Runde #383: Über Kritik

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Felidae
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Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von Felidae »

Das Gegenargument wäre halt, "Wer, wenn NICHT die Gamestar kann sowas denn mal relativ gefahrlos ausprobieren?". Und - wer wechselt tatsächlich nach langer Leserschaft wegen EINEM Experiment dauerhaft das Magazin? Es wird einen Riesen-Shitstorm geben, klar. Und ein paar besorgte Leser werden wegem linksgrünversifften woken Dreck entrüstet nie wieder eine Gamestar lesen. (Wobei die derzeit mit der Gamestar auch schon nicht mehr glücklich sein dürften - nur halt wegen den Reports, nicht wegen der eigentlichen Spielebesprechung.) Aber sie dürften wegen einem einmaligen Experiment keinen einzigen Abonnenten verlieren.
Tripster
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Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von Tripster »

Andre Peschke hat geschrieben: 11. Aug 2022, 09:27
Tripster hat geschrieben: 11. Aug 2022, 08:45 Eine Feuilleton-Kritik ist keine Kaufberatung
Hmmm, nicht? Welche Kritik taugt denn nicht auch als Kaufberatung? IMO ist sie nur mehr oder minder explizit und eben für eine breitere oder schmalere Gruppe relevant.

Ist das hier keine Kaufempfehlung für den besprochenen Gedichtband?: https://www.sueddeutsche.de/kultur/stei ... -1.5632242

Diese Literaturkritik, nimmt sogar recht deutlich ihre Empfehlung vorweg ("die literarische Extremerfahrung lohnt sich"): https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/ ... 51703.html

Oder diese Filmkritik in "Die Zeit" zu Bullet-Train, die eine Einschläferung des Publikums attestiert: https://www.zeit.de/kultur/film/2022-08 ... -film-kino

Die Filmkritiken bei epd Film vergeben sogar Sternchenwertungen.

Die Kritiken in den Feuilletons sind ja nicht alle nur selbstgenügsame Interpretationsübungen.

Andre
Vermutlich habe ich mich nicht präzise genug ausgedrückt. Ich hatte mich beim Thema Feuilleton eher auf die Beispiele im Podcast referenziert. Ein Sparziergang oder die Diskussion über die Brücke kann ich mir nur schwer als Kaufberatung vorstellen.
Otis
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Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von Otis »

Ich habe nicht so recht verstanden, weshalb Dom auf Biegen und Brechen das Label "Kritik" auf alle noch so abstrusen Abhandlungsexperimente geklatscht haben will. Das wirkte auf mich eher wie eine trotzige Überreaktion auf etwaige Beengungen der Vergangenheit als eine wohldurchdachte journalistische Revolution. Niemand hindert ihn, The Witcher 4 anhand des darin vertretenen Frauenbilds zu besprechen. Das ist dann aber eben keine Kritik von The Witcher 4, sondern eine Kritik des in The Witcher 4 vertretenen Frauenbilds. Soweit ich mich erinnere, stammt das Wort Kritik von der Bedeutung "einen Unterschied machen/unterscheiden" ab. Da kann man dann vielleicht als professioneller Wortschmied bei der Basis anfangen und nicht alles in die Kritikschublade stopfen, nur weil man die 90er-Jahre-Wertungskästen so konservativ findet. :ugly:

Natürlich muss Kritik trotzdem nicht nach schwarz und weiß gemalt werden. Ich begrüße ausdrücklich interessante Herangehensweisen auch an den "Produkttest", aber eine Kritik eines Werkes, in diesem Fall eines Videospiels, hat für mich einigermaßen allumfassend zu sein und thematische Schwerpunkte allenfalls als Aufhänger oder roten Faden zu verwenden. (Ich beziehe mich auf "die Kritik" im Sinne einer Rezension.) Wie Jochen ausführte gibt es andere Arten von Abhandlungen bereits und die sind auch okay - es steht dann halt nicht "Unser The Witcher 4 Test" darüber. Und?

Was wen interessiert ... wer weiß? Meinem Gedächtnis nach wurde hier vor nicht allzu langer Zeit mal aus dem Nähkästchen geplaudert, was überhaupt noch auf Games-Webseiten angeklickt wird, und da wurde doch gesagt, dass es da neben den "verpönten" Spieletests nicht viel gibt, was nennenswerte Besucherzahlen erzeugt. Heißt doch, dass das durchaus noch auf Interesse stößt, oder? Für mich persönlich liegt das auch daran, dass ich bei einem Test mit einer einigermaßen umfassenden und strukturierten Kritik rechne, d.h. das taugt für mich als überschaubare Informationsquelle auch bei Spielen, die mich selber nicht so brennend interessieren, ich aber gerne wissen würde, wie sie denn nun geworden sind und wie sie bei den Leuten ankommen. Bei spezielleren Themen lese ich (und rufe auf) Texte eher nur, wenn mich das Spiel entweder sehr interessiert oder das jeweilige Thema, anhand dessen über das Spiel gesprochen wird.

Da sehe ich die "Clickzahlen" bei Standardtests in die Höhe schnellen, schon alleine weil sie eine Überschneidung von Interessen abdecken. Das seltsame Korsett, das früher und teilweise auch heute noch über den Spieletest gezogen wurde, ist wohl übertrieben und darf aufgebrochen werden, aber ich vermute, dass sich die meisten von einer Kritik eben doch eine allgemeine Information über das Spiel und dessen Quali- und Quantitäten erhoffen.

Zudem könnte man berücksichtigen, dass tiefergehende und speziellere Analysen meist Spoiler beinhalten müssen, wenn man damit etwas gehaltvolles sagen und nachvollziehbar machen möchte. Wer eine Kritik auch zu dem Zweck lesen möchte, vorab abschätzen zu können, ob sich das Spiel denn lohnt, mag Spoiler wohl gerne umschiffen. Sicherlich kann man an dieser Stelle diskutieren, ob das ein gerechtfertigter Anspruch an Kritik ist. Ich denke, Kritik kann und muss auch Spoiler enthalten und hat auch und oft mehr Wert, wenn der Leser der Kritik das Werk auch selber kennt. Da sehe ich Kritik eben auch als etwas weiter gefasst als nur "Grafik geil , Nebenquests Schrott, lange Ladezeiten, aber coole NPC-Abmurks-Animationen".

