Wird Rassismus verharmlost?

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Dephira
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Re: Wird Rassismus verharmlost?

Beitrag von Dephira »

Ich wollte hier nur mal einwerfen, dass ich es frappierend fand, bis in welches Detail Frontschweine Aspekte von Worms kopiert: z.B. die Art wie Schweine Sterben und noch Schaden anrichten können. Oder das Waffenmenü das wirklich exakt aus Worms kopiert wurde. Oder die Art wie sich Schweine/Würmer ducken um Beschuss zu umgehen. Mit der Truppenmitnahme hebt sich Frontschweine aber trotzdem von Worms ab - es ist quasi Worms x Fire Emblem lite.

Ansonsten fand ich das Spiel sehr nette, durchaus seichte Unterhaltung für zwischendurch, keinesfalls auf irgendeine Weise kontrovers.
ZiggyStardust
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Re: Wird Rassismus verharmlost?

Beitrag von ZiggyStardust »

Smutje187 hat geschrieben: 5. Okt 2022, 19:35
Rigolax hat geschrieben: 5. Okt 2022, 18:48 Ich empfinde den Zeitgeist als schon oppressiv für Kreativschaffende. Solch einer scrutiny unterlag man wohl noch nie (edit: okay, ich merke, das ist'n Overstatement aus historischer Perspektive). Ich sag ja aber nicht, dass das unbedingt schlecht sein muss; ich gucke etwa aktuell sehr gerne House of the Dragon, aber ich sehe schon, welche Gedankengänge dort in Darstellungen geflossen sind (Rassismus, Sexismus, (Anti-)Feminismus; alles ja kritisiert wurden bei GoT); vielleicht ist es deswegen sogar besser als Gesamtwerk, kann schon sein.
Nee, nicht „der Zeitgeist“ - die ehemals unbedeutenden oder schwachen Gruppen haben heute nur mehr Macht und können dem Unfug offen widersprechen. Frauen brauchen keinen Mann mehr um wirtschaftlich überleben zu können, immer mehr Menschen mit „ausländischen“ Wurzeln kommen in Führungspositionen etc. und Unternehmen versuchen ihre Produkte am Markt diesen Realitäten anzupassen, Angebot und Nachfrage und so.
Ist dem wirklich so? Schwarzen Menschen in den USA geht es wirtschaftlich schlechter als vor 20 Jahren. Schwarze Frauen, die abtreiben wollen, haben es so schwer wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Wer allerdings an einer Elite-Uni in den USA ein Studium beginnt und nicht von Rassismus und Misogynie getriggert werden möchte, hat gute Chancen darauf, dass sein Wunsch erfüllt wird. Bei den Konzernen hab ich das Gefühl, dass da sowas wie #Greenwashing betrieben wird. Einerseits auf allen (westlichen) Social-Media-Profilen die Regenbogenflagge anzeigen, aber trotzdem die Fußball-WM in Katar sponsern, passt einfach nicht zusammen.

Es gibt schon Filmschaffende, die den aktuellen Zeitgeist beklagen:
Herbig sagte bei »3 nach 9«, eine Komödie zu drehen sei heute viel schwieriger: »Weil man das Gefühl hat, dass man sehr schnell Leuten auf die Füße tritt«. Wenn einem jemand das Argument entgegenschleudere »Du hast meine Gefühle verletzt«, dann könne man nicht sagen »Das stimmt doch gar nicht«. Er glaube, dass es bald weniger Leute geben werde, die Komödien machten, weil viele denken »Das ist mir zu heiß«.

Herbig sagte auch, es werde sehr kompliziert, wenn eine Gruppe, die man im Film abbilde, in Lager geteilt sei. Dann gebe es Leute die sagen »Ich find das lustig, ich erkenn mich da wieder, ich fühl mich ertappt, ich kann darüber lachen« und andere, die sagen »Ich fühl mich diskriminiert oder ich fühl mich beleidigt, verletzt«. Herbig: »Dann bin ich raus, dann weiß ich nicht mehr, auf wen ich hören soll.«
https://www.spiegel.de/kultur/kino/mich ... bc0bfb71f0

