Runde #383: Über Kritik

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Smutje187
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Runde #383: Über Kritik

Beitrag von Smutje187 »

Schöne Folge, könnte mir ein quasi regelmäßiges Format zum Stand der Kritik vorstellen, vielleicht eine Nabelschau jedes Jahr?

An vielen Stellen im zweiten Teil des Podcasts („Veränderung der Spielekritik“) musste ich jedoch fast lachen, wie gefühlt hart ihr drumherum getanzt seid, nicht die offensichtlichen Beispiele aus der Realität zu nennen, die teilweise genau die angesprochenen Ansätze verfolgen und auch einen Einblick aus der Realität vermitteln, wie (finanziell) gut eine solche Sicht auf Spiele in der Breite funktioniert - zum Beispiel Wasted macht aus meiner Laienperspektive (bin kein Unterstützer) für mich exakt den Eindruck, Spiele nicht als Waschmaschinentest zu behandeln, sondern Artikel aus anderen, interessanten Perspektiven zu schreiben - und das führt aktuell zu etwa 290 Patreons und der Tatsache, dass Wasted bald bezahlte Podcasts und Artikel (ich meine Nvidia wurde erwähnt) anfertigen muss, weil sich das bisherige Modell nicht selbst trägt. Hier fand ich dann einerseits schade, dass eben der Verweis auf die WASD bzw. jetzt Wasted nicht kam - andererseits ist das ja „Konkurrenz“ und daher schwieriges Thema, jemand abwesendes als Fallbeispiel heranzuziehen, also so vermutlich besser so, aber letzten Endes war die Diskussion etwas zu viel „wünsch‘ dir was“ im luftleeren Raum, weil kein handfestes Anschauungsobjekt und man muss Jochen quasi „glauben“, dass die meisten Konsumenten aktuell nicht bereit sind, für diese Art der Betrachtung Geld zu bezahlen, während Dom seinerseits behaupten „muss“, dass es für diese Art der Kritik einen Markt gibt.

Andererseits böte sich dann vielleicht wiederum an, ein post mortem mit Beteiligten zu veranstalten, auf dem man mal Vorstellung mit Realität abgleichen kann?
Ingoknito
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Re: Runde 383: Über Kritik

Beitrag von Ingoknito »

man hört raus dass Andre und Jochen insgeheim noch an den Produkttest glauben. Denn wer sagt dass diese Tests überhaupt eine Aussagekraft für die Käufer haben? Oft ist es ja so dass der User-Score sehr stark von dem des Kritiker-Score abweicht (damit will ich nicht sagen dass der User-Score und dessen Algorithmus unbedingt besser sind, aber es gibt da keine Objektivität.)
Ich finde es sehr gut, dass Dom deutliche Worte gegenüber dem Produkttest wählt. Verstehe nicht was daran falsch sein soll, wenn man der Meinung ist das diese Art und Weise dem Journalismus schadet oder sogar den Spielen, dann ist das sogar notwendig.

Bei anderen Punkten kann ich Dom allerdings nicht zustimmen. Eine Kritik zeichnet sich dadurch aus das man zu einem Werturteil kommt (im klassischen Sinne der Kunst-Kritik und nicht des Produkttestes) und nicht einfach die Inhalte des Werkes wiedergibt (Brücke in Assassins Creed) oder Interviews zusammenträgt. Eine Kritik kann zwar auch geschichtliche Eckpunkte aufweisen (genauso wie Politische oder Philosophische), aber nicht nur und vor allem nicht in einem Vakuum, bei dem Spiele nur als leeres Gefäß gesehen werden. Natürlich hat die Darstellung von Geschichte in Anno etwas mit dem Spiel zu tun, alles andere ist selbstverständlich absurd.