Denke, die Grenzen können durchaus fließend sein. Nur halt um des Schock-Effekts Willen jetzt "ich schaue mir mal die Schriftarten des Spiels an, ob die vom Stil und von der Lesbarkeit her genehm sind" o.ä. als Review rauszuhauen, fände ich albern, zumal dann auch immer der Beigeschmack von "gewollt" zu befürchten ist. Haben den Autor die Fonts interessiert oder die durch Protestkommentaraufrufe gesteigerte Aufmerksamkeit ( = Geld bei Werbefinanzierung) ?

Gegenargument zum Vorschlag, Rezensionen auch von Genrefremden oder gar gleich Games-Unkundigen könnten interessant sein ... ja, aber. Die Meinung von dahergelaufenen Niemanden kann ich überall nachlesen. Dazu braucht es keine Journalisten und schon gar nicht bezahlte Artikel. Als reines Experiment oder vielleicht auch noch als ergänzenden "Produkttest" kann das durchaus Wert haben - kann ich das auch zocken, wenn ich sonst nur Candy Crush auf dem Handy daddel? Wie sieht denn ein Außenseiter meine Lieblings-Franchise? - aber wenn wir über tiefergehende Kritik reden wollen, dann denke ich, dass die doch eher von denen kommt, die sich mit der Materie auch auskennen. Ändert natürlich nichts daran, dass Abwechslung und Kreativität nicht schaden.

Gegenargument zum Gedanken, dass die in der klassischen Redaktion zum Test eines Spiels verdammte Redakteurin, die nach zehn Stunden merkt, das Spiel liegt ihr absolut nicht, vielleicht besser nicht dazu gezwungen sein sollte, das Spiel weiter zu spielen und den Test abzuliefern ... Doch. Solange die Kritik diese Meinung und diese Erfahrung dann auch widerspiegelt, will ich das lesen. Denn wenn ich mir das Spiel kaufe, "muss" ich es ja auch spielen. Was habe ich davon, wenn nur Tests von Leuten kommen, die Spaß am Spiel hatten? Vielleicht bin ich ja genau die Person, der eine Kritik à la "Leute, ich hab' mich da nur noch durchgequält, weil x y z, und das fand ich so und so" mitgeteilt hätte, dass das nichts für mich ist? Und auch wenn mir das Spiel gefällt, kann es doch interessant sein, was andere gestört hat. (Will sagen, man muss sich von den "erwarteten Bewertungen" lösen. Sowohl als Kritiker als auch Publikum. Dann haben solche Qual-Reviews auch ihre Berechtigung.)

Hoffe, meine Gedanken einigermaßen geordnet zusammengekratzt und auch nichts vergessen zu haben, worauf ich beim Hören eingehen wollte.
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Felidae
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Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von Felidae »

Ich werfe hier mal wieder meine LieblingsspieleKRITIK in den Raum - nämlich jene der WASD zu GTA5. In der die Autorin über drei Seiten lang GTA5 kritisiert - und zwar unter dem Blickwinkel "Open world-Golf-Simulation". Eine Kritik, die all das, was GTA eigentlich ausmacht, nur in Nebensätzen streift ("zur Auflockerung gibt es Polizei-Verfolgungsjagden und sogar sehr aufwendig inszenierte Nebenquests mit drei verschiedenen spielbaren Figuren") und stattdessen sich Absätze lang über das Golfspielen im Spiel auslässt.

Und damit das Spiel mindestens genauso gut trifft wie jeder 0815-Spieletest. Nur halt eben nicht Produktjournalismus, sondern Feuilleton.
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Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von Rigolax »

Otis hat geschrieben: 11. Aug 2022, 11:32 Ich habe nicht so recht verstanden, weshalb Dom auf Biegen und Brechen das Label "Kritik" auf alle noch so abstrusen Abhandlungsexperimente geklatscht haben will. Das wirkte auf mich eher wie eine trotzige Überreaktion auf etwaige Beengungen der Vergangenheit als eine wohldurchdachte journalistische Revolution. Niemand hindert ihn, The Witcher 4 anhand des darin vertretenen Frauenbilds zu besprechen. Das ist dann aber eben keine Kritik von The Witcher 4, sondern eine Kritik des in The Witcher 4 vertretenen Frauenbilds. Soweit ich mich erinnere, stammt das Wort Kritik von der Bedeutung "einen Unterschied machen/unterscheiden" ab. Da kann man dann vielleicht als professioneller Wortschmied bei der Basis anfangen und nicht alles in die Kritikschublade stopfen, nur weil man die 90er-Jahre-Wertungskästen so konservativ findet. :ugly:
Ich glaube auch, der bessere Begriff wäre dafür "Essay". Das wäre dann halt ein Essay über das Frauenbild in Spiel X oder eine Brücke in Spiel Y und keine "Kritik". Vielleicht werden damit auch Vorbehalte abgebaut, denn wenn Teile der "Zielgruppe" etwa lesen, dass eine "Kritik" erscheint über soziales Thema X im Spiel Y, dann denkt man gleich an negative "Kritik" (Kritik in diesem Wortsinne).
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Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von Wicky »

