Runde #066: Wenn der PR-Manager die Preview schreibt

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Maestro84
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Runde #066: Wenn der PR-Manager die Preview schreibt

Beitrag von Maestro84 »

Ist Jochen nicht "nur" als Feier Journalist unterwegs? Dann ist der Wechsel in die PR ja auch irgendwann vielleicht mal notwendig und dann ging es ihm genauso.
Jochen

Re: Folge 66: Wenn der PR-Manager die Preview schreibt

Beitrag von Jochen »

Man soll ja niemals nie sagen ... aber einen Wechsel in die PR kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Weniger aus moralischen Überlegungen (es gibt ja - auch im Spielebereich - Unternehmen, die gute und professionelle PR-Arbeit leisten), sondern weil mich die Arbeit auf einer ganz persönlichen Ebene nicht sonderlich reizt und wahrscheinlich in einem ungünstigen Verhältnis zu meinen Stärken und Schwächen stünde. Ganz abgesehen davon, dass ich ohnehin nicht glücklich in einem Unternehmen werden würde, das ehemalige Journlisten deshalb nicht einstellt, weil sie ihren Job zu gut gemacht haben ;)
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Dr. Zoidberg [np]
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Re: Folge 66: Wenn der PR-Manager die Preview schreibt

Beitrag von Dr. Zoidberg [np] »

Ich fand die Folge unglaublich gut. Das fand ich eine große, journalistische Leistung. Top!
Wenn es sowas dank der Weltherrschaftspläne™ häufiger gibt, dann wäre ich zumindest ziemlich glücklich
"I'm still tired from all the crossfit this morning" - "It's pronounced croissant and you ate 4 of them"
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Andre Peschke
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Re: Folge 66: Wenn der PR-Manager die Preview schreibt

Beitrag von Andre Peschke »

Axel hat geschrieben: Aber was ist mit Dir, Andre? Mal angenommen der Gamespodcast wird als Vollzeitarbeit dann vielleicht doch nicht funktionieren: Wenn ihr in Zukunft noch mehr solche sehr offenen und ja, auch entlarvenden, Gespräche publiziert, dann wirst Du es wohl auch schwer haben nochmal in die Branche reinzukommen, oder?
Ich habe es schonmal gesagt: Wenn man so denkt, macht man seine Arbeit als Journalist bereits nicht mehr ordentlich. Und wenn ein Journalist, der ehrliche, entlarvende Gespräche produziert deswegen von der Branche job-übergreifend ausgestoßen wird - wer will dann schon in ihr arbeiten?

Andre
Robert
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Re: Folge 66: Wenn der PR-Manager die Preview schreibt

Beitrag von Robert »

Danke Paul.
JimRaynor
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Re: Folge 66: Wenn der PR-Manager die Preview schreibt

Beitrag von JimRaynor »

Schon lustig, im Nicht-Spieöejournalismus wird man für Leaks und bahnbrechende Berichterstattung gefeiert, mit der Top Secret-Sachen enthült werden. Beim Spielejournalismus macht man sich sorgen, ob man dann als Journalist nochmal in der Branche einen Job findet, wenn man das macht, wofür Journalisten in anderen Bereichen ausgezeichnet werden.
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Ager
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Re: Folge 66: Wenn der PR-Manager die Preview schreibt

Beitrag von Ager »

Robert hat geschrieben:Danke Paul.
Gerne. Schön dass es gut ankommt und zeigt die Relevanz des Themas, zu dem sicher noch nicht alles gesagt ist.
JimRaynor hat geschrieben:Schon lustig, im Nicht-Spieöejournalismus wird man für Leaks und bahnbrechende Berichterstattung gefeiert, mit der Top Secret-Sachen enthült werden. Beim Spielejournalismus macht man sich sorgen, ob man dann als Journalist nochmal in der Branche einen Job findet, wenn man das macht, wofür Journalisten in anderen Bereichen ausgezeichnet werden.
Es geht ja auch darum, dass man nicht erst die PR extrem kritisieren kann und dann irgendwann in die PR wechselt. Darum machen das aus meiner Sicht viele Journalisten im Spielbereich auch nicht mit zu scharfen Vorwürfen: Sie wollen sich die Option offenhalten. Es gibt gerade im Spielebereich nicht wenige Journalisten, die irgendwann "die Seite wechseln". Auch zu kritische Wertungen sind hier ein Problem und können ein Hinderungsgrund sein, wenn man sich später auf einen PR-Posten bewirbt. Das ist auf der einen Seite natürlich merkwürdig (schließlich hat dann als Journalist nur seinen Job richtig gemacht), auf der anderen Seite zeigt es aber auch die angesprochene enge Verflechtung der Industrie