In den USA bekommen das auch Comedians wie Dave Chapelle zu spüren. Ich persönlich konnte mit den deutschen Komödien vor 20 Jahren viel mehr anfangen als mit den aktuellen Komödien. Für Filme wie "Agnes und seine Brüder" würde man heute in den sozialen Medien gesteinigt werden, daher macht man lieber harmlose Komödien mit Elyas M’Barek, die keinem auf die Füße treten. Gilt übrigens auch für Bully Herbig. "Schtonk" ist eine viel provokantere Komödie als "Tausend Zeilen". An manche Themen traut man sich gar nicht mehr ran und bedient dann lieber typische (hetero) Frauen- und Männerklischees (Nightlife, Liebesdings, Klassentreffen 1.0).
Paul_Klee_1 hat geschrieben: 5. Okt 2022, 11:34 Das hast du prinzipiell Recht Dom, ein rassistisches Stereotyp bleibt ein rassistisches Stereotyp. Doch die Frage nach Zeitgeist und Dosierung bleibt ebenfalls bestehen.
Es kommt auch auf den Empfängerhorizont an. Meine türkischen Freunde halten Böhmermann für einen Rassisten aufgrund des Erdogan-Gedichts, während er unter Deutschen noch einen guten Leumund hat. Umgekehrt dürften die Briten viel weniger Probleme mit Monty Python haben als die Deutschen. Frontschweine zeichnet sich ja auch durch recht schwarzen britischen Humor aus.
Rigolax
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Re: Wird Rassismus verharmlost?

Beitrag von Rigolax »

ZiggyStardust hat geschrieben: 7. Okt 2022, 22:28 Es kommt auch auf den Empfängerhorizont an. Meine türkischen Freunde halten Böhmermann für einen Rassisten aufgrund des Erdogan-Gedichts, während er unter Deutschen noch einen guten Leumund hat. Umgekehrt dürften die Briten viel weniger Probleme mit Monty Python haben als die Deutschen. Frontschweine zeichnet sich ja auch durch recht schwarzen britischen Humor aus.
Streng genommen ist das Gedicht, wenn ich gängige Maßstabe in diesem Thread anlege, ja auch rassistisch, oder?

"Sein Gelöt stinkt schlimm nach Döner" -> Stereotyp?
"selbst ein Schweinefurz riecht schöner" und "die dumme Sau hat Schrumpelklöten" -> religiös konnotierte Beleidigung?

Wäre das dann durch den Kontext künstlerisch gerechtfertigter Rassismus? Warum wäre das ggf. hier okay? Hat Rassismus, haben rassistische Spitzen einen legitimen Platz in der Kunst?
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Felidae
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Re: Wird Rassismus verharmlost?

Beitrag von Felidae »

Rigolax hat geschrieben: 7. Okt 2022, 23:06
Streng genommen ist das Gedicht, wenn ich gängige Maßstabe in diesem Thread anlege, ja auch rassistisch, oder?

"Sein Gelöt stinkt schlimm nach Döner" -> Stereotyp?
"selbst ein Schweinefurz riecht schöner" und "die dumme Sau hat Schrumpelklöten" -> religiös konnotierte Beleidigung?

Wäre das dann durch den Kontext künstlerisch gerechtfertigter Rassismus? Warum wäre das ggf. hier okay? Hat Rassismus, haben rassistische Spitzen einen legitimen Platz in der Kunst?
Selbstverständlich haben sie das. Es kommt ja auf die Intention an. "Ein Herz und eine Seele"/Ekel Alfred feuert eine rassistische, chauvinistische, sexistische Zote nach der anderen raus. Aber ja nicht deshalb, weil die Autor:innen das denken - sondern weil der kleinbürgerliche Spießer vorgeführt wird. (Dass ein Teil der Zuschauer zu doof ist, das zu blicken, und Alfred als ihren Helden ansieht - nun ja.)

Grade im Rahmen der Satire sind rassistische (und auch andere -istische) Klischees natürlich erlaubt. So auch in Böhmermanns "Schmähkritik". Da er die ja nicht als Selbstzweck vorgetragen hat - sondern um auf satirische Art etwas ganz anderes zu verdeutlichen.