GoodLord hat geschrieben: 11. Aug 2022, 09:04
Wicky hat geschrieben: 11. Aug 2022, 08:28 Ich finde es echt krass, wie häufig offenbar verstanden wurde, dass NUR NOCH "irgendwelche Spartenblick-Kritiken" zur Veröffentlichung kommen sollen.
Bis auf den letzten Post habe ich das in diesem Thread bewusst noch überhaupt nicht gelesen. Bist du dir sicher?
Puh, gerade Deine Posts hier hatte ich auch in diese Richtung gelesen:
GoodLord hat geschrieben: 10. Aug 2022, 00:01 Doch, ausnahmsweise war hier tatsächlich die Forderung dem Kunden was wegzunehmen und durch etwas anderes zu ersetzen. Wenn ich einen Test zu Witcher4 lesen will, aber stattdessen eine Analyse der Frisuren in W4 bekomme, dann hilft es mir wenig, dass es parallel ja auch nen klassischen Test zu Diablo4 gibt.
Daneben gibt es ja schon so einige Argumente, die für mich in diese Richtung gehen. Mal fröhlich drei Beispiele durch den Thread geklickt:
ClaymoreX7 hat geschrieben: 11. Aug 2022, 01:45 Puh... also ich war tatsächlich ein wenig entsetzt nach dieser Folge und habe von Doms Vision bzw. "Symbol"-Setzung ein wenig Angst bekommen :D ich fasse mich kurz: wenn das The Pod-Projekt und die Gamestar mir wirklich nur noch ausschließlich i. S. v. Doms Vision Spieletests bzw. Kritiken anbieten würden, würde ich erst mal ziemlich heftige Pickel kriegen und meine Abonnements wären (leider) schneller gekündigt als man gucken kann.
Maliko hat geschrieben: 7. Aug 2022, 18:13 Ich muss ganz ehrlich sagen, dass Dom mich mit seiner Meinung teilweise sehr abgestoßen hat. Vor allem seine Radikalität zu sagen, nur seine Art dürfte als Test erscheinen und kein anderer noch nebenbei stößt mir sehr sauer auf, weil dass für mich einen Eindruck von die eigene Meinung aufzwingen hat.
Kvasir hat geschrieben: 8. Aug 2022, 13:20 Allerdings hat mich dann der Absolutheitsgedanke von Dom etwas irritiert, da ja sonst nichts erscheinen sollte.
Auch Klonky und WhiteNoise habe ich in diese Richtung interpretiert. Aber ich lass mich und meinen Eindruck da natürlich gerne korrigieren!

Für mich ist es einfach absurd wenn so getan wird, als könnte man Spiele nicht sinnvoll so besprechen, wie es seit Jahr und Tag mit Filmen, Büchern, Musik etc getan wird.
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Felidae
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Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von Felidae »

Rigolax hat geschrieben: 11. Aug 2022, 11:55
Ich glaube auch, der bessere Begriff wäre dafür "Essay". Das wäre dann halt ein Essay über das Frauenbild in Spiel X oder eine Brücke in Spiel Y und keine "Kritik". Vielleicht werden damit auch Vorbehalte abgebaut, denn wenn Teile der "Zielgruppe" etwa lesen, dass eine "Kritik" erscheint über soziales Thema X im Spiel Y, dann denkt man gleich an negative "Kritik" (Kritik in diesem Wortsinne).

Nur wäre ein Essay halt was anderes als eine Kritik - die Kritik käme am Schluss durchaus zu einem bewertenden Urteil und somit zu einer Kauf-/Nichtkaufempfehlung des Spiels. Nur halt eben anhand anderer Maßstäbe als im Spielebereich bislang üblich.

Dieses Vorgehen wäre rückblickend übrigens für manches Spiel schon früher sehr sinnvoll gewesen. Ich erinnere mich noch gut an den Eiertanz, den Gamestar und PC Games um Modern Warfare2 aufgeführt haben. Und wie absurd es stellenweise im Ergebnis angemutet hat - "wir finden das, was MW2 macht, absolut widerlich - 90 %". Hätte damals das Mittel der Kritik statt des Produkttests zur Verfügung gestanden, wäre es problemlos möglich gewesen, all das, was MW2 zweifellos gut macht, in einem Absatz abzuhandeln, den Rest des Textes dann ausschließlich auf die Flughafenszene zu fokussieren und als Resümee drunterzuschreiben, "ekelhafter PR-Stunt ruiniert für uns das Spielerlebnis - deshalb absolut keine Kaufempfehlung". Und als Spiel-Kritik wäre das völlig legitim.
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Oliver Naujoks
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Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von Oliver Naujoks »

Andre Peschke hat geschrieben: 11. Aug 2022, 09:27 Die Filmkritiken bei epd Film vergeben sogar Sternchenwertungen.

Die Kritiken in den Feuilletons sind ja nicht alle nur selbstgenügsame Interpretationsübungen.
Richtig. Für mich persönlich sind gelungene Feuilleton-Kritiken interessante Auseinandersetzungen mit einem Werk, wozu natürlich auch (wenn auch nicht nur) die Qualitätsfrage und damit eine Wertung zählen kann. Für mich fällt dann quasi als "Nebenprodukt" die Kaufberatung ab, also ob das für mich interessant und beachtenswert ist oder nicht, was in meiner Entscheidung übrigens auch mal konträr zu dem Werturteil der Kritik sein kan.
Genau diese Art von Anspruch an eine Kritik erwarte und bekomme ich von Euch in der Regel und nehme wahr, dass das auch Euer Anspruch ist - das habt Ihr häufig genug so formuliert, auch in dieser Folge. Deshalb höre ich The Pod so gerne, darin finde ich mich wieder. Und ich meine das durchaus weit, Euer "Spaziergang"-Format ist eines meiner Lieblingsformate (dafür noch einmal fette Props an Dom, für den Pitch bekommt er bei einem Live-Auftritt in meiner Nähe mal ein Bier spendiert) und Doms AC-Brückenforschung bin ich damals auf Twitter sehr interessiert gefolgt. Das kann doch alles wunderbar NEBEN Wertschätzungen, vielen Viertelstunden & co. stehen.

