Runde #364: Über eine signifikante Null

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Tripster
Beiträge: 381
Registriert: 16. Jul 2020, 08:51

Re: Runde #364: Über eine signifikante Null

Beitrag von Tripster »

Jochen Gebauer hat geschrieben: 4. Apr 2022, 12:14
Pott4ever! hat geschrieben: 3. Apr 2022, 23:39Zweitens: Bitte lasst doch das Gegackere wenn ihr redet im Cast! Dieses "über-jeden-Mist-Gelache" nervt mich seit ich euch entdeckt hab. Ich lache auch gerne. Stehe auch der Sonnenseite des Lebens und habe das Herz auf der Zunge. Aber dieses Waschweibergelache andauernd, hätte fast meine Anmeldung hier verhindert. Denkt mal drüber nach mMn
Wir haben darüber nachgedacht und sind zu dem Schluss gelangt, dir einen gut gemeinten Ratschlag auf den weiteren Lebensweg (und deine Reise in diesem Forum) mitzugeben: Es ist nie anständig, sich über das Lachgeräusch anderer Menschen zu beklagen. Lachen ist ein impulsiver, zutiefst persönlicher Ausdruck der Freude, und wenn dich tatsächlich stört, mit welchen Geräuschen sich andere Menschen freuen oder amüsieren, dann ist das eine Baustelle, an der nicht die anderen Menschen arbeiten müssen, sondern du selbst. Da ist noch viel zu tun auf der Sonnenseite! ;)
Gute Antwort!

Abgesehen davon: Ich musste den von dir zitierten Beitrag 3mal lesen, weil mir überhaupt nicht klar war, wie er auf die Idee kommt die Häufigkeit eures Lachens zu kritisieren. Geschweige denn die Art eures Lachens. Sachen gibts!
Butchnass
Beiträge: 35
Registriert: 7. Feb 2018, 22:00

Re: Runde #364: Über eine signifikante Null

Beitrag von Butchnass »

Patruso hat geschrieben: 30. Mär 2022, 13:39 Wann das Ganze stattfindet muss aber soweit ich weiß zwischen AN und AG besprochen werden, da gibt es an sich keine Regelung. ABER: wenn es klar ist, dass du zu erbringende Überstunden auf unbestimmte Zeit nicht wirst abbauen können, kannst du sie theoretisch verweigern.
Aus dem Arbeitszeitgesetz zitiert
„ § 3 Arbeitszeit der Arbeitnehmer

Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.“

https://www.gesetze-im-internet.de/arbz ... 00994.html

Es ist recht genau geklärt, wie bei Arbeitnehmern die Arbeitszeit in Summe aussehen darf und in welchem Zeitraum sie abzubauen ist.
Das gilt im Übrigen auch für „Außertarifliche Angestellte“.
Dass das in der Praxis aus diversen Gründen sowohl von Arbeitgebern als auch Arbeitnehmern anders gelebt wird ist sicher bekannt. Ebenfalls gibt es dann gerade von Arbeitnehmerseite auch diverse Gründe, warum sie nicht dagegen vorgehen wollen/können.
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Aratirion
Beiträge: 88
Registriert: 16. Jul 2016, 21:12

Re: Runde #364: Über eine signifikante Null

Beitrag von Aratirion »

Ich würde noch gern ein oder zwei Aspekte zum Thema Crunch hinzufügen. Mir scheint nämlich, das Positive, das manche in derartigen Zuständen finden oder zu finden glauben, ist am ehesten mit einem sinnerfüllten oder sinnsubstituiernden Flowerlebnis zu beschreiben. Ich kann mich noch sehr gut an eine unbezahlte Volontariatstätigkeit während meines (dann, unter anderem aufgrund dieser Thematik, relativ schnell abgebrochenen) Filmstudiums erinnern. Eine Woche Dreharbeiten eines Studentenfilmprojektes, schon halbwegs professionell für dieses Level, gut durchorganisiert. Ich musste jeden Tag ziemlich früh aufstehen, kam spät heim, hab körperlich schwer gearbeitet, alles mögliche gemacht, ohne viel Pause, aber erinnere mich immer noch unheimlich gerne an diese kurze Phase zurück. Später habe ich kaum mehr eine Woche gearbeitet, die sich ähnlich erfüllend angefühlt hätte, und das, obwohl ich weder in den Credits war, noch Geld dafür bekommen hab.

