Runde #383: Über Kritik

Alles, was nicht in ein anderes Forum gehört: Hier rein
Forumsregeln
Datenschutzerklärung: https://www.gamespodcast.de/datenschutzerklaerung/
Impressum: https://www.gamespodcast.de/impressum/

Forenregeln und zukünftige Weltverfassung
ART 1: Behandle andere Nutzer mit Respekt.
ART 2: Do NOT piss off the Podcasters

Lies bitte weitere Hinweise hier: viewtopic.php?f=4&t=2789
Benutzeravatar
Heretic
Beiträge: 4950
Registriert: 20. Mai 2016, 13:30

Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von Heretic »

Felidae hat geschrieben: 10. Aug 2022, 12:24 Der:die Kritiker:in hat die Freiheit, die Schwerpunkte der Kritik frei zu wählen. Das Risiko, dass DU damit nix anfangen kannst, geht er:sie ein - und es ist ihm:ihr letztlich egal.

Und das ist eben der entscheidende Unterschied zwischen "Kritik" und "Test". Ein Test MUSS möglichst objektiv für möglichst viele Leser:innen die entscheidenden Informationen bieten. Eine Kritik nicht.
Dann ist eine solche Kritik für mich als Kaufberatung (und die soll ja mit abgedeckt werden, so wie ich Dom verstanden habe) schlicht wertlos und kann einen klassischen Test nicht ersetzen. Selbst wenn sie sich einen interessanten Aspekt herauspickt und fluffig liest. Mir fehlen dann einfach Infos, die ich gerne hätte.

Ich bin mit den aktuellen "klassischen" Tests schon nicht mehr völlig zufrieden, da z. B. auf Hardwareanforderungen kaum noch eingegangen wird. Was natürlich damit zusammenhängt, dass die Redaktionen nicht mehr so gut bestückt sind wie früher und freie Redakteure kein Rechenzentrum zuhause stehen haben. Gehört für mich aber eigentlich in einen guten Test mit rein, wie sich ein Spiel auf verschiedenen Systemen so schlägt. Kann man dank Internet zwar gut kompensieren, aber dann muss man halt wieder woanders gucken und hat nicht alles auf einen Blick. Ebenso wenig gefällt es mir, in einem PC-Magazin den Test einer Konsolenversion vorgesetzt zu bekommen.
Ingoknito
Beiträge: 747
Registriert: 19. Jul 2021, 21:55

Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von Ingoknito »

Andre Peschke hat geschrieben: 10. Aug 2022, 15:28
Felidae hat geschrieben: 10. Aug 2022, 12:24 Auf lange Sicht wird diese Eisdiele, die nur das macht, was ihre Fans wollen, aber Pleite gehen. :)
Ich denke der Punkt, der hier gemacht wurde ist aber, dass die Eisdiele, die das Eis abschafft, das ihre Fans mögen, SCHNELLER pleite geht.
Felidae hat geschrieben: 10. Aug 2022, 12:24 Und das ist eben der entscheidende Unterschied zwischen "Kritik" und "Test". Ein Test MUSS möglichst objektiv für möglichst viele Leser:innen die entscheidenden Informationen bieten. Eine Kritik nicht.
Das ist IMO kein Unterschied zwischen Test und Kritik, sondern ein Unterschied zwischen Arbeit und Kunst, wenn man es so nennen will. Wenn die Kritik das ist, womit Geld verdient werden soll - weil man sie als Freier Autor schreibt oder weil eine GameStar sie auf ihre Webseite stellt - dann muss sie eben in erster Linie (auch) dem Publikum gefallen. Alles andere ist die berühmte "brotlose Kunst".

Deswegen ist es ja auch einfach die (ökonomisch) schlaueste Methode, beides parallel anzubieten.

