Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

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echtschlecht165
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Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von echtschlecht165 »

Voigt hat geschrieben: 31. Mai 2022, 08:59 Soweit ich weiß:
Konzentrationslager im weiteren Sinne waren weit verbreitet, gab es schon in 1. WK uns insgesamt auch bei den Allierten und sogar heuzutage noch als Flüchtlingslager.
Es sind erstmal noch Lager in denen einen Menschengruppe räumlich konzentriert wird, damit man diese besser überwachen kann. Ohne dass die in Zellen eingesperrt sind, weil "sind ja keine Gefängnisse". Wobei die quasi immer aus dem Lager insgesamt nich raus dürfen.

Das besondere an der Nazi Konzentrationslagern, waren zum einen die Sonderform der Vernichtungslager, wo industriell Menschen umgebracht und "entsorgt" wurden.
Aber auch die "regulären" KZs waren anders, da diese durch härteste Zwangsarbeit auch oft zum Tode der Insassen führten, was je nach internierter Gruppe sogar erwünscht war.
Aufgrund der Besonderheit der Nazi Lager, wird heute KZ oder Konzentrationslager meist nurnoch für solche Nazi-Lager verwendet und bei anderen Konzentrationslagern nutzt man eher Internierungslager oder halt direkt nach Funktion Kriegsgefangenlager/Flüchtlingslager. Gehören auch zur Gruppe der KZs, verwirrt Menschen aber nur wenn man den Oberbegriff nimmt.

In sonstigen und auch heutigen Konzentrationslagern, sollen bloß die Insassen vergleichsweise kostengünstig und seperat der eigenem Bevölkerung für eine zeit lang am Leben gehalten werden, bis man weiter weiß. Bis etwa der Weltkrieg, der Bürgerkrieg oder der koloniale Aufstand vorbei ist.
ajo,
das klingt plausibel. Und so wird auch das Spiel dargestelt
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Voigt
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Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Voigt »

Gerade mal Wikiartikel gelesen zu deinem Spiel, zeigt anscheinend ein recht nachsichtiges Bild.
Aber Westallierte wurden halt auch größtenteils ok behandelt nach Genfer Konvention:
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Kriegsg ... eltkrieges

Einfach erschossen wurden Kommandoeinheiten und misshandelt die Ostallierten, also insbesondere Polen und Soviets.

Aber als amerikanischer Captn., und damit ja sogar ein Offizier, war es wahrscheinlich sogar realistisch, ist aber halt Sondervoll der aufgegriffen wird.
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Felidae
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Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Felidae »

Voigt hat geschrieben: 31. Mai 2022, 10:13 Gerade mal Wikiartikel gelesen zu deinem Spiel, zeigt anscheinend ein recht nachsichtiges Bild.
Aber Westalliertr wurden halt auch größtenteils ok behandelt nach Genfer Konvention:
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Kriegsg ... eltkrieges

Einfach erschossen wurden Kommandoeinheiten und misshandelt die Ostallierten, also insbesondere Polen und Soviets.

Aber als amerikanischer Captn., und damit ja sogar Offizier, wahrscheinlich sogar realistisch, ist aber halt Sondervoll der aufgegriffen wird.
Und damit wären wir wieder an dem Punkt der "Geschichtsverklärung". Auch hier vermutlich ohne böse Absicht. Aber für Angehörige jener, die das Pech hatten, als Pole oder Sowjet in deutsche Gefangenschaft zu geraten, vermutlich im Ergebnis nur sehr schwer erträglich.

Und by the way, das ist ein wesentlicher Unterschied zu nem (durchaus Unterhaltungs)Film wie "Schindlers Liste". Der Film zeigt, dass über tausend Menschen durch einen Mann gerettet wurden. Aber er lässt zu keinem Zeitpunkt den Eindruch entstehen, dass das normal gewesen wäre. Im Gegenteil. Er betont den ganzen Film hindurch, dass diese Menschen einfach nur unsagbares Glück hatten, an Schindler geraten zu sein. Und damit eine absolute Minderheit darstellten.
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Axel
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Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Axel »

In meiner Erinnerung hat Prisoner of War jedoch etwas fantastisch gemacht: Es war extrem schwer. Einmal, weil man nicht kämpfen konnte. Und dann war es wirklich so, dass man ständig entdeckt wurde, die Wachen & Co wirklich überall waren und dann war man auch schon so gut wie tot.

