Runde #347: Das Geheimnis des dummen Detektivs

Alles, was nicht in ein anderes Forum gehört: Hier rein
Forumsregeln
Datenschutzerklärung: https://www.gamespodcast.de/datenschutzerklaerung/
Impressum: https://www.gamespodcast.de/impressum/

Forenregeln und zukünftige Weltverfassung
ART 1: Behandle andere Nutzer mit Respekt.
ART 2: Do NOT piss off the Podcasters

Lies bitte weitere Hinweise hier: viewtopic.php?f=4&t=2789
Benutzeravatar
Smutje187
Beiträge: 2129
Registriert: 8. Mär 2021, 14:44
Wohnort: Edinburgh

Runde #347: Das Geheimnis des dummen Detektivs

Beitrag von Smutje187 »

Vorneweg: Ich kenne keines der bisherigen Sherlock Holmes-Spiele, aber ein prominentes der von euch im Cast angesprochenen Probleme mit Holmes waren ja die völlig unbegründeten Geistesblitze und hanebüchenen Schlussfolgerungen, zu denen der junge Sherlock fähig war und ich musste bei der Gelegenheit direkt an die „Stay Forever spielt“-Staffel zu „Sherlock: The Riddle of the Crown Jewels“ denken, in der (meine ich) Gunnar auch anspricht, wie problematisch ein genialer Kopf als Protagonist ist: Entweder man ist schlauer als die Spieler und lässt sie dadurch dumm fühlen, oder man muss den Spielern die Hinweise so deutlich vors Gesicht halten, dass jeder das Gewinke mit Zaunpfählen erkennt. Das oben genannte Sherlock nimmt ja dann den Kniff vor, dass man nicht Holmes, sondern Watson spielt. Hätte das dem Spiel hier auch besser getan?
Benutzeravatar
Melometlar
Beiträge: 56
Registriert: 29. Dez 2015, 12:32

Re: Runde #347: Das Geheimnis des dummen Detektivs

Beitrag von Melometlar »

Großartig, das ist so großartig :)
Ich mag meinen Jochen, immer wenn er ein Spiel nicht gut findet, habe ich eine Chance von 80% das ich es gut finde ^^
Ich meine das ist mal eine Art und Weise meine Kaufentscheidungen zu fällen :D

Erstmal zu Sherlock Holmes, ich habe ebenfalls alle Romane und Kurzgeschichten mehrfach gelesen, alle Verfilmungen gesehen und zu 90% im Schrank stehen, einfach nur mal um deutlich zu machen das ich mich auskenne.

Jetzt zu meinem Fazit, ein super Sherlock Holmes Spiel. Ja es hat seine Schwächen und es gibt bessere aber Holmes ist noch kein Detektiv, er fängt gerade erst an und da finde ich es okay wenn nicht so abläuft wie man es später kennt. Auch habe ich auch kein Problem damit dass das Spiel eine "neue" Geschichte erzählt. Ich hoffe auf Fortsetzungen, vielleicht mit cleveren Fällen aber ansonsten darf es sehr gerne so bleiben.

Und recht hast du ... Robert Downey jr als Holmes ... meine Frau liebt diese Filme und ich kann sie einfach nicht ertragen :D
Benutzeravatar
Jochen Gebauer
Beiträge: 1364
Registriert: 1. Nov 2020, 17:41

Re: Runde #347: Das Geheimnis des dummen Detektivs

Beitrag von Jochen Gebauer »

Moooment! Ich habe ausdrücklich kein Problem mit dem jungen Holmes oder der neuen Geschichte. Ich habe ein Problem damit, dass ich einen sexistischen, rassistischen Dummkopf spielen soll. Darauf lege ich Wert :mrgreen:
Otis
Beiträge: 1295
Registriert: 23. Mai 2021, 19:30

Re: Runde #347: Das Geheimnis des dummen Detektivs

Beitrag von Otis »