Insofern bin ich mit sehr großem Interesse Eurer Diskussion in dieser Podcast-Folge gefolgt und kann selbst jetzt Tage später nicht für mich entscheiden, ob es ein ganz kleiner Autounfall war oder sogar wegen der Reibung der Diskussion gut getan hat, dass Dom sich auf seine Position so/vielleicht zu sehr versteift hat. Vielleicht wäre es ratsam gewesen, wenn Dom die Regler für "Trotz" und "Auf diesem Hügel möchte ich sterben" ein zwei Notches runtergedreht hätte, nachdem er gemerkt hatte, dass Jochen und André zwar mit großer Sympathie für seinen Ansatz, aber letztlich ganz dezent konsterniert darauf reagiert hatten, dass auf die Forderung, eine Perspektivenverengung als Hauptspiel und nicht als DLC rauszustellen, keine befriedigende Antwort auf die Frage "Aber warum?" kam - außer: "Ich will das so". (sorry für den kompliziert formulierten Absatz - ist der verständlich? mir ist es jetzt zu heiß um den zu killen und griffiger zu formulieren..)

Fürs Protokoll: Stark widersprechen möchte ich der Behauptung, auch wenn die vor allem der Zuspitzung und leicht auch der Provokation diente, dass (feuilletonistische) Kritik mit Kaufberatung gleichzusetzen sei.

Liest Dom hier mit? Er hat schon in mehreren Folgen einen Widerspruch zwischen altem und neuen Spielejournalismus aufgemacht. Meine Vorschlag an Dom: Er soll die nächsten Monate mal genau beobachten, ob dieser Widerspruch wirklich noch so existiert. Die Wertungsproduktkaufberatungstests à la Lenhardt & Schneider sind in ihrer Reinform in meinen Augen schon fast ausgestorben (der T-Rex hebt schon den Kopf und sieht den Meteoriten angeflogen kommen) und ins Museum verfrachtet worden, auch und gerade beim großen Schlachtross Gamestar/Gamepro, auch dort gibt es inzwischen eine Fülle von Hintergrundartikeln und das, was man im Gaming New Journalism nennen kann (u.a. auch mal von Autoren wie D. Schott :P ). Niemand versucht sich mehr an "Objektivität", auch und gerade Jörg Langer nicht, der auf Gamers Global exakt diesen Anspruch wortreich abgeräumt hat und seitdem streng subjektive Tests anbietet. Zurück zu Gamestar/Gamepro, Himmel, Maurice (oder war es Michael? weiß nicht mehr) selbst hat mir auf eine Nachfrage auf Twitter mal erklärt, dass die teilweise verblüffend wenigen reinen Spieltests in der GamePro keineswegs ein Bug, sondern ein Feature sind.

Und, abschließend. Wir können eigentlich ganz entspannt bleiben, da bei The Pod sowieso für all die angesprochenen Arten von journalistischen Ansätzen jeweils genug Raum ist. Da kann und sollte jeder glücklich werden mit entsprechenden Formaten. Selbst für Stunts wie die Death Stranding-Doppelbesprechung. Für mich einer der Highlights Eurer ganzen Wirkungsgeschichte, ich stimme André aber völlig zu: Das darf nicht Überhand nehmen, das sollte man nur machen, wenn es passt und es Seltenheitswert behält.



(Ergänzung zu Andrés Beispiel: Die Wertungssterne in der epd film haben intern für sehr viel Diskussionen gesorgt und man hat sich Jahrzehnte geziert, diesen TV-Spielfilm/-Moviekrams mitzumachen ;) )
Zuletzt geändert von Oliver Naujoks am 11. Aug 2022, 12:18, insgesamt 3-mal geändert.
Spielt: Cyberpunk 2077 (jaja, immer noch, sorry), MLB the Show 24, WWE2k24, Sherlock Holmes: The Awakened
Liest: "The Crooked Hinge", John Dickson Carr // "Fourth Wing", Rebecca Yarros
Rigolax
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Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von Rigolax »

Felidae hat geschrieben: 11. Aug 2022, 12:04
Eine Kritik über das Frauenbild in Witcher 4 könnte aber ja auch zu dem bewertenden Urteil kommen, dass das Frauenbild gut ist oder zumindest okay und dann ist ja die Frage, was das für das Spiel an sich aussagen soll, also dann ist (laut dem Autor) das Handling des sozialen Themas approved und das Werk gefahrlos zu goutieren? ;)

Und ich mein, sollten unter solche Kritiken nicht auch so Dinger wie die Brückenbesprechung laufen? Was sagt das aber über das Gesamtspiel aus, nicht wirklich viel.

Der Hinweis auf MW2 bzw. "No Russian" ist ganz gut eigentlich, in dem Fall ergibt das schon Sinn, etwa auch ein "Hatred". Gelegentlich gibt es so Veröffentlichungen, die vielleicht nicht sinnvoll regulär besprochen werden wollen, wobei die Auswahl eher tendenziös sein mag, also wo man jetzt die "Schmerzgrenze" zieht; ich sag mal so, ein "Rape Day" würde ich auch nicht "testen" (jedenfalls nicht ohne viel Schmerzensgeld), aber ich könnte mir durchaus vorstellen, es zu "kritisieren" (wobei's die Aufmerksamkeit nicht verdient). Aber jetzt wirkt es ja fast so, als wären solche "Kritiken" für Quasi-Vorbehaltsspiele gedacht.
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Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von derFuchsi »

Oliver Naujoks hat geschrieben: 11. Aug 2022, 12:11 Richtig. Für mich persönlich sind gelungene Feuilleton-Kritiken interessante Auseinandersetzungen mit einem Werk, wozu natürlich auch (wenn auch nicht nur) die Qualitätsfrage und damit eine Wertung zählen kann.
...
Das wäre ein schönes Schlusswort gewesen :clap:
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Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von Felidae »

Rigolax hat geschrieben: 11. Aug 2022, 12:13
Felidae hat geschrieben: 11. Aug 2022, 12:04
Eine Kritik über das Frauenbild in Witcher 4 könnte aber ja auch zu dem bewertenden Urteil kommen, dass das Frauenbild gut ist oder zumindest okay und dann ist ja die Frage, was das für das Spiel an sich aussagen soll, also dann ist (laut dem Autor) das Handling des sozialen Themas approved und das Werk gefahrlos zu goutieren? ;)

Und ich mein, sollten unter solche Kritiken nicht auch so Dinger wie die Brückenbesprechung laufen? Was sagt das aber über das Gesamtspiel aus, nicht wirklich viel.

