Entscheidungen in (Rollen-) Spielen

Alles, was nicht in ein anderes Forum gehört: Hier rein
Forumsregeln
Datenschutzerklärung: https://www.gamespodcast.de/datenschutzerklaerung/
Impressum: https://www.gamespodcast.de/impressum/

Forenregeln und zukünftige Weltverfassung
ART 1: Behandle andere Nutzer mit Respekt.
ART 2: Do NOT piss off the Podcasters

Lies bitte weitere Hinweise hier: viewtopic.php?f=4&t=2789
Antworten
MaxDetroit
Beiträge: 756
Registriert: 2. Sep 2021, 12:40

Entscheidungen in (Rollen-) Spielen

Beitrag von MaxDetroit »

Ich mache mir schon seit einiger Zeit über den Unterschied zwischen Spielen und passiven Medien wie Filmen, Comics und Bücher so einige Gedanken. Videospiele sind im Vergleich immer noch ein junges Medium und sind auch erst seit kurzem in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Und, für mich ist immer noch der größte Unterschied zu den anderen Medien die Teilnahme des Spielers und die Entscheidungen die man treffen kann, im großen, wie aber auch im kleinen. Diese "Mitbestimmung" macht für mich persönlichen einen großen Reiz von Videospielen aus. Immer wenn ein Spiel mich zur Passivität verdammt, finde ich, sollte es auch einen guten Grund dafür haben. Nun höre ich nun sehr oft das Entscheidungen in Spielen überbewertet seien, z.B. so was wie "Die Existenz von Entscheidungen in einem Game per se ist kein Positiv-Kriterium." - hat mich zum Nachdenken gebracht. Also habe ich mal für mich so ein bisschen Forschung betrieben was Entscheidungen in Spielen angeht, und will da mal ein bisschen laut drüber nachgrübeln.

Denn, grundsätzlich stimme ich da zu, wenn Entscheidungen zu nichts führen und nur pseudo ins Spiel eingebaut werden um den Spieler die Illusion von Kontrolle über das Geschehen vorzugaukeln - ja, dann ist das eher negativ als positiv anzusehen. Am Ende ist die Frage, und da möchte ich den guten alten Sid Meier hier bemühen (“Games are a series of interesting decisions”) - ist die Entscheidung denn auch interessant? Und das ist natürlich immer höchst subjektiv und liegt im Auge des Betrachters. Dennoch finde ich, muss man auch nicht erwarten das jede Entscheidung eine krasse moralische Zwickmühle sein muss, die zu ebenso krassen Konsequenzen und Auswirkungen führt, um interessant zu sein. Dazu sehe ich Entscheidungen nicht nur als Antwortmöglichkeiten in Dialogen. Sondern schon allein die Wahl der Klasse am Start eines Spiels ist schon eine Entscheidung des Spielers (spiel ich den Dieb, oder doch lieber den Zauberer?). Die Entscheidung welchen Spielstil ich wähle (Nahkampf, Fernkampf, Support, oder was ganz anders?), die Wahl der Skills, die Wahl der Waffen (schwere Doppelaxt oder filigrane Dolche?)- das können schon interessante Entscheidungen sein. Außer natürlich es macht kaum einen Unterschied welche Klasse ich spiele, welche Waffe ich benutze (funktionieren alle gleich) und welche Skills ich nehme (ich benutze eh immer nur den einen, um durchs ganze Spiel zu kommen). Da fängt es bei mir schon an mit den Entscheidungen.

Auch das Leveldesign kann mich vor interessante Entscheidungen stellen. Z.B. das klassische: Gehe ich lieber links, rechts oder den Gang in der Mitte entlang? Hier finde ich es immer gut wenn Leveldesigner sich Gedanken darüber machen: Welche Informationen gebe ich denn den Spieler hier eine Entscheidung treffen zu können? Denn das gehört für mich auch zu interessanten Entscheidungen dazu - welche Informationen gibt mir das Spiel zu der Entscheidung dazu, und welche gibt es mir nicht. Zu viele Informationen = langweilig / überfordert mich; zu wenig = ich habe keine Grundlage auf der ich überhaupt eine Entscheidung treffen kann. Wenn ich drei Gänge zur Auswahl habe, und alle drei Richtungen sehen gleich aus, es gibt keine Anhaltspunkte über Unterschiede und am Ende laufen sie eh wieder zusammen ohne das einen überhaupt einen Unterschied machen würde - das ist für mich eine uninteressante Wahl. Also, wenn mir das Leveldesign mehrere Wege anbietet - dann gebt mir "Hints" was mich auf den Wegen erwartet: Z.B. der erste ist dunkel mit grünlich-stinkenden Müllhaufen und Ratten, der zweite ist felsig und frostig mit Schneeverwehungen, der dritte deutet Feuer und Rauch in der Tiefe an, usw. - muss nicht ganz so krass sein, wie in meine Beispielen - und vor allem dürfen und sollen dann dort immer noch Überraschungen auf mich lauern können. Aber auch im Leveldesign sehe ich eine Menge an Entscheidungsmöglichkeiten mit denen der Spieler konfrontiert werden kann.

