ergeben. Gibt da sehr interessante Studien dazu.

Den besonders auffälligen Leuten ist es schlicht kein Hinderungsgrund unter ihrem echten Namen zu posten
Viele Aktivisten und Journalisten bekommen die Drohungen inzwischen mit Klarnamen, teilweise sogar mit Adressen.
Otis
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Re: Mailbag: Was kann man gegen toxische Communities tun?

Beitrag von Otis »

Das mit dem Like —> Nazibesuch war einvereinfachtes Beispiel für die Art von Gefahren, die Klarnamen mit sich bringen. Der Vergleich mit der Demo zieht für mich auch nicht, wenn man zufällig auf einem Foto in der Presse zu sehen ist, da man als Einzelperson dann immer noch schwieriger zu identifizieren ist und aus der Masse auch weniger hervorsticht als eine sich online konkret äußernde, namentlich genannte Person.

Bei Social Media kann ich nicht wirklich mitreden, da muss ich mich darauf verlassen, was andere für sinnvoll halten.

Ich finde es aber unangebracht, von den Nutzern von Social-Media-Diensten unter dem Deckmantel einer erhofften besseren Diskussionskultur zu verlangen, auf den Schutz, den Aliase gewähren, zu verzichten, während die Betreiber dieser Dienste nachgewiesenermaßen nicht nur kein Interesse daran haben, die Diskussionskultur vergiftende Inhalte oder Nutzer zu bändigen, sondern diese mit dem Ziel der Gewinnmaximierung gezielt fördern und exponieren.

Meiner Meinung nach sollte man daher zunächst mal Zuckermann & Co den Arsch aufreißen, ehe man von Klarnamenpflicht und ähnlichen Maßnahmen am User anfängt. Unabhängig davon, wie vertrauenswürdig ein facebook überhaupt ist, wenn es um den eigenen Umgang mit und Sicherheit von persönlichen Daten geht; ist auch noch ein ganz anderes Pflaster …

Vielleicht wäre ein staatlich oder gemeinnützig geführtes soziales Netzwerk zumindest als Alternative zu den kapitalorientierten Unternehmen eine Überlegung wert. Solange man in Deutschland aber noch am diskutieren ist, ob man nicht noch zehn Jahre mit dem kaputten OH-Projektor auskommt, bevor man über die Anschaffung eines Computers für die Programmier-AG nachdenkt, bleibt das wohl eine Utopie.
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Jochen Gebauer
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Re: Mailbag: Was kann man gegen toxische Communities tun?

Beitrag von Jochen Gebauer »

Numfuddle hat geschrieben: 30. Nov 2021, 09:36Klarnamenpflicht hat keinen messbaren Effekt
Dass Klarnamenpflicht ohne Sanktionen bzw. Sanktionsmöglichkeiten keinen Effekt hat, darauf hätte man aber auch echt ohne Studien kommen können :mrgreen:

Erschreckend ist imho nicht so sehr, dass Hass, Drohungen usw. auch problemlos unter Klarnamen abgesondert werden, sondern dass die Strafverfolgung in solchen Fällen oft ein schlechter Scherz ist. Ein beliebiges Beispiel von sehr, sehr vielen: Für "Hässliche Frau wir finden Dich, pass auf Deine Gesundheit auf" gab's 1.400€ Strafe. Inzwischen wurde das Strafrecht diesbezüglich zwar ein wenig verschärft, aber es ist mir nach wie vor ein Rätsel, warum z.B. für die (implizierte) Drohung gegen die körperliche Unversehrtheit nicht mindestens eine Freiheitsstrafe mit Vorstrafencharakter fällig wird. Natürlich lösen sich dadurch nicht alle diesbezüglichen Straftaten in Wohlgefallen auf, aber wir nehmen ja auch nicht die Torhüter vom Spielfeld, weil in fast jedem Spiel Tore fallen.
MaxDetroit
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Re: Mailbag: Was kann man gegen toxische Communities tun?