Prisoner of War war in meiner Erinnerung ein Spiel, das nicht das Bild vermittelte, dass die Wahrscheinlichkeit aus so einem Lager zu fliehen sonderlich groß gewesen wäre. Man war dahingehend recht "authentisch", mit der Folge ein extrem frustiges Spiel mit einem absurd hohen Schwierigkeitsgrad zu haben.

Also ein Beispiel das heute, 20 Jahre später, eben niemand mehr machen würde.
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Desotho
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Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Desotho »

Und ich dachte Kriegsgefangenenlager sind wie in der Serie "Ein Käfig voller Helden" ...
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GoodLord
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Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von GoodLord »

Felidae hat geschrieben: 31. Mai 2022, 10:20
Voigt hat geschrieben: 31. Mai 2022, 10:13 Gerade mal Wikiartikel gelesen zu deinem Spiel, zeigt anscheinend ein recht nachsichtiges Bild.
Aber Westalliertr wurden halt auch größtenteils ok behandelt nach Genfer Konvention:
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Kriegsg ... eltkrieges

Einfach erschossen wurden Kommandoeinheiten und misshandelt die Ostallierten, also insbesondere Polen und Soviets.

Aber als amerikanischer Captn., und damit ja sogar Offizier, wahrscheinlich sogar realistisch, ist aber halt Sondervoll der aufgegriffen wird.
Und damit wären wir wieder an dem Punkt der "Geschichtsverklärung". Auch hier vermutlich ohne böse Absicht. Aber für Angehörige jener, die das Pech hatten, als Pole oder Sowjet in deutsche Gefangenschaft zu geraten, vermutlich im Ergebnis nur sehr schwer erträglich.
Für die Annahme hätte ich gerne ne Datenbasis. Ich könnte mir genauso gut vorstellen, dass eine Darstellung die eher zu den Erlebnissen ihrer Angehörigen passt noch viel schlimmer ist.
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Felidae
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Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Felidae »

GoodLord hat geschrieben: 31. Mai 2022, 12:00
Für die Annahme hätte ich gerne ne Datenbasis. Ich könnte mir genauso gut vorstellen, dass eine Darstellung die eher zu den Erlebnissen ihrer Angehörigen passt noch viel schlimmer ist.
Nicht ohne Grund schrieb ich "vermutlich".

Ich halte es aber für recht wahrscheinlich, dass beide Darstellungsmöglichkeiten bei Angehörigen die Frage aufwerfen, warum so etwas überhaupt für ein Spaß-Spiel herhalten muss. Die einseitige Darstellung ohne Kriegsverbrechen der Wehrmacht dürfte dazu noch aber als verharmlosende Darstellung von Mördern aufgefasst werden.

Und nein, dazu habe ich keine Studie. Das sagt mir ausschließlich meine Empathie.
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Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Otis »

Desotho hat geschrieben: 25. Mai 2022, 08:11Und spiel-mechanisch könnte man es ev. so machen, dass die Nutzung von Sklaven optional ist aber man es dann schwerer hat.
Naja, aber warum schwerer? Weil wir das aus der heutigen moralischen Sicht als schlecht bewerten und den Spieler dafür zu bestrafen müssen meinen? Damit die Sklaverei nicht Spaß macht? Nur wegen des Balancings? Ich finde die Frage, wie man Sklaverei in einer Wirtschafts-/Aufbau-Sim auch im Gameplay einbinden könnte, ziemlich schwierig zu beantworten, erst recht, wenn sie nicht nur da, sondern eben auch historisch korrekt dargestellt bzw. eingebunden sein soll.
Man kann sicher drüber diskutieren, aber ich bin auch eher der Meinung, dass ein Spiel nicht jedes kritische Fass aufmachen muss.
Stimmt, muss nicht sein. Wäre schön, wenn es jemand macht, aber ich finde den Standpunkt "das ist nicht das Anno, was ich (machen) will" auch völlig in Ordnung. Solange klar kommuniziert wird, was den Spieler erwartet.