Macht mich ziemlich traurig, da ich ein ziemlich großer Fan der Reihe bin. Schon Devil's Daughter war schwach, aber immerhin noch mögbar. Neben dem, was Smutje187 schrieb, haben Detektiv-Spiele im Gegensatz zum RL ja auch das Problem, dass dem Spieler die korrekte Antwort untergejubelt werden muss, damit sie als Eingabemöglichkeit zur Verfügung steht; zumindest solange keine Spracherkennungs- und Verstehungs-KI mit rein programmiert ist. D.h. wie Jochen schon sagte, dass die eigentliche detektivische Leistung, nämlich Schlussfolgerungen aus Hinweisen zu ziehen, in vielen Fällen vom Spiel übernommen wird. Die Holmes-Spiele haben dafür eine extrem gute Lösung gefunden und diesbezüglich ihren Höhepunkt meiner Meinung nach mit Crimes & Punishment erreicht. (Nebenbei hat mir The Sinking City recht gut gefallen, auch wenn es seine Schwächen hatte.)

Darum sehr schade, dass das Writing hier wohl derartig dumm ist. Ich hatte auf einen Kauf vorläufig verzichtet, da vieles im Vorfeld verdächtig nach das wird nix roch, aber zuletzt hauptsächlich, als ich den Season Pass sah. Nee, Froschgüter, das muss bei Sherlock Holmes echt nicht sein, danke. Wir sehen uns im Sale.

Sex- und Rassismus aufgrund der Zeitgenössischkeit, ok, aber … da erwarte ich dann eher, dass die anderen Leute den Schwarzen ungerechtfertigt verdächtigen oder eine Frau als Täterin wegen angenommener Unfähigkeit übersehen. Nicht dass Holmes selber das farbige Dienstmädchen mies behandelt und der Schwarze als Voodoopriesterlachnummer rumsteht. (Wobei man letzteres noch so deuten könnte, dass er dieses Klischee bewusst einsetzt.) Klar, Holmes ist als leicht arrogant angesetzt und "Kind seiner Zeit", aber als unmenschlich kluger Kopf müsste er solche gesellschaftlichen Probleme einigermaßen durchschauen können.

Hier wäre doch, gerade weil man einen jungen Holmes vor seiner Karriere spielt, die Gelegenheit für ein frühes Schlüsselerlebnis gewesen, wo er lernt, sich nicht von Vorurteilen zu falschen Schlüssen verleiten zu lassen. Damit hätte man sowohl die Denke dieser Zeit repräsentiert als sich auch davon distanziert, ohne Holmes als woker als realistisch wäre darzustellen. (Etwas, was ich ätzend finde: weißer Protagonist-Dude aus der Oberschicht im historischen Setting rennt unerklärt(!) mit 2021-Political Correctness durch die Gegend und belehrt am besten noch die anderen darüber, wie rückständig sie sind.)

Wozu ein Sherlock Holmes Spiel mit Schusskämpfen daher kommen muss, werde ich auch nicht nachvollziehen können. Ich meine, sorry, aber denken die echt, dass sich deshalb irgendwelche Leute dieses Spiel kaufen, die sich sonst kein Detektiv-Adventure holen würden? Weil ein paar müllige Shootermechaniken mit eingebaut wurden? Wenn ein Kampf für die Story gerade unbedingt nötig ist, macht daraus meinetwegen ein kleines QTE, fertig.
Benutzeravatar
Smutje187
Beiträge: 2129
Registriert: 8. Mär 2021, 14:44
Wohnort: Edinburgh

Re: Runde #347: Das Geheimnis des dummen Detektivs

Beitrag von Smutje187 »

Otis hat geschrieben: 28. Nov 2021, 10:50 Hier wäre doch, gerade weil man einen jungen Holmes vor seiner Karriere spielt, die Gelegenheit für ein frühes Schlüsselerlebnis gewesen, wo er lernt, sich nicht von Vorurteilen zu falschen Schlüssen verleiten zu lassen.
Und wie einfach das ein Spiel hätte machen können: Einen Prolog-Fall (vielleicht an einem anderen Ort, London?) wo Holmes sich verleiten lässt, falsche Verdächtigungen auszusprechen und am Ende findet von allen Personen die Polizei heraus, dass Holmes falsch lag...
Benutzeravatar
Jochen Gebauer
Beiträge: 1364
Registriert: 1. Nov 2020, 17:41

Re: Runde #347: Das Geheimnis des dummen Detektivs

Beitrag von Jochen Gebauer »