Nun aber mal zu den Entscheidungen in Dialogen, über die immer alle Reden. Besonders diese in Rollenspielen. Hier muss ich mal etwas weiter ausholen. Ganz früher habe ich Rollenspiele immer recht unbedarft durchgezockt, ohne mir vorher groß Gedanken zu machen, und hab einfach irgendeine Klasse gewählt, die ich cool fand. Dann habe ich so 2007/2008 mit Herr der Ringe Online angefangen und bin dort auf einen Rollenspiel Server gelandet (Belegaer). Ist jetzt echt schon über 10 Jahre her. Nun, wie es sich ergab hab ich dann tatsächlich dort auch Rollenspiel betrieben, und mir einen Charakter ausgedacht den ich auch so gespielt habe (und nicht mich selber), hat mich damals an meine ersten Pen & Paper Runden erinnert. Hat mir so viel Spass gemacht, das ich auch in Singleplayer RPGs angefangen habe mir eine Rolle zu überlegen und die auch konsequent zu spielen - mit allen Entscheidungen, die mein Charakter (nicht ich!) treffen würde. In Skyrim z.B. mal einen Zweihänder-schwingenden, leichte-Rüstung-tragenden, sehr naiv-dummen Nord-Babar gespeilt, der auch kein Bier und keinen Schlägerei auslässt. Das hat schon zu lustigen Ergebnissen geführt. Seitdem ich das konsequent durchziehe sehe ich Rollenspeile auch aus einem anderen Blickwinkel und urteile auch stärker darüber in weit mich ein Spiel eine Rolle ausdefinieren und dann auch auspielen lässt. Mir macht es vor allem auch mal Spass nicht immer den netten Helfer von nebenan zu spielen, sondern durchaus mal das Arschloch raushängen zu lassen: also als Zwerg auch wirklich gierig und geizig zu sein oder als Dieb auch wirklich Leute übers Ohr zu hauen und zu bestehlen. Und gute Rollenspiele (z.B. old-school Bioware) fördern und fordern das auch volle Kanne. Da gibt es in der Dialog Auswahl meist drei Entscheidungsmöglichkeiten, eine nette, eine neutrale, und eine leicht boshafte Variante - die, aufgepasst, alle oft zum gleichen Ergebnis führen. Also, fragen sich viele, warum sind dann diese Entscheidungen da? Dann sag ich: Die sind für Leute wie mich, die eine Rolle spielen wollen, und in den Dialogen nicht aus dem Charakter fallen wollen. So einfach ist das. Und für mich sind das dann auch immer wieder interessante Entscheidungen, in denen ich mich fragen kann: Wie wird mein ausgedachter Charakter denn jetzt regieren? Wenn dies dann am Ende auch noch spürbare Konsequenzen hat, ist das für mich ein Bonus den es obendrauf gibt, aber nicht der Kern der Sache.

Das war es erstmal, Danke für's Lesen, das musste irgendwie mal raus zu dem Thema. Vielleicht hat ja jemand eigene Gedanken oder Anmerkungen zu dem Thema? Welche Entscheidungen findet ihr besonders interessant? Oder bekommt ihr lieber genau gesagt was zu tun und führt das dann einfach nur noch aus ("Would you Kindly ... ?") ;)
ClintSchiesstGut
Beiträge: 660
Registriert: 16. Mär 2019, 13:18
Wohnort: West NRW

Re: Entscheidungen in (Rollen-) Spielen

Beitrag von ClintSchiesstGut »

Herzlichen Dank für dieses Thema, da ich per Smartphone schreibe, wird die Antwort jetzt um Längen kürzer ausfallen.

Also ich erinnere mich noch wage an die Entscheidungen in Wing Commander IV - Price of Freedom, wo man auswählen konnte, ob man einen Piloten rettet oder man es gar nicht erst versucht.
Dies hatte ja schon deutliche Auswirkungen auf das gesamte Spiel.

Gruppen Rollenspiele mit der Option "Spiel komplett auf böse" funktionieren in meinen Augen eher schlecht als recht.
So GEIL K.o.t.o.R. 1 auch war, ich kam mir (mit allen Sith Revan Entscheidungen) nicht wirklich wie ein Bad Ass vor, da bremst irgendwie die Mechanik des Rollenspiels.

Was ich sehr mochte in z.B. Fallout New Vegas, dass ich Legat Lanius mit Speech 100 "nach Hause labern" konnte, war amüsant.
Auch die Attribute, die Dialoge positiv beeinflussen sollen, mag ich sehr...Hier finde ich z.B. den Podcast von Stay Forever sehr schön, wie über Fallout 1 geredet wird.

Wenn ich hingegen heute ein Cyberpunk 2077 spiele und sehe, wie sich Attribute auf einen "Dialog" auswirken sollen, dann empfinde ich das als sehr müßig.
:whistle:
Otis
Beiträge: 1295
Registriert: 23. Mai 2021, 19:30

Re: Entscheidungen in (Rollen-) Spielen

Beitrag von Otis »

Kommt letztlich aufs Spiel an. Zuletzt hatte Guardians of the Galaxy (viele) solche Momente, wo man sich entscheiden musste und die Auswirkungen waren dann auch spürbar, selbst wenn die Story an sich sich dadurch nur selten änderte. Fand das für ein Lizenz-Action-Game beachtlich.

In RPGs sollten Entscheidungen hauptsächlich unterschiedliche Lösungswege ermöglichen bzw. dann auch später Berücksichtigung finden, was man gemacht hat. Das sollte schon komplex genug sein, dass man sich seiner Rolle entsprechend verhalten kann und die Spielwelt einigermaßen realistisch darauf reagiert. (Also z.B. Gegner verschonen können und dann wird man von anderen als friedlich o.ä. bewertet, hat dadurch zusätzliche diplomatische Möglichkeiten usw.)

Ansonsten finde ich allg. nicht, dass Entscheidungen immer starke Auswirkungen haben müssen. Manchmal kann auch einfach die Tatsache, dass und wie man entschieden hat, die Bedeutung von Handlungen oder Charakteren verändern, selbst wenn am Ende das gleiche passiert. Das muss dann natürlich geschickt genug erzählt werden und darf auch nicht zu durchsichtig oder gar albern werden. (Siehe Telltale, die da nicht immer ein sicheres Händchen für hatten.)
PhelanKell
Beiträge: 366
Registriert: 7. Feb 2019, 10:15

Re: Entscheidungen in (Rollen-) Spielen

Beitrag von PhelanKell »

Mojen,

ich sehe das ziemlich differenziert.
Aber so richtig zufrieden, war ich bisher in kaum einem Spiel. Oder ich erinnere mich nicht mehr so daran.

Die getroffene Aufteilung ist aber ganz gut.
Bewegung / Navigation - Hier bin ich relativ zufrieden. Vor allem die Open World Spiele lassen einmal ja die Wahl, wohin man als nächstes gehen möchte. Man muss ja nicht dem Questmarker folgen.
Interessant hierbei ist: Wenn ich die Wahl habe von wegen rechter Gang/linker Gang oder ähnliches. Ich gehe meistens zuerst nach rechts :think:

Klassen-, Waffen-, Fähigkeitswahl - Hier stimme ich zu, dass es meist kaum Auswirkungen hat. Klar, Nah-, Fernkampf und Magie unterscheiden sich. Aber je nach Spiel hat es erschreckend wenig Auswirkung. Bei den neueren Deus Ex bin ich fast nur Nahkampf-Betäubung durch. Also ohne jemanden zu töten. Allgemein schleiche ich sehr gern. Wenn man aber in Richtung Diablo&Co. geht, spielt es kaum eine Rolle, ob man einen Bogen oder einen Zauberstab nutzt. Man versucht aus der Ferne mit viel visuellen Effekt alles umzubringen. (mal überspitzt gesagt ;) )

Dialoge - Hier bekomme ich in aller Regel nicht die Freiheit bzw. Entscheidungsmöglichkeit, die ich gern hätte. Ich verstehe, warum es so ist. Denn allein mit Gut/Böse muss man schon viel zusätzliche Handlung einbauen, programmieren etc. Und dann kommt es auch auf meine Lust und Laune an. Manchmal hätte ich gern eine Antwortmöglichkeit zwischen Schleimen und Zuschlagen. Manchmal empfinde ich die "böse"-Antwort ziemlich mau und würde da lieber dem Gegenüber mehr/derber um die Ohren hauen. Oder die "guten"-Antworten sind meist so wischiwaschiheititeiti, dass man das :puke-front: bekommt. Aber wie gesagt, ich kann verstehen, dass man es da nicht jedem recht machen kann.