Ich weiß auch nicht, ob ich das mit der Geschichtsverzerrung so problematisch finde, denn irgendwo ist auch jeder selber bisschen verantwortlich, wie er sich bildet bzw. bilden lässt, und wenn man sich nicht auskennt, muss man sich regelmäßig daran erinnern, dass man nicht geprüft hat bzw. prüfen kann, wie die Dinge wirklich abliefen. Bei Unterhaltungsmedien sollte einem das klar, sein, dass das sogar kompletter Blödsinn sein kann. Die Verantwortung liegt meiner Meinung nach nicht beim Werkschaffenden, die Menschen aufzuklären, d.h. solange keine bewusste Irreführung oder Propaganda vorliegt, sollte alles okay sein.

Es mutet seltsam an, ausgerechnet Geschichte herauszupicken, was korrekt und allumfassend dargestellt zu sein hat, während Spiele z.B. die Folgen von Gewalt und Mord größtenteils verharmlosen oder komplett ausblenden. Leichen lösen sich in Luft auf, strafrechtliche Verfolgung findet nicht statt bzw. wenn, ballert man die Polizei halt auch über den Haufen usw. Ich meine, wie viel Wachpersonal ich alleine in Deus Ex bewusstlos in irgendwelche Lüftungsschächte gezerrt habe, ohne dass jemand dadurch verletzt wurde oder wenigstens mal in der Stadt nach dem gewissenlosen Cop-Verstecker gefahndet wurde ... Da war eigentlich schon das Feature (Bug?) in Human Revolution ziemlich gut, dass Gegner auch bei Verwendung des Betäubungsgewehrs sterben konnten, weil das klar gemacht hat, nur weil Du ein Betäubnungsmittel benutzt, heißt das noch lange nicht, dass auch immer alles gut geht, z.B. wenn einer das nicht verträgt oder unglücklich fällt, einen Unfall verursacht usw.

Das wird aber (von einigen Hardcore-Hatern abgesehen) wie selbstverständlich als von der Realität abweichend eingestuft. Genau das gleiche mit physikalischen oder gesellschaftlichen Zusammenhängen, Games sind in so gut wie allem unrealistisch und das verstehen wir auch. Und ja, einseitige, mediale Darstellung wird unser Welt-, in diesem Fall Geschichtsbild natürlich auch mit prägen, aber deswegen jetzt Spiele in die Pflicht zu heben, Lernprogramme sein zu müssen, halte ich für verfehlt. Vielmehr sollte mit einfach verfügbaren Bildungsangeboten gegengesteuert werden, damit die Leute genügend Informationen haben, um zu erkennen, was ist Fiktion und was kann man als korrekt annehmen. Die Westernfilme haben z.B. auch weltweit unser Bild von dieser Zeit vor Ort wie man mittlerweile weiß ziemlich verbogen geprägt, oft auch mit furchtbaren Folgen für die Ureinwohner, die als gefährliche Wilde o.ä. dargestellt wurden, aber weil eben darüber gesprochen wird und dann auch alternative Filmdarstellungen dazu kamen, weiß man das heute und kann den Westernquatsch als das annehmen, was er ist, Unterhaltung im historisch aussehendem Setting. (Das hat sicherlich nicht jeden erreicht, aber es ist halt eine Möglichkeit. Kunst steht ja nicht nur im Vakuum für sich, sondern wird immer auch rezipiert und da muss angesetzt werden.)

