Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

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Felidae
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Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Felidae »

Axel hat geschrieben: 28. Mai 2022, 14:14
Felidae hat geschrieben: 28. Mai 2022, 14:09 Jede:r, der:die sich für Geschichte interessiert, wird da im Zweifel drüber stolpern, ja. Aber Unterhaltungsmedien erreichen nunmal auch jene, die sich NICHT dafür interessieren. Und da wird dann ein fundamental falsches Geschichtsbild zementiert.
Wie gesagt: Das ist aber dann nicht Schuld der Unterhaltung. Sondern wenn, dann die Schuld von falscher Bildungspolitik.
Doch, das ist natürlich AUCH Schuld der Unterhaltung. Wenn sie sich zu viele Freiheiten nimmt.
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Terranigma
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Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Terranigma »

Axel hat geschrieben: 28. Mai 2022, 14:14Wie gesagt: Das ist aber dann nicht Schuld der Unterhaltung. Sondern wenn, dann die Schuld von falscher Bildungspolitik.
Es ist ein Wechselspiel. Bildung kann nicht alles das abfedern, das Gesellschaft nicht leistet. Aktuelle Ziele schulischen Unterrichts sind, u.a.: Erziehung zum Weltfrieden, Erziehung zu Toleranz ggü. diversen Lebensformen, Förderung interkultureller Kommunikation, Vermittlung basaler Kulturtechniken, Förderung des kritischen Umgangs mit Medien, Sensibilisierung für ökologische Herausforderungen, Vermittlung ökonomischer Kompetenzen, Sexualerziehung, Entwicklung von Resilienz, Entwicklung der Fähigkeit und Bereitschaft zur sozialen Teilhabe, Demokratiebildung, ...

Man kann den Katalog an Aufgaben natürlich beliebig erweitern, aber dies ändert nichts daran, dass der Tag nur 24 Stunden hat und man in einem festen Zeitkontigent nicht alle Herausforderungen der gegenwärtigen und zukünftigen Gesellschaft innerhalb der Schulzeit aufarbeiten kann. So oder so, würde ich aber auch nicht von "Schuld" sprechen. Mir geht's nur darum, dass meines Eindrucks nach hier anekdotisch aus einer Bubble argumentiert wird im Sinne von - "Ich als 39-Jähriger weiß das, also wissen das auch 13-Jähriger an der Realschule" - wird, was nicht plausibel ist. Das ist umgekehrt auch nicht paternalistisch gemeint.

Ich bin zwar der Ansicht, dass hist. Darstellungen in Videospielen, Filmen, etc. problematisch sind in dem Sinne, dass sie Elemente aufweisen, die man problematisieren kann und die in bestimmter Hinsicht auf problematische Auswirkungen haben. Umgekehrt vertrete ich aber auch nicht die Annahme, dass sich etwas ändern solle, nur weil es problematisch ist. Eine freie Gesellschaft solle auch problematische Darstellungen und Sachverhalte ertragen können. Ich gehöre ja zu den geschätzt 23 Personen weltweit, die Piratenfilme echt gerne mögen. Und dieses Genre ist - je nach Perspektive - bestimmt problematisch: aber ich mag's dennoch. Zu sagen, dass etwas in bestimmter Hinsicht problematisch sei, bedingt nicht, dass man daraus die Forderung ableitet, es solle sich ändern. Also meinetwegen muss sich weder Anno 1404 noch Anno 1800 ändern. Oder sonstetwas. Etwas zu kritisieren impliziert in meinem Kopf nicht, dass es sich deshalb ändern muss.
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Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Felidae »

Terranigma hat geschrieben: 28. Mai 2022, 14:26 Zu sagen, dass etwas in bestimmter Hinsicht problematisch sei, bedingt nicht, dass man daraus die Forderung ableitet, es solle sich ändern. Also meinetwegen muss sich weder Anno 1404 noch Anno 1800 ändern. Oder sonstetwas. Etwas zu kritisieren impliziert in meinem Kopf nicht, dass es sich deshalb ändern muss.
Auch DAS wurde sowohl hier als auch in allen anderen Threads zu dem Thema schon xmal geschrieben, dass Kunst- und Kulturkritik nicht zwangsläufig die Forderung nach Veränderung darstellt. :)

Und dass man sogar Dinge selbst als problematisch ansehen und TROTZDEM genießen kann. Mein Lieblingsbeispiel sind da ja zuverlässig die Rambo- und alten James Bond-Filme.