Andre und Jochen kritisieren aber zudem ja auch den Journalismus oft sehr stark und das würde auch in anderen Branchen nicht ankommen. Journalismuskritik untereinander ist auch bei großen Nicht-Spielmedien eher eine Seltenheit.
JimRaynor
Beiträge: 31
Registriert: 7. Jun 2016, 03:17

Re: Folge 66: Wenn der PR-Manager die Preview schreibt

Beitrag von JimRaynor »

Ager hat geschrieben: Es geht ja auch darum, dass man nicht erst die PR extrem kritisieren kann und dann irgendwann in die PR wechselt. Darum machen das aus meiner Sicht viele Journalisten im Spielbereich auch nicht mit zu scharfen Vorwürfen: Sie wollen sich die Option offenhalten. Es gibt gerade im Spielebereich nicht wenige Journalisten, die irgendwann "die Seite wechseln". Auch zu kritische Wertungen sind hier ein Problem und können ein Hinderungsgrund sein, wenn man sich später auf einen PR-Posten bewirbt. Das ist auf der einen Seite natürlich merkwürdig (schließlich hat dann als Journalist nur seinen Job richtig gemacht), auf der anderen Seite zeigt es aber auch die angesprochene enge Verflechtung der Industrie

Andre und Jochen kritisieren aber zudem ja auch den Journalismus oft sehr stark und das würde auch in anderen Branchen nicht ankommen. Journalismuskritik untereinander ist auch bei großen Nicht-Spielmedien eher eine Seltenheit.
Klar, ich wollte auch darauf hinaus, dass im Spielejournalismus teilweise offenbar andere Regeln gelten als im Politik-Journalismus z.B. Bei Test-Magazinen gibt es die gleiche Problematik, dass z.B. zu kristische Tester nicht mehr eingeladen werden oder ähnliches, im Nachrichtenjournalismus hab ich bisher weniger den Eindruck, dass dort aus Angst mit Kritik zurückgehalten wird. Im Zweifel ist es halt maximal etwas parteipolitisch gefärbt, aber die politische Verortung der Zeitungen und Magazine ist jetzt auch kein Staatsgeheimnis.

Oder ich hänge einer zu romantisierten Vorstellung des Journalismus nach :).
Maestro84
Beiträge: 735
Registriert: 10. Feb 2016, 17:42

Re: Folge 66: Wenn der PR-Manager die Preview schreibt

Beitrag von Maestro84 »

Ich denke nicht, dass deine Vorstellung zu romantisch daherkommt, aber durchaus idealistisch. Man sieht seit Jahren im Politikjournalismus, wie die großen Medienhäuser den aktuellen Regierungen - seit 2005 ff eben die von Frau Merkel - nach dem Munde schreibt, was mittlerweile auch die, eigentlich vom Gebührenzahler deswegen finanzierten, öffentlich-rechtlichen Medien gilt. Hier gibt es eine Verzahnung, die mir als Bürger Gedanken macht - und da muss ich kein Wutbürger von der Fraktion der "Lügenpresse"-Schreier sein.

Computer- und Videospiele gehören aber sowieso in die Kategorie der Produkttester und dort hat man gerade beim ADAC-Skandal, der für mich kein wirklich solcher, weil das Problem bekannt war, war, gesehen, wie doch die
Produkttester mit den Herstellern verzahnt sind. Nun bin ich allgemein kein Fan von den Nutzern, die vermuten, dass jede Wertung über 80% von einem Blizzardspiel dem Tester einen Ferrari verschafft,aber man vermisst dennoch oftmals bei größeren Titeln etwas mehr Kritik an Problemen, die offensichtlich vorhanden sind. Da ist auch wenig hilfreich, wenn eine Seite jede Aussage von Putzfrau Olga zu einer künstlichen News hochstilisiert. Nur wie kann man das Problem beheben?

Gehen wir mal zurück bis so vor zehn Jahren: Damals konnten die Hersteller ihr Produkt im Grunde nur über die Testmagazine bewerben. Wer also ein Spiel in Deutschland bekannt machen wollte, musste im Bereich PC zu Gamestar, PC Games und anderen, kleineren Redaktionen gehen und dort die Regeln akzeptieren, die da, zumindest bei Gamestar eine zeitlang, waren: "Wir testen nicht unter Beobachtung und mit willigen Nutten nebst Alkohol beim Entwickler im Hauptquartier." Gut, lange leistete man sich diesen Luxus auch nicht, aber man sieht, aus welcher Machtposition die Redaktionen noch agieren können. Und heute? Dank Fratzenbuch, Zwitscher & Co. haben die Hersteller direkt den Kontakt zum Kunden, dazu kommen gerade über Youtube Laien, die gerne "Spieletests" in die Welt raushauen. Ob nun diese Laien unabhängig sind oder nicht, interessiert die eher unkritischen Teenager, die nach wie vor die Hauptzielgruppe für Spiele sind - komischerweise galt das schon vor 20 Jahren, anscheinend altern Spieler nicht, außer mir -, wenig. Wenn Le Flummi & Co. sagen, dass das neueste Call of Moorhuhn gut ist, dann reicht es dieser Zielgruppe. Jetzt bekommen die "richtigen" Spieletester ab ein Problem: Diese Teenager geben für Tests keinen Cent aus, denn sie sind damit aufgewachsen, solche Inhalte kostenfrei zu bekommen. Geld geben höchstens die Alten aus, also die, die der Lauf der Zeit nicht verschont hat und die wissen, dass Arbeit nun einmal Geld kostet. Jetzt kann man sich aber fragen, wieso die Zeitschriften dann immer noch so beim Hype mitmachen, obwohl die Zielgruppe dafür kaum Kunde bei einem ist oder jemals sein will?