Beitrag von MaxDetroit »

Toxische Spieler kann es aus meiner Erfahrung nach auch in allen Altersgruppen geben, wobei es durchaus am Reifegrad der Persönlichkeit liegt, aber der ist ja, wie wir alle wissen, durchaus unabhängig vom Alter. Ich spiele weniger PvP Games, eher MMORPGs, aber da gibt es auch genug toxische Spieler, besonders im Endgame bei den Raids. Für mich geht die Toxizität dort meist mit einem Selbstbild einher, wo der Spieler denkt er sei ein besserer Spieler als andere und fühlt sich einer Elite im Spiel zugehörig - da ziehen dann einige ihre Selbstbestätigung raus. Realität ist aber meist, das sie gar nicht so viel besser spielen als alle anderen, und einfach nur besseres Gear besitzen. Aber immer wenn dann dieses Selbstbild zu erschüttern droht (z.B. bei einem Wipe im Raid, den der Spieler z.B. selbst mit-verschuldet hat), wird die Schuld direkt auf die anderen abgewälzt, besonders einfach wenn man in Random Gruppen ist, die dann dann direkt auch noch blöd angemacht werden.

Problem liegt sicher in dem Selbstbild und den Ambitionen dieser Spieler, die dann mit der Realität auseinanderklaffen. Weiteres Problem ist ja das Spiele das auch noch fördern, in dem sie versuchen selbst schwächeren Spielern die Illusion zu geben sie seinen richtig gut - um so mehr Zeit man in so ein Spiel steckt und um so mehr Ausrüstung man bekommt, desto besser wird mein Char auch. Aber am Ende macht den Unterschied nur aus, wer mehr Zeit in das Spiel gesteckt hat. Und wenn gleich auch das Skill-Level des eigentlichen Spielers teils kaum steigt - gibt dieser sich aber die Illusion hin er sei ein besserer Spieler als andere, weil er ja das bessere Equip hat - das aber nur seine investierte Zeit im Spiel widerspiegelt. Was eine geschickte Selbsttäuschung, die aber von den Spielen oft genug gefördert wird (z.B. man bekommt Zugang zu gewissen Endgame-Aktivitäten nur mit dem entsprechenden Equip, aber Gear-Check ist halt nicht gleich Skill-Check). Und an der Stelle setzt dann ja auch "Pay2Win" an, das aber am Ende nur Zeit durch Geld ersetzt. Selbst PvP Spiele haben ja mittlerweile immer öfter ein Progression System (ich schalte z.B. neue Waffen und Skills frei), mit dem meine Chancen zu gewinnen immer weiter leicht steigen um so länger ich spiele, und um so mehr ich freischalte. Trügerisch.

Oder, man spielt Spiele einfach nur um Spass zu haben und sich in seiner Freizeit damit zu unterhalten, anstatt mit den Ambitionen eines E-Sportlers rumzulaufen, das hilft meist auch ;)
Agrargorn
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Re: Mailbag: Was kann man gegen toxische Communities tun?

Beitrag von Agrargorn »

Jochen Gebauer hat geschrieben: 30. Nov 2021, 13:53
Numfuddle hat geschrieben: 30. Nov 2021, 09:36Klarnamenpflicht hat keinen messbaren Effekt
Dass Klarnamenpflicht ohne Sanktionen bzw. Sanktionsmöglichkeiten keinen Effekt hat, darauf hätte man aber auch echt ohne Studien kommen können :mrgreen:

Erschreckend ist imho nicht so sehr, dass Hass, Drohungen usw. auch problemlos unter Klarnamen abgesondert werden, sondern dass die Strafverfolgung in solchen Fällen oft ein schlechter Scherz ist. Ein beliebiges Beispiel von sehr, sehr vielen: Für "Hässliche Frau wir finden Dich, pass auf Deine Gesundheit auf" gab's 1.400€ Strafe. Inzwischen wurde das Strafrecht diesbezüglich zwar ein wenig verschärft, aber es ist mir nach wie vor ein Rätsel, warum z.B. für die (implizierte) Drohung gegen die körperliche Unversehrtheit nicht mindestens eine Freiheitsstrafe mit Vorstrafencharakter fällig wird. Natürlich lösen sich dadurch nicht alle diesbezüglichen Straftaten in Wohlgefallen auf, aber wir nehmen ja auch nicht die Torhüter vom Spielfeld, weil in fast jedem Spiel Tore fallen.
Die einfache Antwort, wieso das so ist, ist weil Justiz, Vollstreckung und natürlich StA und Polizei komplett unterbesetzt und unterversorgt sind, da wird dann sehr gerne mal wegen §153 StPO eingestellt, gerade bei Beleidigungen. Wenn es dann doch mal ne Verhandlung gibt, läuft es meistens auf eine Freiheitsstrafe von unter einem Jahr bei einem Strafrahmen von bis zu zwei Jahren im Falle von Beleidigung hinaus und da wird dann wegen § 56 I StGB obligatorisch ausgesetzt, wenns doch mal bis zu zwei Jahren geht, eben wegen Absatz 2 fakultativ, um den "richtig bösen Jungs" einen Platz in der JVA freizuhalten.
Deshalb geht man dann lieber den Weg über die Geldstrafe über Tagessätze, das tut meistens schon ausreichend genug weh, gerade bei bestimmten hetztenden Personengruppen. Aber regelmäßig wird gar nicht erst ein Verfahren eröffnet wegen oben genannten Gründen.
Witzigerweise gibts aber das ein oder andere Bundesland, dass dann die verfügbaren Kapazitäten auf kleinkriminelle Betäubungsmittelstraftäter ansetzt, was immer wieder zu abstrusen Zeitungsartikeln über das ein oder andere absurde Urteil führt :ugly:
Böse Zungen behaupten, das wird gemacht um die Kriminalstatistik etwas aufzupolieren, weil man praktischerweise für die PKS keine Verurteilungen braucht
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GamingLord80
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Re: Mailbag: Was kann man gegen toxische Communities tun?