Andre
das halte ich für ziemlich Geschichtsvergessen. die Literatur-Kritik und selbst die Film-Kritik haben es über lange Zeit vorgemacht. Und auch Jochen scheint noch daran zu glauben, dass es möglich ist als Kritiker die "Wahrheit" zu sagen, auch wenn sie bei einer großen Anzahl von Lesers nicht gut ankommt.
Klar kann man sagen dass man diese Art von Kritik nicht haben möchte und es kommerziell weniger Sinn macht, aber dass es nicht möglich wäre, ist wie gesagt so nicht richtig.
Benutzeravatar
Andre Peschke
Beiträge: 9734
Registriert: 9. Jan 2016, 16:16
Kontaktdaten:

Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von Andre Peschke »

Ingoknito hat geschrieben: 10. Aug 2022, 15:41 das halte ich für ziemlich Geschichtsvergessen. die Literatur-Kritik und selbst die Film-Kritik haben es über lange Zeit vorgemacht. Und auch Jochen scheint noch daran zu glauben, dass es möglich ist als Kritiker die "Wahrheit" zu sagen, auch wenn sie beim Leser nicht gut ankommt.
Keine Ahnung, wie du hier jetzt auf das Thema Wahrheit kommst. Es ging ja um Kritik, die einen sehr engen Fokus setzt und andere Bestandteile der Betrachtung ausspart. Das Extrembeispiel war die Kritik zu "Assassin's Creed", die sich allein mit der historischen Darstellung einer Brücke befasst.

Da kommt Wahrheit nicht ins Spiel. Ich gehe davon aus, dass selbstverständlich eine klassischere Kritik und auch die "Brückenkritik" beide komplett wahrhaftig die Meinung des Kritikers wiedergeben. Das der Kritiker seine Meinung nicht verbiegen soll, ist ja nie infrage gestellt worden.

Ingoknito hat geschrieben: 10. Aug 2022, 15:41Klar kann man sagen dass man diese Art von Kritik nicht haben möchte und es kommerziell weniger Sinn macht, aber dass es nicht möglich wäre, ist wie gesagt nicht richtig.
Auch hier nochmal, Kontext: Wenn ein etabliertes Magazin wie zB die GameStar eine völlig andere Art der Kritik bringen will, wie das skizzierte Extrembeispiel, dann wird es ökonomisch immer schlauer sein, dass erstmal ZUSÄTZLICH zu machen, anstatt die vom existierenden Publikum erwartete Kritik dadurch zu ersetzen. Der Drang, dass diese andere Kritik exklusiv erscheinen soll, ist ja nur durch Legitimierungsgedanken angetrieben und das Magazin als Geschäft hat an dieser Legitimierung ja kein Interesse, sofern es sich dadurch keinen finanziellen Vorteil verspricht.

Andre
GoodLord
Beiträge: 1614
Registriert: 11. Jan 2021, 17:10

Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von GoodLord »

Wicky hat geschrieben: 10. Aug 2022, 09:20 Da könnten sich jetzt alle freuen, da es nicht um Verdrängung und Exklusivität geht.

Andersherum wird ein Schuh draus: Dom bringt im Podcast mehrfach zum Ausdruck, wie schwer es ist solche Besprechung zu platzieren und wie viel er für diese Erweiterung der Perspektive an "Feedback" einstecken muss. Da verteidigen einige offenbar mit Händen und Füßen den Journalismus mit dem sie aufgewachsen sind davor, sich nicht breiter aufzustellen. Schade.
Wenn Dom wirklich nur eine erweiterte Perspektive anbieten würde und nicht explizit gefordert hätte, dass "sein" Artikel dann aber der einzige zu Spiel X sein soll (im Kontext der jeweiligen Redaktion), dann würde ich seinen Ansatz auch viel mehr feiern (ich finde solcge Sonderperspektiven immer sehr interessantund da darf es auch gerne mehr davon geben).