Edit: KEINE Legitimation als solche ist übrigens, "es bekommen ja alle ihr Fett weg". Da aufgrund der unterschiedlichen historischen Hintergründe ein Witz über früher unterdrückte Völker einen ganz anderen Kontext hat als ein Witz über früher unterdrückende Völker. Um beispielsweise als deutsche:r nichtjüdische:r Künstler:in in einem Text gleichzeitig Witze über Deutsche und Juden zu machen - dafür ist sehr viel Fingerspitzengefühl nötig.
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Re: Wird Rassismus verharmlost?

Beitrag von Rigolax »

Felidae hat geschrieben: 8. Okt 2022, 00:19
Aber die dann rassistischen Spitzen im Gedicht dienen ja nicht der Kritik an Rassismus an sich bzw. wird so etwas nicht deutlich.

Ist es dann davon unbefangen ein rassistisches Gedicht, weil es rassistische Elemente enthält, obwohl sie in ihrer Verwendung legitimiert seien?
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Felidae
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Re: Wird Rassismus verharmlost?

Beitrag von Felidae »

Rigolax hat geschrieben: 8. Okt 2022, 00:36
Felidae hat geschrieben: 8. Okt 2022, 00:19
Aber die dann rassistischen Spitzen im Gedicht dienen ja nicht der Kritik an Rassismus an sich bzw. wird so etwas nicht deutlich.

Ist dann davon unbefangen ein rassistisches Gedicht, weil es rassistische Elemente enthält, obwohl sie in ihrer Verwendung legitimiert seien?
Das Gedicht ist Rassismus pur, da beißt keine Maus keinen Faden ab. Entscheidend ist der Kontext, in dem Böhmermann es vorgetragen hat. Das Gedicht erhält seine Legitimation AUSSCHLIESSLICH dadurch, dass Böhmermann es genutzt hat, um Erdogan (und seinen Fans) drastisch aufzuzeigen, wo eine Grenze überschritten ist - und wo nicht (nämlich bei dem, was extra3 davor gesendet hatte).
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Smutje187
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Re: Wird Rassismus verharmlost?

Beitrag von Smutje187 »

ZiggyStardust hat geschrieben: 7. Okt 2022, 22:28
Smutje187 hat geschrieben: 5. Okt 2022, 19:35
Rigolax hat geschrieben: 5. Okt 2022, 18:48 Ich empfinde den Zeitgeist als schon oppressiv für Kreativschaffende. Solch einer scrutiny unterlag man wohl noch nie (edit: okay, ich merke, das ist'n Overstatement aus historischer Perspektive). Ich sag ja aber nicht, dass das unbedingt schlecht sein muss; ich gucke etwa aktuell sehr gerne House of the Dragon, aber ich sehe schon, welche Gedankengänge dort in Darstellungen geflossen sind (Rassismus, Sexismus, (Anti-)Feminismus; alles ja kritisiert wurden bei GoT); vielleicht ist es deswegen sogar besser als Gesamtwerk, kann schon sein.
Nee, nicht „der Zeitgeist“ - die ehemals unbedeutenden oder schwachen Gruppen haben heute nur mehr Macht und können dem Unfug offen widersprechen. Frauen brauchen keinen Mann mehr um wirtschaftlich überleben zu können, immer mehr Menschen mit „ausländischen“ Wurzeln kommen in Führungspositionen etc. und Unternehmen versuchen ihre Produkte am Markt diesen Realitäten anzupassen, Angebot und Nachfrage und so.
Ist dem wirklich so? Schwarzen Menschen in den USA geht es wirtschaftlich schlechter als vor 20 Jahren. Schwarze Frauen, die abtreiben wollen, haben es so schwer wie seit Jahrzehnten nicht mehr.
Frauen brauchten früher die Erlaubnis des Ehemanns, ein Konto zu eröffnen und durften alleine nicht von zuhause ausziehen („Kuppelei“), natürlich ist die Lage heute anders als noch vor 50 Jahren - seit 1971 (als meine Mutter bereits fast volljährig war) dürfen Frauen in der Schweiz erst wählen.

