Runde #058: Battlefield One und der Krieg

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Vinter
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Re: Gedanken zu Folge 58

Beitrag von Vinter »

Es ist eine Eigenschaft des Mediums Spiels, dass es seine Kernmechanik über 10 - 100 Stunden pausenlos wiederholt, was einfach nicht kompatibel ist mit einer Erzählung. Darum geht es doch.

Nenn mir doch mal im Gegenteil ein Spiel, dass a) eine herausragende Story hat und b) nicht darauf beruht, seine Kernmechanik (Kämpfen, Rätseln, Dialoge, Springen, Klettern) zum bewältigen von spielmechanischen Hindernissen immer wieder zu wiederholen. Auf Silent Hill trifft das nicht zu, denn auch dort bin ich den Großteil des Spiels damit beschäftigt a) nicht den Gegnern zu erliegen, oder b) konstruierte Puzzles zu lösen.
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Dostoyesque
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Re: Gedanken zu Folge 58

Beitrag von Dostoyesque »

Vinter hat geschrieben:Es ist eine Eigenschaft des Mediums Spiels, dass es seine Kernmechanik über 10 - 100 Stunden pausenlos wiederholt, was einfach nicht kompatibel ist mit einer Erzählung. Darum geht es doch.
Silent Hill 2 ist nicht mal 10 Stunden lang. Gone Home auch nicht. Undertale ebenso. Journey ist auch nach wenigen Stunden vorbei.
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Vinter
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Re: Gedanken zu Folge 58

Beitrag von Vinter »

Ach bitte.... langsam verlier ich die Geduld. Willst du wirklich auf dem Niveau weiterargumentieren? Ja dann setz da halt andere Spielzeiten ein. Trotzdem besteht SH zum Großteil seiner Spielzeit eben aus der Überwindung von spielmechanischen Hürden und NICHT aus einer stringenten Erzählung.

Und weiter: Wieviel Story hat den Gone Home? Oder wieviel Gameplay, davon mal ganz abgesehén?
Das sich die Leute wegen der Erzählung von Undertale in die Arme fallen habe ich auch noch nicht gehört. Da wird eher immer das charmante Design und die clevere Spielmechanik erwähnt.
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Malvitus
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Re: Gedanken zu Folge 58

Beitrag von Malvitus »

Vinter hat geschrieben:Es ist eine Eigenschaft des Mediums Spiels, dass es seine Kernmechanik über 10 - 100 Stunden pausenlos wiederholt, was einfach nicht kompatibel ist mit einer Erzählung. Darum geht es doch.
Ich glaube du hast mich falsch verstanden. Ich wiederspreche bereits der These, dass das wiederholen von Kernmechaniken nicht kompatibel mit einer Erzählung ist. Beispiel: Nehmen wir einen fiktiven Dungeon voller Gegner in Baldurs Gate 2, an dessen Ende es einen Kampf mit dem Endboss einer Quest gibt. Die Kämpfe an sich sind zwar die gleiche Kernmechanik 10 mal wiederholt, im Kontext der Quest wird mithilfe dieser Kernmechanik die Geschichte einer Heldengruppe die sich in einen Dungeon wagt, auf die Schergen trifft, dann den Gang entlang geht, eine Falle auslöst und dann dem Bösewicht gegenüber tritt (So banal diese Story auch klingen mag, sie ist eine Geschichte). Würde deine These zutreffen wäre es ja: Quest annehmen, Spiel , Eingang vom Dungeon, Spiel, Endboss Dialog, Spiel, Quest zuende. Das trifft ja offensichtlich nicht zu. Das Gameplay an sich erzählt ebenfalls eine Geschichte. Es gibt Spiele bei denen das nicht so ist, aber bei vielen ist es zwar nicht direkt offensichtlich, aber trotzdem zutreffend.

Vielleicht um es mal zu überspitzen. Deiner Beschreibung nach wären Spiele das äquivalent von: Ich schaue mir die ersten 5 Minuten von Game of Thrones an und um dann die nächsten 5 Minuten zu sehen muss ich erstmal eine Stunde Tetris spielen.
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Dostoyesque
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Re: Gedanken zu Folge 58

Beitrag von Dostoyesque »

Vinter hat geschrieben:Ach bitte.... langsam verlier ich die Geduld. Willst du wirklich auf dem Niveau weiterargumentieren? Ja dann setz da halt andere Spielzeiten ein. Trotzdem besteht SH zum Großteil seiner Spielzeit eben aus der Überwindung von spielmechanischen Hürden und NICHT aus einer stringenten Erzählung.