Beitrag von GamingLord80 »

Jochen Gebauer hat geschrieben: 30. Nov 2021, 13:53
Numfuddle hat geschrieben: 30. Nov 2021, 09:36Klarnamenpflicht hat keinen messbaren Effekt
Dass Klarnamenpflicht ohne Sanktionen bzw. Sanktionsmöglichkeiten keinen Effekt hat, darauf hätte man aber auch echt ohne Studien kommen können :mrgreen:

Erschreckend ist imho nicht so sehr, dass Hass, Drohungen usw. auch problemlos unter Klarnamen abgesondert werden, sondern dass die Strafverfolgung in solchen Fällen oft ein schlechter Scherz ist. Ein beliebiges Beispiel von sehr, sehr vielen: Für "Hässliche Frau wir finden Dich, pass auf Deine Gesundheit auf" gab's 1.400€ Strafe. Inzwischen wurde das Strafrecht diesbezüglich zwar ein wenig verschärft, aber es ist mir nach wie vor ein Rätsel, warum z.B. für die (implizierte) Drohung gegen die körperliche Unversehrtheit nicht mindestens eine Freiheitsstrafe mit Vorstrafencharakter fällig wird. Natürlich lösen sich dadurch nicht alle diesbezüglichen Straftaten in Wohlgefallen auf, aber wir nehmen ja auch nicht die Torhüter vom Spielfeld, weil in fast jedem Spiel Tore fallen.
Da ich beruflich damit zu tun habe muss ich da leider sagen, dass nicht jede „Drohung“ auch eine solche ist nach dem Strafrecht. Nehmen wir das sehr beliebte „du wirst schon sehen was dann passiert“. Ja was denn, was wird derjenige sehen? Das Wetter, ein Geschenk? Ja das Gesetz wurde geändert, aber selbst jetzt werden viele Richter das Verfahren wohl einstellen. Denn das Beispiel von dir gab wohl nur eine Strafe wegen dem „hässlich“.
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GamingLord80
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Re: Mailbag: Was kann man gegen toxische Communities tun?

Beitrag von GamingLord80 »

Agrargorn hat geschrieben: 30. Nov 2021, 16:04
Jochen Gebauer hat geschrieben: 30. Nov 2021, 13:53
Numfuddle hat geschrieben: 30. Nov 2021, 09:36Klarnamenpflicht hat keinen messbaren Effekt
Dass Klarnamenpflicht ohne Sanktionen bzw. Sanktionsmöglichkeiten keinen Effekt hat, darauf hätte man aber auch echt ohne Studien kommen können :mrgreen:

Erschreckend ist imho nicht so sehr, dass Hass, Drohungen usw. auch problemlos unter Klarnamen abgesondert werden, sondern dass die Strafverfolgung in solchen Fällen oft ein schlechter Scherz ist. Ein beliebiges Beispiel von sehr, sehr vielen: Für "Hässliche Frau wir finden Dich, pass auf Deine Gesundheit auf" gab's 1.400€ Strafe. Inzwischen wurde das Strafrecht diesbezüglich zwar ein wenig verschärft, aber es ist mir nach wie vor ein Rätsel, warum z.B. für die (implizierte) Drohung gegen die körperliche Unversehrtheit nicht mindestens eine Freiheitsstrafe mit Vorstrafencharakter fällig wird. Natürlich lösen sich dadurch nicht alle diesbezüglichen Straftaten in Wohlgefallen auf, aber wir nehmen ja auch nicht die Torhüter vom Spielfeld, weil in fast jedem Spiel Tore fallen.
Die einfache Antwort, wieso das so ist, ist weil Justiz, Vollstreckung und natürlich StA und Polizei komplett unterbesetzt und unterversorgt sind, da wird dann sehr gerne mal wegen §153 StPO eingestellt, gerade bei Beleidigungen. Wenn es dann doch mal ne Verhandlung gibt, läuft es meistens auf eine Freiheitsstrafe von unter einem Jahr bei einem Strafrahmen von bis zu zwei Jahren im Falle von Beleidigung hinaus und da wird dann wegen § 56 I StGB obligatorisch ausgesetzt, wenns doch mal bis zu zwei Jahren geht, eben wegen Absatz 2 fakultativ, um den "richtig bösen Jungs" einen Platz in der JVA freizuhalten.
Deshalb geht man dann lieber den Weg über die Geldstrafe über Tagessätze, das tut meistens schon ausreichend genug weh, gerade bei bestimmten hetztenden Personengruppen. Aber regelmäßig wird gar nicht erst ein Verfahren eröffnet wegen oben genannten Gründen.
Witzigerweise gibts aber das ein oder andere Bundesland, dass dann die verfügbaren Kapazitäten auf kleinkriminelle Betäubungsmittelstraftäter ansetzt, was immer wieder zu abstrusen Zeitungsartikeln über das ein oder andere absurde Urteil führt :ugly:
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Und hier muss ich eingrätschen. Wenn du nicht weißt wie Polizeibehörden aufgebaut sind bitte keine Mutmaßungen. Kapazitäten werden nicht für Betäubungsmittelstraftäter vorgehalten. Derjenige der nach BtM Delikten sucht, hat nichts mit Bedrohungen zu tun. Und verrückt, dass sollte man auch nicht so abtun. Gesucht wird nach harten Drogen und dabei findet man halt auch weichere. Und wenn du mal gesehen hättest was zB Heroin und Kokain aus einem Menschen machen würde ich es nicht so abtun.
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Agrargorn
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Re: Mailbag: Was kann man gegen toxische Communities tun?

Beitrag von Agrargorn »

Naja, ich hatte jetzt mit keinem Wort die Verharmlosung des Drogenmissbrauchs vorangetrieben. Fakt ist halt einfach, dass bestimmte Bundesländer eine liberalere Politik fahren als andere
https://www.lto.de/recht/hintergruende/ ... ngswidrig/
Ergebnisse sind dann dann solche Geschichten: https://n-land.de/lokales/hersbruck/fue ... -001-gramm

Wie genau die Polizei Abteilungen Personell ausstattet oder strukturiert ist Verwaltungsintern geregelt, das ist mir sehr bewusst, tut aber auf Makroebene keinen Abbruch, weil ich nur das Bild davon beschrieben habe. Und die Leitlinie kommt eben im jeweiligen Bundesland durch die dortige Gesetzgebung zustande, bzw eben durch das jeweilige Ministerium für die Struktur und Zielsetzung der Richtlinienpolitik, die im Fall der Polizei eben vom jeweiligen Innenminister und für die StA vom Justizministerium vorgegeben wird.
Die unterschiedliche Behandlung der Drogenpolitik sollte auch nur als Beispiel für verschiedene Handhabung und Durchsetzung von Strafrecht im jeweiligen Bundesland dienen
Agrargorn
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Re: Mailbag: Was kann man gegen toxische Communities tun?

Beitrag von Agrargorn »

Floki hat geschrieben: 30. Nov 2021, 17:30
Agrargorn hat geschrieben: 30. Nov 2021, 16:04
Jochen Gebauer hat geschrieben: 30. Nov 2021, 13:53

Dass Klarnamenpflicht ohne Sanktionen bzw. Sanktionsmöglichkeiten keinen Effekt hat, darauf hätte man aber auch echt ohne Studien kommen können :mrgreen:

Erschreckend ist imho nicht so sehr, dass Hass, Drohungen usw. auch problemlos unter Klarnamen abgesondert werden, sondern dass die Strafverfolgung in solchen Fällen oft ein schlechter Scherz ist. Ein beliebiges Beispiel von sehr, sehr vielen: Für "Hässliche Frau wir finden Dich, pass auf Deine Gesundheit auf" gab's 1.400€ Strafe. Inzwischen wurde das Strafrecht diesbezüglich zwar ein wenig verschärft, aber es ist mir nach wie vor ein Rätsel, warum z.B. für die (implizierte) Drohung gegen die körperliche Unversehrtheit nicht mindestens eine Freiheitsstrafe mit Vorstrafencharakter fällig wird. Natürlich lösen sich dadurch nicht alle diesbezüglichen Straftaten in Wohlgefallen auf, aber wir nehmen ja auch nicht die Torhüter vom Spielfeld, weil in fast jedem Spiel Tore fallen.
Die einfache Antwort, wieso das so ist, ist weil Justiz, Vollstreckung und natürlich StA und Polizei komplett unterbesetzt und unterversorgt sind, da wird dann sehr gerne mal wegen §153 StPO eingestellt, gerade bei Beleidigungen. Wenn es dann doch mal ne Verhandlung gibt, läuft es meistens auf eine Freiheitsstrafe von unter einem Jahr bei einem Strafrahmen von bis zu zwei Jahren im Falle von Beleidigung hinaus und da wird dann wegen § 56 I StGB obligatorisch ausgesetzt, wenns doch mal bis zu zwei Jahren geht, eben wegen Absatz 2 fakultativ, um den "richtig bösen Jungs" einen Platz in der JVA freizuhalten.
Deshalb geht man dann lieber den Weg über die Geldstrafe über Tagessätze, das tut meistens schon ausreichend genug weh, gerade bei bestimmten hetztenden Personengruppen. Aber regelmäßig wird gar nicht erst ein Verfahren eröffnet wegen oben genannten Gründen.
Witzigerweise gibts aber das ein oder andere Bundesland, dass dann die verfügbaren Kapazitäten auf kleinkriminelle Betäubungsmittelstraftäter ansetzt, was immer wieder zu abstrusen Zeitungsartikeln über das ein oder andere absurde Urteil führt :ugly:
Böse Zungen behaupten, das wird gemacht um die Kriminalstatistik etwas aufzupolieren, weil man praktischerweise für die PKS keine Verurteilungen braucht
Beleidigungen sind in meiner Erinnerungen Antragsdelikte. Also es wird hier nicht von Amts wegen ermittelt. Wer zeigt denn sowas an? Entweder krasse Fälle oder Leute, die das wollen. So ist naturgemäß die Dunkelziffer sehr groß.

Und: Beleidigungen sind ein Vergehen, also Mindeststrafe ist unter einem Jahr. In dem meisten Fällen wird eine Geldstrafe ausgesprochen. Und ich finde auch zu Recht. Was für eine Beleidigung soll das denn sein, für die man in den Knast geht? Vor allem wird es sicherlich nicht die erste des Täters gewesen sein.
Das ist korrekt, Ausnahme ist nur bei besonderen öffentlichen Interesse, was wohl von einiger Beachtlichkeit sein muss im Fall der Beleidigung. Auch wenn bestimmte Hamburger Innensenatoren das gerne anders Aufnehmen würden XD

auch zum zweiten würde ich weitgehend zustimmen, bleibt aber aufs Thema bezogen die Frage im Raum, wie man zumindest generalpräventiv den täglichen Shitstorm abschwächen will, wenn man eher untätig bleibt. Schätze mal die von -wenn ich mich recht entsinne von Sebastian- gehegte Hoffnung, das raue Klima wird sich mit der Zeit selbst regeln bleibt wohl eine ähnliche Hoffnung wie, dass der Markt sich selbst regeln wird.
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Feamorn
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Re: Mailbag: Was kann man gegen toxische Communities tun?

Beitrag von Feamorn »

Floki hat geschrieben: 30. Nov 2021, 17:42
Die anderen Punkte kann ich zusammenfassen: Ich finde es nicht erhaltenswert, dass ich unter einem Pseudonym als Nicht-Journalist etwas liken, teilen oder kommentieren muss und will, dass ich meine Identität verschleiere, egal welchen guten Absichten verfolge. Entweder stehe ich dazu oder ich lasse es einfach. Ich verstehe da das Problem für mich(! – Du musst mich nicht überzeugen, es ist eine Meinung ;-)) nicht, wieso man glaubt, man müsse das anonym machen dürfen. Man kann es doch einfach lassen. Oder die Aufklärungsarbeit der Presse bspw. Überlassen. Hier geht es doch beim Poste nur um Meinungen. Wenn ich Angst vor Konsequenzen habe (nehmen wir mal als anderes Beispiel arbeitsrechtliche), dann sollte ich mich fragen, wieso das so ist. Oder wenn euerer Meinung nach die Demonstration als Beispiel nicht taugt, nehmen wir den Lesebrief, der wird auch mMn nicht anonym veröffentlicht. Wenn ich damit ein Problem habe, dann schreibe ich keinen.
Wenn ich Angst habe, dass Nazis mir deswegen auflauern, muss der Staat für Sicherheit sorgen. Keine Frage. Dafür muss man die Täter kennen. Wenn mich im Internet einer beleidigt auf Facebook, dann muss das auch der Staat regeln: Wenn ich dafür den richtigen Namen und den Profillink einfach melden kann, ist das umso einfacher. Der Staat reagiert und die Prozesse etablieren sich.
Ich gestehen dir deine Meinung auch zu, keine Sorge, also wenn Du sagst, nee, kann dir nicht folgen, alles okay, dann verbleiben wir bei „agree to disagree“. :)