Handlung - Hier wird man in der Regel bitte enttäuscht. Man kann in vielen Spielen klauen ohne Ende und keinen interessiert es. Man kann aus einer Gruppe von 3 Leuten einen töten und die anderen beiden merken es nicht einmal. etc.pp Ansonsten ist man aber wieder bei den Gut/Böse-Optionen, wie bei den Dialogen.

Ich glaube, deswegen spiele ich gern Strategiespiele. Da kann man seine Handlungen und Entscheidungen etwas freier treffen und sieht dann meist die Konsequenzen.

Grüße
expect the unexpected
Benutzeravatar
samhayne
Beiträge: 156
Registriert: 16. Mai 2016, 17:24

Re: Entscheidungen in (Rollen-) Spielen

Beitrag von samhayne »

Finde Deinen Gedanken gut, sich vor dem Spiel einen Charakter zu überlegen, und dann entsprechend nach den Wesenszügen dieses Charakters zu entscheiden. Das habe ich tatsächlich noch nie versucht. Hättest Du es nicht geschrieben, hätte ich auch arge Zweifel, ob ein Spiel mir hier wirklich genug Entscheidungsfreiraum lässt, um den Charakter wirklich auszuspielen, oder ob ich nicht doch wieder viel zu oft an den Punkt komme, wo ich mich frage, wo neben Option a, b und c bitte Variante d ist, die mir viel nageliegender scheint?

Generell bin ich aber kein Freund von Entscheidungen in Dialogen. Mein Problem ist das, das Du schon benennst - ich habe viel zu oft das Gefühl, keine wirklich informierte Entscheidung treffen zu können. Da stehen dann drei Antwortmöglichkeiten, ich kann viel zu oft nicht mal erahnen, was die Konsequenzen sein könnten, und würde mich im realen Leben eigentlich erst mal hinstellen mit: "Moment mal. Ich habe Fragen."
Tatsächlich habe ich den Eindruck, dass Spiele mich sogar ganz gezielt übers Ohr hauen wollen - mich bewusst uninformiert lassen möchten, um mir dann mit einer fiesen (aber unabsehbaren) Konsequenz eins überzuziehen.
Es funktioniert nur bei mir nicht: Ich bedauere dann nicht mein Handeln und fühle mich wirkmächtig (was das Spiel ja will), sondern bin einfach nur sauer aufs Spiel und fühle mich vom Designer über den Tisch gezogen.
Beispielsweise würde ich Witcher 3 noch heute dafür hassen, mir ein Bad End vorzusetzen, nur weil ich mit Ciri 50 Stunden zuvor saufen gegangen bin, statt mit ihr eine Schneeballschlacht zu machen. Würde. Weil ich ergoogelt hatte, dass diese und andere scheinbar komplett unbedeutende Entscheidungen über den Ausgang des Spiels bestimmen.

Auch hab ich The Banner Saga nach Teil 1 zur Seite gelegt.
"Naaa, willst Du Deinem Kumpel helfen den zur Klippe rollenden Planwagen zu retten oder befiehlst Du ihm den Wagen loszulassen? Du hilfst ihm? Ja, sorry, dein Kumpel ist jetzt mit dem Wagen die Klippe runter und tot."
Ja, fuck you.

Bild

Ich teile auch komplett Jochen Gebauers Ansicht, dass diese ganzen Entscheidereien einer schlau durchgeplanten Geschichte im Wege stehen. Gute Geschichte mit Dramaturgie und Wendungen gepaart mit x Verästelungen durch Spielerentscheidungen - so weit sind wir nicht, dass das mit dem aktuellen Stand der Technik gutgeht. Ein brillanter Geist kriegt das vielleicht mit viel Zeit, Text und Ascii Art hin - aber nicht im AA- oder AAA-Bereich.

Viel gute Kritik erfahren ja auch Spiele dafür, wenn die Entscheidungen alle "grau" sind und es nicht die eindeutig gute oder schlechte Entscheidung gibt. Auch nicht meins - statt philosophisch irgendwie interessant und intellektuell stimulierend empfinde ich solche Entscheidungsmöglichkeiten meist einfach nur als fatalistisch. Mir rauszusuchen, wer dann am Ende heult, gibt mir nun nicht das Gefühl, für die Welt unterm Strich irgendwie relevant zu sein.


So sind Entscheidungen für mich einfach nur der nervige Punkt im Spiel, wo ich mein Tablet in die Hand nehme und nach den Konsequenzen googel.
Weil ich keine Lust hab, vom Spiel unfair übers Ohr gehauen zu werden.
Immersion derweil weg. Dafür Wunsch da, dass es mehr Spiele gäbe, die das einfach lassen würden - und mir dafür eine bessere Geschichte bieten.

[BSGO rockz!]
meieiro
Beiträge: 1143
Registriert: 12. Jan 2018, 07:48
Wohnort: Niederbayern

Re: Entscheidungen in (Rollen-) Spielen

Beitrag von meieiro »

samhayne hat geschrieben: 20. Apr 2022, 13:27
So sind Entscheidungen für mich einfach nur der nervige Punkt im Spiel, wo ich mein Tablet in die Hand nehme und nach den Konsequenzen googel.
Weil ich keine Lust hab, vom Spiel unfair übers Ohr gehauen zu werden.
Immersion derweil weg. Dafür Wunsch da, dass es mehr Spiele gäbe, die das einfach lassen würden - und mir dafür eine bessere Geschichte bieten.
Entscheidungen sollten natürlich nicht zu dem von dir beschriebenen Gefühl führen.
Dein Beispiel von Banner Saga finde ich ehrlich gesagt nicht so schlecht wie du. Wenn man weiß wie das Spiel funktioniert und diese Entscheidung vorgelegt bekommt, dann denke ich weiß man, dass es hier nicht die eine perfekte Antwort gibt. Und irgendeine neagtive Konsequenz passiert egal was man wählt. Es müssen dann halt danach weitere interessante Möglichkeiten folgen.
In dem Fall könnte das evtl. sein, dass ich mein knappes Geld opfern muss um einen Ersatz zu verpflichten.
Wenn der Charakter dadurch verloren ist und das restliche Spiel deutlich schwerer wird ist das natürlich blöd.