Cool finde ich, wenn die Spiele das gleich mit dazu anbieten, vielleicht durch Tooltips, Kodexeinträge oder gar gleich sowas wie die Geschichtsführungen in den neueren ACs. (Habe die selber noch nicht gemacht, ist aber geplant, wobei ich selbst da vermutlich zu wenig Vorbildung hätte, um zu wissen, wie genau das ist, aber das weiß ich im Museum letztlich genauso wenig.)
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Felidae
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Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Felidae »

Otis hat geschrieben: 31. Mai 2022, 12:20
[...]
Im Prinzip stimme ich Dir ja bei allem zu. Nur hat auch Dein Posting meiner Meinung nach das Problem, dass es sich zu sehr auf eine bestimmte Gruppe Spieler:innen konzentriert - jene, die hier im Forum überproportional hoch vertreten sein dürfte. Nämlich die "erwachsene Spieler:innen mit einem recht hohen Bildungsgrad". (Und dass der hier sehr hoch ist, beweist allein schon das für Internetverhältnisse extremst seltene Auftauchen von Rechtschreib- und Grammatikfehlern.)

Im Podcast wird aber explizit die eine Untersuchung erwähnt, die zumindest vermuten lässt, dass mangelndes Wissen zur Übernahme falscher Darstellungen führen könnte. Und, dass - entgegen aller Behauptungen hier im Forum, "man" wisse doch, dass Werbung einen anlügt - Werbeaussagen sehr wohl als für wahr gehalten werden. (Auch da: Wenn man es nicht eh schon besser weiß.)

Und ich bin sofort dabei, wenn es drum geht, mehr Medienkompetenz einzufordern, die entsprechende Ausbildung in Schulen massiv zu fördern etc. Nur erschließt sich mir umgekehrt nicht, warum das ein "entweder oder" sein muss.

Das Westernbeispiel ist übrigens wunderbar: Ja, die Filme waren, was die politische Aussage angeht, absolut verwerflich. (Und TROTZDEM guck ich manchmal gern einen alten John Wayne-Film. Guilty pleasure.) Und ja, die später anschließende Debatte hat dazu geführt, dass man diese alten Filme heute mit anderen Augen sieht. Sie hat aber AUCH dazu geführt, dass Western heute eben NICHT MEHR so gedreht werden, sondern sich der historischen Verantwortung stellen. Nichts anderes wollen manche bei Spielen halt auch. :)
GoodLord
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Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von GoodLord »

Felidae hat geschrieben: 31. Mai 2022, 12:11
GoodLord hat geschrieben: 31. Mai 2022, 12:00
Für die Annahme hätte ich gerne ne Datenbasis. Ich könnte mir genauso gut vorstellen, dass eine Darstellung die eher zu den Erlebnissen ihrer Angehörigen passt noch viel schlimmer ist.
Nicht ohne Grund schrieb ich "vermutlich".
Ist mir schon klar. Nicht ohne Grund schrieb ich "Annahme". Damit meinte ich auch nicht, dass du mir deine Quelle nennen solst, sondern, dass ich dazu gerne handfeste Daten (oder zumindest anekdotische Evidenz) hätte, bevor ich bereit bin diese Vermutung zu übernehmen.
Felidae hat geschrieben: 31. Mai 2022, 12:11 Ich halte es aber für recht wahrscheinlich, dass beide Darstellungsmöglichkeiten bei Angehörigen die Frage aufwerfen, warum so etwas überhaupt für ein Spaß-Spiel herhalten muss. Die einseitige Darstellung ohne Kriegsverbrechen der Wehrmacht dürfte dazu noch aber leicht als verharmlosende Darstellung von Mördern aufgefasst werden.
Eine Alternative Möglichkeit wäre, dass eine Darstellung die näher and dem liegt, was ihnen erzählt wurde/was ihren angehörigen passiert ist sie viel stärker triggert. Während sie kein Problem mit einem Spiel hätten, dass nur periphär etwas mit ihrer Familiengeschichte zu tun hat.
Felidae hat geschrieben: 31. Mai 2022, 12:11 Und nein, dazu habe ich keine Studie. Das sagt mir ausschließlich meine Empathie.
Stützt sich deine Empathie denn auf irgendwas anderes, als deine Spekulation, wie es dir (oder Leuten die du gut kennst) dabei ginge? Kannst die Frage aber gerne ignorieren wenns zu persönlich ist.
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Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Otis »

Also ich hab' Der Schuh des Manitu geguckt, weiß jetzt nicht, ob das historisch korrekter war als früher ...