Es gibt übrigens sehr wohl journalistische Kritik, die sein Medium ernst nimmt und nicht wissenschaftlich ist. Film-und Literatur-Kritik haben das schon Jahrzehnte vorgemacht. Die Frage ist nur ob man das will

Negativ ist mir aufgefallen dass "Wahrheit" als Grundvoraussetzung gesehen wurde, dann aber damit argumentiert wurde dass die Leser ja den Produkttest von der "Spielekritik" haben wollen, ja was denn nun?
Vidaltor
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Re: Runde 383: Über Kritik

Beitrag von Vidaltor »

Sehr schöne Folge. Sie hat mich jedoch veranlasst, erstmals hier zu kommentieren. Ihr drei sprech sehr interessante Punkte an, macht sie aber mir persönlich nicht trennscharf genug.

Wenn Jochen von "Wahrheit" als wichtigstem Kriterium spricht, möchte ich laut rufen "du meinst Wahrhaftigkeit!" und vor allem kontern, dass doch Fachkompetenz viel wichtiger ist. Im Sinne vom Vertrautheit mit dem gewählten Untersuchungsobjekt. Der Fußballjournalist muss die Flanke vom Torschuss unterscheiden können, der Kunstkritiker die Fotografie vom Gemälde, der Literat das Epos vom Gedicht, der Spielekritiker den Bug vom Feature. Und das jeweile Objekt sollte in einen Rahmen gesetzt werden, sei es das Genre, die Entwicklungsgeschichte, die Tradition oder Intention des Erschaffers etc.

Ansonsten gilt, was Ingoknito schrieb: jede Kritik ist immer eine Wertung und damit eine Art Geschmacksurteil. Natürlich werden sie sich durch den gewählten Blickwinkel erheblich unterscheiden. Freunde des schönen Spiels werden ein Fußballspiel anders betrachten als Änhänger von möglichst hohen Ergebnissen. Der Konfliktforscher mag hierbei ritualisierte Gewalt inklusive Dominanz- und Unterwerfungsgesten erkennen, Karl Lagerfeld würde vermutlich interessante Perspektiven auf Trikotgestaltung und Körperästhetik finden...

Bei Dom bin ich allerdings überfragt, worauf er genau hinaus will.
Dass der trockene Waffenlistentest, der das Potenzial des Mediums Spiel ausblendet, ausgedient hat, ist ja wohl eine Binsenweisheit. Und ja auch eine manchem grotesk anmutende Perspektive kann zu lesenswerten Urteilen führen. Und sei es nur so etwas wie "die Sammelkarten der flachgelegten Frauen in Witcher 1 vermiesen mir als Anhänger der Gleichberechtigung den Spielgenuss". Es ist immer nur eine Frage, der Begründung bzw Darstellung der Perspektive. Und natürlich auch des Mediums. In einem Kicker-live-Ticker (das Pendant zum Stangeschen Waffenkasten) des letzten Bundesligaderbys der Männer fände ich die besondere Betonung der Trikotgeschichte auch eher fehl am Platz, in einer gesonderten Reportage über die Mannschaften und ihre Ursprünge eher spannend.
GoodLord
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Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von GoodLord »

Ich sags ganz offen: wenn Produkttests das sind, was man früher bei Gamestar, PC-Games etc.bekommen hat, dann mag ich Produkttests. Ich fand das Wertungssystem, in dem sich eine Nominelle Spielspaßwertung aus der Summe der Grafik, Sound, Story etc. Wertungen ergibt lächerlich. Aber so ein Wertungssystem ist ja keine inhärente Notwendigkeit eines Produkttests.

Kunstkritik an Spielen, die ich bereits gespielt habe ist ne schöne Art der Unterhaltung, aber für mich - der nicht so viel Spielt und ich die besprochenen Spiele meistens nicht kennt - ist erstmal die Frage interessant, ob ich mir das Spiel kaufen soll oder nicht und dazu brauche ich ne *möglichts* breite Perspektive und *möglichst* objektive Beschreibung.
Irgendwer Anders
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Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von Irgendwer Anders »

Ingoknito hat geschrieben: 7. Aug 2022, 03:12 Negativ ist mir aufgefallen dass "Wahrheit" als Grundvoraussetzung gesehen wurde, dann aber damit argumentiert wurde dass die Leser ja den Produkttest von der "Spielekritik" haben wollen, ja was denn nun?
Das widerspricht sich doch nicht? Man gibt seine Einschätzung zum Produkt wahrheitsgemäß wieder.