Otis hat geschrieben: 28. Nov 2021, 10:50Sex- und Rassismus aufgrund der Zeitgenössischkeit, ok, aber … da erwarte ich dann eher, dass die anderen Leute den Schwarzen ungerechtfertigt verdächtigen oder eine Frau als Täterin wegen angenommener Unfähigkeit übersehen
Exakt das. Zumal das in der Vorlage ja - im Kontext ihrer Zeit - schon haargenau so angelegt ist. In "Das Gefleckte Band", das ich im Podcast erwähne, spielt Doyle mit zeigenösssischen Vorurteilen, indem er die "Zigeuner" als falsche Fährte einstreut. Alle - auch Watson - verdächtigen irgendwie diese seltsamen "Zigeuner". Nur Holmes nicht, den das Vorurteil schlicht nicht interessiert. Die Fakten sprechen nicht gegen die "Zigeuner", also sind die ihm egal. Was nicht bedeutet, dass die Figur an anderer Stelle keine einschlägigen Vorurteile hätte. Hat sie. Sie ist literarisches Kind ihrer Zeit und Schöpfung eines Autors, der bei aller Progressivität nunmal kein aufgeklärter Mensch des 21. Jahrhunderts war oder sein konnte.

Wenn ich mir nun anschaue, was Frogwares ihren Holmes sagen und denken lässt, und das mit der gleichen Linse betrachte, dann sehe ich auch ein literarisches Kind ihrer Zeit. Aber eins, bei dem ich einen ekligen Geschmack im Mund habe.
Benutzeravatar
Melometlar
Beiträge: 56
Registriert: 29. Dez 2015, 12:32

Re: Runde #347: Das Geheimnis des dummen Detektivs

Beitrag von Melometlar »

Jochen Gebauer hat geschrieben: 28. Nov 2021, 10:38 Moooment! Ich habe ausdrücklich kein Problem mit dem jungen Holmes oder der neuen Geschichte. Ich habe ein Problem damit, dass ich einen sexistischen, rassistischen Dummkopf spielen soll. Darauf lege ich Wert :mrgreen:
Nein nein das habe ich auch nicht gemeint, das hast du ja auch im Podcast gesagt, weshalb ich weniger Probleme mit den von dir genannten Dingen habe ist das Alter von Holmes. Wir sind uns ja einig darüber, das wir nichts gegen Neuinterpretationen haben und das ein junger, unerfahrener Holmes so war empfinde ich als "okay". Also ich hätte es schlimmer gefunden wenn der "alte" Holmes so dargestellt worden wäre.

So aber war er in jungen Jahren so und hat bis ins Alter einfach einige Wandlungen vollzogen und aus diesem Blickwinkel ist das schon okay.

Die Fälle dürften ein wenig klüger sein aber zum Spielspaß hat das jetzt nicht wirklich beigetragen, sollte es Fortsetzungen geben, wünsche ich mir aber schon das man einen etwas reiferen Holmes sieht und die Fälle auch intelligenter geworden sind. Als "Start" einer möglichen Reihe, ist das schon okay.

Wichtig ist das man bedenken sollte, man spielt hier nicht den Holmes den wir kennen, das ist ein junger Holmes, er ist noch kein Detektiv, hat kaum Erfahrung. Falsch ist es meiner Meinung nach, diesen Holmes mit dem zu vergleichen den wir kennen
Benutzeravatar
Andre Peschke
Beiträge: 9735
Registriert: 9. Jan 2016, 16:16
Kontaktdaten:

Re: Runde #347: Das Geheimnis des dummen Detektivs

Beitrag von Andre Peschke »

Melometlar hat geschrieben: 28. Nov 2021, 11:16 Wichtig ist das man bedenken sollte, man spielt hier nicht den Holmes den wir kennen, das ist ein junger Holmes, er ist noch kein Detektiv, hat kaum Erfahrung. Falsch ist es meiner Meinung nach, diesen Holmes mit dem zu vergleichen den wir kennen
Das ist halt ne wirre Idee. Als würde man sagen: "Wir machen Tony Hawk 6 als Prequel, bevor er gut Skateboard fahren kann!". :D

Mal davon abgesehen, dass dieser Holmes ja schon brillant sein soll. Seine Superkraft, auch mit abwegigeren Dingen immer recht zu behalten, ist ja stärker denn je. Ulkig übrigens, wie er in der Hinsicht wie James Bond mit seinem Pokerspiel ist. Beide kriegen immer 4 Asse wenn nötig und es wird als Skill verkauft.