Ok, aber ... auch wir als erwachsene Spielerinnen und Spieler waren ja mal Kinder und waren trotzdem nicht dazu verdammt, irgendwelche Geschichtsbilder, die wir als Kinder, Schüler oder wann auch immer übernommen und entwickelt hatten, auf ewig so beizubehalten und auch wir haben selbst heute noch mit Sicherheit die eine oder andere Baustelle, wo unsere Vorstellung von der Realität abweicht. Wann wird das aber wirklich mal zu einem Problem?

Daher ja der Gedanke, dass mit genügend Bildungsangeboten und alternativen Darstellungen und Unterhaltungsmedien ausreichend dagegen gearbeitet werden kann und wir deshalb nicht absolute Genauigkeit in der Unterhaltung forden müssen aus Angst, dass jemand dann ein falsches Geschichtsbild haben könnte. Ich sehe da auch kein Entweder/Oder, ich sage ja schließlich nicht, dass Spiele nicht genau sein sollten, sondern nur, dass etwaige Fehler mit Gegenangeboten ausgeglichen werden sollten bzw. dass man daran erinnert, dass es sich um Fiktion handelt.

Und logo, wenn sich die Geschichtsdarstellung in Spielen verbessert, bin ich nicht dagegen, aber Du sagst ja selber, die John-Wayne-Schinken schaust Du Dir gerne mal an, d.h. umgekehrt können wir verzerrte Geschichtsdarstellung trotzdem weiter als Fiktion und Unterhaltung anerkennen. Daher meine Meinung, alles kann, nichts muss. Ich verlange von Anno keine korrekte Abhandlung oder überhaupt Sklaverei, ich möchte aber schon, dass es irgendwo auch richtig gemacht wird.
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Felidae
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Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Felidae »

GoodLord hat geschrieben: 31. Mai 2022, 12:38
Stützt sich deine Empathie denn auf irgendwas anderes, als deine Spekulation, wie es dir (oder Leuten die du gut kennst) dabei ginge? Kannst die Frage aber gerne ignorieren wenns zu persönlich ist.
Auch, wenn ich mich dadurch argumentativ angreifbar mache: Meine Familie hat unter den Nazis gelitten, ja. Und wenns nach ihnen gegangen wäre, hätte mein Großvater nicht überlebt (und im weiteren Verlauf dann vermutlich auch meine Großmutter nicht). Weshalb ich aus anderen Zusammenhängen das bereits weiter oben von jemand anderem geschilderte Problem "Darstellung, die suggeriert, man habe überleben können, wenn man sich nur genügend anstrengt" durchaus kenne - "Das Leben ist schön" habe ich mir genau deshalb bis heute nicht angeschaut, weil ich fürchte, dass der Schluss mich sehr triggern würde. Ein Film wie "Zug des Lebens" ist da wesentlich besser geeignet (und der wäre absolut fatal, hätte er nicht eine bestimmte Schlussszene, das aber nur am Rande).

Und ich weiß tatsächlich auch aus Gesprächen mit anderen Betroffenen schrecklicher Vorkommnisse, dass eine künstlerische Darstellung ihres Leids für sie grundsätzlich schwierig, aber nicht per se verabscheuungswürdig ist. Der Abscheu kommt erst dann, wenn die Darstellung zu sorglos passiert. Nicht umsonst richtet sich der Protest gegen den geplanten "Hanau"-Film vor allem gegen die Person, die ihn machen will - ausgerechnet Uwe Boll, von dem nun wirklich keine sensible, dem Thema angemessene Darstellung erwartbar ist.
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Felidae
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Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Felidae »

Otis hat geschrieben: 31. Mai 2022, 12:50 Ok, aber ... auch wir als erwachsene Spielerinnen und Spieler waren ja mal Kinder und waren trotzdem nicht dazu verdammt, irgendwelche Geschichtsbilder, die wir als Kinder, Schüler oder wann auch immer übernommen und entwickelt hatten, auf ewig so beizubehalten und auch wir haben selbst heute noch mit Sicherheit die eine oder andere Baustelle, wo unsere Vorstellung von der Realität abweicht. Wann wird das aber wirklich mal zu einem Problem?
Hat holymoe weiter vorn schön geschrieben, ging nur leider irgendwie unter:
holymoe4237 hat geschrieben: 28. Mai 2022, 21:49 Natürlich ist es die Aufgabe von kritischem Spielejournalismus, die Entwickler und Produzenten von Spielen mit historischen Settings für deren Geschichtsdarstellungen in die Verantwortung zu nehmen:

Das Geschichtsbewusstsein einer Bevölkerung hat direkte Auswirkungen auf die praktizierte, gegenwärtige Innen- und Außenpolitik eines Landes. Das Geschichtsbewusstsein wird vor allem durch populäre Medien geprägt. Populäre Medien haben also einen Einfluss auf die Politik eines Landes. (Zu diesen populären Medien gehört extrem viel, natürlich auch Videospiele.) Da, wo Einfluss vorhanden ist, folgt mMn daraus Verantwortung.
(Das alles wurde in der Podcastfolge ja auch erklärt, oder?)

Diesen Einfluss herauszuarbeiten, kritisch zu beleuchten und die Entwickler auf ihre Verantwortung hinzuweisen ist mMn natürlich die Aufgabe von Spielejournalismus.

Daher kann ich die teilweise Diskussion über den Sinn oder Unsinn von Doms kritischen Analysen in keiner Weise nachvollziehen. :think:
Beim Rest stimme ich Dir nach wie vor an und für sich zu, nur eben auch nach wie vor mit der Einschränkung, dass Bildung ein sehr ungleich verteiltes Gut ist. Und wegen den Western noch - ich betone hier im Foum ja immer wieder, dass ich gerne Medien konsumiere, von denen ich genau weiß, dass sie problematisch sind. Nichts läge mir ferner, als grundsätzlich den Giftschrank zu fordern. Aber der entscheidende Punkt ist doch tatsächlich - das alte Westernklischee wird in heutigen Produktionen nicht mehr bedient, James Bond hat sich gewaltig gewandelt in den letzten 60 Jahren - und ein Film wie "Expendables" wird heute aus nostalgischen Gründen zwar noch gedreht, mutet aber doch sehr anachronistisch an. Und ist heute die absolute Ausnahme im Action-Genre - nicht wie in den 80ern die Regel. (Und ja - die ersten beiden Teile machen trotzdem Spaß. :) )
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Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von echtschlecht165 »

ich habe ja 2 Vorfahren, die im Widerstand waren. EIner wurde in der Zwischenkriegszeit erschossen bei einem Aufstand, ein anderer überlebte Dachau.
Hat auch ein Buch drüber geschrieben, allerdings auf Kroatisch.
Gibt auch einen WIki Eintrag über ihn:

https://de.wikipedia.org/wiki/Matthias_Semeliker


Ich selber kann ja da dafür genausowenig dafür, als wenn meine Vorfahren Nazis wären. Aber natürlich ist mir das so lieber, und ich kann auch ein wenig stolz sein.
Und mein ehemaliger Chef hat mich einmal auch als "Aufwiegler" bezeichnet. Das gefiel mir.
(Ich hatte in einem offenen Brief an alle die Weihnachtsfeier abgelehnt, und geschrieben, dass er die ersparten Kosten verwenden soll, um die ausstehenden Gehälter zu bezahlen.....während er mit dem Firmengeld einen Fussballklub unterhielt)
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Desotho
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Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Desotho »

Otis hat geschrieben: 31. Mai 2022, 12:20 Naja, aber warum schwerer? Weil wir das aus der heutigen moralischen Sicht als schlecht bewerten und den Spieler dafür zu bestrafen müssen meinen? Damit die Sklaverei nicht Spaß macht?
Ich denke da habe ich mich verschrieben, sorry. Gemeint hatte ich eigentlich dass Sklaverei spielerische Vorteile bietet, man aber gleichzeitig auch das damit einhergehende leid vermittelt bekommt irgendwie. Der Verzicht auf Sklaverei würde das Spiel macht dann schwerer machen.
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Axel
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Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Axel »