Der Hinweis auf MW2 bzw. "No Russian" ist ganz gut eigentlich, in dem Fall ergibt das schon Sinn, etwa auch ein "Hatred". Gelegentlich gibt es so Veröffentlichungen, die vielleicht nicht sinnvoll regulär besprochen werden wollen, wobei die Auswahl eher tendenziös sein mag, also wo man jetzt die "Schmerzgrenze" zieht; ich sag mal so, ein "Rape Day" würde ich auch nicht "testen" (jedenfalls nicht ohne viel Schmerzensgeld), aber ich könnte mir durchaus vorstellen, es zu "kritisieren" (wobei's die Aufmerksamkeit nicht verdient). Aber jetzt wirkt es ja fast so, als wären solche "Kritiken" für Quasi-Vorbehaltsspiele gedacht.
Nein. Sie ist für die Spiele gedacht, bei denen ein:e Kritiker:in einen Sinn in dieser Form der Kritik sieht. Hier ist doch nix in Stein gemeiselt. Dom hat - wie im Thread ja glaub von André auch schon geschrieben wurde - ein Extrembeispiel gewählt, um aufzuzeigen, was möglich sein sollte in ernsthaftem Spielejournalismus: Einen neuen Teil einer Reihe, die bislang in einer speziellen Hinsicht negativ aufgefallen ist, unter ausschließlich diesem Gesichtspunkt zu bewerten. Daraus abzuleiten, Dom wolle nur noch solche Kritiken, ist ziemlich weit hergeholt. Es ist auch schon ziemlich weit hergeholt, anzunehmen, er selbst wolle nur noch solche Kritiken schreiben. Sein Punkt ist: Als bezahlter Journalist KANN er solche Kritiken gar nicht erst schreiben bzw. nicht verkaufen.

Und ja, eine entsprechende Kritik zu Witcher4 könnte natürlich zu dem Ergebnis kommen, "CD Project hat sich die Kritik zu Herzen genommen und die Punkte A, B, C, D, E wie folgt verbessert oder durch F, G, H ersetzt". Dann wäre die logische Konsequenz in der Kritik, "Wer sich bislang an sexistischen Darstellungen in der Reihe gestört hat, kann dieses Spiel bedenkenlos spielen". Warum denn nicht?

Und ja, auch die "Brückenbesprechung" wäre eine statthafte Kritik - wenn mir der:die Autor:in vermitteln kann, warum er:sie diese Brücke als Aufhänger genommen hat. Das ist der entscheidende Knackpunkt: das Warum. Ein:e Kritiker:in will mit der Kritik ja auf was raus - seine:ihre Hauptaufgabe ist es, mir zu vermitteln, warum das relevant ist.

Und by the way, vermutlich würde mich die "Brückenkritik" absolut nicht die Bohne interessieren. Sondern ich würd denken, "was ist DAS denn für ein schräger Vogel?" bzw., wenn ich Dom schon kenne, "Jo, passt - ein typischer Schott mal wieder". Aber ich hab dann ja genügend andere Besprechungen zu AC zur Auswahl. Nur halt nicht im gleichen Magazin.
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Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von Felidae »

Was hier glaub stellenweise vermengt wird: Dom hat nach meinem Verständnis nicht gefordert, dass es gar keinen klassischen Test zu Witcher4 geben dürfe, nirgendwo. Sein Anspruch war nur, dass das Magazin, in dem diese skizzierte Kritik zu Witcher4 veröffentlicht wird, das als vollwertige Besprechung zu Witcher4 begreift und nicht noch parallel einen "normalen" Test machen lässt. Um damit ein Signal zu senden, "Leute, Spielekritik kann auch SOWAS sein".
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Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von Rigolax »

Felidae hat geschrieben: 11. Aug 2022, 12:38 Was hier glaub stellenweise vermengt wird: Dom hat nach meinem Verständnis nicht gefordert, dass es gar keinen klassischen Test zu Witcher4 geben dürfe, nirgendwo. Sein Anspruch war nur, dass das Magazin, in dem diese skizzierte Kritik zu Witcher4 veröffentlicht wird, das als vollwertige Besprechung zu Witcher4 begreift und nicht noch parallel einen "normalen" Test machen lässt. Um damit ein Signal zu senden, "Leute, Spielekritik kann auch SOWAS sein".
Jo, so habe ich das auch verstanden: viewtopic.php?f=2&t=8854&p=223580#p223580
Felidae hat geschrieben: 11. Aug 2022, 12:29 Nein. Sie ist für die Spiele gedacht, bei denen ein:e Kritiker:in einen Sinn in dieser Form der Kritik sieht. Hier ist doch nix in Stein gemeiselt. Dom hat - wie im Thread ja glaub von André auch schon geschrieben wurde - ein Extrembeispiel gewählt, um aufzuzeigen, was möglich sein sollte in ernsthaftem Spielejournalismus: Einen neuen Teil einer Reihe, die bislang in einer speziellen Hinsicht negativ aufgefallen ist, unter ausschließlich diesem Gesichtspunkt zu bewerten. Daraus abzuleiten, Dom wolle nur noch solche Kritiken, ist ziemlich weit hergeholt. Es ist auch schon ziemlich weit hergeholt, anzunehmen, er selbst wolle nur noch solche Kritiken schreiben. Sein Punkt ist: Als bezahlter Journalist KANN er solche Kritiken gar nicht erst schreiben bzw. nicht verkaufen.
Nur for the record, falls es sonst irritiert: ich habe ja nicht daraus abgeleitet, dass Dom "nur noch solche Kritiken" will.
Felidae hat geschrieben: 11. Aug 2022, 12:29 Und ja, eine entsprechende Kritik zu Witcher4 könnte natürlich zu dem Ergebnis kommen, "CD Project hat sich die Kritik zu Herzen genommen und die Punkte A, B, C, D, E wie folgt verbessert oder durch F, G, H ersetzt". Dann wäre die logische Konsequenz in der Kritik, "Wer sich bislang an sexistischen Darstellungen in der Reihe gestört hat, kann dieses Spiel bedenkenlos spielen". Warum denn nicht?
Ja gut, ich unterstelle, 90% der GS-Leserschaft würde dazu sagen: Okay.jpg. :ugly: Aber gut, das ist ja die Frage wieder, wer die Zielgruppe ist für so etwas. Ich will es ja auch nicht lächerlich machen generell, es ist ja ein legitimes Anliegen bzw. darf man das legitim als Anliegen ja haben und auch nach solchen Gesichtspunkten (primär) aussuchen, ob man etwas selbst rezipieren will oder nicht.
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Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von GoodLord »