Genauso kommen die Schweinereien eines Harvey Weinstein heute nur deshalb ans Licht, weil Frauen es sich leisten können, in der Öffentlichkeit sexistische Arschlöcher auch als solche zu bezeichnen, eine starke vom Mainstream abweichende Meinung egal wie selbstverständlich sie ist muss man sich auch erstmal (wirtschaftlich) leisten können, sonst ist man der Rufer in der Wüste.

Wir haben in der öffentlichen Debatte schließlich nicht nur explizit männliche „White Knights“ die sich als Proxies echauffieren, auch wenn das von manchen Seiten gerne so dargestellt wird.
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Tungdil1981
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Re: Wird Rassismus verharmlost?

Beitrag von Tungdil1981 »

Also ich für meine Teil muss feststellen, ja Rassismus wird verharmlost. Genauso wie Diskrimierungen,Chancengleichheit, politische Korrektheit usw.. Heute wird wegen jedem Mist ein Fass aufgemacht. Das Problem daran ist mMn, dass bei wirklichen Rassismus nicht so genau hingeschaut wird und gehandelt wird. Die Begriffe werden zu oft in falschen Zusammenhang benutzt. Und bei vielen Dingen ist die eigene Bubble das Problem. Hier wurde zB Böhmermann erwähnt und das türkische Bekannte den als Rassist betiteln wegen seinem Erdogan Gedicht. Meine türkischen Bekannten hassen Erdogan und empfinden ihn nicht deswegen als Rassist, sondern wegen anderer Aussagen. Er ist einfach ein Unruhestifter der seine Ausssgen unter dem Deckmantel der Satire versteckt.
Ich denke es würde allen gut tun, mal etwas lockerer an die meisten Themen ranzugehen. Oft wird Kritik auch von Leuten geäußert, die selbst überhaupt nicht betroffen sind. Die aber für sich dann die Deutungshoheit festlegen.
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Felidae
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Re: Wird Rassismus verharmlost?

Beitrag von Felidae »

Tungdil1981 hat geschrieben: 8. Okt 2022, 09:56 Also ich für meine Teil muss feststellen, ja Rassismus wird verharmlost. Genauso wie Diskrimierungen,Chancengleichheit, politische Korrektheit usw.. Heute wird wegen jedem Mist ein Fass aufgemacht. Das Problem daran ist mMn, dass bei wirklichen Rassismus nicht so genau hingeschaut wird und gehandelt wird. Die Begriffe werden zu oft in falschen Zusammenhang benutzt. Und bei vielen Dingen ist die eigene Bubble das Problem. Hier wurde zB Böhmermann erwähnt und das türkische Bekannte den als Rassist betiteln wegen seinem Erdogan Gedicht. Meine türkischen Bekannten hassen Erdogan und empfinden ihn nicht deswegen als Rassist, sondern wegen anderer Aussagen. Er ist einfach ein Unruhestifter der seine Ausssgen unter dem Deckmantel der Satire versteckt.
Ich denke es würde allen gut tun, mal etwas lockerer an die meisten Themen ranzugehen. Oft wird Kritik auch von Leuten geäußert, die selbst überhaupt nicht betroffen sind. Die aber für sich dann die Deutungshoheit festlegen.
Bist DU denn von Rassismus betroffen, um sachkundig darüber urteilen zu können, was "wirklicher Rassismus" ist und was nicht?
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Heretic
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Re: Wird Rassismus verharmlost?

Beitrag von Heretic »

Tungdil1981 hat geschrieben: 8. Okt 2022, 09:56 Hier wurde zB Böhmermann erwähnt und das türkische Bekannte den als Rassist betiteln wegen seinem Erdogan Gedicht. Meine türkischen Bekannten hassen Erdogan und empfinden ihn nicht deswegen als Rassist, sondern wegen anderer Aussagen. Er ist einfach ein Unruhestifter der seine Ausssgen unter dem Deckmantel der Satire versteckt.
Ist es nicht Sinn und Zweck von Satire, Unruhe zu stiften? Ich glaube kaum, dass Böhmermann wegen höheren Einschaltquoten provoziert. :D
MaxDetroit
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Re: Wird Rassismus verharmlost?