Und weiter: Wieviel Story hat den Gone Home? Oder wieviel Gameplay, davon mal ganz abgesehén?
Das sich die Leute wegen der Erzählung von Undertale in die Arme fallen habe ich auch noch nicht gehört. Da wird eher immer das charmante Design und die clevere Spielmechanik erwähnt.
Wirfst du mir ehrlich vor, dass ich deine Argumente ernst und wörtlich nehme und sie überprüfe? Sich für 5 Stunden mit einem Spiel beschäftigen ist nun wirklich nicht zu viel verlangt, *so* schnell werden Spielmechaniken nicht alt. Welche Spiele spielst du denn, wenn deine Aufmerksamkeitsspanne so kurz ist? Dein Argument war, dass Spiele elendig lange Spielmechanikpassagen haben, die von der story ablenken. Bei einem Spiel, das insgesamt nur 5 Stunden lang ist, ist das aber verdammt schwierig zu behaupten, anders formuliert: es stimmt faktisch einfach nicht. Deine Kommentare lassen mich daran zweifeln, dass du auch nur eins dieser Spiele tatsächlich gespielt hast.
Du hast immer noch keine Gegenargumente gegen diese Spiele gebracht, die einer genaueren Prüfung standhalten. Ich werd die Beispiele immer wieder in die Diskussion reinbringen, weil sie eben passen. Ich möchte daran erinnern, dass du vor wenigen Posts behauptet hast, dass keins dieser Spiele eine Geschichte erzählt. Ich bin hier nicht der, der anstrengend ist.
Gone Home besteht nur aus story. Es ist eine Übung in environmental storytelling. Scheinbar hast du davon noch nichts gehört. Das gameplay besteht aus der Interaktion mit der Umbegung, die kontinuierlich Informationen zu der Spielumgebung und den involvierten Charaktern liefert. Gameplay und story sind eine Einheit. Die story an sich ist jetzt nichts weltbewegendes, da geb ich jedem recht, aber das *storytelling* ist famos.
Undertales kompletter combat screen repräsentiert den Gemüts-/ und Fitnesszustand des Gegenübers, was das Töten mancher Gegner, die einen teilweise anflehen, dass man doch endlich aufhört, sehr schwer macht. Die schwindenden Kräfte des Gegenübers sind spielmechanisch spürbar. Das Spiel evoziert damit Mitleid. Es erlaubt einen pazifistischen wie auch einen genocide run. Desweiteren erhält man durch einen zweiten und dritten playthrough mehr Informationen darüber, was wirklich in dem Spiel vor sich geht. Einzigartig ist auch, dass sich Entscheidungen eines playthroughs in den nächsten übertragen, da das Spiel nur einen Spielstand erlaubt. Charaktere erinnern sich daran, dass du sie getötet hast, usw.
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Dostoyesque
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Re: Gedanken zu Folge 58

Beitrag von Dostoyesque »

Vinter hat geschrieben:Es ist eine Eigenschaft des Mediums Spiels, dass es seine Kernmechanik über [2-5 Stunden] pausenlos wiederholt, was einfach nicht kompatibel ist mit einer Erzählung. Darum geht es doch..
Korrigiert, wie von dir erbeten. Das Argument verliert jegliches Gewicht.
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Nachtfischer
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Re: Gedanken zu Folge 58e

Beitrag von Nachtfischer »

Dostoyesque hat geschrieben:Der Moment, als ein Troll Frodo in den Minen von Moria fast aufgespießt hat wäre demnach auch komplett zweckfrei.
Na, ist er für die Erzählung ja auch. Frodo ist danach nicht traumatisiert oder ähnliches. An seinem Charakter ändert sich nichts. Es gibt keine Konsequenzen für die restliche Story. Es ist halt kein "Story Event". (War es Robert McKee, der das so genannt hat? Egal...)

Das ist doch genau der Grund, warum Action-Filme häufig eher als flach angesehen werden. Weil eben in Sachen Handlung nicht viel drin ist. Wo sich Schlacht an Schlacht oder Schießerei an Faustkampf reiht, da ist klar: Wirklich etwas von Substanz wird mir gerade nicht vermittelt. Da reicht das Ergebnis - und selbst das ist oft genug irrelevant (siehe Marvel und Konsorten). Worum es bei den Dingern geht, ist reines audiovisuelles Spektakel beziehungsweise die Ergötzung an (über-)menschlicher körperlicher Hochleistung. Natürlich geht das auch bei mentaler Höchstleistung, allerdings bringt das dann (wenn es nicht gerade sowas wie "Guck mal, der kann schneller kopfrechnen als ein Quantencomputer!" ist) viel häufiger Implikationen in Sachen Charakterzeichnung und/oder -entwicklung mit sich. Anhand von schwierigen Entscheidungen wird sowas ja erst möglich (weshalb z.B. Walter White ein großartiger Charakter ist, Harry Potter hingegen eine Luftblase).
Malvitus hat geschrieben:im Kontext der Quest wird mithilfe dieser Kernmechanik die Geschichte einer Heldengruppe die sich in einen Dungeon wagt, auf die Schergen trifft, dann den Gang entlang geht, eine Falle auslöst und dann dem Bösewicht gegenüber tritt (So banal diese Story auch klingen mag, sie ist eine Geschichte).
Die Frage ist halt, ob irgendwer jemals seine Ansprüche so weit runter schrauben sollte. Ich meine, letztlich ist ja dann jedes Spiel auch immer eine Geschichte, weil es einfach in der linearen Zeit des Lebens abläuft und Ereignisse hervorbringt. Journey beispielsweise würde ich gar nicht im klassischen Sinne als "Geschichte" sehen, sondern eben nur in diesem sehr technischen Verständnis des Begriffs. Dann ist aber auch alles andere immer eine Geschichte. Das kann man so definieren, aber dann ändern wir die These eben entsprechend ab. Von "Spiele können keine Geschichte erzählen" hin zu "Gute Spiele können nicht zugleich eine gute Geschichte erzählen". Und die These scheitert dann schonmal nicht an solchen Definitionsfragen - und meines Erachtens auch überhaupt nicht.
Dostoyesque hat geschrieben:Dein Argument war, dass Spiele elendig lange Spielmechanikpassagen haben, die von der story ablenken. Bei einem Spiel, das insgesamt nur 5 Stunden lang ist, ist das aber verdammt schwierig zu behaupten, anders formuliert: es stimmt faktisch einfach nicht.
Natürlich KANN das stimmen. Wenn das Spiel schlecht ist, dann stören schon 5 Minuten. Aber selbst wenn nicht, finde ich 5 Stunden schon heftig, insbesondere da die meisten Filme mit zwei Stunden schon viel zu lang sind für das, was eigentlich an Inhalt drin ist. Und Spiele-Storys haben sich bisher nicht gerade als strahlende Beispiele des Erzählens hervorgetan.