Wenn ich mich nicht an schlauen Schlussfolgerungen erfreuen oder aktiv mitraten kann, ist so ein Spiel halt nur Story unterbrochen durch Hotspot abklicken, wie bei jedem schlechten Adventure früher auch schon. Hier mit dem Bonus, dass ich mehr rumrennen darf.

Andre
Benutzeravatar
Jochen Gebauer
Beiträge: 1364
Registriert: 1. Nov 2020, 17:41

Re: Runde #347: Das Geheimnis des dummen Detektivs

Beitrag von Jochen Gebauer »

Melometlar hat geschrieben: 28. Nov 2021, 11:16So aber war er in jungen Jahren so und hat bis ins Alter einfach einige Wandlungen vollzogen und aus diesem Blickwinkel ist das schon okay
Ich finde es offen gestanden sehr bedenklich, wenn wir dummen Rassismus mit "der ist halt 21, so sind die jungen Leute eben" wegwischen. Nein, das ist nicht okay. Wäre es schlimmer gewesen, sie hätten den alten, reifen Holmes so dargestellt? Möööglich? Wobei. Nein. Eigentlich nicht. Denn das hier ist erkennbar kein Fall von "wir wollten die AFD-Flegeljahre von Klein-Sherlock dekonstruieren", sondern es ist im Kontext des Spiels voll okay, Schwarze anhand ihrer äußeren Merkmale zu charakterisieren und wie Abschaum zu behandeln. Das spricht Bände über die Geisteshaltung hinter dem Spiel, und das gehört nicht relativiert.
skade
Beiträge: 384
Registriert: 18. Jun 2020, 12:32

Re: Runde #347: Das Geheimnis des dummen Detektivs

Beitrag von skade »

André! Du hast gerade ein völlig schlüssiges Tony Hawks-Prequel mit jahrelangem Grind und tausenden Euro Investition in Ausrüstung erfunden! Finger weg von Peschkes… äh, Pandoras Box!
Otis
Beiträge: 1295
Registriert: 23. Mai 2021, 19:30

Re: Runde #347: Das Geheimnis des dummen Detektivs

Beitrag von Otis »

Melometlar hat geschrieben: 28. Nov 2021, 11:16Wichtig ist das man bedenken sollte, man spielt hier nicht den Holmes den wir kennen, das ist ein junger Holmes, er ist noch kein Detektiv, hat kaum Erfahrung. Falsch ist es meiner Meinung nach, diesen Holmes mit dem zu vergleichen den wir kennen.
Dieser Ansatz wäre okay und sicherlich auch interessant, um deduktive und moralische Fehler des jungen Holmes zu erklären, aber doch nicht, um Dummheiten und Fehler in der Spielwelt und -handlung zu entschuldigen. Und erst recht nicht, dass der angeblich noch unerfahrene Holmes aus unzureichenden Hinweisen ständig eindeutige Schlussfolgerungen zieht, obwohl eine Vielzahl anderer Erklärungen möglich wäre, und dann damit auch noch richtig liegt. Was viele Geschichten leider als billige Abkürzung nehmen, aber gutes Writing ist das nicht. (Ich meine, lange dünne Finger —> Dieb oder Schloss kann geknackt werden —> Schloss wurde geknackt … :snooty: ) Das Young-Holmes-Argument zöge, wenn er so eine Schlussfolgerung zöge und sie falsch wäre. Dann kann er lernen, z.B. über ein bestimmtes Thema wie Spurensicherung oder -analyse erst mehr zu erfahren, ehe er den Meisterdetektiv gibt.
Benutzeravatar
Jochen Gebauer
Beiträge: 1364
Registriert: 1. Nov 2020, 17:41

Re: Runde #347: Das Geheimnis des dummen Detektivs

Beitrag von Jochen Gebauer »