Felidae hat geschrieben: 31. Mai 2022, 12:52 Nicht umsonst richtet sich der Protest gegen den geplanten "Hanau"-Film vor allem gegen die Person, die ihn machen will - ausgerechnet Uwe Boll, von dem nun wirklich keine sensible, dem Thema angemessene Darstellung erwartbar ist.
Der Film ust übrigens schon lange veröffentlicht. Es gab einen riesigen Aufschrei, bevor der Film veröffentlicht wurde. Gesehen haben ihn, wie so häufig, dann nur wenige. Ich beispielsweise finde ihn großartig, weil es ein sehr trockener, emotionsloser Film ist, der deswegen besonders tief im Magen trifft - weil halt das ganze Manifest des Täters verarbeitet und gezeigt wird, wie sich solche Menschen im stillen in ihren anonymen Großstadtwohnungen radikalisieren. Dann gibt es jemanden wie Heretic, der den Film schlicht strunzlangweilig findet, da es "schlicht" ein günstig gedrehtes Kammerspiel ist. Die eigentliche Tat nimmt übrigens nur 5 Minuten zum Schluss ein und ist insbesondere für Boll-Verhältnisse alles andere als sensationsheischend. Also es wird dann zum Schluss nicht zu einem Rampage.

Dass Uwe Boll übrigrens sehr wohl auch sensibel Regie führen kann, hat er bei Assault On Wall Street gezeigt. Was im ersten 2/3 des Films tatsächlich ein Drama und eine Chrakterstudie ist.
GoodLord
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Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von GoodLord »

Felidae hat geschrieben: 31. Mai 2022, 12:52
GoodLord hat geschrieben: 31. Mai 2022, 12:38
Stützt sich deine Empathie denn auf irgendwas anderes, als deine Spekulation, wie es dir (oder Leuten die du gut kennst) dabei ginge? Kannst die Frage aber gerne ignorieren wenns zu persönlich ist.
Auch, wenn ich mich dadurch argumentativ angreifbar mache: Meine Familie hat unter den Nazis gelitten, ja.
Soweit es mich betrifft ist das genau die (zumindest anekdotische) Evidenz, nach der ich gefragt habe. Von daher Danke.
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Heretic
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Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Heretic »

Axel hat geschrieben: 31. Mai 2022, 13:39 Dann gibt es jemanden wie Heretic, der den Film schlicht strunzlangweilig findet, da es "schlicht" ein günstig gedrehtes Kammerspiel ist.
Nee, nee, das stimmt nicht so ganz. Da hast du mir doch etwas zuviel weggelassen von meiner Kritik. ;)
viewtopic.php?p=212851#p212851

Ich habe rein gar nichts gegen günstig gedrehte Kammerspiele - wenn sie denn gut gemacht und gut gespielt sind. Wenn ich mir "Hanau" im Vergleich zu einem "Der Totmacher" anschaue, dann sieht's echt schlecht aus für den Herrn Boll. Wie schon gesagt, meine Meinung. Kannst du gerne anders sehen.
Otis
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Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Otis »

Desotho hat geschrieben: 31. Mai 2022, 13:24Ich denke da habe ich mich verschrieben, sorry. Gemeint hatte ich eigentlich dass Sklaverei spielerische Vorteile bietet, man aber gleichzeitig auch das damit einhergehende leid vermittelt bekommt irgendwie. Der Verzicht auf Sklaverei würde das Spiel macht dann schwerer machen.
Dann haben wir ein Problem, dass das Spiel Sklaverei als die "bessere" Lösung anbietet, was sicherlich auch nicht jedem gefallen dürfte.
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Felidae
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Re: Nachgeforscht: Verfälschte Geschichte im Computerspiel

Beitrag von Felidae »

Otis hat geschrieben: 31. Mai 2022, 22:49

Dann haben wir ein Problem, dass das Spiel Sklaverei als die "bessere" Lösung anbietet, was sicherlich auch nicht jedem gefallen dürfte.
Die Idee hatte ich weiter vorn ja auch schon - dass das Spiel es schaffen müsste, rein mechanisch Dir durch die Sklaverei Vorteile zu gewähren, Dich aber gleichzeitig gewissenstechnisch in arge Schwierigkeiten bringen sollte.
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