Ich denke übrigens, dass in der Regel beides gilt: Spiele lenken von der Story ab und die Story vom Spiel. Oft haben wir - der Jugend des Mediums geschuldet - eben den Fall, dass das Spiel völlig ohne Mehrwert ist und wir deshalb das Gefühl haben, dass es uns bloß abhält, die "tolle" (in Wahrheit: die wenigstens nicht komplett wertlose) Story zu erleben.
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Malvitus
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Re: Gedanken zu Folge 58e

Beitrag von Malvitus »

Nachtfischer hat geschrieben:
Die Frage ist halt, ob irgendwer jemals seine Ansprüche so weit runter schrauben sollte. Ich meine, letztlich ist ja dann jedes Spiel auch immer eine Geschichte, weil es einfach in der linearen Zeit des Lebens abläuft und Ereignisse hervorbringt. Journey beispielsweise würde ich gar nicht im klassischen Sinne als "Geschichte" sehen, sondern eben nur in diesem sehr technischen Verständnis des Begriffs. Dann ist aber auch alles andere immer eine Geschichte. Das kann man so definieren, aber dann ändern wir die These eben entsprechend ab. Von "Spiele können keine Geschichte erzählen" hin zu "Gute Spiele können nicht zugleich eine gute Geschichte erzählen". Und die These scheitert dann schonmal nicht an solchen Definitionsfragen - und meines Erachtens auch überhaupt nicht.
Zunächst ist Geschichten erzählen ja erstmal vollkommen unabhängig davon ob das jetzt eine gute Geschichte ist oder nicht (ähnlich zu Jochens Forderung, das auch banale Blockbuster gemacht werden dürfen). Das war ja natürlich ein sehr banales Beispiel. Aber ja, alles was passiert ist halt einfach eine Geschichte. Du könntest es so an einem Lagerfeuer erzählen. Nichts anderes machen Bücher und Filme ja auch.

Natürlich ist es egal ob Frodo in der Szene einen Stock in die Rippen bekommt. Aber eine Geschichte zeichnet sich ja nicht dadurch aus, dass immer zu jedem Zeitpunkt etwas Relevantes passiert. Wenn man die Story auf die relevanten Plotpunkte zusammenstreicht, hat man eine Zusammenfassung, keine Erzählung.

Die These "Gute Spiele können nicht zugleich eine gute Geschichte erzählen" ist aber eine grundlegend verschiedene. Dazu müsste auch erstmal gerklärt werden, was ein gutes Spiel (im Sinne von Spielmechanik nehme ich an) und eine gute Geschichte sind. Ich persönlich denke das beide begriffe recht subjektiv sind. Aber hier würde ich mal der Diskussion halber Last of Us reinwerfen. Ein gutes Spiel mit einer guten Geschichte?
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Vinter
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Re: Gedanken zu Folge 58

Beitrag von Vinter »

@Malvitus, @Dostoyeque

Korrigiert, wie von dir erbeten. Das Argument verliert jegliches Gewicht.
Nein, überhaupt nicht. Ich werde es noch ein letztes mal darstellen, dann bin ich raus, weil ich eigentlich nichts weiter dazu zu sagen habe. Ich wiederhole mich eh schon ständig.

Wenn ich mir irgend einen Actionfilm ansehe, dann bestehen selbst die blutrünstigsten (und storyärmsten) nicht mal zur Hälfte aus Schießereien & Co. Terminator, Judge Dredd, Robocop, Expendables, younameit.

Wenn ich mir hingegen irgend ein Videospiel ansehe, dann besteht dieses zu >90% aus dem konstruierten Überwinden von Hürden. In Thief hält JEDE Wache der Stadt exklusiv nach dir Ausschau - denn es will ja seine Schleichmechanik begründen. In GTA finden Verfolgungsjagdten nicht mit ein oder zwei, nein, mit zehn oder fünfzehn Autos statt - und zwar immer wieder, ohne Konsequenzen. In Max Payne baller ich in jedem Level ohne Konsequenzen hunderte Gegner nieder. In Adventures bin den Großteil der Zeit damit beschäftigt, konstruierte Puzzles zu lösen. Lara Croft weint über einen erschoßenen Hirsch und metztelt im nächsten Moment hunderte Soldaten weg. Denn das sind nun mal die Problemlösungsstrategien, die ein Spiel dir bietet. In Command&Conquer muss ich jedes mal erst wieder eine neue Basis bauen, mit der ich dann Panzer und Soldaten direkt an der Front produziere - äääh, watt? Das ist doch völlig unsinnig.

Selbst im blödeste Science-Fiction-Military-Porn (Warhammer 40k) den ich je gelesen habe, nimmt die Schilderung von Schlachten nur einen Bruchteil des Buches ein.

Videospiele sind doch alles keine stringenten Erzählungen. Weder verfolgen sie einen roten Faden, noch ist das, was ich auf dem Bildschirm erlebe glaubwürdig im Gesamtkontext der Handlung. GTA versucht mir zu erzählen, dass ich eine Bank mit der Minigun ausrauben kann, dabei duzende Cops umnieten und am Ende unbehelligt nach Hause gehen kann. Wenn ein Good Fellas oder ein Der Pate dir diese Story auftischen würden, würdest du umschalten - nicht so bei Videospielen. Ihr könnt mir doch nicht erzählen, dass das auch nur im ENTFERNTESTEN glaubwürdig, konsisten oder stringent ist.