Otis hat geschrieben: 28. Nov 2021, 12:07Das Young-Holmes-Argument zöge, wenn er so eine Schlussfolgerung zöge und sie falsch wäre. Dann kann er lernen, z.B. über ein bestimmtes Thema wie Spurensicherung oder -analyse erst mehr zu erfahren, ehe er den Meisterdetektiv gibt.
Wenn man jetzt besonders meta (und ein gaaaanz klein bisschen zynisch) sein wollte, könnte man sagen, dass Sherlock Holmes Chapter One das perfekte Spiel für einen aktuellen Zeitgeist ist: Das vermeintliche Lösen von komplexen Problemen durch einfache, falsche Antworten, angereichert mit einer gehörigen Portion Fremden- und Frauenfeindlichkeit. Hier kann sich der Querdenker schlau fühlen.
Benutzeravatar
Oliver Naujoks
Beiträge: 257
Registriert: 12. Dez 2018, 11:09
Wohnort: Zeven
Kontaktdaten:

Re: Runde #347: Das Geheimnis des dummen Detektivs

Beitrag von Oliver Naujoks »

Ich konnte viele der positiven Besprechungen nachvollziehen und kann dem Titel auch viel Freude abgewinnen, deshalb war ich sehr gespannt, als ich die Shownotes zu dieser Folge las, dass ihr das Spiel überhaupt nicht mochtet.

Den Anfang fand ich gleich sehr problematisch. Wenn man gleich auf richtig, richtig dicke Hose als Holmes-Experte macht, dann sollte man auch in seinem Sujet sich sicher bewegen können. Dass Jochen gleich auf Andrés Nachfrage nach russischen Verfilmungen so merkbar schwimmt, ist aber unangenehm irritierend, so Anspruch und Wirklichkeit und so, denn die sowjetische TV-Serie von Anfang der 1980er ist einer DER Heiligen Grale(tm) unter Holmes-Fans. Wohlgemerkt, die ist kein obskurer Parallelimport für sektiererische Experten, sondern einer der ganz großen, bewunderten Adaptionen unter Holmes-Fans. Und die fällt ihm nicht sofort ein? Sofort? So ein gefährliches Halbwissen hätte aber auf einem Holmes-Dinner unter Sherlockians für viele hochgezogene Augenbrauen und peinlich berührte Blicke gesorgt. Wie gesagt, so ein Wissen ist ja kein Muss, wenn man nur "so" Fan ist, wenn man sich aber so laut und deutlich als Holmes-Kenner bezeichnet, war diese Stelle im Podcast schon, sagen wir, höchst verwunderlich und irritierend. André behauptet das ja schlauer Weise gar nicht von sich, so dass kleine falsche Schlussfolgerungen in der Recherche (Conan Doyle hat den Holmes-Namen zu Lebzeiten nie so freigegeben, wie an einer Stelle behauptet wird, die Pastiche-Welle setzte erst sehr viel später nach seinem Tod ein), kein Problem sind.

Aber zum Spiel, einige Einzelaspekte nur, damit es nicht so umfangreich wird.

Ich bin durch das Tutorial so smooth durchgesegelt, weil ich halt nicht hibbelig neu geladen/gestartet habe und mich dadurch verwirren ließ.

Die Stellen mit dem Rassismus und Sexismus, mir war gleich klar, dass diese Pseudoentschuldigung der Entwickler vermutlich nicht die beste Idee war, insbesondere in der Rezeption der westeuropäischen und US-Amerikanischen Presse würde ihnen das niemand durchgehen lassen.
q.e.d.
Ihr thematisiert das schon adäquat, lasst dann aber die vielleicht interessanteste Frage aus, die ich gerne beantwortet gehabt hätte: Frogwares ist ein ukrainischer Entwickler und zumindest meines Wissens nach (man möge mich korrigieren, wenn ich da falsch liege) haben die Sensibilitätsdebatten um Rassismus und Sexismus und die Wokeness in Osteuropa noch lange nicht die WIrkmächtigkeit erreicht wie in Westeuropa und den USA. Die Debatten existieren dort auch, aber nicht so verbreitet wie hier, AFAIK. Das spielt doch hier vielleicht eine wichtige Rolle, das hätte ich gerne thematisiert gehabt. Auch wenn man damit natürlich ukrainischen Entwicklern was unterstellen muss, was selbst wiederum rass..ach, nichts ist halt einfach. Alles ist schwierig.