Allgemein muss ich sagen, dass ich ein Problem damit hätte, einer Rezension, welche Skyrim aufgrund seines beschissenen UIs zum schlechtesten Spiel des Jahres 2011 erwählt, den gleichen Stellenwert beizumessen wie einer, die zum gleichen Urteil kommt, aber das Spiel in Gänze betrachtet. Ich würde mich von Ersterer unzureichend informiert fühlen.* Im Übrigen finde ich es amüsant, dass Dom einerseits den restriktiven Umgang mit Kritik in etablierten Medien bemängelt, andererseits aber selbst ebenfalls restriktiv zu Werke gehen will, indem er die zweigleisige Veröffentlichung ablehnt. :D

Frage an Dom: Du sagtest gegen Anfang des Podcasts, du würdest dir wünschen, dass Spielejournalismus von Personen getragen werden sollte statt von anonymen Magazinen. Wenn wir das einmal als gegeben annähmen, wäre das dann nicht auch die Antwort auf deine Frage, warum "ihr" ebenfalls einen Test schreiben solltet wie zig andere Magazine da draußen: weil "eure" Leser eben wissen wollen, was ein Dom Schott, eine Erika Mustermann in "eurer" Redaktion von Spiel XY hält? Und würde dieser Personenbezug nicht auch Raum für eine zweigleisige Veröffentlichung lassen, wie du sie abgelehnt hast, weil eben nicht eine monolithische Magazinmeinung kommuniziert wird, sondern die Meinung des jeweiligen Autors oder der jeweiligen Autorin?

*Ich habe Doms Position so verstanden: Eine Rezension, welche sich einen Teilaspekt eines Spiels herausgreift und anhand dessen zu einem Werturteil kommt, soll den gleichen Stellenwert zugeschrieben bekommen wie eine Rezension, die das Spiel in seiner Gesamtheit betrachtet.
Decius
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Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von Decius »

Der Cast ist „Dom möchte Feuilleton im Rezensionsteil machen und versteht nicht warum, das nicht als die größte Innovation aller Zeiten gefeiert wird“. Das Problem ist sicher, dass es keinen wirklichen Spielefeuilleton gibt, aber wenn 2h über Anno 1800s fehlenden Sklavenwirtschaft die einzige Wertungskritik eines Magazins wäre, und dann 2 Minuten „Graphik geil, Sound super, spielt sich fluffig“ alles andere abhandelt, wäre ich auch als jemand, den die Ära seit 20 Jahren fasziniert, extrem sauer. Das gehört aus gutem Grund in den Feuilleton oder Essay oder Zweitkritik und nicht in eine Primärkritik als einziger besprochener Punkt.

Eine Diskussion übrigens, die bei Büchern vor 200 Jahren, Filmen und Musik vor 70-80 Jahren geführt wurde, also generell nicht ganz so neu ist, wie Dom sie zu sehen scheint. Witcher 4 aus einer sozialistischen Sicht zu rezensieren ist interessant, aber wenn das in der GS die einzige Rezension wäre, wären alle zurecht unzufrieden. Wenn das im Jacobiner erscheint dagegen wären alle Leser dort zufrieden, weil Erwartungshaltung erfüllt. Man muss ja trotzdem seine Zielgruppe berücksichtigen, das ist ja weder nur im Spieletestgeschäft so - nur noch mehr, weil even die Geldbeträge nochmal deutlich höher sind als bei anderen Unterhaltungsmedien. Und je mehr ich ausgebe, desto wichtiger wird natürlich der Beratungsaspekt (der geschmähte „Warentest“). Wenn ich 50000 für ein Auto hinblättere ist das 90 % davon was ich im Test haben will. Das ist eine Abhandlung der Farbe Karmesinrot in der Geschichte der europäischen Welt dann eher nicht so interessant. Wenn ich 10 € fürs Kinoticket hinlege sind es dann eher 5 % der Warenwertaspekt. Und bei Spielen halt irgendwo dazwischen. Blicke über den Tellerrand sind toll - aber dafür ist eine Rezension eben nicht das richtige Medium, außerhalb von Stuntstests.