Stephen King hat mal gesagt, dass man, nachdem man ein Buch geschrieben hat, die Hälfte davon wegstreichen soll, dann hätte es genau die richtige Länge - um davon die Hälfte wegzustreichen. Und genau DAS macht Storytelling doch aus: Reduktion, Stringenz, roter Faden. Alles Dinge, die völlig unvereinbar sind mit dem, was uns Videospiele präsentieren. Die sind aus Storyperspektive nämlich im Gegenteil heillos gestreckt und zerfahren. Und das betrifft ein Silent Hill genau so wie ein BG2, was einen nach der Entführung von Imoen erst mal 30 Stunden lang (äußerst unterhaltsame, keine Frage!) Episodenquests erledigen lässt, um 20.000G zusammen zu sammeln - stell dir das doch mal im Kino vor: Da kommt eine neue Fantasytrilogie, und der erste Film besteht erst mal nur aus willkürlichem Dungeoncrawling - und zwar nicht nur ein mal und dann ist gut, sondern ZIG mal.

Wenn du einen Dungeoncrawl als tolle Geschichte interpretieren willst, dann tu das. Aber dann kann man mit gleichem Recht auch jedem Counterstrikematch eine tolle Geschichte unterstellen. Die Wahrheit ist doch wohl eher, dass irgend ein NPC dich unter einem Vorwand in einen Dungeon schickst, wo du dann alles zerhackst und später mit der Beute wieder rauskommst. Richtig schizophren in der Hinsicht sind dann MMOs, die sehr wohl wissen, dass sie jedesmal nur den selben blöden Vorwand für "Töte zehn dies, sammel zehn das" liefern, daher also die "Geschichte" zu den Quests komplett ignorierbar machen, in dem sie dir ein TL;DR samt Questmarker in dein Journal packen, aber nicht so konsequent sind, den ganzen Questtext komplett zu streichen, weil es de facto nur einen absoluten Bruchteil interessiert.

Und zu deinem Beispiel mit GoT vs. Tetris: Ja tatsächlich, manchmal hab ich EXAKT dieses Gefühl. Beispiel: Alan Wake. Was für ein STRUNZLANGWEILIGES Spiel, was nur daraus bestand, kurze Videosequenzen mit viel zu vielen, viel zu langen, linearen "Lauf durch den Wald und erschieß die immer gleichen Gegner auf die immer gleiche Weise"-Abschnitten kombiniert wurde, weil Remedy offensichtlich keinen Plan hatte, wie sie ihre interessante Prämisse mit einem Gameplay kombinieren - und deren Lösung war einfach, das ganze möglichst extrem zu strecken, damit sie mit der Story nicht so schnell durch sind. Und in meiner Wahrnehmung hat dass weder das Spiel, noch die Story besser gemacht. Sie wären vielleicht besser damit beraten gewesen, dass Skript nach Hollywood zu verkaufen, anstatt es auf Teufel komm raus in ein Videospiel zu pressen.

Und dann wird hier ausgerechnet mit Gone Home argumentiert. Gone Home, was ja nun alles hat, aber sicher kein ausgefeiltes Gameplay - und damit sogar eigentlich MIR in die Karten spielt, der die ganze Zeit sagt, dass Gameplay und Handlung nicht einhergehen.

Und jetzt bitte ich euch: Abstrahiert mal ein wenig, anstatt euch an einzelnen Beispielen aufzuhängen - solche Beispiele ließen sich zu jedem Videospiel finden. Aber das ist nun mal das Medium. Ich habe hier das Gefühl, dass man sich auf den Schlips getreten fühlt, weil ich ihr Lieblingsspiel "angreife". Dabei ist das ja quatsch, sowohl BG2 als auch SH2 als auch zahlreiche andere von mir genannten Titel habe ich gerne gespielt. Genausowenig greife ich Filme an, wenn ich ihnen mangelnde Interaktivität und Immersion attestiere oder sage, dass Bücher mangelnde optische Reize haben. So ist eben das Medium. Und wir können sehr wohl sehen, was passiert, wenn man versucht seine Spiele mit viel und stringenter Story zu gestalten - nämlich genau das von mir prognostizierte: Das Gameplay fällt unter den Tisch, siehe Telltale und Co, oder Gone Home, oder Everybody's gone to the rapture oder Firewatch oder Dear Esther oder The beginners guide oder oder oder. Auf der anderen Seite werden die Welten plötzlich offener und das Spiel interaktiver, wenn ich die Story rausschmeiße, siehe z.B. Minecraft.

Und das liegt alles ganz einfach daran, dass eine Story genau das ist, was ein gutes Spiel nicht ist: Eine Story ist so kurz wie möglich und so lang wie nötig, eine Story ist linear, der Ausgang ist vorherbestimmt und sie ist überhaupt nicht interaktiv. Ein gutes Spiel hingegen ist offen, es bietet interessante Entscheidungen, es erlaubt mir die virtuelle Umwelt zu manipulieren. Und daher geht beides nunmal nicht gut zu sammen.

Nach diesem viel zu langem Schlußrant aber wirklich: Ende und aus. Wir drehen uns im Kreis.
Zuletzt geändert von Vinter am 18. Mai 2016, 20:35, insgesamt 3-mal geändert.
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Re: Gedanken zu Folge 58e

Beitrag von Nachtfischer »

Malvitus hat geschrieben:Ein gutes Spiel mit einer guten Geschichte?
Die Geschichte fand ich tatsächlich okay (was - Vorsicht, Wasserkopfkind! - "für ein Spiel" schon verdammt stark ist). Aber das Gameplay? Ist halt in erster Linie ein weiteres belangloses 3rd-person Action-Spiel mit vielen vollkommen luftleeren und hier und da ein paar einigermaßen interessanten Momenten. Aber definitiv nichts, wo ich mich stetig vor schwierige Entscheidungen gestellt gefühlt hätte oder ähnliches.
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Re: Gedanken zu Folge 58

Beitrag von JayTheKay »

Mit Sicherheit ist es ein großes Problem, dass viele etablierte GamePlay Mechaniken (wie vor allem der typische Shooter) wenig Platz für großes Storytelling lassen. Wenn das Spiel zu 90% aus schießen besteht, kann man damit schlecht andere Aspekte des Kriegs abbilden. Und wenn es fürs erbarmungslose Töten mehr Punkte gibt, kann man damit schlecht Mitgefühl mit dem Feind erwecken.
Ich finde es generell sehr interessant, wie man sich als Spieler bei Extremfällen wie CounterStrike selbst komplett von der expliziten Gewalt distanzieren kann. Wenn ich auf Dust2 eine Leiche sehe denke ich nicht an ihr menschliches aussehen, sondern daran, was es für den Ausgang der Runde bedeutet, dass ein Team jetzt einen Spieler weniger hat.