Wicky hat geschrieben: 11. Aug 2022, 12:03
GoodLord hat geschrieben: 11. Aug 2022, 09:04
Wicky hat geschrieben: 11. Aug 2022, 08:28 Ich finde es echt krass, wie häufig offenbar verstanden wurde, dass NUR NOCH "irgendwelche Spartenblick-Kritiken" zur Veröffentlichung kommen sollen.
Bis auf den letzten Post habe ich das in diesem Thread bewusst noch überhaupt nicht gelesen. Bist du dir sicher?
Puh, gerade Deine Posts hier hatte ich auch in diese Richtung gelesen:
GoodLord hat geschrieben: 10. Aug 2022, 00:01 Doch, ausnahmsweise war hier tatsächlich die Forderung dem Kunden was wegzunehmen und durch etwas anderes zu ersetzen. Wenn ich einen Test zu Witcher4 lesen will, aber stattdessen eine Analyse der Frisuren in W4 bekomme, dann hilft es mir wenig, dass es parallel ja auch nen klassischen Test zu Diablo4 gibt.
Verstehe ich nicht. Direkt am Ende des von dir Zitierten Absatzes hab ich doch auf den parallel erscheinenden "klassischen" Test hingewiesen und ich müsste nochmal schauen, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass ich an anderer Stelle auch den parallelen Test in einem anderen Magazin (PC Games) erwähnt habe.
Wicky hat geschrieben: 11. Aug 2022, 12:03 Daneben gibt es ja schon so einige Argumente, die für mich in diese Richtung gehen. Mal fröhlich drei Beispiele durch den Thread geklickt:
ClaymoreX7 hat geschrieben: 11. Aug 2022, 01:45 Puh... also ich war tatsächlich ein wenig entsetzt nach dieser Folge und habe von Doms Vision bzw. "Symbol"-Setzung ein wenig Angst bekommen :D ich fasse mich kurz: wenn das The Pod-Projekt und die Gamestar mir wirklich nur noch ausschließlich i. S. v. Doms Vision Spieletests bzw. Kritiken anbieten würden, würde ich erst mal ziemlich heftige Pickel kriegen und meine Abonnements wären (leider) schneller gekündigt als man gucken kann.
Maliko hat geschrieben: 7. Aug 2022, 18:13 Ich muss ganz ehrlich sagen, dass Dom mich mit seiner Meinung teilweise sehr abgestoßen hat. Vor allem seine Radikalität zu sagen, nur seine Art dürfte als Test erscheinen und kein anderer noch nebenbei stößt mir sehr sauer auf, weil dass für mich einen Eindruck von die eigene Meinung aufzwingen hat.
Kvasir hat geschrieben: 8. Aug 2022, 13:20 Allerdings hat mich dann der Absolutheitsgedanke von Dom etwas irritiert, da ja sonst nichts erscheinen sollte.
Auch Klonky und WhiteNoise habe ich in diese Richtung interpretiert. Aber ich lass mich und meinen Eindruck da natürlich gerne korrigieren!
Müsste ich mir nochmal durchlesen (bin gerade mobil unterwegs), aber aus den Quotes ist mir nicht klar, ob sie glauben, Dom wollte, dass klassische Reviews sonst garnicht erscheinen (egal wo) oder eben - so wie von Dom tatsächlich gewünscht - in diesem Magazin, zu diesem Spiel. Claymore hat ja (meinem Verständnis nach) erstmal nur das (aus seiner Sicht) Worst case Szenario beschrieben

Kann sein, dass du recht hast und ich hab die Aussagen falsch interpretiert, aber es würde vielleicht etwas Dampf aus der Diskussion nehmen, wenn man erstmal nachfragt ob man die Position des anderen wirklich richtig verstanden hat, bevor man ihn für sich(übertrieben formuliert) als "hat nix kapiert" abstempelt. Kann sich ja nicht jeder so perfekt artikulieren, wie Andre.
Zuletzt geändert von GoodLord am 11. Aug 2022, 15:55, insgesamt 1-mal geändert.
GoodLord
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Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von GoodLord »

Felidae hat geschrieben: 11. Aug 2022, 09:29
GoodLord hat geschrieben: 11. Aug 2022, 09:04
Wicky hat geschrieben: 11. Aug 2022, 08:28 Ich finde es echt krass, wie häufig offenbar verstanden wurde, dass NUR NOCH "irgendwelche Spartenblick-Kritiken" zur Veröffentlichung kommen sollen.
Bis auf den letzten Post habe ich das in diesem Thread bewusst noch überhaupt nicht gelesen. Bist du dir sicher?
Der Eindruck entsteht vermutlich dadurch, dass die Vorstellung etwas absurd anmutet, die ganze Aufregung könnte tatsächlich wegen nur einer einzigen Kritik zu einem einzigen Spiel in einem einzigen Magazin entstanden sein.
Gibt's für dich nur extreme?
Es ist doch offensichtlich, dass es Doms Anliegen war, diese Art der Kritik generell als gleichwertigen (oder sogar besseren) Alternativansatz für die Besprechung eines Spiels zu etablierten - und eben nicht zusätzlich, sondern stattdessen. Und wie Andre im Podcast schon erwähnt hat reicht dazu nicht ein einmalige Stunt, sondern man müsste es halt regelmäßig machen.