Ich habe allerdings den Eindruck, dass Du gewisse Aspekte dabei nicht beachtest, daher noch eine kleine Ausführung (wie gesagt, wenn Du keine Lust hast, alles ok ;) ).
Dieses „lass es einfach“, bzw. „Steh halt dazu“ ignoriert halt gewisse Umstände bzw. Gruppen.
Für gewisse (marginalisierte) Gruppen ist der Austausch im Netz eben die einzige Möglichkeit zur Kommunikation, gleichzeitig ist, eben durch die Marginalisierung, die Anonymität enorm wichtig. Ich habe hier beispielsweise Transmenschen, (insbesondere) Jugendliche aus dem LGBTQIA-Spektrum, etc. im Sinn. Für die ist die Anonymität je nach Lebensumständen, essentiell, und eben durch diese Umstände der anonyme Austausch oft auch die einzige Möglichkeit, sich über ihr Leben und ihre Probleme auszutauschen. Und dazu gehört eben auch ein öffentlicher Austausch, und ein öffentliches Stellungbeziehen, denn ohne Sichtbarkeit, kann es keine Veränderung in der Gesellschaft geben. Sich da so komplett auf den Journalismus zu verlassen halte ich da für ziemlich blauäugig, denn der Journalismus ist ja von Strukturen, die eben erst zu Marginalisierung führen, genau so betroffen wie der Rest der Gesellschaft. Wenn man diese Gruppen mit einem „steh halt dazu oder schweig“ quasi in die Unsichtbarkeit zwingt, würde man eben auch jegliches Saatkorn für eventuelle Veränderungen unterdrücken, die Initialzündungen für Aufmerksamkeit durch Journalismus würden ausbleiben. Viele Probleme kommen doch erst zu Aufmerksamkeit, weil sich eine gewisse Menge an betroffenen Personen organisiert hat und laut wird. Wie man da darauf hoffen kann, dass diese sich schon alle für sich alleine anonym an Journalisten wenden würden und damit irgendwie eine kritische Masse erreichen können, ist für mich halt schlicht nicht nachvollziehbar. Journalisten und Medien die groß genug sind, um ohne Anonymität mit dem Gegenwind (und damit meine ich Bedrohungen und Gewalt) durch Rechte und andere umgehen zu können, sind ja qua Definition schon so weit weg von den Problemen der Marginalisierten, dass es mir schwer fällt, da zu sehen, wie die Aufmerksamkeit aus diesen heraus entstehen soll. Ausser man setzt durchgehend auf glückliche Zufälle… und das wäre.. naja, wie gesagt, blauäugig.
Zu den Links, die Du nanntest: Die Korea Studie hat finde ich kaum Daten und die auch noch aus 2007 (meine ich). Die Netzpolitik Studie bezieht sich auf Auswertungen von Onlinepetitionen und die Daten sind teils auch schon über 10 Jahre alt:

„Für die Studie definierten sie, was als Online-Aggression gelten sollte. Dazu gehörte ein Satz von 1,481 Schimpfwörtern, die übermäßige Nutzung von Großbuchstaben oder Ausrufezeichen und einige Variablen mehr. Auf der Petitionsplattform können die User angeben, ob sie ihren Namen anzeigen lassen wollen oder nicht. So konnten die Wissenschaftler erfassen, ob ein User anonym oder nicht-anonym auf der Plattform auftrat.“

Ich finde nicht zwingend, dass das ein Beweis für eine Untauglichkeit ist. Vielmehr wird dort ja auch gesagt: „Die Autoren der Studie nehmen an, dass die nicht-anonymen User einerseits davon ausgingen, dass auf sie keine Konsequenzen wegen der Hasskommentare zukämen und sich andererseits eine höhere Glaubwürdigkeit versprachen, wenn sie ihre Aggression mit Klarnamen kommunizierten.“