Ich glaube aber auch, dass man dafür mit nem gewissen Mindset rangehen muss. Ich spiel zum Beispiel Europa Universalis IV und XCom2 nur noch im Ironman-Modus und da passiert halt mal ein Fehler dann muss man sich damit arrangieren und sich umstellen. Das führt oft zu coolen Spieldurchläufen. Ich muss dazu aber sagen, dass ich beide Spiele schon etliche mal durchgespielt habe.

Das Witchersystem, dass einige wenigen Entscheidungen darüber bestimmen, welches Ende man bekommt kann ich auch nicht leiden. Vorallem wenn es wirklich sowas wie eine Schneeballschlacht machen oder nicht machen ist. Aber die Mainquest ist eh nicht die Stärke von Witcher3.
Benutzeravatar
samhayne
Beiträge: 156
Registriert: 16. Mai 2016, 17:24

Re: Entscheidungen in (Rollen-) Spielen

Beitrag von samhayne »

meieiro hat geschrieben: 20. Apr 2022, 16:15 Entscheidungen sollten natürlich nicht zu dem von dir beschriebenen Gefühl führen.
Dein Beispiel von Banner Saga finde ich ehrlich gesagt nicht so schlecht wie du. Wenn man weiß wie das Spiel funktioniert und diese Entscheidung vorgelegt bekommt, dann denke ich weiß man, dass es hier nicht die eine perfekte Antwort gibt. Und irgendeine neagtive Konsequenz passiert egal was man wählt. Es müssen dann halt danach weitere interessante Möglichkeiten folgen.
In dem Fall könnte das evtl. sein, dass ich mein knappes Geld opfern muss um einen Ersatz zu verpflichten.
Wenn der Charakter dadurch verloren ist und das restliche Spiel deutlich schwerer wird ist das natürlich blöd.
Muss das Beispiel ein wenig revidieren. Hab's mir nochmal genau angeguckt.
Er hält sich wohl mit einer Hand an 'nem Baum fest und mit der anderen versucht er den Wagen davor zu bewahren, die Klippe herunterzustürzen.
Wenn man sich dazu entscheidet, ihm zu helfen, entwurzelt nach einer Weile der Baum.
Ruft man dann die anderen zur Hilfe, statt ihm zu befehlen loszulassen, stürzt er mit dem Wagen in die Tiefe, während man selbst noch rechtzeitig loslässt und überlebt.

Es ist nicht ganz so zufällig und überraschend, wie ich es erinnere, trotzdem hatte ich nicht mit der Eventualität gerechnet, dass der Typ sich an dem Wagen festklammert, bis es zu spät ist. Wer macht sowas?
Wir sind ja hier nicht bei Indy und der Wagen ist der heilige Gral.
Bild

Aber ich geb zu, dass das Ergebnis dieser Entscheidung nicht SO aus dem Nichts kommt, wie ich es ursprünglich mal erinnert hab.
Mea Culpa.
meieiro hat geschrieben: 20. Apr 2022, 16:15 Ich glaube aber auch, dass man dafür mit nem gewissen Mindset rangehen muss. Ich spiel zum Beispiel Europa Universalis IV und XCom2 nur noch im Ironman-Modus und da passiert halt mal ein Fehler dann muss man sich damit arrangieren und sich umstellen. Das führt oft zu coolen Spieldurchläufen. Ich muss dazu aber sagen, dass ich beide Spiele schon etliche mal durchgespielt habe.
Ist natürlich echt Typsache. Ich spiele selten Spiele mehrmals und wollte X-Com 2 deshalb "perfekt" durchspielen... und das beinhaltete Save-Scumming. Wahrscheinlich bin ich auch drum so sauer auf The Banner Saga. Zumindest bei meiner iPad Version gab's halt nur Autosave und keine manuellen Savegames.
Kann mir aber vorstellen, dass so'n Ironman-Durchgang Spaß macht.
Wäre sogar für mich als Default-Gameplay ok, da's mir echt nur um willkürliche Story-Konsequenzen geht, die mich komplett frustrieren.

Bin da auch etwas eigensinnig - ich mag einfach nicht von den Autoren durchschaubar (!) "entmächtigt" werden, damit die ihr Tricks abspielen können, welche dann gar nicht mehr funktionieren, wenn man den Braten schon roch.
Sei's durch bewusst uninformiert zu fällende Entscheidungen oder aber auch der umgekehrte Fall: Dass einem ein Spiel gar keine Entscheidung lässt und einen zu Handlungen zwingt, die man gar nicht begehen möchte, und einem nur noch die Wahl lässt, das Spiel zu beenden. Spiele ich zähneknirschend weiter, soll ich im Rahmen der Geschichte dann für "meine" Taten (emotional) bestraft werden und mich schuldig fühlen - doch wieder bin ich dann nur sauer aufs Spiel, das mich auf dieses Gleis stellte und mir keinen Ausweg ließ. So ein Problem hatte ich mit einem gefeierten AAA Konsolenspiel der jüngeren Zeit.
meieiro hat geschrieben: 20. Apr 2022, 16:15 Das Witchersystem, dass einige wenigen Entscheidungen darüber bestimmen, welches Ende man bekommt kann ich auch nicht leiden. Vorallem wenn es wirklich sowas wie eine Schneeballschlacht machen oder nicht machen ist. Aber die Mainquest ist eh nicht die Stärke von Witcher3.
Sie hat Hochs und Tiefs und die Charaktere wuchsen zumindest mir schon ans Herz. Von Fragen wie Schneeballschlacht oder Saufengehen so viel abhängig zu machen, war echt eine miese Entscheidung. Wenn man es nicht genau weiß, hält man es einfach für netten Fluff und wundert sich am Ende des scheinbar perfekten Spieldurchlaufs über den miesen Ausgang. Michael Graf gings glaub so. :lol:
MaxDetroit
Beiträge: 756
Registriert: 2. Sep 2021, 12:40