Was mich daran, in der Retrospektive, dennoch so fasziniert hat: wir waren ein funktionierendes, großes Ganzes, das gemeinsam an einem Strang gezogen hat um eine Vision zu erfüllen, die alle Einzelpersonen überstieg. Wir waren für kurze Zeit völlig isoliert in unserer Bubble, in der alle anderen Probleme, Sorgen und Notwendigkeiten des Alltags (ähnlich wie im Urlaub) völlig in den Hintergrund traten. Für einige Zeit gab es nur das und sonst nichts. Gleichzeitig war die Tätigkeit abwechslungsreich, es galt kreative Herausforderungen zu meistern, im Hintergrund liefen oft Tarantino-Soundtracks (wenn grad nicht gedreht wurde) und man konnte sich zum ersten Mal so richtig ein bisschen naiv idealistisch nach Hollywood verträumen. Vermutlich der wichtigste Aspekt daran war aber natürlich, dass das ganze ein erwartbares Ende hatte (wenngleich dieser Aspekt währenddessen überhaupt keine Rolle spielte).

Keiner der Beteiligten erinnert sich mehr an mich, oder an den Film, und finanziell war es für alle wohl mehr als ein Verlustgeschäft. Und dennoch war es eine der großartigsten Arbeitserfahrungen meines Lebens, da das ganze währenddessen unheimlich viel Sinn gespendet hat (natürlich keinen langfristigen, keinen tiefgreifenden, Lebensübergreifenden; auch keinen nüchtern oder strategisch begründbaren, der eine etwaige Karriere unterstützt hätte; nicht mal einen, den ich der konkreten Tätigkeit hätte abringen können: ich war am Ende, die meiste Zeit Lakaie für die Beleuchter oder Trottel für alles, was grad anfiel) - oder eben die Suche nach Sinn in seiner Tätigkeit für kurze Zeit ersetzt hat durch einen Lebensumstand, der dennoch alles bereithielt, was man gerade gebraucht hatte; ein perfektes Substitut also für die dauernd enttäuschte Sinnsuche über sonstige Arbeits- und Karriereversuche; eine wohltuende Ignoranz der ganzen Zweifel, die diesen Weg sonst begleitet haben. Eine Woche einfach nur tun und gut ist.

Was dies aber nun trennt vom nicht mehr wohltuenden Crunch sind genau drei essentielle Dinge:
>Ich war nicht abhängig davon, um meinen Lebensunterhalt zu erfüllen; die Bereitschaft war also freiwillig
>Das ganze war zeitlich begrenzt; ich wäre gar nicht in die Situation gekommen, hier eine Schwelle zu überschreiten, nach der es, aller Freude zum Trotz, begonnen hätte, mir körperlich und psychisch zu schaden
>Die Arbeitssituation an sich, die mich nicht über die körperlichen Leistungsgrenzen getrieben hat, obwohl ich eben für kurze Zeit trotzdem (ernährungs-, schlaf-, erholungstechnisch) an meine körperlichen Grenzen gehen musste und über längere Zeit immer wieder lange Phasen hindurch sehr gefordert war.

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Wenn nun zumindest ein paar dieser Aspekte auch auf unfreiwillige oder ungesunde Crunch-Phasen zutreffen, dann verwundert es mich nicht, warum man daran auch Gefallen finden kann. Insbesondere wenn dann noch zusätzlicher Nutzen dabei rausschauen kann (tatsächliche Sinnstiftung in der Tätigkeit; Credits und Credentials; ein kreatives Endprodukt, auf das man Stolz sein kann; die Lust an seine Grenzen zu gehen, diese immer weiter auszuloten, sich beinahe masochistisch und gleichzeitig kathartisch durch diesen Drill die Selbstabsolution zu erteilen für vergangene Verfehlungen, Unzulänglichkeiten, Kränkungen, Probleme oder Unzulänglichkeiten an und mit sich selbst; etc.).

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Dem plumpen, simplen Kapitalismus früherer Bauart ist es dabei natürlich am Ende wurscht, ob die Leute am Crunch gefallen finden oder nicht. Der verheizt sie einfach.
Der elaborierte, subtile Kapitalismus gegenwärtiger Prägung ist da schon geschickter. Er lockt die Menschen mit der Karotte der süchtig machenden und teilweise und begrenzterweise auch erfüllenden Aspekten des Ganzen und verheizt nur genau jene, die das zumindest anfangs die längste Zeit gar nicht merken und gern tun... bis sie dann doch merken, dass sie beraubt und benutzt wurden, auf ziemlich schäbige Art und Weise. Und die dann rückblickend auch an dem Guten nichts gutes mehr finden können, weil es ständig schon Teil von etwas schlechtem war und letztlich auch der Enteignung anheim fallen musste.
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