Das ist das Problem. Es passierte nichts. Es muss natürlich dann etwas passieren und das kann es nur, wenn Prozesse etabliert werden können und ein Anfang ist dabei für mich(!) einfach, dass man mit seiner richtigen Identität kommuniziert – oder es eben lässt.
Ja, die Studien sind insofern etwas schwach, da wir eben noch keine allgemeine (gesetzliche) Pflicht hatten. Dennoch muss ich hier wieder entgegnen, dass die Instrumente für eine Verfolgung durchaus jetzt schon vorhanden sind Identitäten sind durch IP-Logging und Provideranfragen durchaus festzustellen, auch wenn der Beschuldigte mutmaßlich „anonym“ unterwegs war. Das wird nur eben oft nicht durchexerziert.
Angesichts der von mir ausgeführten Gefahren einer Klarnamenpflicht müsste man doch zunächst einmal zusehen, dass die Strafverfolgung entsprechend ausgestattet und geschult wird, dass die vorhandenen Mittel auch ausgeschöpft werden (und ja, das heißt auch mehr Polizisten, das Thema wurde ja oben von wem anders bereits angesprochen). Ebenso wichtig wäre die Verantwortung der SM-Provider zur Moderatin stärker zu betonen und auch zu kontrollieren.
Solange das alles nicht passiert, oft sogar noch die Verantwortung umgedreht wird und den Anzeigenden doch geraten wird, das Internet einfach zu meiden; von dem Problem der rechten Gruppen innerhalb der Behörden ganz zu schweigen, sehe ich nicht den geringsten Anlass, irgendwie so vehement auf die Klarnamenpflicht zu pochen, bei der der Effekt eben mal mindestens in Frage steht und gleichzeitig ziemlich sicher zu gesteigerten Problemen für (potentielle) Opfer führt.
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Jochen Gebauer
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Re: Mailbag: Was kann man gegen toxische Communities tun?

Beitrag von Jochen Gebauer »

GamingLord80 hat geschrieben: 30. Nov 2021, 16:12Da ich beruflich damit zu tun habe muss ich da leider sagen, dass nicht jede „Drohung“ auch eine solche ist nach dem Strafrecht. Nehmen wir das sehr beliebte „du wirst schon sehen was dann passiert“. Ja was denn, was wird derjenige sehen? Das Wetter, ein Geschenk? Ja das Gesetz wurde geändert, aber selbst jetzt werden viele Richter das Verfahren wohl einstellen. Denn das Beispiel von dir gab wohl nur eine Strafe wegen dem „hässlich“.
Wenn das tatsächlich die Rechtsauslegung ist (das kann ich nicht beurteilen, da stecke ich nicht drin), dann hätten wir das Problem doch schon gefunden und schnell gelöst: Gesetz präziser formulieren. Höhere Mindeststrafen definieren. Natürlich wird's immer Fälle geben, in denen ein Gericht sagt, das kann man schon soundso deuten, aber im Zweifel für den Angeklagten. Ist ja auch völlig okay. Aber in dem von mir zitierten Beispiel gibt's relativ wenig Zweifel. Wer anderen Menschen sowas schreibt, dem gehört ne ordentliche rechtliche Schelle.
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Re: Mailbag: Was kann man gegen toxische Communities tun?

Beitrag von GamingLord80 »

Wie gesagt, dass von dir genutzt Beispiel reicht rechtlich gerade mal zur Beleidigung. Alles andere ist zu ungenau. Und man wird auch nicht jede Formulierung in ein Gesetz bekommen.

Und du sagst es selber, im Zweifel für den Angeklagten.
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Otis
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Re: Mailbag: Was kann man gegen toxische Communities tun?

Beitrag von Otis »

Ich könnte mir auch vorstellen, dass durch eine Klarnamenpflicht hauptsächlich die gemäßigteren Stimmen zum Schweigen gebracht würden und die extremeren dadurch lauter. Was dann wohl eher nicht mit toxischen Communitys helfen dürfte. Genau wissen wird man's wohl erst, wenn's soweit ist.
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Felidae
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Re: Mailbag: Was kann man gegen toxische Communities tun?

Beitrag von Felidae »

Floki hat geschrieben: 1. Dez 2021, 11:15Ich finde nicht, dass wenn ich eine Meinung habe im Netz diese hinter einem Pseudonym verstecken muss.
Und das denkst Du eben vermutlich exakt so lange, bis Du erfährst, dass Dein Name auf Todeslisten von Nazis gelandet ist. Wenn Du Tom Schmidt heißt, belastet Dich das evtl. auch noch nicht so sehr - aber mit einem etwas ausgefalleren Namen vermutlich schon.