Es gibt aber meiner Meinung nach durchaus Spiele mit Spielmechaniken, die eine andere Art des Spielerlebnisses zulassen. Vielleicht muss man die entsprechenden Mechanismen auch erst erfinden. Vor allem im Indy-Bereich bin ich immer wieder überrascht über ungewöhnliche Spielinhalte, die geschickt Gameplay und Storytelling zu einer Einheit verbinden (Gone Home oder auch Her Story). Meiner Meinung nach sind diese Art Spiele auch die einzigen, bei denen es sich lohnt über die Story ernsthaft nachzudenken.

Zum Thema BF1:
Bei BF1 ist ja der Kritikpunkt, dass durch das Spiel der reale Krieg verharmlost wird. Was wäre z.B., wenn BF1 allen feindlichen Spielern, die man im Nahkampf tötet, die Gesichter deiner Eltern oder deiner Facebook-Freunde gibt, und man diesen beim qualvollen Messertod zusehen muss? Vielleicht würde sowas die Brutalität realer darstellen als bei anonymen Pixelfiguren. Vielleicht würde man sich aber auch schnell daran gewöhnen. Natürlich ist das nicht realistisch aus vielen Gründen, aber es wäre spannend zu sehen.

PS: Warum regt sich eigentlich niemand über diesen Namen auf? Warum BF1? Und wie heißt das BF nach BF1?
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Re: Gedanken zu Folge 58

Beitrag von Nachtfischer »

Axel hat geschrieben:Ihr macht in eurer Argumentation alle einen Fehler. Nämlich anzunehmen, dass heutige Spielmechaniken in Stein gemeißelt sind.
Wenn du ein paar meiner anderen Posts gelesen hast, dann weißt du, dass ich genau vom Gegenteil ausgehe. Nämlich, dass wir bisher nur an der Spitze des Eisbergs gekratzt haben, was Spielmechanik angeht und nur die offensichtlichen und direktesten Mechanismen verwenden. Das alles hat aber meines Erachtens nichts mit Story zu tun.

Davon abgesehen sehe ich einfach fundamentale Konflikte zwischen gehaltvollem, dynamischem Gameplay und der Erzählung einer linearen Geschichte. Dein SH2 Beispiel zeigt das ganz gut. Du "läufst herum". Das ist am Anfang das "Spiel". Da ist nicht ein einziger interessanter Mechanismus. Keine Entscheidung zu treffen. Nichts. Du stolperst halt gezwungenermaßen nach und nach über fest vorgegebene Punkte, die dann einen Event triggern. Später kämpfst du vielleicht mal, okay, dann ist dein Spielerinput wenigstens nicht mehr komplett irrelevant, aber immer noch ziemlich. Scheiterst du, machst du es eben noch mal. Das Ding will dir eine leidlich gute Horror-Story erzählen, muss dabei aber krampfhaft "Gameplay" unterbringen, damit es als Spiel durchgeht. Die meiste Zeit tust du aber absolut nichts von Substanz. Das Problem ist letztlich, dass je mehr du als Spieler wirklich beeinflusst, desto mehr muss der Erzähler Einschnitte bezüglich seiner ganz alltäglichen Werkzeuge hinnehmen. Das fängt bei "verpasstem" Foreshadowing an, weil du die Kamera gerade nicht richtig hingedreht hast, geht über zig Formen ludonarrativer Dissonanz, bis hin zu gigantischen und unkontrollierbaren Pacing-Problemen.
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Re: Gedanken zu Folge 58

Beitrag von JayTheKay »

Axel hat geschrieben:Ihr macht in eurer Argumentation alle einen Fehler. Nämlich anzunehmen, dass heutige Spielmechaniken in Stein gemeißelt sind. Daher kommen auch so Pauschalisierungen wie "Gameplay und Story passen nicht zusammen".
Also auch ich hab in meinem Post geschrieben, dass dem nicht so ist bzw. nicht so sein muss.

Aber es ist sehr schwer vor allem in Multiplayer-Spielen (und es geht hier ja um BF1), wo der Wettkampf mit anderen Menschen dominiert solche Sachen wie du geschrieben hast einzubauen. Sobald man so eine Wettkampfsituation hat wird für die allermeisten Spieler alles außer die zentrale Gameplay-Mechanik sekundär, denn es geht ums Gewinnen und nicht um das Erleben einer Geschichte.
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Re: Gedanken zu Folge 58

Beitrag von derFuchsi »

Man macht keine Spiele mit Giftgas da dies zu den geächteten Waffen gehört.

Wäre jedenfalls eine einleuchtende Begründung für die Aufreger um den ersten Weltkrieg. Ansonsten sehe ich da auch nicht mehr Konfliktpotenzial als im WW2 Szenario welcher uns zeitlich ja noch näher ist.