Aber auch in dem Punkt neigt das Forum ein wenig zum Sich-im-Kreis-drehen. :)
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Axel
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Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Axel »

Felidae hat geschrieben: 28. Mai 2022, 14:16 Doch, das ist natürlich AUCH Schuld der Unterhaltung. Wenn sie sich zu viele Freiheiten nimmt.
Nur so viel dazu noch: Kunst und Unterhaltung kann sich nie zu viele Freiheiten nehmen. Nicht in einer Demokratie. :)
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Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Felidae »

Axel hat geschrieben: 28. Mai 2022, 14:39
Felidae hat geschrieben: 28. Mai 2022, 14:16 Doch, das ist natürlich AUCH Schuld der Unterhaltung. Wenn sie sich zu viele Freiheiten nimmt.
Nur so viel dazu noch: Kunst und Unterhaltung kann sich nie zu viele Freiheiten nehmen. Nicht in einer Demokratie. :)
Nur soviel dazu noch: Und sie muss dann (genau wie ihre Fans) damit klarkommen, genau dafür auch kritisiert zu werden. Grade in einer Demokratie. :)
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Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Axel »

Felidae hat geschrieben: 28. Mai 2022, 14:15 Und speziell in Sachsen in den 90ern dürfte auch eine gewaltige Rolle gespielt haben, dass da mal eben 40 Jahre deutsche demokratische Republik aufgearbeitet und korrigiert werden mussten. Was wohl allein schon damit anfing, dass Ihr DREI Wochenstunden Geschichte hattet, statt den bei uns üblichen zwei (die Terranigma ja auch so nennt).

Das hatte uns unsere damalige Klassenlehrerin von Jahren mal bei nem Klassentreffen so erzählt: Die ersten Jahre nach der Wende waren Wild West. Da hatte einfach jede Schule so gemacht, wie sie lustig war. Im Endeffekt: So weiter wie zu DDR Zeiten minus dem ideologischen Unterbau. Erst über die Jahre kristallisierte sich dann ein Schulplan heraus, damals muss es da heftigen politischen Streit über Jahre gegeben haben.

Wir hatten bis zum Schluss die alten DDR-Lehrerinnen (das ist nicht gegendert, bis zum Sport- und Vertrauenslehrer hatten wir an der Schule nur Frauen). Und ich bin so dankbar dafür. Auch dafür, dass wir von der fünften Klasse bis zum Schluss dieselbe Klassenlehrerin hatten (unsere Schule legte damals riesigen Wert auf Kontinuität bei den Lehrerinnen, eine Tugend aus DDR-Zeiten, wo das ähnlich gehandhabt wurde). Bei der wir Deutsch, Mathe, Musik, Geschichte und Sozialkunde hatten. Und bei ihrem Ehemann den Sportunterricht. Wir hatten "nur" die Fächer Biologie, Chemie, Physik, Englisch und Geographie bei anderen Lehrerinnen. Das heißt auch: Unsere Klassenlehrerin kannte uns in- und auswendig, weil wir so viel Unterricht hatten mit ihr. Schon nach zwei Jahren waren wir wie eine Maschine, sie mochte uns und wie sie. Das und weil unsere Klasse auch noch klein war (circa 16 Schüler), sorgte dafür, dass wir nicht nur sehr gute Leistungen hatten, sondern auch echt schnell im Stoff vorankamen. Und ja, ich schwärme da auch heute noch, weil uns unsere damalige Klassenlehrerin so stark geprägt hatte. Ich habe nie wieder so eine belesene und gleichzeitig emotional intelligente Person kennengelernt. Wahnsinn wie die Frau uns als Klasse, aber auch jeden Einzelnen, irgendwann allein aufgrund der Körperhaltung lesen konnte. War damals Mitte 50 als sie uns übernahm und als wir von der Schule abgingen, war sie knapp über 60. Total locker, aber strahlte durchaus auch Autorität aus ohne autoritär zu sein. Sie hatte auch das geschafft was mein familiäres Umfeld nie geschafft hat: In meiner wildesten Black Metal Phase mit 14, 15, 16 hatte ich nie das Bedürfnis ihr gegenüber auf irgendeine Art zu rebellieren. Auch weil sie mich so genommen hat, wie ich bin.

Heute weiß ich, dass ich einfach nur ein verdammtes Glück hatte! :mrgreen: Also einmal in ner kleinen Klasse zu sein und dann noch mit ner genialen Klassenlehrerin, bei der wir die Hälfte des Unterrichts über Jahre hatten.


Später in den in den späten 2000ern hatte ich den Realschulabschluss nachgeholt und ... oh boy... das war ein echter, schlimmer Kulturschock für mich. Fing schonmal an mit ner riesigen Klasse von 30 Schülern. Und allein jedes einzelner Fach bei anderen Lehrern zu haben und gefühlt nur mit überforderten Fachidioten zu tun zu haben, hat mich lange Zeit sehr ausgebremst. Ich konnte zu den Lehrern auch nie irgendeine Art von cooles Verhältnis aufbauen, weil es halt ständig wechselte. Und dann noch ständig Lehrer krank und dies und das und jenes. Vor allem mit den jüngeren Lehrern kam ich auf gar keinen grünen Zweig.