Beitrag von MaxDetroit »

Ich empfand Frontschweine zum Release schon als ein sehr hässliches und geschmackloses Spiel, mit ebenso niveaulosen Humor. An der Meinung hat sich bei mir bis heute nichts geändert. Dann lieber eine Runde klassisches 2D Worms.
Zuletzt geändert von MaxDetroit am 8. Okt 2022, 11:01, insgesamt 1-mal geändert.
Voigt
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Re: Wird Rassismus verharmlost?

Beitrag von Voigt »

Was ich aus dem einen verlinkten Video mitbekam, klang das nicht schlimmer als klassisches 2D Worms (Worms World Party) wo es auch verschiedene Nationalitäten gab.
Bloß das wie bereits angesprochene Ding mit der Farbe der Schweine, stößt etwas sauer auf.
Rigolax
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Re: Wird Rassismus verharmlost?

Beitrag von Rigolax »

Voigt hat geschrieben: 8. Okt 2022, 11:00 Bloß das wie bereits angesprochene Ding mit der Farbe der Schweine, stößt etwas sauer auf.
Ich hoffe, das Wortspiel war beabsichtigt.

Damit ich vielleicht noch ein paar Worte zum Spiel verliere: Ich habe das so mit 13 Jahren viel gespielt. Auf dem PC, bei mir haben sich die Gegner auch nicht bewegt. Ich mochte es, genau wie ich Worms mochte. Mehr fällt mir kaum noch ein, tbh. -- Stereotype hat es in jedem Fall, sooo richtig abwertend/devalvierend finde ich die Darstellung aber nicht (eher bei den "asiatischen" NPCs, müsste ich mal näher sehen), daher würde ich "rassistisch" vielleicht auch nur unter Vorbehalt sagen. "Rassistisches Spiel" oder "das Spiel ist rassistisch" würde ich sicherlich nicht sagen, nur dass es rassistische Stereotype enthält; The Birth of a Nation ist etwa ein rassistischer Film; Breakfast at Tiffany's ist kein rassistischer Film, aber ein Film mit einer rassistischen Darstellung (diese, meine, Unterscheidung habe ich ja schon angesprochen).
Otis
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Re: Wird Rassismus verharmlost?

Beitrag von Otis »

Alexandre hat geschrieben: 5. Okt 2022, 02:21Ist dem so? Ist die Darstellung von und das herumreiten auf Stereotypen tatsächlich Rassismus?
Ja.
Spielt es dabei eine Rolle dass es lustig ist? (in der Wahrnehmung des betroffenen Castenden)
Nein.
Spielt es eine Rolle, dass es ein Spiel, also ein Unterhaltungsprodukt, ist; nicht etwa ein Sachwerk, Lehrmaterial, u.ä.?
Nein.
Spielt es eine Rolle, dass es in alle Richtungen gleichermaßen austeilt, also beispielsweise nicht den "Rassen" ein jeweils anderer Wert zugewiesen wird?
Nein.
[Spielt es eine Rolle, dass es fiktive Schweine-Chimären sind in einer fiktiven Welt?
Nein.
Sollte nicht zwischen einem gut gemachten Witz und Rassismus differenziert werden? Oder verstehe ich nur das Wort rassistisch nicht richtig und es hat mit Rassismus hier gar nichts zu tun?
Rassismus heißt, jemandem nur aufgrund der Rassenzugehörigkeit Eigenschaften zuzuschreiben, obwohl es nicht zwingend zutreffend ist. (Oder allgmeiner des Kulturkreises, dessen Annahme aber auch schon rassistisch sein kann.) Dabei ist es unerheblich, ob man das im Einzelfall lustig findet oder es sich um fiktive Begebenheiten handelt. Und warum sollte man zwischen einem gut gemachten Witz, was ohnehin Ansichtssache ist, und Rassismus differenzieren, als würde das eine das andere ausschließen?
Felidae hat geschrieben: 8. Okt 2022, 00:39Das Gedicht ist Rassismus pur, da beißt keine Maus keinen Faden ab. Entscheidend ist der Kontext, in dem Böhmermann es vorgetragen hat. Das Gedicht erhält seine Legitimation AUSSCHLIESSLICH dadurch, dass Böhmermann es genutzt hat, um Erdogan (und seinen Fans) drastisch aufzuzeigen, wo eine Grenze überschritten ist - und wo nicht (nämlich bei dem, was extra3 davor gesendet hatte).
Naja, das war zwar der Anlass, aber an sich hatte diese angebliche Legitimation in etwa die Seriosität von: "Aufgrund meiner ärtzlichen Schweigepflicht darf ich Ihnen nicht verraten, dass Herr Wutzeplüh an dem Platzende-Hämorrhoiden-Syndrom erkrankt ist." Rechtliche Details hin oder her, die Annahme, es wäre legitim, weil man es in einen theoretischen Rahmen gesteckt hat, ist naiv. Mal davon abgesehen, dass Erdogan keine Rasse ist, war das natürlich ein offensichtlicher Versuch, Erdogan zu beleidigen. Da kann er noch so oft "sowas darf man nicht machen" plärren. Zur Illustration der Sache, um die es ging, hätte es auch völlig ausgereicht zu sagen: "Wenn wir jetzt ein Schmähgedicht über Erdogan aufsagen würden, in dem dies und das, dann ..." Außer man will das ganze noch eine Ebene höher/tiefer legen und als Kommentar auf die rechtliche Lage von Satire und Redefreiheit allgemein verstehen, aber auf so eine Absicht ließ nicht viel schließen.
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Felidae
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Re: Wird Rassismus verharmlost?