Warum ist Krieg überhaupt so populär als Szenario?
Wie im Podcast schon erwähnt spielen sogar kleine Jungs schon mit fiktiven Waffen. Wer selber Kinder hat wird das evtl selbst schon bemerkt haben. Und Krieg ist seit der Antike ein beliebtes Szenario für Heldengeschichten die wir ja am Computer auch erleben wollen. Ich denke es ist jedem klar dass dies nur Fiktion ist. Das man das Ganze evtl mit anderen Augen sieht wenn man mal wirklich mit Krieg in Berührung gekommen ist ist wohl nachvollziehbar. Geschichten über Seefahrt und Stürme mit Schiffbruch etc. sind auch nur im Buch/Film spannend. In echt habe ich da wenig Bedarf dran.

Zu Spec Ops: The Line:
(Achtung mögliche Spoiler)
Mit dem bemängelten Napalm Szenario hatte ich kein Problem. Man kann ja in gutem Glauben geschossen haben dass hier keine Zivilisten sind was sich hinterher halt als falsch herausgestellt hat. Jedenfalls habe ich das so interpretiert.

Die ganze Story des Spieles war mir persönlich aber zu verworren um mich mitzureißen. Ich erkenne aber die gute Absicht an.

Das Szenario mit dem Lynchmob wurde mir leider mal irgendwo gespoilert (Da reicht ja irgendwo ein Nebensatz so wie hier im Podcast) weshalb ich bereits wusste dass man in die Luft schießen kann. Genau wie diese umstrittene Flughafenszene in MW2 die mir durch die wochenlangen Diskussionen darüber ebenfalls gespoilert wurde. Schade, hätte wirklich selbst gerne meine Reaktion gesehen. Wobei ich mir nicht vorstellen kann dass ich das Vorbeischießen nicht wenigstens probiert hätte.
Im Gegensatz zu Jochen finde ich die Idee großartig dass einem das Spiel das auch nicht erklärt dass sowas überhaupt geht. Dieses mögliche Schamgefühl hinterher dass man nicht mal über diese Möglichkeit nachgedacht hat und stumpf der jahrelang eingetrichterten Shooter-Mechanik folgt, schöne Idee.
Diese Metaebene hat was von "The Stanley Parable" halt nur in ernst statt lustig.
Zuletzt geändert von derFuchsi am 19. Mai 2016, 12:15, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Gedanken zu Folge 58

Beitrag von Nachtfischer »

Axel hat geschrieben:Das "herumlaufen" ist zwar spielmechanisch auf dem Papier langweilig. Aber: Es ist wichtig um die richtige Atmosphäre aufzubauen. Um überhaupt erstmal eine Stimmung zu schaffen und um in die Welt hineinzukommen. Das ist wie bei einem guten Konzept-Musikalbum, wo es erstmal ein fünfminütiges Intro gibt, bis es dann richtig losgeht. Sieh es einfach als sphärischen Prolog an, bevor das eigentliche Spiel - das Erkunden der Stadt, das Lösen von Rätsel und das Erleben der Geschichte - beginnt. Wenn wir von Spiele als Kunst sprechen, dann müssen auch Prologe zum Aufbau der Stimmung erlaubt sein.

Kamera drehen zerstört das "Foreshadowing"? Wurde damals nicht ausdrücklich das Kamerasystem von allen Seiten gelobt, weil das eben NICHT möglich ist, dass man sich was kaputt macht, weil man die Kamera gerade "falsch gedreht" hat? Und Pacing-Probleme stellen sich beim ersten Mal spielen auch nicht unbedingt ein, außer natürlich man provoziert das alles.
Früher mochte ich Konzeptalben auch echt gerne. Bei meinen Top 10 Alben waren mit Sicherheit mindestens acht Konzeptalben dabei. Mittlerweile bin ich aber zum Schluss gekommen, dass das ganze Konzept für mich horrend ineffizient ist, mit Musik Geschichten zu erzählen (in der Regel sind die ja nicht wirklich gut, sondern halt eine nette Dreingabe, wenn überhaupt). Dann hast du eben fünfminütige Intros, die musikalisch meist wenig zu bieten haben oder ganze überflüssige Songs, die nur dazu da sind, die Geschichte notdürftig zusammenzuhalten ("Ich hab einen guten Song geschrieben!" wird da zu "Hm, wir brauchen jetzt aber noch einen Song, ich hab ja hier noch einen Text, der Teil der Story ist!"). Selbst das Konzept eines "Albums" stelle ich mittlerweile in Frage. Wenn jemand halt 3 gute Songs in einem Jahr gemacht hat, soll er die doch veröffentlichen. Warum müssen es 12 sein, die dann eh nichts großartig miteinander zu tun haben? Mittlerweile filtere ich mir die guten Songs jedes Künstlers raus, den ich mag, und höre dann die. Komplette Alben so gut wie nie (außer, wenn gerade eines neu erschienen ist). Und, im Rückschluss, gilt das gleiche eben für Story-Spiele. Bloß dass sich da schlecht stückchenweise "filtern" lässt, also lasse ich sie in der Regel ganz weg.

Das "Foreshadowing"-Beispiel bezog sich jetzt nicht auf SH2 im Speziellen, kommt aber oft genug vor. Portal 2 fällt mir spontan ein.
Zuletzt geändert von Nachtfischer am 20. Mai 2016, 20:03, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Gedanken zu Folge 58

Beitrag von mczappa »

Jochen hat geschrieben: Dieses Kontrasprogramm fördert man aber nicht dadurch, dass man solche historischen Schauplätze aus vermeintlich guter Absicht heraus tabuisiert. Wenn sich ein Medium künstlerisch weiterentwickeln soll, dann braucht es dazu nicht mehr Tabus, sondern weniger.
Wo habe ich es denn tabuisiert? Im Gegenteil, ich nenne am Ende sogar Beispiele in meiner Kolumne. The Darkness ist nicht gerade das nette kleine Indie-Spiel von nebenan.
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Re: Gedanken zu Folge 58

Beitrag von mczappa »

Andre Peschke hat geschrieben:
Allerdings auch überraschend Mediums-Fremd, denn die gleiche Debatte wurde schon zu Killerspiele-Zeiten über die Gewaltrezeption von Spielern geführt ...
Ist jetzt so ein Pofalla-Move, gell? Ich denke aber solange Krieg oder Gewalt in Spielen verherrlicht wird kann man darüber diskutieren. Das hat nix mit "Mediums-Fremd" zu tun, sondern einfach damit, dass sich ein Medium immer kritisch hinterfragen sollte. Sonst bleibt es nämlich beim Status Quo.