Also ja, wenn heutige Jugendliche in etwa so Schule erleben wie ich später beim zweiten Bildungsweg, da wundert mich wenig. Aber das kann doch nicht der Anspruch des deutschen Schulwesens sein.


Ja, ich bin jetzt ein wenig ins schwadronieren gekommen. Aber für mich zeigt das, dass Schule extrem prägt. Und auch deswegen sage ich: Unterhaltung sollte nicht das ausgleichen was gesellschaftlich schief läuft. Das sollte meines Erachtens einfach nicht der Anspruch von Unterhaltung sein.
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Terranigma
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Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Terranigma »

Axel hat geschrieben: 28. Mai 2022, 15:17Ja, ich bin jetzt ein wenig ins schwadronieren gekommen. Aber für mich zeigt das, dass Schule extrem prägt. Und auch deswegen sage ich: Unterhaltung sollte nicht das ausgleichen was gesellschaftlich schief läuft. Das sollte meines Erachtens einfach nicht der Anspruch von Unterhaltung sein.
Die spannende Frage ist, ob Unterhaltung allerdings auch keinerlei Verantwortung trägt für das, was sie bewirkt. Das meine ich nun nicht einmal explizit auf so'n harmloses Dingens wie Anno 1800 bezogen, o.Ä. sondern im Allgemeinen.
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Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von GoodLord »

Terranigma hat geschrieben: 28. Mai 2022, 12:20 Es ist nicht relevant für die Diskussion, ob Anno 1800 den Anspruch erhebt dass es genau so oder das es den Anspruch erhebt eine historisch korrekte Darstellung sei.
Ich finde es ist generell sehr wohl relevant, ob Anno überhaupt den Anspruch erhebt eine historische Epoche so gut es geht abzubilden oder sich einfach nur bestimmter Versatzstücke aus einer Epoche bedient um eine glaubhafte Welt darzustellen. Ich kann die ganze Kritik noch unter der Prämisse nachvollziehen, dass ein gutgläubiger Konsument (insbesondere Kinder) absichtlich in die Irre geführt wird was die Authentizität (oder wie man das auch immer nennt) der dargetsellten Welt angeht.
Wenn das aber nicht der Fall ist, dann würde ich zwar trotzdem davon ausgehen, dass jedes Werk letztendlich das Welt und Geschichtsbild des rezipienten beeinfluss, aber gleichzeitig ist es imo nicht die Aufgabe des Autors eines fiktionalen Werkes jeden Aspekt seinder Welt darauf hin abzuklopfen, welches Welt, Geschichts, Personenbilder etc. es unter welchen Vorraussetzungen, bei welchen Personen erzeugen könnte, sonder es ist die Aufgabe von Eltern und Bildungseinrichtungen, Kindern und Jugendlichen beizubringen, dass nicht alles was sie im Fernsehen, Büchern, Kino und am Computer sehen den tatsachen entspricht.

Das bedeutet natürlich nicht, dass der Konsum dieser Medien nicht trotzdemd as Welt und Geschichtsbild beeinflussen werden. Insbesondere wenn man eben nicht auch anderen Quellen ausgesetzt ist (ebenfalls wieder aufgabe der Eltern/Bildungseinrichtungen). Aber es ist halt wichtig sich persönlich darüber bewusst zu sein, worauf das persönliche Bild basiert und man daher auf dieser Basis eben keinen Entscheidungen treffen sollte, dieses Bild ohne Gegenkontrolle nicht als Fakt weitergeben sollte und umgekehrt gegenteiligen Infromationen gegenüber offen bleiben sollte.

Selbst wenn man der Meinung wäre, fiktive Werke müssten darauf achten keine verzerrten Weltbilder zu propagieren, wird sich das de facto ohnehin nicht verhindern lassen, da ist es meiner Meinung nach wesentlich effektiver bei der Bildung des Rezpipienten anzusetzten damt sich dessen Weltbild eben nicht primär auf fiktive Werke stützt und umgekehrt den fiktiven Werken (egal ob man da jetzt das Label Kunst dran klebt oder nicht) die Freiheit zuzugestehen, ihre Geschichten so zu erzählen, wie sie wollen.
Terranigma hat geschrieben: 28. Mai 2022, 12:20 Ist Anno 1800 ein Spiel in einem SciFi- oder Fantasy-Szenario? Nein, das ist's nicht. Wenn jemand die Anno-Reihe nicht kennt und Gameplay aus dem Spiel sieht, dann wird er sofort hist. Versatzstücke erkennen und das Spiel in einem hist. Szenario einordnen können, eben im Kontext der Industrialisierung.
Ehrlich gesagt verstehe ich den Teil nicht (bzw. verstehe ich nicht, welche Aussage du daraus ableitest). Jedes mir bekannte Fantasy Szenario nutzt Versatzstücke aus unserer Geschichte.