Beitrag von Felidae »

Otis hat geschrieben: 8. Okt 2022, 12:48 Naja, das war zwar der Anlass, aber an sich hatte diese angebliche Legitimation in etwa die Seriosität von: "Aufgrund meiner ärtzlichen Schweigepflicht darf ich Ihnen nicht verraten, dass Herr Wutzeplüh an dem Platzende-Hämorrhoiden-Syndrom erkrankt ist." Rechtliche Details hin oder her, die Annahme, es wäre legitim, weil man es in einen theoretischen Rahmen gesteckt hat, ist naiv. Mal davon abgesehen, dass Erdogan keine Rasse ist, war das natürlich ein offensichtlicher Versuch, Erdogan zu beleidigen. Da kann er noch so oft "sowas darf man nicht machen" plärren. Zur Illustration der Sache, um die es ging, hätte es auch völlig ausgereicht zu sagen: "Wenn wir jetzt ein Schmähgedicht über Erdogan aufsagen würden, in dem dies und das, dann ..." Außer man will das ganze noch eine Ebene höher/tiefer legen und als Kommentar auf die rechtliche Lage von Satire und Redefreiheit allgemein verstehen, aber auf so eine Absicht ließ nicht viel schließen.
Angesichts dessen, was diese vier Minuten TV ausgelöst haben, bin ich mir absolut nicht sicher, was Böhmermann tatsächlich alles erreichen wollte - dass seine Sendung dazu führen würde, einen Straftatsbestand aus der Gesetzgebung zu löschen, hat vermutlich sogar er nicht im Voraus gehofft. Ich bin mir allerdings ziemlich sicher, dass diese vier Minuten extrem gründlich vorbereitet worden sind, was mögliche juristische Konsequenzen angeht - sowohl strafrechtlich als auch medienrechtlich. Er hat sich dennoch dafür entschieden, trotz des Wissens um § 103. Insofern unterstelle ich tatsächlich ein größeres Ziel als nur "den beleidige ich jetzt einfach mal richtig".

Was auf jeden Fall unbestreitbar sein dürfte: Ohne das entsprechende verlesene Gedicht hätte das ganze für keinerlei öffentliche Aufmerksamkeit in dem Ausmaß gesorgt. Und DIE wollte Böhmermann mit Sicherheit - nicht um seiner selbst Willen, sondern um eben die Debatte, die ja auch tatsächlich erfolgt ist, anzustoßen. Was schlussendlich ja sogar zur Streichung des § 103 geführt hat.

Deshalb würde ich immer noch eine künstlerische Legitimation erkennen.

Damit sage ich übrigens nicht, dass dies die einzige Möglichkeit war, das zu machen. Nur, dass es eine Möglichkeit ist.
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Heretic
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Re: Wird Rassismus verharmlost?