Wenn es wirklich nur darum ginge, dass ein einziges mal ein solcher Artikel veröffentlicht wird, wäre das Ziel nicht bereits durch den von dir erwähnten GTA Artikel erreicht worden? Hab ich nicht gelesen, aber hört sich einerseits Interessantan und andererseits nach genau dieser Art von "Stunt", die im Podcast erwähnt wurde (nicht, dass ich es gegen sind habe).

Beantwortet der Artikel dann eigentlich auch deine Frage nach
Felidae hat geschrieben: 11. Aug 2022, 09:45 Das Gegenargument wäre halt, "Wer, wenn NICHT die Gamestar kann sowas denn mal relativ gefahrlos ausprobieren?".
?
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Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von Felidae »

GoodLord hat geschrieben: 11. Aug 2022, 15:53
Felidae hat geschrieben: 11. Aug 2022, 09:29
GoodLord hat geschrieben: 11. Aug 2022, 09:04

Bis auf den letzten Post habe ich das in diesem Thread bewusst noch überhaupt nicht gelesen. Bist du dir sicher?
Der Eindruck entsteht vermutlich dadurch, dass die Vorstellung etwas absurd anmutet, die ganze Aufregung könnte tatsächlich wegen nur einer einzigen Kritik zu einem einzigen Spiel in einem einzigen Magazin entstanden sein.
Gibt's für dich nur extreme?
Es ist doch offensichtlich, dass es Doms Anliegen war, diese Art der Kritik generell als gleichwertigen (oder sogar besseren) Alternativansatz für die Besprechung eines Spiels zu etablierten - und eben nicht zusätzlich, sondern stattdessen. Und wie Andre im Podcast schon erwähnt hat reicht dazu nicht ein einmalige Stunt, sondern man müsste es halt regelmäßig machen.

Wenn es wirklich nur darum ginge, dass ein einziges mal ein solcher Artikel veröffentlicht wird, wäre das Ziel nicht bereits durch den von dir erwähnten GTA Artikel erreicht worden? Hab ich nicht gelesen, aber hört sich einerseits Interessantan und andererseits nach genau dieser Art von "Stunt", die im Podcast erwähnt wurde (nicht, dass ich es gegen sind habe).

Beantwortet der Artikel dann eigentlich auch deine Frage nach
Felidae hat geschrieben: 11. Aug 2022, 09:45 Das Gegenargument wäre halt, "Wer, wenn NICHT die Gamestar kann sowas denn mal relativ gefahrlos ausprobieren?".
?
Hier wird anhand Doms Wunsch, dass EINE Zeitschrift EINEN entsprechenden Artikel zu EINEM Spiel so getan, als wäre der klassische Spieletest kurz vor dem Aussterben. Und ja, Dom möchte diese Art der Kritik als "gleichwertig" anerkannt sehen - wie groß dafür die Chancen sind, sieht man ja hier im Thread..
Natürlich müsste man das "regelmäßig" machen - aber "regelmäßig" ist nunmal ein relativer Begriff. "Regelmäßig" wäre zB auch "einmal im halben Jahr" - sprich, es wäre dann ein Spiel von vermutlich 30 bis 40 betroffen. Also immer noch nicht viel.

Und Deine letzten beiden Fragen solltest Du Dir eigentlich selbst beantworten können - angesichts der Tatsache, welche Reichweite die WASD hatte und dass sie meines Wissens bis zuletzt ihre Autor:innen entweder gar nicht oder nur symbolisch bezahlen konnte. Die WASD war ein Hobbyprojekt für eine sehr spitze Nische.
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Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von Ingoknito »

Andre Peschke hat geschrieben: 11. Aug 2022, 09:27
Tripster hat geschrieben: 11. Aug 2022, 08:45 Eine Feuilleton-Kritik ist keine Kaufberatung
Hmmm, nicht? Welche Kritik taugt denn nicht auch als Kaufberatung? IMO ist sie nur mehr oder minder explizit und eben für eine breitere oder schmalere Gruppe relevant.

Ist das hier keine Kaufempfehlung für den besprochenen Gedichtband?: https://www.sueddeutsche.de/kultur/stei ... -1.5632242

Diese Literaturkritik, nimmt sogar recht deutlich ihre Empfehlung vorweg ("die literarische Extremerfahrung lohnt sich"): https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/ ... 51703.html

Oder diese Filmkritik in "Die Zeit" zu Bullet-Train, die eine Einschläferung des Publikums attestiert: https://www.zeit.de/kultur/film/2022-08 ... -film-kino

Die Filmkritiken bei epd Film vergeben sogar Sternchenwertungen.

Die Kritiken in den Feuilletons sind ja nicht alle nur selbstgenügsame Interpretationsübungen.

Andre
der bekannte Filmkritiker Roger Ebert hat auch Sterne-Bewertungen vergeben und sich trotzdem nie als Kaufberatung gesehen. ich finde es wichtig da nochmal zu unterscheiden. zu einem Wert-Urteil zu kommen ist ein Grundbestandteil einer Kritik, zumindest da wo der Begriff Kritik ursprünglich herkommt- aus der Literaturkritik. Unabhängig davon ob man Sterne-Bewertungen gibt oder nicht.
Die klassische Form der Videospielbesprechung in Form eines Produkttestes versteht sich selbst als Kaufberatung. Zwar kommt man hier auch zu einer Bewertung/Urteil, doch erschließt sich diese aus vermeintlichen messbaren objektiven Kriterien wie Spieldauer oder Qualität der Grafik (Anzahl der Polygone) etc.
Ein Kritiker besitzt aber nicht die Hoheit darüber ob man etwas kauft oder nicht, auch wenn er einen Einfluss hat. Das Problem ist auch nicht dass man etwas empfiehlt weil man etwas als Kritiker bemerkenswert oder interessant findet, sondern wenn man wie in diesem Fall eine Objektivität beansprucht und das Videospiel als Konsumgut mit einer eindeutigen Funktion ansieht. Ein Stiftungwarentest ist schließlich auch keine Kritik. Ich finde es wichtig da die Begrifflichkeiten auseinander zu halten.
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Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von WhiteNoise »