Außerdem geht es hier nicht um Subjektivität vs Objektivität. Ich weiß nicht, warum das hier ständig behauptet wird. Andre on Jochen weisen regelmäßig darauf hin, wie subjektiv ihre Einschätzungen sind. Es geht darum, dass Dom ein Spiel nur aus einer einzigen, sehr Engen Perspektive besorechen will, während ein klassischer Test/Wertschätzung/Kritik eben versucht alle möglichen verschiedenen Perspektiven abzubilden (Geschichte, Spielmechanik, Grafik, Sound, Spielspaß etc.) - das sagt erstmal nichts darüber aus ob diese Kriterien (vermeintlich) objektiv bewertet werden. Das ist es weshalb Doms Ansatz für mich eben kein Ersatz für klassische Test/Reviews/Kritiken darstellt.
Benutzeravatar
derFuchsi
Beiträge: 4103
Registriert: 11. Nov 2015, 10:00
Wohnort: Hessen

Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von derFuchsi »

echtschlecht165 hat geschrieben: 10. Aug 2022, 15:30
derFuchsi hat geschrieben: 10. Aug 2022, 12:07
MrWayne hat geschrieben: 10. Aug 2022, 11:57Wenn ich mir z.B. auf the Pod eine Wertschätzung eines Spiels anhöre aber nur auf einen einzigen Teilaspekt des Spiels eingegangen wird würde ich mich erstmal etwas „betrogen“ vorkommen. Der gleiche Podcast unter einer passenderen Kategorie würde dieses Gefühl nicht hervorrufen.
Quasi als wenn man die Beiträge aus der Rubrik "Spaziergang" statt dessen als "Wertschätzung" gebracht hätte.
das ist ein guter Vergleich.
So sehr ich die Spaziergänge mag, anhand von denen allein kann man sich kein Bild vom Spiel machen
Witzigerweise hat man das am Ende des Podcasts genau so vorgeschlagen (Merke: Podcasts immer erst fertig hören bevor man was kommentiert) :D
BildBild Bild
Gamer since ~1987 (C64 C / A 2000 / A1200 / PC)
GoodLord
Beiträge: 1614
Registriert: 11. Jan 2021, 17:10

Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von GoodLord »

Felidae hat geschrieben: 10. Aug 2022, 13:43
Ingoknito hat geschrieben: 10. Aug 2022, 13:40 Ich finde es faszinierend wie Videospiele mit Eiskugeln oder Autos verglichen werden. Dort gibt es die Diskussionen kaum. Vermutlich weil es sich dort um klare Konsumgüter handelt.
Jetzt wollen nun viele dass Videospiele genauso behandelt werden, um danach stumpf weiter konsumieren zu können. Erschließt sich mir nicht ganz. Zumal es diese Produkttests immer geben wird.
...das Faszinierendeste daran ist für mich, dass sonst immer soviel Wert darauf gelegt wird, dass Spiele doch eine Kunstform seien.
In meiner Bubble überhaupt nicht, aber ich glaube darüber haben wir zwei schon mal diskutiert.

Vielleicht sind ja genau die Leute, die Spiele primär als Kunstwerke sehen, auch die Leute die kein Interesse an einer (wie such immer gearteten) Kaufberatung haben und umgekehrt. Vielleicht siehst du da einen Wiederspruch, den es garnicht gibt.
Ingoknito
Beiträge: 747
Registriert: 19. Jul 2021, 21:55

Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von Ingoknito »

Andre Peschke hat geschrieben: 10. Aug 2022, 15:48
Ingoknito hat geschrieben: 10. Aug 2022, 15:41 das halte ich für ziemlich Geschichtsvergessen. die Literatur-Kritik und selbst die Film-Kritik haben es über lange Zeit vorgemacht. Und auch Jochen scheint noch daran zu glauben, dass es möglich ist als Kritiker die "Wahrheit" zu sagen, auch wenn sie beim Leser nicht gut ankommt.
Keine Ahnung, wie du hier jetzt auf das Thema Wahrheit kommst. Es ging ja um Kritik, die einen sehr engen Fokus setzt und andere Bestandteile der Betrachtung ausspart. Das Extrembeispiel war die Kritik zu "Assassin's Creed", die sich allein mit der historischen Darstellung einer Brücke befasst.