Der grundsätzliche Unterschied zwischen unseren Argumentationsketten ist, dass ihr einem über 40 Jahre alten Medium noch so etwas wie "Anfangsfehler" durchgehen lasst. Das führt bei dir dann auch zu unpassenden Vergleichen mit der Anfangszeit des Films. Solche in guter Absicht getätigten Argumente wie "Das wird man wohl doch machen dürfen" oder "Das muss man erstmal ausprobieren, um sich weiterzuentwickeln", sorgen aber für das direkte Gegenteil. Die Branche fühlt sich bestärkt und macht so weiter wie bisher. Dadurch wird es wohl nie zu dem Kontrastprogramm kommen, dass ihr selbst einfordert (wenn ich euch richtig evrstanden habe). Das ist mir halt viel zu wenig. Gerade im Vergleich zur Entwicklungsgeschichte des Films hinken Videospiele doch arg hinterher.
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Re: Gedanken zu Folge 58

Beitrag von Andre Peschke »

mczappa hat geschrieben: Ist jetzt so ein Pofalla-Move, gell? Ich denke aber solange Krieg oder Gewalt in Spielen verherrlicht wird kann man darüber diskutieren. Das hat nix mit "Mediums-Fremd" zu tun, sondern einfach damit, dass sich ein Medium immer kritisch hinterfragen sollte. Sonst bleibt es nämlich beim Status Quo.
Das man darüber diskutieren kann, vielleicht sogar muss, schrieb ich doch selbst? Was ich als mediumsfremd in der Anmutung (nicht als Unterstellung, das weiß ich ja besser) bezeichnet habe, sind Dinge wie "Senfgas wird bejubelt - geht's noch?" aus dem Beitrag. Das stellt die Reaktion der Spieler nämlich in einen Kontext, der sachlich vielleicht haltbar ist (da ist Gas zu sehen...welches könnte es sein? Gejubelt wurde auch), aber die Reaktion der Spieler geschmackloser dastehen lässt, als sie ist. Weil sie beim Leser eine Verbindung zum realen Kampfgas und all seinen Folgen herstellt, die aber dem Spieler so nicht präsent ist, wenn er jubelt. Die im Spiel in ihrem Schrecken so nie abgebildet sein wird, selbst wenn DICE das wirklich als Senfgas ettiketiert (derzeit Spekulation). Und das ist buchstäblich ein Rainer-Fromm-Move.
mczappa hat geschrieben:Der grundsätzliche Unterschied zwischen unseren Argumentationsketten ist, dass ihr einem über 40 Jahre alten Medium noch so etwas wie "Anfangsfehler" durchgehen lasst. Das führt bei dir dann auch zu unpassenden Vergleichen mit der Anfangszeit des Films. Solche in guter Absicht getätigten Argumente wie "Das wird man wohl doch machen dürfen" oder "Das muss man erstmal ausprobieren, um sich weiterzuentwickeln", sorgen aber für das direkte Gegenteil. Die Branche fühlt sich bestärkt und macht so weiter wie bisher. Dadurch wird es wohl nie zu dem Kontrastprogramm kommen, dass ihr selbst einfordert (wenn ich euch richtig evrstanden habe). Das ist mir halt viel zu wenig. Gerade im Vergleich zur Entwicklungsgeschichte des Films hinken Videospiele doch arg hinterher.
Der Unterschied ist, dass du ein einzelnes Spiel zu einem Fehler erklärst. Der einzelne Titel ist aber kein Fehler(IMO). Er mag eine Geschmacklosigkeit sein, ein kreatives Armutszeugnis für EA und so weiter. Aber die isolierte Kritik am einzelnen Werk führt genau zu solchen DIskussionen am einzelnen Werk und den speziellen Details, wie wir sie hier führen. Wenn du den Entwicklunsstand der Computerspiele insgesamt bedauerlich findest, kannst du das an BF 1 aufhängen, aber in der Argumentation müsstest du einen größeren Bogen schlagen, sonst defokussierst du ja die Debatte.

Und die Forderung, dass ausgerechnet die ultrateuren Vorzeigeproduktionen dem von dir genannten Anspruch gerecht werden sollen ist ehrenwert, aber nicht realistisch.

Andre
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Leonard Zelig
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Re: Gedanken zu Folge 58

Beitrag von Leonard Zelig »

Axel hat geschrieben:Solche Shooter sind zwar nicht der Auslöser, bilden aber erstmal eine Grundlage. 12, 13 Jährige spielen diese Spiele täglich! Es macht Spaß, sie unterhalten sich miteinander. Dadurch bauen sie aber auch eine Bindung zu Militär und Waffen auf. Wir reden hier nicht von mitte 30 Jährigen, die in ihrer Meinung und Einstellung gefestigt sind, sondern von Kindern! Diese Spiele werden meistens von Kindern und Jugendlichen gespielt!
Aber dann liegt doch das Problem bei den Eltern, Pädagogen und Verkäufern. Schließlich haben diese Shooter alle eine Altersfreigabe ab 18 Jahren. Und aktuelle Konsolen bieten auch eine Kindersicherung.