Noch mal ein anderer Gedanke: Selbst wenn Sklaven in Anno vorkommen würden, dann würde das mit Sicherheit nicht historisch akkurat passieren (was in Anno ist überhaupt historisch akkurat?). Ist es jetzt wirklich besser ein falsches Bild von Versklavung zu zeichnen, als diesen Aspekt überhautp nicht anzusprechen?
Felidae hat geschrieben: 28. Mai 2022, 14:09 Bzw, wie schon vor einigen Seiten geschrieben: Verdammt viele sind der Ansicht, dass Europa Afrika einen Scheiß schuldet und die Afrikaner selbst schuld an ihrer Lage seien. Und deshalb auch keine europäische Hilfe notwendig sei - geschweige denn, Flüchtlinge vom afrikanischen Kontinent aufzunehmen.
Also wenn wir Afrika überhaupt etwas schulden, dann sicher nicht, weil unsere Vorfahren deren Vorfahren versklavt haben, sondern weil unserer moderne Handels und Agrarpolitik dafür gesorgt hat, dass sie auf Essens und Saatgutlieferungen aus dem Ausland angewiesen sind.
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Axel
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Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Axel »

Terranigma hat geschrieben: 28. Mai 2022, 15:43 Die spannende Frage ist, ob Unterhaltung allerdings auch keinerlei Verantwortung trägt für das, was sie bewirkt.
Schwierige Kiste und abhängig von der Fallhöhe! Wenn wir beispielsweise über homophobische Deutsch-Rap-Texte reden, wo dazu auch noch zur Vergewaltigung von Frauen aufgerufen wird, bin ich bei Dir. Wo man sich fragen muss, was da in den letzten 20 Jahren passiert ist, dass sowas überhaupt frei verkauft wird. Auch in Anbetracht dessen, dass die Ärzte in den 80ern für sehr viel harmlosere Texte zensiert wurden.

Aber allgemein? Da ist es dann tatsächlich nur noch ein kleiner Schritt zur Dämonisierung von allem, was nicht in den Wertekanon passt. Ich erinnere an die Dämonisierung von Horror- und Actionfilmen in den 80ern. Oder daran, wie in den 90ern Hörer von Gothic und Metal pauschal alle als Satanisten medial verunglimpft wurden und den Eltern weißgemacht wurde, dass ihre schwarzgekleideten Kinder reihenweise in irgendwelchen Sekten sind. Oder an die 2000er mit der unsäglichen Killerspiel-Debatte. In all diesen Beispielen, wo etwas geschah was gegen einen Wertkanon verstoßen hat, hat man seitens der Kritiker von "Verantwortung" gesprochen. Verantwortung gegenüber den Kindern, gegenüber der Öffentlichkeit und so weiter.

Unter anderem auch deswegen reagiere ich auf das ganze Themenkomplex so allergisch! Wollen wir wieder in einer Gesellschaft leben, wo eine staatliche Stelle einfach so in Filmen und Serien herumzensiert? Wo Musikgenres pauschal als schädlich verurteilt werden? Wo Games als "Mordsimulationen, bei denen Jugendliche das töten lernen" bezeichnet werden? Ich bin froh, dass diese ganze Bevormundung hinter uns liegt!
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Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Felidae »

Axel hat geschrieben: 28. Mai 2022, 16:14 Unter anderem auch deswegen reagiere ich auf das ganze Themenkomplex so allergisch! Wollen wir wieder in einer Gesellschaft leben, wo eine staatliche Stelle einfach so in Filmen und Serien herumzensiert? Wo Musikgenres pauschal als schädlich verurteilt werden? Wo Games als "Mordsimulationen, bei denen Jugendliche das töten lernen" bezeichnet werden? Ich bin froh, dass diese ganze Bevormundung hinter uns liegt!
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Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Terranigma »

GoodLord hat geschrieben: 28. Mai 2022, 15:50 Ich kann die ganze Kritik noch unter der Prämisse nachvollziehen, dass ein gutgläubiger Konsument (insbesondere Kinder) absichtlich in die Irre geführt wird was die Authentizität (oder wie man das auch immer nennt) der dargetsellten Welt angeht. [...] Wenn das aber nicht der Fall ist, dann würde ich zwar trotzdem davon ausgehen, dass jedes Werk letztendlich das Welt und Geschichtsbild des rezipienten beeinfluss, aber gleichzeitig ist es imo nicht die Aufgabe des Autors eines fiktionalen Werkes jeden Aspekt seinder Welt darauf hin abzuklopfen, welches Welt, Geschichts, Personenbilder etc. es unter welchen Vorraussetzungen, bei welchen Personen erzeugen könnte, sonder es ist die Aufgabe von Eltern und Bildungseinrichtungen, Kindern und Jugendlichen beizubringen, dass nicht alles was sie im Fernsehen, Büchern, Kino und am Computer sehen den tatsachen entspricht.
Mit relevant meine ich für die Diskussion, denn ob die Entwickler irgendeinen Grad von Authentizität beabsichtigen oder nicht für die Rezeption nicht relevant, wie du auch sagst. Ob Kinder nun vorsätzlich in die Irre geführt werden, ob die Entwickler diesen Aspekt nicht berücksichtigen, o.Ä. hat keinen Einflus darauf, dass es einen Effekt gibt. Das war an der Stelle nur mein Punkt: Es gibt hier zwei Diskussionen, die ich trennen würde.