Re: Entscheidungen in (Rollen-) Spielen

Beitrag von MaxDetroit »

samhayne hat geschrieben: 20. Apr 2022, 17:55 Bin da auch etwas eigensinnig - ich mag einfach nicht von den Autoren durchschaubar (!) "entmächtigt" werden, damit die ihr Tricks abspielen können, welche dann gar nicht mehr funktionieren, wenn man den Braten schon roch.
Sei's durch bewusst uninformiert zu fällende Entscheidungen oder aber auch der umgekehrte Fall: Dass einem ein Spiel gar keine Entscheidung lässt und einen zu Handlungen zwingt, die man gar nicht begehen möchte, und einem nur noch die Wahl lässt, das Spiel zu beenden. Spiele ich zähneknirschend weiter, soll ich im Rahmen der Geschichte dann für "meine" Taten (emotional) bestraft werden und mich schuldig fühlen - doch wieder bin ich dann nur sauer aufs Spiel, das mich auf dieses Gleis stellte und mir keinen Ausweg ließ. So ein Problem hatte ich mit einem gefeierten AAA Konsolenspiel der jüngeren Zeit.
Hallo erstmal 8-) und mir ging es exakt genauso bei Last of Us 2. Ich kann es auch nicht leiden wenn der Designer denkt er wäre cleverer als der Spieler. Oder gar er müsse mich als Spieler irgendwie moralisch belehren. Aber vielleicht bin ich an das Spiel auch falsch rangegangen, ich bin halt irgendwie jemand der Probleme lösen möchte, und in Last of Us 2 kannst du das eben nicht und jede Aktion die ich im Spiel aktiv ausführe führt eigentlich nur dazu das sich die Probleme verschlimmern (ich bin halt auf einem blödsinnigen, unnötigen Rachefeldzug ohne Sinn und Verstand).

Das Lösen von Puzzles, Rätseln und Problemstellungen macht mir in Spielen dann auch immer am meisten Spass. Und da hat es Last of Us 2 auch ein bißchen dran gefehlt, hier wurden mir meist nur Stealth-Combat Passagen vorgesetzt, wenn ich da z.B. an Uncharted 4 denke und wie viele interessante Puzzle Räume einem da geboten werden, war das schon etwas mau, obwohl Naughty Dog das eigentlich besser kann. Habe jetzt auch lange überlegt warum mich das Fehlen von Entscheidungen in Uncharted zum Beispiel nie gestört hat, aber bei Last of Us 2 ich mir ständig gewünscht habe irhendwie eingreifen zu können, oder ich mich ständig geweigert habe eine Aktion auszuführen (Drücke X um den Menschen oder Hund zu töten - warum muss ich das als Spieler alternativlos auch noch bestätigen?), bis zu dem Punkt das ich keine Lust mehr hatte das so weiterzuspielen.
Benutzeravatar
samhayne
Beiträge: 156
Registriert: 16. Mai 2016, 17:24

Re: Entscheidungen in (Rollen-) Spielen

Beitrag von samhayne »

MaxDetroit hat geschrieben: 21. Apr 2022, 11:03
Hallo erstmal 8-) und mir ging es exakt genauso bei Last of Us 2. […]
:eusa-hand: Huhu.
Natürlich meinte ich auch The Last of Us 2… Ich pack mal den Rest in Spoiler-Tags….
SpoilerShow
Wollte es ein bißchen uneindeutig halten, weil ich denke, dass das Spiel komplett gar nicht mehr funktioniert, wenn man das weiß, was Du oben schriebst. Eben, dass man durch sein Handeln nur immer noch mehr Elend anrichtet.
Ich hatte direkt davor zum ersten mal TLoU1 gespielt und ahnte daher viel zu früh, weswegen Abby auf Rache aus ist - ich hab bestimmt 20min damit verbracht nach einem Weg zu finden den Chirurgen nicht umzubringen, der da wehrlos im Weg stand. Versuchte mich vorbeizuglitchen, warf ihm einen Backstein an den Kopf, usw… nix. Man muss ihn völlig unnötigerweise umbringen. Das nervte mich und als dann in TLoU 2 Abby auftauchte hatte ich gleich einen schweren Verdacht, was ihre Motivation sein könnte.
Ich sprang noch aus Protest mit ihr sofort die nächste Klippe runter, um meinem Unmut über die Entwickler Luft zu machen.
Aber naja… brachte emotional auch nicht viel. Das Spiel hat schon ab da nicht mehr für mich funktioniert.
Wenn man dann noch nicht wie der letzte dumme Berserker durch das Spiel rennt, sondern mal zuhört, was die “Schießbudenfiguren” so miteinander reden, hat man schon keinen Bock mehr, die alle umzulegen… muss aber oft. Später fällt einem (zumindest als Dev) auch auf, dass einige der Charaktere, die man so umnietet, viel zu aufwendig modelliert und konzipiert sind, um nur Kanonenfutter zu sein.

Es waren dann die ruhigen, introspektiven Momente, in denen das Spiel für mich inszenatorisch noch funktioniert hat.
Aber für alles, was storymäßig ans Gameplay gebunden war, hab ich das Spiel gehasst.

Auch wie man da das halbe Dorf umbringt, mit dem Jungen im Schlepptau, der dort aufgewachsen ist und wenig dagegen hat… irre.

Wenn ich ganz ehrlich bin, wundere ich mich über Menschen, die der Twist des Spiels wirklich gekriegt hat. Rennen da wirklich so viele blind alles umnietend, mit verschlossenen Augen und Ohren durch ein Spiel? Irgendwie hat mich das aus Entwicklersicht auch etwas desillusioniert.[\SPOILER]
Zuletzt geändert von samhayne am 15. Mai 2022, 09:14, insgesamt 1-mal geändert.
Voigt
Beiträge: 5655
Registriert: 14. Jun 2016, 14:43
Wohnort: Jena

Re: Entscheidungen in (Rollen-) Spielen

Beitrag von Voigt »

Das hatte ich als Externer auch immer als Hauptkritikpunkt von TLOU2 mitbekommen, dass dies im Kern eine simple und damit öde Rachestory ist, und es spielmechanisch der "Twist" nicht so gut funktionierte, da man vorgegeben wird ein Massenmörder zu spielen. Da dann am Ende zu sagen
SpoilerShow
Morden ist nicht gut, daher lasse ich es jetzt bei der einen Person, und lasse das mit der Rache
, sei einfach nich funktionierend mit dem Shootergameplay davor.