Und weil es immer mehr Ganztagsschulen gibt, haben Kinder auch nur noch selten die Möglichkeit stundenlang unbeobachtet von den Eltern solche Spiele zu zocken.
mczappa hat geschrieben: Der grundsätzliche Unterschied zwischen unseren Argumentationsketten ist, dass ihr einem über 40 Jahre alten Medium noch so etwas wie "Anfangsfehler" durchgehen lasst. Das führt bei dir dann auch zu unpassenden Vergleichen mit der Anfangszeit des Films. Solche in guter Absicht getätigten Argumente wie "Das wird man wohl doch machen dürfen" oder "Das muss man erstmal ausprobieren, um sich weiterzuentwickeln", sorgen aber für das direkte Gegenteil. Die Branche fühlt sich bestärkt und macht so weiter wie bisher. Dadurch wird es wohl nie zu dem Kontrastprogramm kommen, dass ihr selbst einfordert (wenn ich euch richtig evrstanden habe). Das ist mir halt viel zu wenig. Gerade im Vergleich zur Entwicklungsgeschichte des Films hinken Videospiele doch arg hinterher.
Diese Vergleiche mit Filmen sind relativ sinnlos. Spiele haben lange von ihrer Mechanik gelebt und auch heute gibt es noch Titel, die sich ausschließlich auf diese verlassen. Es gibt immer wieder Spiele, die wie Filme sein wollen, aber um die geht es ja nicht in der Diskussion. Ein Battlefield ist kein Telltale-Adventure. Die Kampagne ist eine bessere Techdemo und nicht der Grund das Spiel zu kaufen. Das Hauptaugenmerk wird auf dem Multiplayer-Modus liegen, wo eben die Mechanik, das Balancing und andere spielerische Aspekte im Vordergrund stehen.

GTA IV bringt in den ersten zehn Minuten folgendes Zitat: "War is where the young and stupid are tricked by the old and bitter into killing each other". Der größte Blockbuster des Jahres und damals war Bush Junior noch im Amt. So klar hat Hollywood damals noch nicht Stellung bezogen. Bei Call of Duty 2 bekommt nach dem Ableben Sätze wie "There's no honorable way to kill, no gentle way to destroy. There is nothing good in war. Except its ending.", "Never think that war, no matter how necessary, nor how justified, is not a crime." oder "All wars are civil wars, because all men are brothers." angezeigt. Kann man natürlich als Feigenblatt sehen, aber vielleicht auch als Eingeständnis, dass man ein unterhaltsames Anti-Kriegsspiel nicht hinbekommen würde.
Zuletzt geändert von Leonard Zelig am 20. Mai 2016, 23:42, insgesamt 1-mal geändert.
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Vinter
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Re: Gedanken zu Folge 58

Beitrag von Vinter »

Leonard Zelig hat geschrieben:
Aber dann liegt doch das Problem bei den Eltern, Pädagogen und Verkäufern. Schließlich haben diese Shooter alle eine Altersfreigabe ab 18 Jahren. Und aktuelle Konsolen bieten auch eine Kindersicherung.

Und weil es immer mehr Ganztagsschulen gibt, haben Kinder auch nur noch selten die Möglichkeit stundenlang unbeobachtet von den Eltern solche Spiele zu zocken.
Ich finde die Argumentation unredlich. Ja, es gibt entsprechende Empfehlungen(!). Aber realistisch betrachtet wissen du und ich, dass es dabei nicht bleibt. Und das Militär weiß es natürlich auch. Die Kids spielen heimlich, die Kids spielen bei Freunden, die Eltern wissen natürlich auch nicht immer, was da läuft, weil es auch als Eltern nicht deine Aufgabe ist, dein Kind bis zum 18 Lebensjahr 24/7 unter Beobachtung zu halten. Zudem geht es beim propagierten Militarismus in solchen Spielen auch nicht zwangsläufig um Gewalt - es gibt ohne Frage auch viele Spiele, die vom Gewaltgrad für ein jüngeres Publikum geschaffen sind, die jedoch trotzdem völlig unkritisch mit Militärpropaganda umgehen. Eine möglichst realistische Darstellung von Tod und Leid ist in dem Kontext ja sogar kontraproduktiv.

Schauen wir uns z.B. den Film Transformers an, das Medium ist bei der Problemstellung ja irrelevant. Der hat eine FSK12 und hat dem US-Militär trotzdem so gut gefallen, dass sie den Film sowohl finanziell, als auch beratend, als auch mit Fahrzeugen unterstützt haben - und sogar ein Mitspracherecht bei der Produktion des Films innehatten. https://de.wikipedia.org/wiki/Transform ... Produktion

Du schiebst hier also das Problem mit einem formalen Trick beiseite, gelöst ist es damit jedoch nicht. Ich finde, das Thema ist zu ernst, um es so abzukanzeln.
GTA IV bringt in den ersten zehn Minuten folgendes Zitat: "War is where the young and stupid are tricked by the old and bitter into killing each other". Der größte Blockbuster des Jahres und damals war Bush Junior noch im Amt. So klar hat Hollywood damals noch nicht Stellung bezogen. Bei Call of Duty 2 bekommt nach dem Ableben Sätze wie "There's no honorable way to kill, no gentle way to destroy. There is nothing good in war. Except its ending.", "Never think that war, no matter how necessary, nor how justified, is not a crime." oder "All wars are civil wars, because all men are brothers." angezeigt. Kann man natürlich als Feigenblatt sehen, aber vielleicht auch als Eingeständnis, dass man ein unterhaltsames Anti-Kriegsspiel nicht hinbekommen würde.
Den Teil find ich hingegen auf den Punkt gelungen.
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