Beitrag von Heretic »

Otis hat geschrieben: 8. Okt 2022, 12:48 Naja, das war zwar der Anlass, aber an sich hatte diese angebliche Legitimation in etwa die Seriosität von: "Aufgrund meiner ärtzlichen Schweigepflicht darf ich Ihnen nicht verraten, dass Herr Wutzeplüh an dem Platzende-Hämorrhoiden-Syndrom erkrankt ist." Rechtliche Details hin oder her, die Annahme, es wäre legitim, weil man es in einen theoretischen Rahmen gesteckt hat, ist naiv. Mal davon abgesehen, dass Erdogan keine Rasse ist, war das natürlich ein offensichtlicher Versuch, Erdogan zu beleidigen. Da kann er noch so oft "sowas darf man nicht machen" plärren. Zur Illustration der Sache, um die es ging, hätte es auch völlig ausgereicht zu sagen: "Wenn wir jetzt ein Schmähgedicht über Erdogan aufsagen würden, in dem dies und das, dann ..." Außer man will das ganze noch eine Ebene höher/tiefer legen und als Kommentar auf die rechtliche Lage von Satire und Redefreiheit allgemein verstehen, aber auf so eine Absicht ließ nicht viel schließen.
Das Schmähgedicht war gewollt so derbe und primitiv gestaltet, da sollte die Intention klar sein. Was Erdogans Reaktion betrifft, fällt mir nur eins ein: Getroffene Hunde bellen.
Rigolax
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Re: Wird Rassismus verharmlost?

Beitrag von Rigolax »

Otis hat geschrieben: 8. Okt 2022, 12:48 Rassismus heißt, jemandem nur aufgrund der Rassenzugehörigkeit Eigenschaften zuzuschreiben, obwohl es nicht zwingend zutreffend ist.
Deine Erklärung ist doch rassistisch, weil sie unterstellt, dass man Menschen legitim in "Rassen" unterteilen kann. Das wird im Deutschen an sich als rassistisch aufgefasst (anders als im Englischen).
Mal davon abgesehen, dass Erdogan keine Rasse ist, war das natürlich ein offensichtlicher Versuch, Erdogan zu beleidigen.
Wenn eine Einzelperson keine ganze "Rasse" repräsentieren kann, vor allem kein Staatsoberhaupt, das qua Definition eine repräsentative Funktion ausübt, warum ist dann ein Film wie Breakfast at Tiffany's rassistisch, der sich (AFAIK) ja auch "nur" über eine Einzelperson/-Figur lustig macht?
Alexandre hat geschrieben: 5. Okt 2022, 02:21Ist dem so? Ist die Darstellung von und das herumreiten auf Stereotypen tatsächlich Rassismus?
Ja.
Hängt doch davon ab, ob man bei der Klassifikation von "Rassismus" eine gewisse Erheblichkeit voraussetzt.

Nehmen wir mal an, ein Professor verteilt Termine für Gespräche mit seinen Studierenden. Er kennt nur deren Namen. Seiner Erfahrung nach kommen Austauschstudenten aus Land X häufiger zu später als solche aus Land Y; er vermutet, das ist kulturbedingt. Daher plant er bei allen mit Namen, die er einer Herkunft aus Land X zuschreibt, inoffiziell mehr Anlauf-Zeit ein als bei Land Y, weil er ja im Schnitt vermutet, dass erstere etwas später auflaufen. Empirisch handelt er damit sogar sinnvoll, wie sich herausstellt. Handelt er rassistisch, ist er Rassist? Entsteht Leid?
Spielt es dabei eine Rolle dass es lustig ist? (in der Wahrnehmung des betroffenen Castenden)
Nein.
Ich denke, todernst gemeinter Rassismus könnte schlimmer sie als humoriger: aber humoriger Rassismus könnte andererseits sogar schlimmer sein als todernst gemeinter Rassismus. Ich glaube, das kann man a priori gar nicht so sicher sagen.
Spielt es eine Rolle, dass es ein Spiel, also ein Unterhaltungsprodukt, ist; nicht etwa ein Sachwerk, Lehrmaterial, u.ä.?
Nein.
Zumindest wie sehr man die Macher verurteilen will dafür, denke ich. Wenn ein 10-Jähriger etwas rassistisches sagt, dann sieht man wohl eher darüber weg. Okay, Spieleentwickler sind keine Kinder, aber sie sind auch keine Sach-/Lehrbuchautoren.
Spielt es eine Rolle, dass es in alle Richtungen gleichermaßen austeilt, also beispielsweise nicht den "Rassen" ein jeweils anderer Wert zugewiesen wird?
Nein.
Warum denn nicht, geteiltes Leid? Wird damit die Härte nicht reduziert?
Spielt es eine Rolle, dass es fiktive Schweine-Chimären sind in einer fiktiven Welt?
Nein.
Wieso nicht, es ist doch damit weniger realitätsnah und unterscheidet sich in der Wirkungsweise? Dass es eine Rolle spielen kann, würde der dt. Jugendmedienschutz grundsätzlich annehmen, denke ich.

