Tripster hat geschrieben: ↑17. Mai 2022, 08:31
Wer ist denn bitte auf die Idee gekommen das geniale Spielprinzip des ersten Aktes wegzuwerfen und den zweiten Akt völlig anders zu gestalten?
Die ursprüngliche Intention des Spiels lag IMO eher darin, das Kartenspiel-als-Videospiel-Genre innerhalb von Inscryption aus unterschiedlichen Perspektiven aufzugreifen und mit anderen Videospielgenres zu vermischen. Ich habe die Theorie, dass gesamte Spiel irgendwie ein Opfer der eigenen Genialität geworden ist - denn der Roguelite-Akt ist quasi aus Versehen so herausragend geworden, dass alles danach folgende nicht mehr ganz mithalten kann
Ich selbst mochte zwar auch den mittleren und letzten Part des Spiels, aber der erste ist schon unbestreitbar der beste, in allen Belangen.
"Opfer" ist natürlich auch relativ gesehen, weil Inscryption sehr wahrscheinlich insbesondere durch diesen ersten Akt so durch die Decke gegangen ist und ein verhältnismäßig riesiger Erfolg war. Aber im Kontext des bisherigen Schaffens von Daniel Mullins erscheint es mir naheliegend, dass es nie das Ziel des kreativen Prozesses war, ein Roguelite-Kartenspiel zu entwickeln.
Das lässt sich schon daraus ablesen, dass der erste Akt in Wahrheit auch gar kein "echtes Roguelite" ist, sondern ganz viel getrickst wird, sodass sich die eigentlich lineare Erzählung letztendlich wie ein solches anfühlt. Das Spiel schummelt dabei so clever, dass ich beim ersten Mal auch total darauf reingefallen bin. Aber sobald man mal einen zweiten Run startet oder Videos zum Spiel verfolgt, wird es IMO offensichtlich.
Zum "echten Roguelite": Hurra, eine Genrediskussion!
Aber es ist genau jenes Verwässern der Grenzen in Kombination mit der Narration, was Inscryption (und Pony Island) für mich so einzigartig und genial macht. Der erste Akt würde nicht "einfach so" als eigenständiges Roguelite-Spiel funktionieren (wie es teilweise in Reviews zu lesen war - was wiederum IMO nur deutlich macht, wie clever dieser Part designed ist), sondern funktioniert exakt für die Dauer dieses ersten Akts. Ich habe Kaycee's Mod noch nicht selbst gespielt, aber es wird einen Grund geben, warum Daniel Mullins sich für diese Veröffentlichungsform und eben nicht einen offiziellen "Roguelite-Modus" im Spiel entschieden hat. Für ein vollwertiges Spiel muss da noch einiges an Entwicklungsaufwand reingesteckt werden.
Zu der Test-Problematik: Man muss den Leuten zugutehalten, dass Inscryption ein sehr, sehr undankbares Spiel für jeden klassischen Test ist
Ich finde ja wie gesagt, Sebastian hat das in der Wertschätzung nahezu perfekt gelöst. Aber ich stelle mir auch vor, dass dabei z.B. ein Videotest eine ungleich schwerere Aufgabe im Vergleich zu einem Audioformat darstellt.