(1) Haben Videospiele wie z.B. Anno 1800, Kingdom Come, Assassin's Creed, Age of Empires, Call of Duty etc. einen Einfluss auf das Geschichtsbild der Rezipienten?
(2) Welche Schlussfolgerungen und ggf. (Handlungs-)Konsequenzen ziehen wir aus dem Umstand, dass entsprechende Videospiele einen Einfluss auf das Geschichtsbild haben?


Sowie ich dich verstehe, würdest du durchaus (1) zustimmen und ebenfalls sagen, dass Titel wie z.B. Anno 1800 oder ebenso natürlich auch Anno 1404, etc. von Rezipienten gemeinhin als eine hist. Darstellung wahrgenommen werden und die Auswahl und Darstellung dieser hist. Versatzstücke das Geschichtsbild beeinflusst. Das ist ja erst einmal nur eine Bestandsaufnahme, eben zu sagen, hat diese mediale Darstellung einen Einfluss oder hat sie keinen. Ich würde dies definitiv mit "Ja" beantworten.

Daraus folgt für (2) allerdings erst einmal nichts, denn auch wenn ein Einfluss vorliegt, ist damit nicht gesagt, welche Schlussfolgerung man daraus zieht. Ich finde die Diskussion zu (1) wichtig, eben dass man darüber ins Gespräch kommt und sich mit Videospielen - wie's für Filme, Romane, u.Ä. ja ebenso üblich ist - auch auf dieser Ebene auseinandersetzt. Gerade auch, weil ich vor allem Kinder und Jugendliche im Blick habe, welche solche Titel nicht so einordnen (können), wie wir's hier tun. Aber ansonten wäre ich bei dir, eben dass ich weder an Anno 1800 noch an irgendein anderes konkretes Videospiele irgendeine Forderung, o.Ä. richten würde, dass sie diesen oder jenen Aspekt berücksichtigen sollten. Ich denke, dass jeder Herausgeber eines Werkes auch eine Verantwortung dafür trägt, was er da in die Öffentlichkeit stellt. Aber das meine ich auch nur im Allgemeinen. Was daraus nun konkret folgt, das würde ich am konkreten Titel festmachen. Und Anno 1800 ist nun gewiss kein Videospiel, wo sich bei mir irgendetwas regt; es ist ja nun kein Titel wie z.B. der KZ-Simulator, o.Ä. Anno 1800 ist für mich Historien-Kitsch, wie das Gros dessen, was als "Historien-Film" im Kino/Fernseh läuft. Oder auch Piraten-Filme, und ich mag Piraten-Filme! :D
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Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Axel »

Felidae hat geschrieben: 28. Mai 2022, 17:00 Du verwechselst grade staatliche Bevormundung mit freier journalistischer Arbeit.
Das alles kam damals eben nicht nur von Journalisten (was schlimm genug ist und mit Journalisten-Ethos nichts zu tun hat!), sondern vor allem auch seitens Politiker sämtlicher Parteien! Hast Du echt nicht mehr im Gedächtnis, wie Politiker damals mit der Killerspieldebatte & Co. massiv Wahlkampf gemacht haben? Und natürlich gab es auch staatliche Bevormundung. Brauchst ja nur mal dich durch Schnittberichte durchzuklicken. Oder dir mal anzuschauen, was insbesonderen in 90ern und 2000ern alles auf dem Index kam, wo man heute nur noch kopfschüttelnd davorsitzt.

Terranigma hat geschrieben: 28. Mai 2022, 17:34 Ich denke, dass jeder Herausgeber eines Werkes auch eine Verantwortung dafür trägt, was er da in die Öffentlichkeit stellt. Aber das meine ich auch nur im Allgemeinen. Was daraus nun konkret folgt, das würde ich am konkreten Titel festmachen. Und Anno 1800 ist nun gewiss kein Videospiel, wo sich bei mir irgendetwas regt; es ist ja nun kein Titel wie z.B. der KZ-Simulator, o.Ä. Anno 1800 ist für mich Historien-Kitsch, wie das Gros dessen, was als "Historien-Film" im Kino/Fernseh läuft. Oder auch Piraten-Filme, und ich mag Piraten-Filme! :D
Um mal noch eine andere Sichtweise auszuformulieren:

Kann simple Unterhaltung auch neugierig machen?

