Aus meiner rein persönlichen Wahrnehmung (männlich, weiß, hetero) kann ich das nachvollziehen, mir ist es gefühlt auch egal, welches Geschlecht oder Hautfarbe ein Charakter hat. Der letzte Satz des Zitats lässt bei dir aber zumindest eine (unterbewusste) Präferenz vermuten, wenn du eher den männlichen Char wählst, wenn du die Wahl hast.derFuchsi hat geschrieben: ↑2. Aug 2022, 08:48 Am Ende spiele ich aber wegen Eskapismus und nicht weil ich mich repräsentiert fühlen möchte glaube ich.
Andersrum habe ich kein Problem Charaktere zu spielen die mich garnicht repräsentieren. Ob ich einen farbigen Charakter spiele oder eine Frau ist mir meist Wumpe auch wenn ich am Ende wo ich die Wahl habe in der Regel den Mann spiele.
Ich kann mich auch mit Charakteren "identifizieren", die komplett anders sind als ich und nicht meine persönlichen Charakterzüge (bzw. das Ideal davon) oder eigene Erfahrungen widerspiegeln. Ich versetze mich dann in deren Sichtweise und verstehe vielleicht besser, was deren Motivation ist, wie sie ticken usw. Das können Männer, Frauen, Junge, Alte, Gute, Böse, Hetero oder LGBT-Charaktere sein. Das entscheidende ist, dass sie nachvollziehbar und "gut" geschrieben sind.
Das "Problem" dabei ist aber, dass man sich als weißer, heterosexueller Mann die Frage nach Repräsentation (sehr lange Zeit) gar nicht stellen muss(te), da gefühlt 90+% aller (Videospiel-) Inhalte genau auf diese Zielgruppe ausgerichtet waren (sind). Da gab es immer schon eine breite Auswahl an entsprechenden Charakteren, das war/ist die Norm. Wenn dann zwischendurch mal weibliche und/oder farbige Charaktere dabei waren, nimmt man(n) das als (aufgeschlossener) Mensch als eine schöne Ergänzung wahr. Das kann aber auch zu einer "verzerrten" Wahrnehmung führen, bspw. im Sinne von:
"Es gibt doch weibliche Charaktere wie Lara Croft, Samus Aran, Aloy, Ellie und Co. Wo ist das Problem?"
Wenn man sich aber bspw. mal in die Sichtweise von Frauen versetzt, dreht sich die Wahrnehmung (vermutlich) komplett um. Dann ist es auf einmal die absolute Ausnahme mal einen Charakter zu haben, mit dem man sich (zumindest äußerlich) identifizieren kann, wenn es zum Großteil nur männliche Charaktere gibt. Da kann ich vollkommen nachvollziehen, dass sich Frauen da einfach mehr Abwechslung wünschen. Vermutlich werden die meisten Frauen grundsätzlich kein Problem damit haben, männliche Charaktere zu spielen, so wie viele Männer keine Probleme mit weiblichen Charakteren haben, aber wenn das Verhältnis so ungleich ist, fällt es Frauen halt viel deutlicher auf, dass "ihr" Geschlecht unterrepräsentiert ist.
Dazu kommt noch, dass sich die vorhandenen weiblichen Protagonisten in ihrer Darstellung dann oft eher an eine männliche Zielgruppe richten, siehe die "laufenden Brüste" der frühen Tomb Raider Teile oder jetzt die "Guerrilla-Barbies" in Far Cry 6. Natürlich werden auch Männer in Spielen oft idealisiert und teilweise sexualisiert dargestellt, aber bei Frauen ist die Diversität in der Dastellung IMO immer noch deutlich geringer, gleichzeitig die (über) sexualisierte Darstellung aber deutlich ausgeprägter. All das heißt natürlich nicht, dass weibliche (oder auch männliche) Charaktere nicht sexy oder attraktiv sein dürfen, wobei das auch immer im Auge des Betrachters liegt. Das dürfen sie natürlich, da werden auch (heterosexuelle) Frauen grundsätzlich nichts dagegen haben. Aber wenn hier dann wieder der Eindruck wie vermutlich bei bei Far Cry 6 entsteht (kann ich selbst nicht beurteilen, da noch nicht gespielt), dass alle (relevanten) weiblichen Charaktere sehr gleichförmig dargestellt sind und einem bestimmten Ideal entsprechen, fällt das logischerweise negativ auf. Da kann ich Janna vollkommen verstehen.