Auch naive Spielekritik mag als Abwechslung amüsant sein, aber als ernsthafte Kritik und Rezension will ich was auf Augenhöhe und ähnlicher Perspektive haben. Eine Kritik vom neuen Buch Neal Stephensons von Kevin, 17, Leser von bisher 4 Büchern in seinem Leben mag lustig zu lesen sein, eine ernsthafte Perspektive wird es aber nicht. So wie eine Rezension eines Fussballländerligaspiels durch einen Fussballverweigerer wie mich. Lustig, aber wenig Erkenntnisgewinn für den Sky-Sport-Abonnenten.
Zuletzt geändert von Decius am 7. Aug 2022, 10:46, insgesamt 5-mal geändert.
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Strax
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Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von Strax »

Wissenschaftscounter over 9000. Wenn das Abschweifen von (komplett überholten und überflüssigen) Produkttests als Wissenschaft durchgeht, spricht das nicht grade für die Geisteswissenschaften. Ich hab davon keine Ahnung, aber gefühlt sind die Hürden bei der "echten" Wissenschaft höher und nicht innerhalb eines Spielereviews zu erfüllen ;).

Anstonsten bin ich Team Dom, die Form der Kritik ist seit Jahrzehnten immer gleich.
(hat Jochen wirlick gesagt Gamestar wäre innovativ weil sie ein Review in der ich Form gemacht haben?)
Ich habe mit der Aminga Games angefangen Spielekritik als Text zu konsumieren, vor vielen Jahren schon nur noch Wertungen angeklickt und inzwischen sind mir diese auch komplett egal.

Generell wird der Begriff Spielekritik extrem überhöht, es bleibt reichweitengetriebener Produktjournalismus.
Wieso z.B. steht nicht vor jedem Review die exakte Angabe wie weit die Spieletesterin bzw. der Spieletester gespielt hat.
Ist es überhaupt möglich eine journalistische Spielekritik unter dem Zeitdruck eines Embargos (vom Gratiszugang ganz zu schweigen) zu veröffentlichen?
Decius
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Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von Decius »

Strax hat geschrieben: 7. Aug 2022, 10:43 Wissenschaftscounter over 9000. Wenn das Abschweifen von (komplett überholten und überflüssigen) Produkttests als Wissenschaft durchgeht, spricht das nicht grade für die Geisteswissenschaften.
Ich halte sie überhaupt nicht für überholt oder überflüssig (im Gegenteil, dank YT, Podcasts, Twitch & Co feiert das eine Breite und Zuschauermassen, die es nie zuvor gab), noch denke ich, das das was ist, was auch nur eine signifikante Minderheit haben will, die groß genug wäre, um da was anderes als eine Miniredaktion (wie The Pod) zu finanzieren. Alles was das als Test probierte ist krachend gescheitert, vor 20 Jahren genauso wie vor 2. Und selbst Medien und Personen, die das feuilletonistisch aufziehen laufen meist eher unter Nischendasein (Folding Ideas vs. Digital Foundry oder HBomberguy vs. Gamestar in Sachen Zuschauer).
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Andre Peschke
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Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von Andre Peschke »

Decius hat geschrieben: 7. Aug 2022, 10:56 HBomberguy vs. Gamestar in Sachen Zuschauer).
1 Mio Subscriber vs 1.5 Mio Subscriber auf YT (das ist ja der einzige Kanal von Hbomberguy und daher einzige Vergleichsebene) ist eigentlich kein radikaler Unterschied. Insbesondere wenn man dann noch Manpower / Output einbezieht.
Strax hat geschrieben: 7. Aug 2022, 10:43 (hat Jochen wirlick gesagt Gamestar wäre innovativ weil sie ein Review in der ich Form gemacht haben?)
Nein, er hat nur gesagt, dass die GameStar inzwischen auch in ihren ursprünglich sehr stark schematisierten, klassischen Produkttests eine größere Bandbreite zulässt.