Die Frage wird in der ganzen Diskussion irgendwie vergessen. Statt nur zu problematisieren, sollte man sich m.E. auch mal von der anderen, optimisterischen Seite nähern. Bastian hat ja im Podcast erzählt, dass er auch aufgrund solcher Aufbauspiele mit historischen Versatzstücken angefangen hat, sich für Geschichte zu interessieren. Und warum sollte er da der einzige sein?

Bleiben wir mal bei Anno 1800: Während des Spielen können einen so einige Fragen kommen. Beispiele:
- Wie haben die damals eigentlich diese imposant verzierten Gebäude gebaut? Wie sah damals eigentlich das Stadtbild der Städte wirklich aus?
- Weltausstellung? Was ist das?
- Wann kam eigentlich die erste Lokomotive auf und wie haben die damals Schienennetze geplant?
- Wie haben die Menschen damals die Erfindung der Elektrizität wahrgenommen?
- Wie war damals allgemein die Gesellschaft? Welche Musik haben sie gehört? Welche Bücher haben sie gelesen?

Das alles und noch mehr kann einem in den Sinn kommen, wenn man Anno spielt. Nicht weil Anno direkt solche Fragen stellt. Aber man macht sich ja vielleicht doch Gedanken, während man so an einer Stadt herumbaut. Auch weil ich mir nicht vorstellen kann, dass Anno von Menschen gespielt wird, die überhaupt nicht für solche Fragen empfänglich sind. Und dann kommt man vielleicht auf die Idee mal in der Wikipedia nachzuschlagen was eine Weltausstellung war. Und merkt: Scheiße, nach dem Artikel bin ich so schlau wie vorher. Dann geht man vielleicht auf YouTube und tippt "Weltausstellung Doku" ein und kommt auf eine Dokumentation aus dem Jahr 2000 die mehr Antworten liefert. Und dann guckt man vielleicht weiter und entdeckt die Doku "Die Stählerne Zeit - Industrielle Revolution in Deutschland". Und vielleicht sogar interessiert einem danach, wie das in der eigenen Heimatstadt war und findet auf YouTube natürlich nichts. Aber man hat dann vielleicht mal Lust ins städtische Museum oder die Bibliothek zu gehen und sich anzuschauen, wie die Stadt früher ausgesehen hat. Und so geht das dann weiter.

Wiürden das die meisten so durchexerzieren? Natürlich nicht. Für viele wird wahrscheinlich schon nach der ersten oder zweiten Doku schluss sein. Aber: Dann haben sie es zumindestens mal gehört, was ohne die Neugierde - hervorgerufen durch das Spiel - nicht der Fall wäre. Und manchmal reicht auch einfach nur schlichte Neugierde, statt dass immer gleich sofort mit dem lehrenden Zeigefinger gewedelt wird.

Gibt ja auch in der popkulturellen Historie schöne Beispiele, wie simple Unterhaltung Menschen inspiriert hat. So löste der erste Karate Kid in den 80ern ein gesteigertes Interesse unter Jugendlichen aus und sie gingen in entsprechende Vereine oder Schulen. Nicht weil Karate in Karate Kid so akkurat dargestellt wurde - wurde es nicht. Aber viele wurden inspiriert, weil Daniel im Film gelernt hat sich selbst zu verteidigen und Selbstbewusstsein gewonnen hat.
Oder auch die erste Star Trek Serie aus den 60ern. Die hat damals auch dazu geführt, dass sich Menschen für Themen wie Raumfahrt, Wissenschaft oder Medizin interessierten und teilweise einen beruflichen Weg dahin einschlugen. Natürlich auch hier nicht die große Masse, die wurde einfach unterhalten. Aber doch wahrnehmbar. Obwohl Star Trek damals auch "nur" simple Unterhaltung war. Vielleicht braucht es manchmal eben genau das um Menschen erst neugierig zu machen...
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Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Voigt »

Niemand sagt ja Anno 1800 wäre nur schlecht. Es macht ja vieles für viele Richtung und kann genau wie du sagst Interesse wecken.

Aber zusätzlich zu den guten Sachen, kann es ja auch noch bissel besser über Imperialismus aufklären. Ich persönlich würde beispielsweise informative Journaleinträge wie es AC3 hatte, oder Teils auch die Glossare aus AoE2 gerne haben für Anno 1800. einfach on top.