Da kommt Wahrheit nicht ins Spiel. Ich gehe davon aus, dass selbstverständlich eine klassischere Kritik und auch die "Brückenkritik" beide komplett wahrhaftig die Meinung des Kritikers wiedergeben. Das der Kritiker seine Meinung nicht verbiegen soll, ist ja nie infrage gestellt worden.

Ingoknito hat geschrieben: 10. Aug 2022, 15:41Klar kann man sagen dass man diese Art von Kritik nicht haben möchte und es kommerziell weniger Sinn macht, aber dass es nicht möglich wäre, ist wie gesagt nicht richtig.
Auch hier nochmal, Kontext: Wenn ein etabliertes Magazin wie zB die GameStar eine völlig andere Art der Kritik bringen will, wie das skizzierte Extrembeispiel, dann wird es ökonomisch immer schlauer sein, dass erstmal ZUSÄTZLICH zu machen, anstatt die vom existierenden Publikum erwartete Kritik dadurch zu ersetzen. Der Drang, dass diese andere Kritik exklusiv erscheinen soll, ist ja nur durch Legitimierungsgedanken angetrieben und das Magazin als Geschäft hat an dieser Legitimierung ja kein Interesse, sofern es sich dadurch keinen finanziellen Vorteil verspricht.

Andre
dein Argument war ja, dass man das macht was die Leser haben wollen, weil es sonst ja brotlose Kunst wäre. zufälligerweise kann man mal der selben Meinung wie die der Leser sein, aber das war ja nicht das Argument.
Entweder sagt man dass man selbst davon überzeugt ist von dieser Art von Test oder dass es halt das ist was kommerziell am meisten Sinn macht. beides passt nicht zusammen. Denn wenn beim Produkttest der Tester sowieso das schreibt was er denkt, braucht er nicht mehr darauf zu achten ob diese Meinung sich auch beim Leser wieder findet.
Benutzeravatar
Andre Peschke
Beiträge: 9734
Registriert: 9. Jan 2016, 16:16
Kontaktdaten:

Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von Andre Peschke »

Ingoknito hat geschrieben: 10. Aug 2022, 16:18 Entweder sagt man dass man selbst davon überzeugt ist von dieser Art von Test oder dass es halt das ist was kommerziell am meisten Sinn macht. beides passt nicht zusammen. Denn wenn beim Produkttest der Tester sowieso das schreibt was er denkt, braucht er nicht mehr darauf zu achten ob diese Meinung sich auch beim Leser wieder findet.
Ich habe ehrlich keine Ahnung, was hier deine These ist. Wie kommst du schon wieder zu "ob sich diese Meinung beim Leser wiederfindet"? Es ging nach wie vor nie darum, die Meinung dem Leser anzupassen, sondern es ging hier um den Scope einer Kritik und darum, ob es für ein Magazin kommerziell sinnvoll wäre, einen reduzierten Scope exklusiv anzubieten, oder eben zusätzlich zum klassischen Test mit breiterem Betrachtungswinkel.

Es ist ja nichtmal so, dass es nur eine Art von "überzeugt von dieser Art Test" gibt. Überzeugt wovon? Das es mir selbst am meisten Spaß macht? Das es maximalen Gewinn erwirtschaftet? Das es maximalen Nutzen für den Leser bringt? Das es genau die Information liefert, die der Leser wissen sollte?