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imanzuel
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Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von imanzuel »

Also bei Doms revolutionärer Art der "Tests" würde ich schreiend davon rennen. Wenn eine einzelne Seite zum Beispiel Witcher 4 ausschliesslich anhand des Frauenbilds testet, gut kann man machen. Würde ich vielleicht sogar lesen. Würde das meine Kaufentscheidung beeinflussen? Wohl eher nicht. Außer die stellen fest dass es das sexistische Spiel aller Zeiten ist UND andere Seiten die das Spiel komplett testen erwähnen das auch, unabhängig davon ob es sich dann bei denen im finalen Urteil / Wertung ausschlägt oder nicht. Sollte nur diese eine Seite zu diesem Urteil kommen und die anderen erwähnen das gar nicht bzw. sehen das komplett anders (oder ich als Spieler bin da komplett anderer Meinung), dann war das für mich nur politisches Tamtam und das wäre für mich eher ein Grund die Seite oder den Tester fortan zu ignorieren. So einen "Test" (wenn ich darüber nachdenke würde ich mich da weigern das als Test zu bezeichnen, aber nun gut) als Alternative zur eigentlichen Besprechung kann man aber gerne immer machen, warum auch nicht.

Finde aber witzig das es so einen Fall, zumindest bei der Bewertung schon einmal gab. Sprich, wo das eigentliche Spiel bei der finalen Bewertung gar nicht so relevant war (also Technik, Grafik usw.) sondern mehr das drumherum beurteilt wurde: Hatred. Sicherlich nicht jede Seite hat so beurteilt, aber den Metascore von 43 kann man schwer nur anhand der Qualität des Spiels rechtfertigen, wenn man bedenkt welche Games normalerweise in diese Regionen kommen. Auch die Wertung von der GameStar zum Beispiel (das war Andre, oder? Test ist nicht mehr online), eine 33/100, lässt sich schwierig nur mit der Qualität des Spiels begründen. Hab mir nach dem ganzen Shitstorm um das Spiel eigentlich eine richtige Katastrophe erwartet und das Spiel in einem Bundle kurz nach Release geholt. Und was soll ich sagen, weder ist das Spiel grausam brutal noch technisch hundsmies. Es ist.. .langweilig. Einfach nur langweilig. AltF4Games hat das Spiel passend bewertet: "Nach dem ganzen Shitstorm hat man da echt was anderes erwartet. Ein deutlich schlechteres Spiel. Ein deutlich brutaleres Spiel. Es ist einfach ein monotoner und durchschnittlicher Shooter." Und "durchschnittlich" und "monoton" liegt nicht im 40er MS-Bereich. Sondern eher im 70er.
Notiz für mich
2022: 1. Elden Ring 10/10 2. HFW 7/10 3. DL2 6/10
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Andre Peschke
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Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von Andre Peschke »

imanzuel hat geschrieben: 7. Aug 2022, 11:14das war Andre, oder? Test ist nicht mehr online.
Nein, das war Dimi, IIRC.

Andre
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Axel
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Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von Axel »

Ich finde es schon legitim, an Produkttests festzuhalten. Zumal zu vielen Spielen auch nicht anders geht. Ein Metroidvania, ein Beat em Up, ein Shmup oder ein klassisches Puzzlespiel lässt sich nicht anders besprechen als durch die Mechaniken.
Ingoknito
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Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von Ingoknito »

Irgendwer Anders hat geschrieben: 7. Aug 2022, 10:34
Ingoknito hat geschrieben: 7. Aug 2022, 03:12 Negativ ist mir aufgefallen dass "Wahrheit" als Grundvoraussetzung gesehen wurde, dann aber damit argumentiert wurde dass die Leser ja den Produkttest von der "Spielekritik" haben wollen, ja was denn nun?
Das widerspricht sich doch nicht? Man gibt seine Einschätzung zum Produkt wahrheitsgemäß wieder.