Und dass man wegen entsprechenden Internetkommentaren auf Todeslisten landet, ist kein Geheimnis.

Insofern - ist Dir das online Flagge gegen Nazis zeigen wert, ermordet zu werden?
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Guthwulf
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Re: Mailbag: Was kann man gegen toxische Communities tun?

Beitrag von Guthwulf »

Floki hat geschrieben: 1. Dez 2021, 11:15Ich stelle ja nur die Frage in den Raum, ob sich jeder Minderheit in einem Pseudonym verstecken muss oder soll?
Falsche Frage. Umgedreht: Warum willst du Minderheiten die Freiheit verwehren, ein Pseudonym nutzen zu können? Und wenn wir schon dabei sind: Warum eigentlich überhaupt noch ein Recht auf Privatsphäre? Die Polizei könnte uns viel besser schützen oder Einbrecher fangen, wenn wir in unseren Privatwohnungen in allen Zimmern 24/7 laufende von der Polizei überwachte Kameras hätten. ;)
Floki hat geschrieben: 1. Dez 2021, 11:15Im Grunde ist es für mich eine kulturelle Frage: Ich finde nicht, dass wenn ich eine Meinung habe im Netz diese hinter einem Pseudonym verstecken muss. Entweder trete ich mir ihr nach Außen und bekenne Farbe oder ich lasse es.
Und trotzdem benutzt du hier im Forum ein Pseudonym und nicht deinen RL Namen. Interessant oder? ;)
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Guthwulf
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Re: Mailbag: Was kann man gegen toxische Communities tun?

Beitrag von Guthwulf »

Floki hat geschrieben: 1. Dez 2021, 12:52
Guthwulf hat geschrieben: 1. Dez 2021, 12:47
Floki hat geschrieben: 1. Dez 2021, 11:15Ich stelle ja nur die Frage in den Raum, ob sich jeder Minderheit in einem Pseudonym verstecken muss oder soll?
Falsche Frage. Umgedreht: Warum willst du Minderheiten die Freiheit verwehren, ein Pseudonym nutzen zu können? Und wenn wir schon dabei sind: Warum eigentlich überhaupt noch Privatsphäre? Die Polizei könnte uns viel besser schützen oder Einbrecher fangen, wenn wir in unseren Privatwohnungen in allen Zimmern 24/7 laufende von der Polizei überwachte Kameras hätten. ;)
Floki hat geschrieben: 1. Dez 2021, 11:15Im Grunde ist es für mich eine kulturelle Frage: Ich finde nicht, dass wenn ich eine Meinung habe im Netz diese hinter einem Pseudonym verstecken muss. Entweder trete ich mir ihr nach Außen und bekenne Farbe oder ich lasse es.
Und trotzdem benutzt du hier im Forum ein Pseudonym und nicht dein RL Namen. Interessant oder? ;)
1. Eine Videoüberwachung auf öffentlich Plätzen halte ich, wie in London, für absolut richtig und notwendig. Alleine zur Aufklärung von möglichen Straftaten. Die Gesetze geben entsprechende Handlungsanweisungen entsprechend vor, Aufschaltung der Polizei, strenge Löschfristen und so weiter. Ich bin kein Freund davon Datenschutz abzuschaffen, gar nicht, es geht mir darum, dass dies ein behördlicher Beissreflex ist, wieso so viele Dinge nicht gehen. Ist auch schön bequem, Corona wäre auch so ein Platzhalter. Aber das sind andere Themen.

2. Ich hatte ja schon oben ein paar mal beschrieben, dass es mir hier nicht um Foren aka Bubbles geht, sondern um Social Media wie facebook und Twitter. Da wo Bubbles aufeinandertreffen und ein genereller Meinungsausstusch stattfindet. Und ja, da bin ich mir meinem richtigen Namen angemeldet.
1. Hat überhaupt aber mal gar nix mit meiner Frage zu tun. Thema verfehlt...

2. Alle soziale Medien sind "Bubbles". Das hier ist ein offenes Forum. Das Publikum mag kleiner sein, als auf Twitter, aber beides sind öffentlicher und genereller Meinungsausstausch (nicht das "spezieller" Meinungsaustausch einen Unterschied machen sollte). Und trotzdem benutzt du hier für deine Meinungsäußerungen ein Pseudonym...
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