Auch wenn das eigentlich nur nebenher, weil ich ja eigentlich ein besseres Spiel als Anno 1800 gerne hätte, weil es mir als Spiel ja nichtmal wirklich gefällt. ^^
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Felidae
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Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Felidae »

Axel hat geschrieben: 28. Mai 2022, 19:20
Felidae hat geschrieben: 28. Mai 2022, 17:00 Du verwechselst grade staatliche Bevormundung mit freier journalistischer Arbeit.
Das alles kam damals eben nicht nur von Journalisten (was schlimm genug ist und mit Journalisten-Ethos nichts zu tun hat!), sondern vor allem auch seitens Politiker sämtlicher Parteien! Hast Du echt nicht mehr im Gedächtnis, wie Politiker damals mit der Killerspieldebatte & Co. massiv Wahlkampf gemacht haben? Und natürlich gab es auch staatliche Bevormundung. Brauchst ja nur mal dich durch Schnittberichte durchzuklicken. Oder dir mal anzuschauen, was insbesonderen in 90ern und 2000ern alles auf dem Index kam, wo man heute nur noch kopfschüttelnd davorsitzt.
Nur war die Killerspieldebatte halt eine komplett andere und auch anders geführte als ein Artikel von einem Spieleenthusiasten (!), der nur darauf Wert legt, dass sich Spiele-Entwickler:innen ihrer gesellschaftlichen Verantwortung genau so bewusst sein sollten wie Filmemacher:innen, Autor:innen etc.

Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich.
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Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von holymoe4237 »

Natürlich ist es die Aufgabe von kritischem Spielejournalismus, die Entwickler und Produzenten von Spielen mit historischen Settings für deren Geschichtsdarstellungen in die Verantwortung zu nehmen:

Das Geschichtsbewusstsein einer Bevölkerung hat direkte Auswirkungen auf die praktizierte, gegenwärtige Innen- und Außenpolitik eines Landes. Das Geschichtsbewusstsein wird vor allem durch populäre Medien geprägt. Populäre Medien haben also einen Einfluss auf die Politik eines Landes. (Zu diesen populären Medien gehört extrem viel, natürlich auch Videospiele.) Da, wo Einfluss vorhanden ist, folgt mMn daraus Verantwortung.
(Das alles wurde in der Podcastfolge ja auch erklärt, oder?)

Diesen Einfluss herauszuarbeiten, kritisch zu beleuchten und die Entwickler auf ihre Verantwortung hinzuweisen ist mMn natürlich die Aufgabe von Spielejournalismus.

Daher kann ich die teilweise Diskussion über den Sinn oder Unsinn von Doms kritischen Analysen in keiner Weise nachvollziehen. :think:
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Zeshi
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Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Zeshi »

Felidae hat geschrieben: 27. Mai 2022, 13:40 Und ja, ein heutzutage erscheinendes Spiel, das die SS darstellt, aber ohne Kriegsverbrechen abzubilden, wäre zurecht ruftechnischer Selbstmord.
Steel Division 2 und Post Scriptum

*hust*
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lolaldanee
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Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von lolaldanee »

Zeshi hat geschrieben: 28. Mai 2022, 23:05
Felidae hat geschrieben: 27. Mai 2022, 13:40 Und ja, ein heutzutage erscheinendes Spiel, das die SS darstellt, aber ohne Kriegsverbrechen abzubilden, wäre zurecht ruftechnischer Selbstmord.
Steel Division 2 und Post Scriptum

*hust*
hm, dazu noch die Kurzbeschreibung von Steel Division auf Steam:

Steel Division 2 is a historically-accurate WW2 real-time strategy game set on the Eastern Front. Features 1:1-scale turn-based army management and real-time tactical battles with thousands of men at your order.

"historically-accurate" als erstes verwendetes Adjektiv... DAS ist eine klare Aussage, anders als bei Anno gibts an dem Claim nun wirklich nicht viel zu diskutieren
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Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von meieiro »

lolaldanee hat geschrieben: 28. Mai 2022, 23:58 hm, dazu noch die Kurzbeschreibung von Steel Division auf Steam:

Steel Division 2 is a historically-accurate WW2 real-time strategy game set on the Eastern Front. Features 1:1-scale turn-based army management and real-time tactical battles with thousands of men at your order.

"historically-accurate" als erstes verwendetes Adjektiv... DAS ist eine klare Aussage, anders als bei Anno gibts an dem Claim nun wirklich nicht viel zu diskutieren
Bei mir ist das auf deutsch und da ist kein Wort von 'historically-accurate' oder ähnlichen. Wäre interessant, obs dafür einen Grund gibt
Axel hat geschrieben: 28. Mai 2022, 19:20 Kann simple Unterhaltung auch neugierig machen?

Die Frage wird in der ganzen Diskussion irgendwie vergessen. Statt nur zu problematisieren, sollte man sich m.E. auch mal von der anderen, optimisterischen Seite nähern. Bastian hat ja im Podcast erzählt, dass er auch aufgrund solcher Aufbauspiele mit historischen Versatzstücken angefangen hat, sich für Geschichte zu interessieren. Und warum sollte er da der einzige sein?