Es widerspricht sich dann nicht, wenn man selber den Produktest als bestes und geeignetes Mittel hält, aber es ging bei diesem Punkt darum was der Leser will. Das ist dann Service-Journalismus.
Der Produktest besitzt kein objektives Werturteil. Beispielsweise kann man zwar die Größe oder Spielzeit eines Spiels benennen und mit anderen Spielen vergleichen. Aber daraus lässt sich noch kein Werturteil ableiten. Mehr Spielzeit kann sich beispielsweise auch negativ auswirken.
Ingoknito
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Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von Ingoknito »

Koheränte Maßstäbe eines Kritikers sind schön und gut. Es sollte aber noch etwas mit dem Medium zu tun haben. Würde Jemanden, der Spiele nur daran bewertet wie oft die Farbe "Blau" vorkommt, nicht als Kritiker bezeichnen wollen. Hier fungieren Spiele nur als Platzhalter, dessen Funktion auch eine Cornflakespackung einnehmen könnte. Ironischerweise ist man bei diesen geschmäcklerischen Urteilen wieder sehr nah am Produktest. Quasi the other side of the coin.
MantillaToni
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Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von MantillaToni »

Decius hat geschrieben: 7. Aug 2022, 10:40

Eine Diskussion übrigens, die bei Büchern vor 200 Jahren, Filmen und Musik vor 70-80 Jahren geführt wurde, also generell nicht ganz so neu ist, wie Dom sie zu sehen scheint. Witcher 4 aus einer sozialistischen Sicht zu rezensieren ist interessant, aber wenn das in der GS die einzige Rezension wäre, wären alle zurecht unzufrieden. Wenn das im Jacobiner erscheint dagegen wären alle Leser dort zufrieden, weil Erwartungshaltung erfüllt. Man muss ja trotzdem seine Zielgruppe berücksichtigen, das ist ja weder nur im Spieletestgeschäft so - nur noch mehr, weil even die Geldbeträge nochmal deutlich höher sind als bei anderen Unterhaltungsmedien.
Finde ich einen super guten Punkt.
Die rigorose Art und Weise wie Doms ursprüngliche Definition von Kritik zurückgewiesen stieß bei mir auf ziemliches Unverständnis. Aus der Literaturkritik bin ich es gewohnt, dass der Kritiker sich gewissermaßen das Objekt seiner Kritik selbst aussuchen kann und damit in einen Diskurs einsteigt. Das ist übrigens auch das utopische Bild von Kritik was ich hätte: Nicht, dass die einzelne Kritik nur Allgemeinplätze und Oberflächliches thematisiert (im Sinne des Produkttests), sondern dass in der Pluralität der Kritiken das Gesamtbild des Spiels hervortritt.
Außerdem (und da kann ich nur für mich sprechen) ist eine Kritik im Sinne einer Ideologiekritik viel interessanter zu lesen. Man nimmt sich praktisch das Spiel und fügt dem ganzen eine weitere Dimension hinzu - von der Schöpfungshöhe gesprochen.
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Felidae
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Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von Felidae »

Ich habe den Podcast noch nicht gehört (freue mich aber sehr darauf) - nur anhand der Diskussion schonmal ein Einwurf: Nur der (hier wiedergegebene) Ansatz von Dom rechtfertigt ja eigentlich die Existenz mehrerer Spielemagazine/-seiten. Wenn mir jede Seite das gleiche zu Spiel XY erzählt, wird auch jede Seite zu einem ähnlichen Urteil kommen - und es reicht mir letztlich ein Artikel. Da ist es maximal noch Geschmackssache, ob ich lieber Redakteur:in X oder lieber Redakteur:in Y lese. INHALTLICH wird es sich nicht groß unternehmen.
Was man ja auch in den letzten Jahrzehnten gut bei den beiden großen deutschen Magazinen beobachten konnte: In der Regel haben sich PC Games und Gamestar nicht groß unterschieden - außer eine der beiden hat (wie bei der ersten "Gilde" seinerzeit) durch Oberflächlichkeit einen grandiosen Bock geschossen. Das war damals durchaus amüsant - aber letztlich halt eine absolute Ausnahme.

Viel spannender ist es doch, wenn ich verschiedene Ansatzpunkte in tatsächlichen Kritiken lesen kann - und mir dann anhand verschiedener Betrachtungsweisen ein Bild machen kann und auch entscheiden kann, welcher Betrachtung ich mehr folgen kann und welcher weniger.

Bei Filmen liebe ich es, NACH dem Schauen möglichst viele Kritiken zu lesen. Um verschiedene Interpretationen und Einschätzungen lesen zu können. Dadurch entdecke ich praktisch immer noch völlig neue Seiten an dem Film.