Was mich aber wirklich gestört hat, ist, wie Ihr Euch dann in Eurer Haudrauflust verrannt habt. Dass Sherlock Holmes aus teilweise durchaus zweideutigen Hinweisen immer die richtigen Schlüsse zieht, gibt es doch im Kanon auch, das erwähnt Ihr doch auch. Wieso lasst Ihr das dem Kanon durchgehen und hackt im Spiel immer und immer wieder drauf ein?!
Zumal Ihr Euch dann zumindest nach meiner Wahrnehmung echt festgebissen habt manchmal: Ihr problematisiert Stellen, wo andere gar kein Problem sehen. Ihr problematisiert die Stelle, wo jemand an einem Tisch in eine Richtung zeigt, weil da eine Figur hinter einem Fenster steht. Das könnte doch diverse andere Erklärungen noch haben, meint ihr. Nö, das ist im Kontext der Szene im Spiel durchaus plausibel, hier konnte ich Euer Problem echt nicht nachvollziehen! Solche Stellen gibt es noch mehr.

Auch unglücklich fand ich, dass Ihr bei Eurer Kritik an der Auflösung des Tutorial-Falles eine GANZ ENTSCHEIDENDE Spielmechanik unterschlagt: Man kann mehrere Personen verdächtigen und verhaften lassen - und erfährt NICHT, ob das die richtige Lösung ist! Wenn ihr den Ehemann beschuldigt, wird dieser ebenfalls verhaftet, die Hinweise lesen sich ebenfalls pseudoschlüssig und ob das dann die Wahrheit war? Schulterzucken.
Und das ist doch im Kanon auch so: Holmes' Indizienketten sind keinesfalls immer wasserdicht, ihm wird nur geglaubt, weil Genie und so.

So. Soll nicht zu lange werden hier.

Ok, ihr mögt das Spiel nicht. Ich schon. Ist halt so. Die obigen Kritikpunkte wollte ich aber gerne angebracht haben.
Zuletzt geändert von Oliver Naujoks am 28. Nov 2021, 12:17, insgesamt 1-mal geändert.
Spielt: Cricket 24, NHL 24, Cyberpunk 2077: Phantom Liberty, Carol Reed 14: The Fall of April, Sherlock (Melbourne House)
Liest: "Und sie rührten an den Schlaf der Welt", C.F. Mahrendorff // "Blue Giant Explorer", Shinichi Ishizuka
Otis
Beiträge: 1295
Registriert: 23. Mai 2021, 19:30

Re: Runde #347: Das Geheimnis des dummen Detektivs

Beitrag von Otis »

Edit: Mich völlig mit editieren/zitieren verzettelt, sorry. :doh:
Zuletzt geändert von Otis am 28. Nov 2021, 12:19, insgesamt 3-mal geändert.
Otis
Beiträge: 1295
Registriert: 23. Mai 2021, 19:30

Re: Runde #347: Das Geheimnis des dummen Detektivs

Beitrag von Otis »

Jochen Gebauer hat geschrieben: 28. Nov 2021, 12:02Das spricht Bände über die Geisteshaltung hinter dem Spiel, und das gehört nicht relativiert.
Hier wäre ich aber etwas vorsichtiger, den Entwicklern nicht irgendetwas in den Mund zu legen. Vielleicht mangelt es da einfach an der entsprechenden Erfahrung usw., solche Themen gekonnt umzusetzen. "So waren die damals drauf, so zeigen wir das", gepaart mit fehlender eigener Erfahrung mit rassistischen Vorurteilen usw. Gerade auch bei dem Dienstmädchen könnte Holmes' Überheblichkeit auch eine Frage der Klassenunterschiede sein, gar nicht weil sie schwarz ist, aber als Schwarze hat sie in dieser Epoche natürlich auch nicht gerade den Posten der Hotelmanagerin inne. Um das beurteilen zu können, müsste ich aber das ganze Spiel kennen. Aus Einzelfällen ergibt sich irgendwann ja doch ein Gesamtbild.

