Floki hat geschrieben: ↑24. Mai 2022, 12:49Ich denke viele Spieler - so wie ich - suchen bei spielen die Projektionsfläche aus dem augenscheinlichem Grund, weil man die Person selbst aktiv spielt und nicht passiv konsumiert wie im Film. Für mich würde eine Person, die in ihrem Sexualität und Geschlecht unsicher ist, nicht funktionieren, da ich die Beweggründe für mich(!) nicht nachvollziehen kann.
Kommt wohl auch auf die Art von Spiel an. Wenn's Fokus auf eine persönliche Geschichte gibt, die erzählt werden soll, und dabei auch die Charaktere wichtig sind, sind mir "andere" Charaktere schon recht und kann auch interessant sein, halt mal eine andere Sichtweise o.ä. zu erleben. Bei sowas wie Skyrim hingegen bringt mir das eher nichts, da als Frau rumzurennen.
Und ich find's auch interessant, dass LGBT+ zu gefühlt 99.9% wieder mal das lesbische oder sogar "nur" bisexuelle Mädchen zu bedeuten scheint, weil das wohl noch gerade so akzeptiert wird, aber ein homosexueller Mann kommt höchstens als NPC irgendwo vor und eine Geschichte, in der seine Sexualität irgendwie eine Rolle spielt oder als Teil seines Alltags gezeigt wird, wird erst recht nicht angerührt. Von Menschen mit vom "Standard" abweichendem kulturellen Hintergrund ganz abgesehen; kann man ja schon von Fortschritt reden, wenn mal einer schwarz ist, ohne im Ghetto über Drogendeals und Gangehre vor sich hin zu rappen. Einen MC mit asiatischen Wurzeln z.B. sieht man wo? Fallen mir spontan nur Life is Strange: True Colors und Prey ein.
(Ich rede natürlich nicht vom asiatischen Spielemarkt oder Games mit Asien-Setting, sondern meine den westlichen Markt und dementsprechend auch eher Amerikaner asiatischer Abstammung, wenn ein Spiel in den USA stattfindet o.ä. Dass ich in Yakuza als Japaner rumlaufe, ist jetzt kein großer Sieg der Diversität.)
Sollen mal ihren Ballermann im nächsten CoD einen Kerl küssen lassen, dann explodiert vermutlich das Internet.
Von daher ist nachvollziehbar, dass manche Bemühungen um Diversität eher unaufrichtig und nur nach Abhakliste erscheinen, aber umgekehrt muss man im Massenmarkt eben auch berücksichtigen, was geht überhaupt durch, ohne dass die Entwickler Morddrohungen erhalten. Aber jetzt alles, was irgendwie nach divers riechen könnte, wegzulassen, nur damit man nicht als PC-Heuchler angeprangert wird, wäre auch blöd.
Mag bei anderen anders sein, aber ich denke, dass es schon gute (wirtschaftliche) Gründe hat, wieso wir hinsichtlich der Hauptcharaktere da stehen, wo wir stehen.
Zumindest abseits von Indie kann man wohl davon ausgehen, dass Charaktere und insbesondere spielbare Protagonisten in erster Linie aus marktforschungsanalytischer Sicht entworfen werden, sowohl der mittelalte, dreitagebärtige, dunkelhaarige, weiße Muskelmann als auch die lesbische Teenagerin im Rollstuhl, die sich mit ihrer Essstörung kämpfend an der Kunsthochschule einschreibt. Von daher finde ich es ein bisschen unfair, wenn bei "diversen"
Charakteren, die PC-Keule rausgeholt wird von wegen, die wollen sich damit ja nur anbiedern, während Whitey McScruffdude und seine Copy&Paste-Kollegen ja letztlich auch nur da sind, um das entsprechende Publikum anzusprechen.
Und vor allem: Es geht nicht darum was ICH für MICH will, sondern was ich glaube, was die Intention bei Entwicklern ist und das diese nun einmal keinen homophoben, rassistischen Hintergrund haben, sondern einfach wirtschaftliche Gründe, gepaart mit dem Umstand, die größte, von den Spielern akzeptieren Schnittmenge zu finden. Das mag in einer PC Welt nicht immer das sein, was sich manche wünschen, ist aber auch nicht gleich üblen Ursprungs.
Aber mit dieser Einstellung reduzieren wir doch ungewöhnliche Charaktere schon auf den Nischenmarkt und sagen, die dürfen nur vorkommen, wenn da irgendein Indie-Entwickler seine persönlichen Erfahrungen verarbeitet oder so. Mag sein, dass das die "Masse" erstmal nicht groß interessiert, aber kannst Du Dir vorstellen, wie sich das z.B. für einen Homosexuellen anhört, dass jemand wie er nicht als Charakter geeignet ist, weil er von der Gesellschaft bitte nur wahrgenommen werden soll, wenn es gerade zufällig um Special Interest geht, und ansonsten gefälligst bloß nicht irgendwo vorkommen, das ruiniert uns unsere schön homogene Fantasiewelt. Wie sollen wir denn zu einer entspannten, inklusiven und natürlichen Repräsentation aller Arten von Menschen in den Unterhaltungs-Medien gelangen, wenn wir jedemal, wenn es versucht wird, die Leute anklagen, dass sie das nur aus Marketing-Gründen machen?
(Während die Massen gleichzeitig ohne mit der Wimper zu zucken in die Kinos bzw. Streaming-Dienste rennen, wenn der nächste Hollywoodblockbuster unter Leitung der KPCh und/oder der US-Armee erscheint, denn da stören per Agenda diktierte Inhalte offenbar nicht. Aber wehe, ich muss in einem Videospiel irgendwo als schwarze Frau spielen, Hilfe! Schon lustig, dass es da, wo Einflussnahme wirklich spürbar und nachgewiesen ist, ja sogar ganz offen kommuniztiert wird, keine Sau kümmert, aber wenn einfach ein Querschnitt der Bevölkerung angestrebt wird, lehnt man das ab, weil das machen die ja mit Absicht!
Aber das nur als Abstecher hier.)
Damit sagen wir "diversen" Menschen doch durch die Blume, dass wir sie nicht als natürlichen Teil der Gesellschaft, sondern als Außernseiter und Freaks sehen, deren Vorkommen irgendwie gesondert begründet sein muss. "Die sind da nicht im Spiel, weil es solche Menschen auch gibt, sondern weil
insert irgendeine Agenda." Und da sind solche Hilfsmittel wie das hier besprochene Tool da bei Activision-Blizzard natürlich gleich Benzin auf die Feuerschwerter der Kritiker, weil da sieht man's ja schon dass die das äh ... naja, halt so machen, weil sie das so wollen?