Wicky hat geschrieben: 11. Aug 2022, 12:03
Wicky hat geschrieben: 11. Aug 2022, 08:28 Ich finde es echt krass, wie häufig offenbar verstanden wurde, dass NUR NOCH "irgendwelche Spartenblick-Kritiken" zur Veröffentlichung kommen sollen.
(...)
Auch Klonky und WhiteNoise habe ich in diese Richtung interpretiert. Aber ich lass mich und meinen Eindruck da natürlich gerne korrigieren!

Für mich ist es einfach absurd wenn so getan wird, als könnte man Spiele nicht sinnvoll so besprechen, wie es seit Jahr und Tag mit Filmen, Büchern, Musik etc getan wird.
Ich habe das nicht so verstanden, aber darum geht es auch nicht. Der Punkt ist, dass Doms Art von Kritik für mich und einige andere User hier keinen Mehrwert liefert, die klassische Kritik aber schon. Daher ist es ein Problem, wenn diese Kritik durch eine "geisteswissenschaftliche" Kritik ersetzt wird, weil ich dann eben keine brauchbare Einschätzung eines Spiels mehr habe. Das ist explizit, was Dom tun will, um ein Zeichen zu setzen, er möchte den Gamestar-Lesern den Witcher 4-Test nehmen und ihn durch seine Art der Kritik ersetzen. Sofern diese dann nicht spontan einsehen, dass sie schon immer solche Kritik haben wollten, stehen die Gamestar-Leser durch diese Aktion schlechter da.

Sollte das hier einmal passieren, würde ich mit den Zähnen knirschen und weitermachen. Wenn das allerdings zu oft geschieht, würde ich mir einen anderen Podcast suchen, bei dem ich die Einschätzungen bekomme, die ich haben möchte. Das absolute Verhältnis spielt da keine Rolle, es geht darum, wie oft ich bekomme, was ich hören möchte. So einfach ist das.

Ich finde den Einwand auch etwas seltsam, weil Dom in dem Podcast und einige der User hier in dem Thread ja keinen Hehl daraus machen, für wie rückständig und unnötig sie den klassischen Spieletest halten. Da Dom offenbar viel lieber solchen schöngeistigen Content produziert und es weniger Arbeit ist als ein umfangreicher Test, ist es daher auch nicht schwer abzusehen, in welche Richtung der Podcast kippen würde, wenn man erstmal damit anfangen würde, Spiele exklusiv so zu testen. Und das wäre dann für mich der Grund, die Reißleine zu ziehen. Ist nicht böse gemeint, jeder kann anbieten, was er will, aber es gibt nun mal keine Garantie, dass man die Natur eines Angebotes fundamental ändern kann und die bisherigen Käufer auch weiter schön ihr Geld abliefern. So funktioniert der Markt nun mal. Dass Dom solche Aussagen im Podcast als Drohung bezeichnet, lässt tief blicken.

Ich sage ja auch nicht, dass man solche Analysen nicht anbieten darf. Wenn The Pod eine neue Rubrik namens "Das Feuilleton mit Dom und Jochen" für diese Art von Kritik ins Leben rufen würde, hätte ich nichts dagegen einzuwenden. Es wäre vielleicht sogar eine Verbesserung, wenn die Analysen dann dort erscheinen würden und man dafür nicht im Sonntagspodcast mal zwanzig Minuten einer Tangente über eine Karikatur oder Sklaverei in Anno nachgehen würde. Dann kann man dann zwei Podcasts zu dem – hoffentlich irgendwann erscheinenden – Cyberpunk-Addon machen: Einmal den klassischen Podcast und einen Eintrag im Feuilleton, wo Dom und Jochen über Sexspielzeug in Cyberpunk (willkürliches Beispiel) reden. Das wäre doch für alle Beteiligten das Beste.
Zuletzt geändert von WhiteNoise am 11. Aug 2022, 19:52, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von Heretic »

Ingoknito hat geschrieben: 11. Aug 2022, 16:57 Die klassische Form der Videospielbesprechung in Form eines Produkttestes versteht sich selbst als Kaufberatung. Zwar kommt man hier auch zu einer Bewertung/Urteil, doch erschließt sich diese aus vermeintlichen messbaren objektiven Kriterien wie Spieldauer oder Qualität der Grafik (Anzahl der Polygone) etc.
Macht das heutzutage noch jemand so? Der "objektive" Test ist doch so gut wie ausgestorben. Den vermisse ich auch nicht.
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Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von Ingoknito »

Heretic hat geschrieben: 11. Aug 2022, 17:43
Ingoknito hat geschrieben: 11. Aug 2022, 16:57 Die klassische Form der Videospielbesprechung in Form eines Produkttestes versteht sich selbst als Kaufberatung. Zwar kommt man hier auch zu einer Bewertung/Urteil, doch erschließt sich diese aus vermeintlichen messbaren objektiven Kriterien wie Spieldauer oder Qualität der Grafik (Anzahl der Polygone) etc.
Macht das heutzutage noch jemand so? Der "objektive" Test ist doch so gut wie ausgestorben. Den vermisse ich auch nicht.
unter "versteht sich selbst darunter" meine ich dass man die selben Kriterien anlegt wie der Stiftungwarentest z.B Preis-Leistung, Spieldauer, Anzahl der Polygone etc. das fließt ja alles noch in die Bewertung mit rein.
man nennt sich nur nicht so (oder jedenfalls selten), weswegen auch hier im Thread der vorherrschende Spieletest als Kritik bezeichnet wird, obwohl es das nicht ist.
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