Edit: Dabei wollte ich doch nur das hier an meinen vorherigen Beitrag anhängen … :lol:
Zuletzt geändert von Otis am 28. Nov 2021, 12:27, insgesamt 2-mal geändert.
Benutzeravatar
Smutje187
Beiträge: 2129
Registriert: 8. Mär 2021, 14:44
Wohnort: Edinburgh

Re: Runde #347: Das Geheimnis des dummen Detektivs

Beitrag von Smutje187 »

Young Holmes - heute im weltbesten Spielforum, nächstes Jahr in den Charts (https://www.today.com/popculture/every- ... na15446905)

Aber mal ernsthaft: Ich kriege jedes Mal einen Hals, wenn man Begriffe wie „woke“ verwendet, nur weil man nicht den Schwarzen/Juden/Asiaten als default-böse und offensichtlichen Täter liest, das ist 1A Identitärenduktus, der es schön bis in den Mainstream geschafft hat. Menschen sind per se immer noch Menschen und Vorurteile sind nicht normal sondern scheiße und das hinterfragen der solchen ein fundamentaler Teil des Zusammenlebens.
Benutzeravatar
Jochen Gebauer
Beiträge: 1364
Registriert: 1. Nov 2020, 17:41

Re: Runde #347: Das Geheimnis des dummen Detektivs

Beitrag von Jochen Gebauer »

Oliver Naujoks hat geschrieben: 28. Nov 2021, 12:13Den Anfang fand ich gleich sehr problematisch. Wenn man gleich auf richtig, richtig dicke Hose als Holmes-Experte macht
Du meinst, auf so dicke, dicke Hose, dass man das in einem Stammtischgespräch mit Unterstützung durch sechs Pfungstädter easy als ironisch-übertriebenes Bragging lesen könnte, wenn man die Leute hinter dem Podcast nach 347 Folgen ein gaaaanz klein bisschen kennt? :mrgreen:
Dass Jochen gleich auf Andrés Nachfrage nach russischen Verfilmungen so merkbar schwimmt, ist aber unangenehm irritierend, so Anspruch und Wirklichkeit und so, denn die sowjetische TV-Serie von Anfang der 1980er ist einer DER Heiligen Grale(tm) unter Holmes-Fans. Wohlgemerkt, die ist kein obskurer Parallelimport für sektiererische Experten, sondern einer der ganz großen, bewunderten Adaptionen unter Holmes-Fans. Und die fällt ihm nicht sofort ein? Sofort? So ein gefährliches Halbwissen hätte aber auf einem Holmes-Dinner unter Sherlockians für viele hochgezogene Augenbrauen und peinlich berührte Blicke gesorgt. Wie gesagt, so ein Wissen ist ja kein Muss, wenn man nur "so" Fan ist, wenn man sich aber so laut und deutlich als Holmes-Kenner bezeichnet, war diese Stelle im Podcast schon, sagen wir, höchst verwunderlich und irritierend
Danke, dass du mich daran erinnert hast, warum ich nicht auf Holmes-Dinner mit Sherlockians gehe und mich von solchen Kenner-Kreisen meilenweit fern halte :mrgreen:

Im Übrigen kenne ich die russische Reihe, konnte sie aber ad-hoc nicht den zahlreichen Holmes-Verfilmungen vor meinem geistigen Auge zuordnen. Asche auf mein Haupt. Ich finde sie übrigens ziemlichen Schrott, aber ich bin ja auch kein echter Holmes-Kenner :violin:
Otis hat geschrieben: 28. Nov 2021, 12:17Hier wäre ich aber etwas vorsichtiger, den Entwicklern nicht irgendetwas in den Mund zu legen
Ich lege nicht in den Mund. Auch eine Ignoranz gegenüber der Problematik solcher Darstellungen (die freilich eine mögliche Erklärung ist; ich will da gar keine Bosheit vermuten) offenbart eine Geisteshaltung.
Benutzeravatar
Andre Peschke
Beiträge: 9735
Registriert: 9. Jan 2016, 16:16
Kontaktdaten:

Re: Runde #347: Das Geheimnis des dummen Detektivs

Beitrag von Andre Peschke »

Oliver Naujoks hat geschrieben: 28. Nov 2021, 12:13 Conan Doyle hat den Holmes-Namen zu Lebzeiten nie so freigegeben, wie an einer Stelle behauptet wird, die Pastiche-Welle setzte erst sehr viel später nach seinem Tod ein
Hmm, ich bin recht sicher, dass meine hilfreichen Freunde aus Cambridge sagten, Conan Doyle habe selbst schon angefangen, Derivate zuzulassen. Nur restriktiver, was Neuinterpretationen angeht. Und das eben die fixe Struktur der Geschichten sie hierfür besonders geeignet machte.