Andre
Ingoknito
Beiträge: 747
Registriert: 19. Jul 2021, 21:55

Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von Ingoknito »

Andre Peschke hat geschrieben: 10. Aug 2022, 16:24
Ingoknito hat geschrieben: 10. Aug 2022, 16:18 Entweder sagt man dass man selbst davon überzeugt ist von dieser Art von Test oder dass es halt das ist was kommerziell am meisten Sinn macht. beides passt nicht zusammen. Denn wenn beim Produkttest der Tester sowieso das schreibt was er denkt, braucht er nicht mehr darauf zu achten ob diese Meinung sich auch beim Leser wieder findet.
Ich habe ehrlich keine Ahnung, was hier deine These ist. Wie kommst du schon wieder zu "ob sich diese Meinung beim Leser wiederfindet"? Es ging nach wie vor nie darum, die Meinung dem Leser anzupassen, sondern es ging hier um den Scope einer Kritik und darum, ob es für ein Magazin kommerziell sinnvoll wäre, einen reduzierten Scope exklusiv anzubieten, oder eben zusätzlich zum klassischen Test mit breiterem Betrachtungswinkel.

Es ist ja nichtmal so, dass es nur eine Art von "überzeugt von dieser Art Test" gibt. Überzeugt wovon? Das es mir selbst am meisten Spaß macht? Das es maximalen Gewinn erwirtschaftet? Das es maximalen Nutzen für den Leser bringt? Das es genau die Information liefert, die der Leser wissen sollte?

Andre
überzeugt davon dass es das beste Mittel ist für eine Bewertung eines Spiels ist (unabhängig vom Kommerziellen).
und entweder ist der Tester selbst von diesem Scope überzeugt und hält es für das beste Mittel einer Spielebewertung oder man macht es eben deshalb weil die Leser es haben wollen.
habe kein Problem damit wenn das kommerziell getrieben ist. Nur geht es auch anders und das ist dann nicht automatisch brotlose Kunst.
SunshineBob
Beiträge: 19
Registriert: 25. Mai 2020, 09:23

Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von SunshineBob »

Ich finde Doms Vision ziemlich interessant, aber eines habe ich dabi noch nicht verstanden:
Das Beispiel war ja eine Kritik zu Witcher, die sich nur mit dem Frauenbild beschäftigt als einzige Kritik eines Medienwerkes. Dafür aber kein "normaler" Test/ keine allgemeine Kritik.

Wer "schreibt" dann aber eine Kritik in Doms Sinne zB. über die Darstellung von PoC in Witcher? Oder das Wirtschaftsystem in the Witcher und ob es mehr Parallelen mit dem Feudalsystem oder dem Kapitalismus hat? Oder *beliebiges Thema hier einfügen* in the Witcher?
Das gleiche Medienwerk? Oder ist das so gedacht, dass diese Zeitschrift (zB) eben nur den Artikel zum Frauenbild schreibt, die ist dann durch mit the Witcher und dann würden die anderen Themen ggf. andere Zeitschriften/Podcast etc. machen (im Idealfall), je nach eigener Schwerpunktsetzung?
Wie sieht in dem System die Medienlandschaft aus?

Ich weiß, dass Dom hier im Forum anscheinend nur ungern schreibt, aber man kann es ja mal versuchen...
Benutzeravatar
Andre Peschke
Beiträge: 9734
Registriert: 9. Jan 2016, 16:16
Kontaktdaten:

Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von Andre Peschke »

Ingoknito hat geschrieben: 10. Aug 2022, 16:40 überzeugt davon dass es das beste Mittel ist für eine Bewertung eines Spiels ist (unabhängig vom Kommerziellen).
Aber was ist denn "das beste Mittel für die Bewertung eines Spiels"? Wie bestimmt man das? Wie kommt der Kritiker zu der Einschätzung, dies sei der perfekte Scope für seine Kritik, ohne dabei auch Leser mitzudenken? Soll er dabei allein auf sich selbst schauen und sobald er einen Leser mitdenkt, ist das deiner Ansicht nach nicht mehr authentisch? Keine Begriffserklärung mehr, er weiß was gemeint ist? Er soll seine Emotionen nicht mehr in den Text integrieren, denn er selbst kennt die doch schon, muss er nicht wissen? Oder ist es dann doch ok, den Leser mitzudenken, für den das eben interessant sein kann und der davon noch nix wissen kann?