Aber kann es persönlich nich einschätzen wer "Recht" hat, da ich es selber nich spielte. Habe schon TLOU1 gelangweilt nach 2h abgebrochen. ^^
meieiro
Beiträge: 1143
Registriert: 12. Jan 2018, 07:48
Wohnort: Niederbayern

Re: Entscheidungen in (Rollen-) Spielen

Beitrag von meieiro »

MaxDetroit hat geschrieben: 21. Apr 2022, 11:03 Hallo erstmal 8-) und mir ging es exakt genauso bei Last of Us 2. Ich kann es auch nicht leiden wenn der Designer denkt er wäre cleverer als der Spieler. Oder gar er müsse mich als Spieler irgendwie moralisch belehren. Aber vielleicht bin ich an das Spiel auch falsch rangegangen, ich bin halt irgendwie jemand der Probleme lösen möchte, und in Last of Us 2 kannst du das eben nicht und jede Aktion die ich im Spiel aktiv ausführe führt eigentlich nur dazu das sich die Probleme verschlimmern (ich bin halt auf einem blödsinnigen, unnötigen Rachefeldzug ohne Sinn und Verstand).
Bei Last Of Us 2 spielst du halt Ellie's Story. Und die trifft Entscheidungen anhand ihrer eigenen Beweggründe.
Diese werden dem Spieler im vollen Umfang erst ganz am Ende in der letzten Szene offenbart. Meiner Meinung würde die gewählte Erzählweise daher gar nicht funktionieren, wenn man dem Spieler hier Entscheidungsfreiheit gibt.
Voigt
Beiträge: 5655
Registriert: 14. Jun 2016, 14:43
Wohnort: Jena

Re: Entscheidungen in (Rollen-) Spielen

Beitrag von Voigt »

Für mich persönlich, wenn es keine Entscheidungsfreiheit habe, warum spiele ich es dann?

Wenn ich eine Charakterstory spiele, mit deren Entscheidungen, kann ich halt auch ein Lets Play oder Film schaun. Für mich macht die Interaktion mit dem Medium im Sinne von Entscheidungen erst halt das wertvolle von Spielen aus.
Benutzeravatar
samhayne
Beiträge: 156
Registriert: 16. Mai 2016, 17:24

Re: Entscheidungen in (Rollen-) Spielen

Beitrag von samhayne »

meieiro hat geschrieben: 14. Mai 2022, 18:42
Bei Last Of Us 2 spielst du halt Ellie's Story. Und die trifft Entscheidungen anhand ihrer eigenen Beweggründe.
Diese werden dem Spieler im vollen Umfang erst ganz am Ende in der letzten Szene offenbart. Meiner Meinung würde die gewählte Erzählweise daher gar nicht funktionieren, wenn man dem Spieler hier Entscheidungsfreiheit gibt.
Klar. Der eigentliche Kritikpunkt ist,
SpoilerShow
dass die Entwickler dachten, sie seien schlauer als der Spieler.
Das geht fast immer schief.
Hier war die Annahme, dass man als Spieler mit dem Hauptcharakter eins wird und blind und taub vor Rache erst alles umnietet und sich dann nach dem Twist schlecht fühlt,… und vielleicht noch merkt, dass man zu sehr mit dem Hauptcharakter sympathisiert hat.
Ich war halt einfach nur sauer, weil ich JA SAH, was das Spiel da treibt und mir gar keine andere Wahl ließ, außer mitzumachen (oder die Konsole auszuschalten). Ich hab Abby gehasst, ich hab Ally gehasst, musste sie aber steuern und wollte eigentlich einfach nur, dass die beiden mit der Schei.e endlich aufhören.

Der ganze “Protagonist ist unerwarteter Bösewicht” Ansatz ist halt echt gefährlich. Er ist wunderbar, wenn man’s nicht kommen sieht. Aber ein richtiges Ärgernis, wenn man wie TLoU2 es übertreibt und links und rechts Hinweise streut und davon ausgeht, dass der doofe Spieler sie eh erst beim zweiten Spieldurchgang wahrnimmt… und sich dann noch vieeel schlechter fühlt, weil er es beim ersten mal nicht gesehen hat.

Btw. - hab auch mit Kollegen gesprochen, die behaupten, sie hätten es kommen sehen, es hätte sie jedoch nicht gestört. Scheint’s auch zu geben. Mich hat’s halt total gefuchst - ich fühlte mich vom Spiel intellektuell beleidigt und war genervt, dass ich mich innerhalb der Spielwelt nicht gegen das Design wehren konnte. Es gab keine Kommunikation zwischen Designer und Spieler. Der Designer ging fest davon aus, er sei im Recht und könnte monologisieren. Doch er irrte.
Voigt hat geschrieben: 14. Mai 2022, 18:56 Für mich persönlich, wenn es keine Entscheidungsfreiheit habe, warum spiele ich es dann?
MaxDetroit schreibt in seinem Eingangsposting ja schon einiges darüber, welche Entscheidungen das Gameplay einem noch bietet.
Ich denke nicht, dass man die Story da unbedingt mit einbeziehen muss, um ein unterhaltsames Produkt zu kriegen.
Prinzipiell halte ich es da auch wie Jochen Gebauer: Mit Entscheidungen werden Stories schlechter.
In Nuancen heisse ich Entscheidungen aber willkommen. V.a. wenn es darum geht, wie bestimmte Charaktere zu mir stehen.
Aber man sollte für mich dabei (bitte) die Hauptstory in Ruhe lassen und nicht zu einem Einerlei verwässern, das unterschiedlichen Entscheidungen nicht im Wege stehen soll.
Zuletzt geändert von samhayne am 15. Mai 2022, 11:54, insgesamt 2-mal geändert.
Benutzeravatar
Heretic
Beiträge: 4950
Registriert: 20. Mai 2016, 13:30