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Ich glaube, das ist kein produktiver Antwort/Zitierstil.
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Felidae
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Re: Wird Rassismus verharmlost?

Beitrag von Felidae »

Rigolax hat geschrieben: 8. Okt 2022, 13:38
Spielt es eine Rolle, dass es in alle Richtungen gleichermaßen austeilt, also beispielsweise nicht den "Rassen" ein jeweils anderer Wert zugewiesen wird?
Nein.
Warum denn nicht, geteiltes Leid? Wird damit die Härte nicht reduziert?
Nur kurz dazu: Wie weiter vorn schon geschrieben, blendet diese Betrachtungsweise jeglichen historischen Kontext aus. Vorher habe ichs mit "Deutsche und Juden" erklärt - es lässt sich aber problemlos auch zB auf die USA übertragen. Wenn dort ein hellhäutiger Komiker eine Nummer macht, in der sowohl hellhäutige als auch dunkelhäutige Menschen rassistisch aufs Korn genommen werden, ist das beileibe nicht dasselbe. Und schon gar nicht "geteiltes Leid".
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Re: Wird Rassismus verharmlost?

Beitrag von Rigolax »

Felidae hat geschrieben: 8. Okt 2022, 14:27 Nur kurz dazu: Wie weiter vorn schon geschrieben, blendet diese Betrachtungsweise jeglichen historischen Kontext aus. Vorher habe ichs mit "Deutsche und Juden" erklärt - es lässt sich aber problemlosauch zB auf die USA übertragen. Wenn dort ein hellhäutiger Komiker eine Nummer macht, in der sowohl hellhäutige als auch dunkelhäutige Menschen rassistisch aufs Korn genommen werden, ist das beileibe nicht dasselbe. Und schon gar nicht "geteiltes Leid".
Stellen wir uns vor, es gäbe aber nur UK und US im Spiel mit diesen Stereotypen. Das sind zwei historisch verfeindete Staaten im Grunde, die USA wurden einst unterdrückt von UK, jetzt haben sie aber ihre "special relationship" und im Sinne von Power Dynamics gibt es kein wirkliches Gefälle imho (obwohl an sich die USA natürlich weit mehr Einfluss haben machtpolitisch), es wäre kein punching down.

Ich denke aber davon unabhängig schon, wenn man gegen alle austeilt, und das glaubwürdig geschieht, dann ist es relativ weniger "hart". Aber ich will damit nicht sagen, dass es damit harmlos und nicht-rassistisch wird, dass man so Rassismus quasi neutralisieren könnte.
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Felidae
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Re: Wird Rassismus verharmlost?

Beitrag von Felidae »

Rigolax hat geschrieben: 8. Okt 2022, 14:37 Ich denke aber davon unabhängig schon, wenn man gegen alle austeilt, und das glaubwürdig geschieht, dann ist es relativ weniger "hart". Aber ich will damit nicht sagen, dass es damit harmlos und nicht-rassistisch wird, dass man so Rassismus quasi neutralisieren könnte.
Du übersiehst dabei nur eins. Wenn Du gegen ALLE austeilst, triffst Du zum einen Bevölkerungsgruppen, die tagtäglich rassistischer Behandlung ausgesetzt sind. Und zum anderen Bevölkerungsgruppen, die sowas noch nie erlebt haben. Und das soll dann für jene, die jetzt auch noch in dem Spiel wieder rassistisch behandelt werden, "weniger hart" sein? Die Denkweise klingt extrem nach "white privileges", sorry.
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