Bleiben wir mal bei Anno 1800: Während des Spielen können einen so einige Fragen kommen. Beispiele:
- Wie haben die damals eigentlich diese imposant verzierten Gebäude gebaut? Wie sah damals eigentlich das Stadtbild der Städte wirklich aus?
- Weltausstellung? Was ist das?
- Wann kam eigentlich die erste Lokomotive auf und wie haben die damals Schienennetze geplant?
- Wie haben die Menschen damals die Erfindung der Elektrizität wahrgenommen?
- Wie war damals allgemein die Gesellschaft? Welche Musik haben sie gehört? Welche Bücher haben sie gelesen?
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Es könnte aber auch Fragen aufkommen, wie das mit der Kolonisierung genau war und was die Europäer den Afrikaner und Südamerikaner so angetan haben. Und in wie weit Deutschland da auch beteiligt war.
Und für mich sind das deutlich wichtigere Themen, als die Musik die damals gehört wurde. Vorallem weil Deutschland da auch ne sehr schwierige Beziehung dazu hat.
Felidae hat geschrieben: 28. Mai 2022, 20:29 Nur war die Killerspieldebatte halt eine komplett andere und auch anders geführte als ein Artikel von einem Spieleenthusiasten (!), der nur darauf Wert legt, dass sich Spiele-Entwickler:innen ihrer gesellschaftlichen Verantwortung genau so bewusst sein sollten wie Filmemacher:innen, Autor:innen etc.

Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich.
Das ist doch der entscheidende Punkt. Es geht doch nicht darum irgendwem zu verbieten Spiele wie Anno 1800 zu machen. Es geht um ein Bewusstsein darüber.
Die Killerspieldebatte dagegen wurde von aussen herangetragen, von Menschen, die sich mit dem Thema kaum bis gar nicht damit beschäftigt haben. Das selbe kann man von Dom nun wirklich nicht behaupten
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Felidae
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Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Felidae »

meieiro hat geschrieben: 29. Mai 2022, 09:57
Das ist doch der entscheidende Punkt. Es geht doch nicht darum irgendwem zu verbieten Spiele wie Anno 1800 zu machen. Es geht um ein Bewusstsein darüber.
Die Killerspieldebatte dagegen wurde von aussen herangetragen, von Menschen, die sich mit dem Thema kaum bis gar nicht damit beschäftigt haben. Das selbe kann man von Dom nun wirklich nicht behaupten
Manchmal hab ich den Eindruck, Dom wird von manchen tatsächlich als Wolf im Schafspelz angesehen, der so tut, als würde er Spiele mögen, aber eigentlich will er die ganze Industrie von innen vernichten. :D
Dabei hat der gute Kerl einfach nur einen neuen, frischen Blick auf die Sparte. Der so unglaublich gut tut.
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Andre Peschke
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Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Andre Peschke »

Ich hatte ja gehofft, wir nehmen alle vielleicht aus dieser Folge Nachgeforscht ein paar Erkenntnisse zu dem Thema mit und das hilft, nüchterner darüber zu sprechen, statt wieder die gleichen Kreise zu drehen. :D

- Die Wirkung auf den User ist noch schlecht erforscht und es gibt viele Fragezeichen. Man muss also generell mit einer Problematisierung noch vorsichtig sein. Es ist daher unnötig gleich Verbote zu befürchten.

- Wie wir eingangs aber hoffentlich dargestellt haben, ist es mitunter ziemlich relevant, wie wir Geschichte begreifen. Deswegen ist das Thema durchaus wichtig.

- Ein Schutzfaktor ist Vorwissen. Je mehr Vorbildung über wichtige Themen, desto weniger kann da ein Spiel "anrichten". Bildungspolitik und der Rang von Geschichtsbildung in der Gesellschaft sind also naheliegende Ansatzpunkte.

- Wenn die Quelle vertrauenswürdig ist, können Fehlvorstellungen schnell korrigiert werden. Ein aufklärender Artikel darüber, was ein Anno alles falsch darstellt, kann also zB allein deswegen schon sehr wertvoll sein, weil er falsche Vorstellungen "heilt" (vielleicht ist das sogar schon der vorrangige Nutzen, zusammen mit:)

- Genauso kann eine größere Skepsis / ein größeres Bewusstse über die Verzerrungen in Computerspielen hilfreich sein. Entsprechend sind auch Threads wie dieser nützlich.

- Unnütz ist es, einfach pauschal abzuwinken und zu sagen: "lass mein Entertainment in Ruhe" :D

- Aus meiner Sicht ist - Stand heute - aber auch eine Problematisierung einzelner Titel falsch - da stimmte Bastian Dawitz ja auch zu. Der große Blick auf das mediale Umfeld und Aufklärung statt Anprangern erscheinen gebotener. Ist halt aber wie immer in der aktuellen Medienlandschaft die Frage, was dann auch gedruckt wird.

Andre
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