Re: Entscheidungen in (Rollen-) Spielen

Beitrag von Heretic »

samhayne hat geschrieben: 15. Mai 2022, 09:59 Prinzipiell halte ich es da auch wie Jochen Gebauer: Mit Entscheidungen werden Stories schlechter.
In Nuancen heisse ich Entscheidungen aber willkommen. V.a. wenn es darum geht, wie bestimmte Charaktere zu mir stehen.
Aber man sollte für mich dabei (bitte) die Hauptstory in Ruhe lassen und nicht zu einem Einerlei verwässern, das unterschiedlichen Entscheidungen nicht im Wege stehen soll.
Sehe ich genauso. Deswegen hatte ich auch nie Probleme mit der eingeschränkten Entscheidungsfreiheit der Telltale-Spiele. Mir ist es zudem am liebsten, wenn ein Spiel nur ein Ende hat. Oder von mir aus mehrere Enden, die sich nur in Nuancen unterscheiden, aber auf dasselbe hinauslaufen. Nehmen wir "Life is Strange". Da hätte es die finale Entscheidung meiner Meinung nach nicht gebraucht, da sich nur ein Ende richtig anfühlt. Ein weiteres Ende macht die Story irgendwie beliebig. Bei Rollenspielen ist ein einziges Ende natürlich noch viel schwieriger zu realisieren, aber da könnte man größere Entscheidungen ja in Nebenmissionen abseits der Hauptstory packen.
meieiro
Beiträge: 1143
Registriert: 12. Jan 2018, 07:48
Wohnort: Niederbayern

Re: Entscheidungen in (Rollen-) Spielen

Beitrag von meieiro »

samhayne hat geschrieben: 15. Mai 2022, 09:59 Klar. Der eigentliche Kritikpunkt ist,
SpoilerShow
dass die Entwickler dachten, sie seien schlauer als der Spieler.
Das geht fast immer schief.
Hier war die Annahme, dass man als Spieler mit dem Hauptcharakter eins wird und blind und taub vor Rache erst alles umnietet und sich dann nach dem Twist schlecht fühlt,… und vielleicht noch merkt, dass man zu sehr mit dem Hauptcharakter sympathisiert hat.
Ich war halt einfach nur sauer, weil ich JA SAH, was das Spiel da treibt und mir gar keine andere Wahl ließ, außer mitzumachen (oder die Konsole auszuschalten). Ich hab Abby gehasst, ich hab Ally gehasst und wollte einfach nur, dass die mit der Schei.e endlich aufhören.

Der ganze “Protagonist ist unerwarteter Bösewicht” Ansatz ist halt echt gefährlich. Er ist wunderbar, wenn man’s nicht kommen sieht. Aber ein richtiges Ärgernis, wenn man wie TLoU2 es übertreibt und links und rechts Hinweise streut und davon ausgeht, dass der doofe Spieler sie eh erst beim zweiten Spieldurchgang wahrnimmt… und sich dann noch vieeel schlechter fühlt, weil er es beim ersten mal nicht gesehen hat.

Btw. - hab auch mit Kollegen gesprochen, die behaupten, sie hätten es kommen sehen, es hätte sie jedoch nicht gestört. Scheint’s auch zu geben. Mich hat’s halt total gefuchst - ich fühlte mich vom Spiel intellektuell beleidigt und war genervt, dass ich mich innerhalb der Spielwelt nicht gegen das Design wehren konnte. Es gab keine Kommunikation zwischen Designer und Spieler. Der Designer ging fest davon aus, er sei im Recht und könnte monologisieren. Doch er irrte.
Das ist nicht wie ich das Spiel war genommen habe.
SpoilerShow
Ich finde nicht, dass Ellie der Bösewicht der Story ist. Für mich gibt es keinen klaren Bösewicht in der Story. Ich seh da auch keinen Twist in der Story, es ist einfach eine Geschichte, die aus 2 verschiedenen Perspektiven erzählt wird. Und da gibt es kein Gut und Böse.

Der Designer ist im Recht. Er erzählt die Story, die er erzählen will. Ob dir das dann später gefällt oder nicht ist ne andere Frage.
Benutzeravatar
samhayne
Beiträge: 156
Registriert: 16. Mai 2016, 17:24

Re: Entscheidungen in (Rollen-) Spielen

Beitrag von samhayne »

meieiro hat geschrieben: 15. Mai 2022, 10:39
SpoilerShow
Ich finde nicht, dass Ellie der Bösewicht der Story ist. Für mich gibt es keinen klaren Bösewicht in der Story. Ich seh da auch keinen Twist in der Story, es ist einfach eine Geschichte, die aus 2 verschiedenen Perspektiven erzählt wird. Und da gibt es kein Gut und Böse.

Der Designer ist im Recht. Er erzählt die Story, die er erzählen will. Ob dir das dann später gefällt oder nicht ist ne andere Frage.
SpoilerShow
Auf einen Rachefeldzug zu gehen und eine halbe Gemeinschaft mit Unschuldigen auszulöschen, nur weil die im Weg stehen… ist schon ziemlich böse.
Klar ist Abby dabei nicht böser als Ellie, eher sogar etwas weniger - das ist es ja worauf das Spiel hinarbeitet und was mancher viel zu früh riecht, während der Entwickler zig Stunden seinen Stiefel durchzieht, weil er den Spieler für dümmer hielt.

Natürlich ist es das Recht (und v.a. die Aufgabe) des Entwicklers die Story zu erzählen. Aber er versagt als Unterhalter, wenn er sich überschätzt, ein zu großer Teil seines Publikums seinen Plan längst durchschaut, und sich am Nasenring durch die Manege geführt fühlt.

Das auf „Story gefällt oder nicht“ zu reduzieren ist hier zu einfach. Wir haben hier den bis dahin ungekannten Fall, dass die Story gut ist, aber vielleicht nicht unbedingt für ein Spiel. Weil… s.o.
Voigt
Beiträge: 5655
Registriert: 14. Jun 2016, 14:43
Wohnort: Jena

Re: Entscheidungen in (Rollen-) Spielen

Beitrag von Voigt »

@samhayne

Ich spiele daher ja auch selten Storyspiele, weil entweder es gibt keine Entscheidungen, oder die Netschiedungen sind schlecht gemacht, dass de Story nicht besser wird. Ein Computer wird halt für lange lange Zeit nicht so gut sein, wie etwa ein guter Dungeon Master der wirklich auf einen eingeht.
Benutzeravatar
samhayne
Beiträge: 156
Registriert: 16. Mai 2016, 17:24

Re: Entscheidungen in (Rollen-) Spielen

Beitrag von samhayne »

Voigt hat geschrieben: 15. Mai 2022, 13:08 @samhayne

Ich spiele daher ja auch selten Storyspiele, weil entweder es gibt keine Entscheidungen, oder die Netschiedungen sind schlecht gemacht, dass de Story nicht besser wird. Ein Computer wird halt für lange lange Zeit nicht so gut sein, wie etwa ein guter Dungeon Master der wirklich auf einen eingeht.
Das ist ja dann auch ok, wenn einen das stört und man solche Spiele ergo einfach links liegen lässt.
Der Pile of Shame wächst auch so.
Das Problem nur marginal wirksamer Story-Entscheidungen, kannste auf hohem audiovisuellem Niveau und auf absehbare Zeit auch kaum reparieren. Das kann glaub nur ein Dwarf Fortress (nie gespielt).
Benutzeravatar
sleepnt
Beiträge: 627
Registriert: 4. Feb 2019, 16:15

Re: Entscheidungen in (Rollen-) Spielen

Beitrag von sleepnt »

Danke für dieses Spannende Thema, MaxDetroid!