Das liest sich bei dir so, als hättest du eine extrem konkrete Vorstellung davon, wie es "richtig" zu laufen habe. Da würde mich mal interessieren, wie das deiner Ansicht nach aussehen sollte.

Andre
Benutzeravatar
Andre Peschke
Beiträge: 9734
Registriert: 9. Jan 2016, 16:16
Kontaktdaten:

Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von Andre Peschke »

SunshineBob hat geschrieben: 10. Aug 2022, 16:55 Wer "schreibt" dann aber eine Kritik in Doms Sinne zB. über die Darstellung von PoC in Witcher? Oder das Wirtschaftsystem in the Witcher und ob es mehr Parallelen mit dem Feudalsystem oder dem Kapitalismus hat? Oder *beliebiges Thema hier einfügen* in the Witcher?
Das gleiche Medienwerk? Oder ist das so gedacht, dass diese Zeitschrift (zB) eben nur den Artikel zum Frauenbild schreibt, die ist dann durch mit the Witcher und dann würden die anderen Themen ggf. andere Zeitschriften/Podcast etc. machen (im Idealfall), je nach eigener Schwerpunktsetzung?
Kann ich glaube ich beantworten: Es ging da konkret um Reviews. Im Gedachten Beispiel, wäre das dann der einzige Test zu Witcher 4. So wie ja auch heute iaR nur genau ein Test erscheint (außer evtl Jahre später). Die anderen Themen, würden wie gehabt in anderen Rubriken abgehandelt. Die Idee ist ja, dass der Kritiker hier entschieden hat, dass dieses eine Merkmal das einzige ist, dem er in seiner Kritik Relvanz beimessen will. So wie der Kritiker immer seine Schwerpunkte auswählt.

In deinem Beispiel würde zumindest ein Dom sich als Kritiker also bereits gar nicht nur auf das Frauenbild konzentrieren, weil es noch diese anderen, gleichwertigen Themen gäbe. Die implizite Aussage seines fiktiven Tests ist ja: "Das ist das einzige von Interesse aus Sicht dieses Kritikers".

Ich denke es ist auch immer gut uns zu erinnern, dass es ein Extrembeispiel gewesen ist, mit dem Dom nur die gewünschten Freiheiten illustriert hat, die er sich im Umgang mit dem Review-Format wünscht. Es war umgekehrt nicht sein Plan, dass der Kritiker immer nur einen Punkt rausgreifen darf, an dem er sich dann abarbeiten muss. Er will nur den Scope seiner Besprechung völlig frei wählen. Und unsere Diskussion drehte sich dann darum, ab welchem Punkt das vielleicht nicht mehr "Kritik" genannt werden kann/sollte, weil es der Begriffsdefinition nicht mehr gerecht wird.

Andre
Ingoknito
Beiträge: 747
Registriert: 19. Jul 2021, 21:55

Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von Ingoknito »

Andre Peschke hat geschrieben: 10. Aug 2022, 17:03

..
Habe da überhaupt keine konkrete Vorstellung. Ganz im Gegenteil, ich bin sogar ich für eine Öffnung des Ganzen.
Man kann schließlich auch den Leser mit einbeziehen oder direkt ansprechen, ohne mit dem Argument dass es ja das ist was der Leser haben will.
Ich kann nicht in die Köpfe von anderen reinschauen, du wahrscheinlich auch nicht.
Ob sich etwas gut klickt hat außerdem viele Faktoren (eine Klickbait-Überschrift ist nicht automatisch das was man als Leser haben will, obwohl man draufgeklickt hat.)
ClaymoreX7
Beiträge: 12
Registriert: 31. Mai 2022, 23:10

Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von ClaymoreX7 »

Puh... also ich war tatsächlich ein wenig entsetzt nach dieser Folge und habe von Doms Vision bzw. "Symbol"-Setzung ein wenig Angst bekommen :D ich fasse mich kurz: wenn das The Pod-Projekt und die Gamestar mir wirklich nur noch ausschließlich i. S. v. Doms Vision Spieletests bzw. Kritiken anbieten würden, würde ich erst mal ziemlich heftige Pickel kriegen und meine Abonnements wären (leider) schneller gekündigt als man gucken kann. In der Konsequenz würde ich mich entsprechend direkt bei anderen Anbietern umschauen müssen.
ABER: Doms Vision von Spielebetrachtungen als Ergänzung zu "klassischen" Wertschätzungen/Kritiken finde ich per se wiederum sehr spannend, vor allem wenn mich das betreffende Spiel sehr interessiert. Das halte ich in der Tat auch für sehr sinnvoll und bin deswegen auch Backer dieses Projekts.
Wicky
Beiträge: 36
Registriert: 26. Jun 2022, 15:32

Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von Wicky »

Ich finde es echt krass, wie häufig offenbar verstanden wurde, dass NUR NOCH "irgendwelche Spartenblick-Kritiken" zur Veröffentlichung kommen sollen. Für mich eine klare Über-Reaktion.

Es gibt im Spielejournalismus immer noch eine künstliche Hierarchie zwischen Produkttest und Feuilleton-Kritik (meine Formulierung) wie sie für andere Medien völlig normal ist. Der daher formulierte Vorschlag: Um diese Hierarchie ein für alle mal aufzubrechen (und vielleicht auch um ein bisschen Genugtuung für erlebte Geringschätzung ;), wäre es cool MAL bei EINEM AAA-Titel auf den klassischen Test zu verzichten. Stattdessen die freie Perspektivwahl des Autoren. Erst wenn etabliert ist, dass beides gleichwertig ist, kann beides nebeneinander stehen.

Kennt ihr eigentlich die Filmanalyse von Wolfgang M. Schmitt? https://youtube.com/user/Filmanalyse
Diese hebt sich massiv von den üblichen Filmbesprechungen auf YouTube ab und macht GANZ andere, häufig literarisch-wissenschaftliche Perspektiven auf. Muss man nicht mögen, aber ist doch toll das es das gibt und beim Film viel etablierter ist, dass das eine richtige Kritik ist!
Tripster
Beiträge: 379
Registriert: 16. Jul 2020, 08:51

Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von Tripster »

Wicky hat geschrieben: 11. Aug 2022, 08:28 Es gibt im Spielejournalismus immer noch eine künstliche Hierarchie zwischen Produkttest und Feuilleton-Kritik (meine Formulierung) wie sie für andere Medien völlig normal ist. Der daher formulierte Vorschlag: Um diese Hierarchie ein für alle mal aufzubrechen (und vielleicht auch um ein bisschen Genugtuung für erlebte Geringschätzung ;), wäre es cool MAL bei EINEM AAA-Titel auf den klassischen Test zu verzichten. Stattdessen die freie Perspektivwahl des Autoren. Erst wenn etabliert ist, dass beides gleichwertig ist, kann beides nebeneinander stehen.
Die Aufregung kommt meines Erachtens daher, dass Produkttest und Feuilleton-Kritik zwei unterschiedliche Aufgaben haben. Eine Feuilleton-Kritik ist keine Kaufberatung und die wünscht man sich eben von einem Produkttest. Natürlich ist beides gleichrangig, hat aber unterschiedliche Aufgaben.

Beispiel bei The Pod:
Ich liebe Spaziergänge und höre die sogar lieber als Wertschätzungen. Trotzdem kann ich aus dem Cyberpunk Spaziergang für mich nicht rausziehen ob das Spiel mittlerweile spielenswert ist. Dafür brauch ich die Wertschätzung (oder ein anderes Medium).