Deshalb eindeutig "Team Kritik" - Spiele sind mittlerweile als Kulturgut nunmal deutlich näher an einem Film als an einem Auto. Allein, dass diese Gleichsetzung weiter oben gemacht wurde, lässt allerdings tief blicken, wie selbst Fans des Mediums es selbst einschätzen. :)
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TrueKraut
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Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von TrueKraut »

eine Kritik eines Werkes ist eine Kritik eines Werkes und eine eingebrachte Perspektive ist eine eingebrachte Perspektive oder kann man das jetzt einfach austauschen Dom?

spannende Diskussion bisher - jetzt erstmal Fertig hören :violin:

Ernsthafterweise kann man als Autor ja auch immer nur die gleiche Perspektive anbieten, nämlich die eigene :dance:
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Smutje187
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Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von Smutje187 »

Im Nachhinein fällt mir dann noch ein Punkt ein, der leider auf der Straße liegenblieb: Das Argument für mehr Feuilleton und weniger Review war unter anderem, dass Spieler sich heutzutage die grundsätzliche Kaufentscheidung aus anderen Quellen holen - und auf dieses Argument wurde leider nicht weiter eingegangen, denn ist das denn wirklich so und wenn ja, was genau ist denn die Quelle für die Kaufentscheidung - Influencer, Marketing des Publishers, eine gute Steam-Seite? Oder doch der von Jochen beschriebene Fall, dass ein Review und eine Analyse einfach nebeneinander im selben Medium existieren?

Gerade heutzutage bei einem Steam oder eShop, der jeden Tag tausende Indies auf die Straße kippt ist eine unabhängige Kuratierung/Einordnung für mich wichtiger denn je.
FUTler

Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von FUTler »

Eben wegen dieser Abweichungen von all dem üblichen was man kennt aber auch liebt freue ich mich über jeden Podcast in dem Dom mitmischt.

Für mich waren deshalb auch die dark Souls diaries das Argument ein dauerhafter Abonnent des Podcasts zu werden und das angesprochene Spaziergang Format durch z.B. Cyberpunk hat das auch noch verstärkt.

Ich spiele hauptsächlich auf der PS5 und Series X und habe aufgrund der eingeschränkten Auswahl von Haus aus jeden größeren Titel auf dem Schirm also entfällt bei mir das Thema Kaufberatung fast vollständig, zumal die Podcasts ja meist eine Woche nach Release raus kommen und es selten Titel gibt wo ich unschlüssig bin (Tiny Tina war z.b einer)

Weshalb ich mir dann trotzdem folgen zu Elden ring, Stray oder auch für mich komplett uninteressante Titel anhöre ist eben diese frische Perspektive dieses analytische was Jochen gerne macht , das direkte ehrliche von André und am aller liebsten (für mich) diese Gedankengänge von Dom auf die ich nie von selbst gekommen wäre und mir dann danke ja stimmt hat er echt gut beobachtet wieso ist das so und was sagt er dazu.

All das rundet für mich euren Podcast so unfassbar gut ab, kaufberatung im ursprünglichen Sinne, ist da für mich eher zweitrangig da ich zu 90% wie oben erwähnt die Titel eh schon besitze, so interessiert mich dann nur ob es die eine Sache die mir so auf die Nerven geht vllt. einen von euch auch nervt.
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TrueKraut
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Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von TrueKraut »

Auf mich wirkt es eher grob und ungehobelt wenn jemand irgendwo dazu kommt und sagt: "mmh ganz schön konservativ was ihr hier macht, lass doch mal morgen alle ohne hose zur arbeit kommen und wenn ihr nicht mitmacht seit ihr einfach zu sehr im gestrigen verhaftet..."

Sich an den konzeptionellen Leitplanken entlang zu seiner Perspektive durchzuarbeiten und vlt überraschenderweise in der Diskussion einen archäologischen Take einzubringen ohne dabei das mühsam aufgebaute Konstrukt erstmal ganz umzuwerfen, würde mich dagegen beeindrucken :)
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