Gerade in Videospielen (in abgeschwächter Form aber auch in anderen Medien) sind die Inhalte immer noch sehr stark auf das (weiße) männliche Publikum ausgerichtet, weswegen der Wunsch nach mehr Diversität immer lauter wird, u.a. auch aufgrund des steigenden Anteils von weiblichen Spielern.
Allgemeine Ergänzungen:
Ähnlich kann man das dann auch auf andere "Gruppen" übertragen, bspw. bezüglich Hautfarbe oder sexueller Ausrichtung. Bei der Repräsentation diverser sexueller Präferenzen in Spielen ist es vermutlich nochmal extremer als bei der Darstellung von Frauen, Hetero-Charaktere waren da immer die Norm und LGBT-Charaktere kamen lange Zeit (nahezu) überhaupt nicht vor. Auch hier kann ich komplett nachvollziehen, wenn man sich da einfach eine stärkere Repräsentation in Spielen wünscht. Wenn man bspw. aufgrund der sexuellen Ausrichtung einen großen Teil seines Lebens von großen Teilen der Gesellschaft ausgegrenzt und als "unnormal" gesehen wurde, kann ich absolut verstehen, dass es sich einfach gut anfühlt, wenn die eigene Sexualität als etwas Normales in Form von interessanten Charakteren dargestellt wird, dass man sich gesehen, akzeptiert und wertgeschätzt fühlt.
Dabei müssen ja auch nicht nur reale Probleme wie Ausgrenzung oder Diskriminierung behandelt werden. Es ist natürlich wichtig und sinnvoll diese Probleme zu thematisieren. Gleichzeitig ist es IMO aber genauso wichtig, dass solche Charaktere nicht auf ihre Sexualität (bzw. analog Geschlecht oder Hautfarbe) reduziert werden, sondern dass es in der gesamt-gesellschaftlichen Wahrnehmung als normal angesehen wird, dass LGBT-Charaktere in Medien dargestellt werden, die einfach normale Menschen mit individuellen Eigenschaften, Idealen, Moralvorstellungen, Denkweisen und Gefühlen sind und deren Sexualität "nur" ein Teil der Person als Ganzes ist.
LGBT ist ja keine homogene "Gruppe", das sind alles eigenständige Menschen mit unterschiedlichen Eigenschaften usw. Genauso wenig wie alle heterosexuellen Menschen, Männer, Frauen oder People of Color gleich sind.
Beim Thema Repräsentation in Medien (bzw. die Wahrnehmung davon) steht die Sexualität von LGBT-Charakteren womöglich etwas stärker im Fokus als bei heterosexuellen Charakteren, da die "andersartige" Sexualität ja gerade der Grund für Ausgrenzung und Diskriminierung ist, weshalb dies bei der Darstellung in Medien eben auch ein wichtiger Punkt ist. Dazu kommt, dass diese Themen lange Zeit in (Mainstream-) Medien kaum bis gar nicht behandelt bzw. abgebildet wurden.
Womöglich ist das auch ein Grund, warum einige Menschen so ein großes Problem mit LGBT-Inhalten zu haben scheinen und diese oft als deplatziert oder übertrieben dargestellt empfinden. Damit meine ich nicht die offensichtlich sexistischen und homophoben Menschen, sondern die, die damit in ihrem Medienkonsum einfach noch nicht (oft) "konfrontiert" wurden und es somit etwas Neues, Unbekanntes in ihren gewohnten Medieninhalten ist.