Die Interaktivität ist wahrlich die Stärke des Mediums, vor allem wenn es über eine rein gescriptete und lineare Reihenfolge hinausgeht zu den von dir genannten Entscheidungen. Ich finde lineare Geschichten können toll sein (keine Frage), aber ich würde sie für mich als Spiel i.d.R. geringer bewerten. Wenn ich zum Beispiel einen Kritikerliebling wie Red Dead Redemption II mit einem meiner Lieblinge vergleiche, Ghost Recon Wildlands dann, weil ich die Entscheidungsgewalt von mir als den Spieler bewerte. Ersteres hab ich genossen, fast schon wie einen Whisky und es war eine hervorragende Erfahrung. Aber als Spiel hat es mir wenig gegeben, speziell im Missionsdesign, wo die größte Stärke (Story) und die größte Schwäche (extreme Linearität) aufeinanderprallten. Es bietet viel Interaktivität, aber keine/wenig relevanten Entscheidungen in Bezug auf Gameplay und Dialog/Story und sogar Navigieren in Hauptstories. Ich kann im gehen Leute anlaber ("anreden" wäre übertrieben), Jagen, durch Angebote von Händler stöbern, mich ans Lagerfeuer setzen, mitsingen und soooo viel mehr. Aber Ghost Recon Wildlands hingegen ist da anders gepolt: Ich habe weniger Interaktivität, kann diese aber beliebig kombinieren um ein Ziel zu erreichen. Ich kann vielleicht in keine Geschäfte, Zivilisten anquatschen, es gibt keine Minispiele oder ähnliches, aber ich kann mein Ziel inmitten einer Basis angehen wie ich es im Rahmen des Gameplays möchte - bei Nacht hereinschleichen, aus der Ferne mit dem Scharfschützengewehr einzelne Ziele ausschalten, meine KI-Kameraden an eine Flanke schicken, Aus der Luft angreifen, mit dem Fallschirm direkt im Lager auf einem Dach landen oder diverse andere Dinge. Es ist ein Ubisoft-Spiel durch und durch, aber auf ihrem Zenit was Open World Design angeht mit Fokus auf gutem Gameplay - kein Schnickschnack.
PhelanKell hat geschrieben: 25. Feb 2022, 09:58 Bewegung / Navigation - Hier bin ich relativ zufrieden. Vor allem die Open World Spiele lassen einmal ja die Wahl, wohin man als nächstes gehen möchte.
Und da liegt für mich die Zukunft was Entscheidungsfreiheit und -gewalt angeht. Dinge wie Ghost Recon Wildlands funktionieren für mich, sind für andere aber vielleicht keine guten Beispiele. Aber Breath of the Wild und Elden Ring vielleicht. :D

Generell Entscheidungen im Gameplay :arrow: Welche Ausrüstung nutze ich? Welchen Skill level ich? Wie/wohin/wodurch navigiere ich? Etc. Und das sind Systeme die Designer gut miteinander kombinieren können. Vielleicht nicht immer gut machen, aber hier bauen sie Systeme um Systeme und im Idealfall interessante Kombinationsmöglichkeiten für Spieler*innen.

Entscheidungen in Dialogen sowie Storystränge sind sehr teuer, durch Vertonung und Inszenierung und sind keine wiederholbar nutzbare Systeme - jeder Dialog ist i.d.R. einmal einsetzbar. Daher sind gut gesprochene, gut inszenierte Dialoge mit guten Dialogoptionen auch so selten bzw. selten gut. Für mich hat nur Mass Effect und Witcher 3 Wild Hunt das gut hinbekommen, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. CRPGs machen das schon eher und sind vom Entscheidungsgrad manchmal besser, da dort noch mehr über Text stattfindet oder Inszenierung minimalistischer ist. Aber im modernen AAA-Spektrum ist das zunehmend zu teuer, da dort Grafik unheimlich wichtig ist. Das merkt man zum Beispiel daran, dass bei Elden Ring von einer veralteten Grafik gesprochen wird; obwohl das Art Desgin durchgehend gelobt wird, wird es in (fast) allen Kritiken zumindest erwähnt, dass die optische Technik nicht mehr zeitgemäß ist.
Entwickler müssen sich bei Verteilung aller Ressourcen entscheiden, was wie priorisiert wird. Und wenn nicht ein Groß auf die Grafik geht wird es direkt negativ erwähnt. Während andere Aspekte bei anderen Titel nicht genannt werden - zum Beispiel optionale Gebiete und Geheimnisse, die große Build-Variation, das hochgradig durchdesignte Gameplay, die Anzahl und Vielfalt an Bossen, die Vielfalt des Weltendesigns sind grandiose Bonuspunkte für Elden Ring, während deren Fehlen niemals als Negativpunkte wären, anders als Grafik. Grafik wird über alle Titel und Genre hinweg immer verglichen, wenn es nicht gerade Indie ist. Und da kann man verstehen, dass die Interaktivität und Entscheidungsgewalt bei Spielen entweder systemischer Natur ist (Ubisoft) oder gar gänzlich wegfällt (Naughty Dog).

Und wenn ein Spiel viel Entscheidungsgewalt über Dialog und Story gibt (moderne Adventure wie Detroit Become Human oder Life is Strange), dann müssen deren Studios an Gameplay sparen bzw. Action/Bewegung/Naviagtion/Interaktion mit Button-Prompts und Dialograd austauschen.

"Wahre" Rollenspiele, die Entscheidung auf Gameplay-, Dialog- und Navigationsebene in einer "annehmbaren" 3D-Grafik zulassen, wie Fallout New Vegas waren, sind und bleiben eine extreme Seltenheit.
Antworten