Ich bin absolut dabei, dass man Tests anders aufziehen kann und dass der Feuilleton-Anteil deutlich nach oben gehen darf (auch bei The Pod), aber klassische Produkttests sind nunmal weiterhin (für mich) relevant.
GoodLord
Beiträge: 1614
Registriert: 11. Jan 2021, 17:10

Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von GoodLord »

Wicky hat geschrieben: 11. Aug 2022, 08:28 Ich finde es echt krass, wie häufig offenbar verstanden wurde, dass NUR NOCH "irgendwelche Spartenblick-Kritiken" zur Veröffentlichung kommen sollen.
Bis auf den letzten Post habe ich das in diesem Thread bewusst noch überhaupt nicht gelesen. Bist du dir sicher?
Benutzeravatar
Andre Peschke
Beiträge: 9734
Registriert: 9. Jan 2016, 16:16
Kontaktdaten:

Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von Andre Peschke »

Tripster hat geschrieben: 11. Aug 2022, 08:45 Eine Feuilleton-Kritik ist keine Kaufberatung
Hmmm, nicht? Welche Kritik taugt denn nicht auch als Kaufberatung? IMO ist sie nur mehr oder minder explizit und eben für eine breitere oder schmalere Gruppe relevant.

Ist das hier keine Kaufempfehlung für den besprochenen Gedichtband?: https://www.sueddeutsche.de/kultur/stei ... -1.5632242

Diese Literaturkritik, nimmt sogar recht deutlich ihre Empfehlung vorweg ("die literarische Extremerfahrung lohnt sich"): https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/ ... 51703.html

Oder diese Filmkritik in "Die Zeit" zu Bullet-Train, die eine Einschläferung des Publikums attestiert: https://www.zeit.de/kultur/film/2022-08 ... -film-kino

Die Filmkritiken bei epd Film vergeben sogar Sternchenwertungen.

Die Kritiken in den Feuilletons sind ja nicht alle nur selbstgenügsame Interpretationsübungen.

Andre
Benutzeravatar
Felidae
Beiträge: 2887
Registriert: 22. Mai 2016, 17:49
Wohnort: NRW

Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von Felidae »

GoodLord hat geschrieben: 11. Aug 2022, 09:04
Wicky hat geschrieben: 11. Aug 2022, 08:28 Ich finde es echt krass, wie häufig offenbar verstanden wurde, dass NUR NOCH "irgendwelche Spartenblick-Kritiken" zur Veröffentlichung kommen sollen.
Bis auf den letzten Post habe ich das in diesem Thread bewusst noch überhaupt nicht gelesen. Bist du dir sicher?
Der Eindruck entsteht vermutlich dadurch, dass die Vorstellung etwas absurd anmutet, die ganze Aufregung könnte tatsächlich wegen nur einer einzigen Kritik zu einem einzigen Spiel in einem einzigen Magazin entstanden sein.
Benutzeravatar
Smutje187
Beiträge: 2129
Registriert: 8. Mär 2021, 14:44
Wohnort: Edinburgh

Re: Runde #383: Über Kritik

Beitrag von Smutje187 »

Es wurde doch im Thread schon mehrfach erwähnt, dass man dann einfach zum nächsten Magazin weiterzieht um da dann den Test zu lesen, wenn die GameStar meint, dass man AAA-Titel XYZ mal ausschließlich anders betrachtet - aus der Frage nach der Machbarkeit wird dann von einer „revolutionären“ Idee die auf dem Papier vielleicht lustig klingt ganz schnell vermutlich eine wirtschaftliche.

Wolfgang M. Schmitt junior lebt ja auch nicht von der Filmanalyse, sondern (meines Wissens nach) von der Arbeit an der Hochschule.

Edit: Oder scheinbar inzwischen als freier Autor hauptberuflich :D
Antworten