Wenn du das als Sherlock Fan nicht kennst, dürfte das so oder so eine Empfehlung sein:

https://www.amazon.com/Cambridge-Compan ... 1316609596

Sehr facettenreich. Kapitel 14 dreht sich um Adaptionen. Ich kann das nur nicht direkt nachschauen, weil ich mir das Hörbuch geholt habe. So konnte ich Einkaufen direkt zur Recherche umfunktionieren :D

Schade, dass dir die Folge nicht so gefällt, ich hatte dich beim Aufnehmen gleich im Sinn. :)

Andre
Benutzeravatar
Felidae
Beiträge: 2887
Registriert: 22. Mai 2016, 17:49
Wohnort: NRW

Re: Runde #347: Das Geheimnis des dummen Detektivs

Beitrag von Felidae »

Oliver Naujoks hat geschrieben: 28. Nov 2021, 12:13 Frogwares ist ein ukrainischer Entwickler und zumindest meines Wissens nach (man möge mich korrigieren, wenn ich da falsch liege) haben die Sensibilitätsdebatten um Rassismus und Sexismus und die Wokeness in Osteuropa noch lange nicht die WIrkmächtigkeit erreicht wie in Westeuropa und den USA. Die Debatten existieren dort auch, aber nicht so verbreitet wie hier, AFAIK. Das spielt doch hier vielleicht eine wichtige Rolle, das hätte ich gerne thematisiert gehabt.
Nur ist das unerheblich. Aus hießiger aktueller Sicht ist eine rassistische frauenfeindliche Darstellung kritikwürdig. Ganz egal, wie ukrainische Menschen das sehen. Ein Martin Luther war auch ein Mann seiner Zeit und seiner Umgebung - trotzdem kommt man heute nicht umhin, ihn einen unverbesserlichen Antisemiten zu nennen. Entweder das Spiel HAT rassistische frauenfeinliche Elemente oder es hat keine. Es mag gesellschaftliche Gründe dafür geben - das macht das Spiel aber nicht besser.
Benutzeravatar
Oliver Naujoks
Beiträge: 257
Registriert: 12. Dez 2018, 11:09
Wohnort: Zeven
Kontaktdaten:

Re: Runde #347: Das Geheimnis des dummen Detektivs

Beitrag von Oliver Naujoks »

Felidae hat geschrieben: 28. Nov 2021, 12:46 Nur ist das unerheblich. Aus hießiger aktueller Sicht ist eine rassistische frauenfeindliche Darstellung kritikwürdig. Ganz egal, wie ukrainische Menschen das sehen. Ein Martin Luther war auch ein Mann seiner Zeit und seiner Umgebung - trotzdem kommt man heute nicht umhin, ihn einen unverbesserlichen Antisemiten zu nennen. Entweder das Spiel HAT rassistische frauenfeinliche Elemente oder es hat keine. Es mag gesellschaftliche Gründe dafür geben - das macht das Spiel aber nicht besser.
Das ist so richtig wie unstreitig. Ich hatte doch auch gesagt, dass ich fand, dass André und Jochen das Thema adäquat behandelt haben. Den von mir genannten Einzelaspekt hätte ich gerne thematisiert gehabt. Den hatten André und Jochen entweder nicht auf dem Schirm - oder fanden ihn auch unerheblich.
Spielt: Cricket 24, NHL 24, Cyberpunk 2077: Phantom Liberty, Carol Reed 14: The Fall of April, Sherlock (Melbourne House)
Liest: "Und sie rührten an den Schlaf der Welt", C.F. Mahrendorff // "Blue Giant Explorer", Shinichi Ishizuka
Antworten