Um den Bogen mal halbwegs zurückzuschlagen: Aufgrund der modernen Kommunikationsmittel sitzt die PR am längeren Hebel. Dort sind Profis am Werk, die genau wissen, wie sie die Knöpfe der eher jungen Spielerschaft drücken muss. Aber anstatt, dass sich die vorhandene Spielepresse kritisch damit auseinandersetzt und riskiert, dass ein paar tausend, sowieso kein Geld bringende, Nutzer weniger auf der Seite herumkriechen, lässt man wichtige, journalistische Punkte fallen und agiert als verlängertes Sprachrohr der Hersteller-PR. Damit aber vergrätzt man nach und nach die Nutzer, die zu alt für billige Hype-PR sind und zwar gerne Geld für Tests ausgeben, aber nicht für schlecht gemachte.

TLDR: PR gewinnt.
JimRaynor
Beiträge: 31
Registriert: 7. Jun 2016, 03:17

Re: Folge 66: Wenn der PR-Manager die Preview schreibt

Beitrag von JimRaynor »

Ich stimme dir absolut zu bzgl. des PR. Es scheint man muss tatsächlich zwischen "Testjournalismus" und "Nichttestjournalismus" unterscheiden. Insbesondere durch die mediale Entwicklung der letzten Jahre hat die Macht und Unabhängigkeit von Testmagazinen extrem abgenommen, da Hersteller nicht mehr auf sie angewiesen sind und eher Regeln diktieren können als früher. Früher war ein Publisher auf den GS-Test angewiesen, heute kann er mehr Publicity erreichen, wenn 3 große Lets Player das Spiel spielen während das Heft immer noch auf Tests angewiesen ist.


Was Merkel und die allgemeine Medienschelte angeht würde ich dir aber widersprechen. Ich bin inzwischen völlig davon überzeugt, dass der Vorwurf an die Medien, dass sie seit Merkel nur noch ihr nach dem Mund schreiben, eine der größten kollektiven medialen Fehlwahrnehmungen der jüngeren Vergangenheit ist. Der Vorwurf wird mehr durch dauerndes Wiederholen als durch sachliche Korrektheit in den Köpfen verankert.

Merkel war bis zur Flüchtlingskrise nie ein medialer Liebling, im absoluten Gegenteil. Nachdem sie 2005 ihre eigentlich sichere Wahl noch fast mit einem zu konkreten Wahlkampf verspielt hatte, hat sie seit sie Kanzlerin ist den Politikstil perfektioniert keinerlei kontroversen Positionen zu beziehen. Sie hält sich überall im Hintergrund, lässt bei kontroversen Diskussionen ihre Minister die Kämpfe ausführen und verkündet am Schluss. wenn sich der Staub gelegt hat, nur noch die Kompromisslösung, bei der ihr keiner mehr wirklich böse ist.
Für diesen Politikstil wurde sie seit sie Kanzlerin ist eigentlich von allen Medien kritisiert, nur ist die Kritik bei kaum jemandem hängen geblieben, weil sie zu allgemein war und sich Menschen eher konkrete Beispiele erinnern (Schröder mit H4 z.B.). Gleichzeitig wurde vom Wähler dieser Stil aber immer mit Stimmen und guten Umfrageergebnissen honoriert.
Es gibt eine Handvoll Themen, bei denen sie Position bezogen hat, für die sie aber immer mediale Prügel kassiert hat. Der Ausstieg vom Ausstieg wurde damals massiv kritisiert und als es nach Fukushima den Ausstieg vom Ausstieg des Ausstiegs gab, wurde medial eimerweise Häme ausgekippt. Bei der Griechenalndkrise wurde sie sowohl von Links als auch Rechts zerpflückt, entweder war der Schuldenschnitt zu klein oder zu groß bzw. wurde überhaupt gemacht.

Das erste und einzige Thema, bei dem sie plötzlich im positiven medialen Licht stand war als die Flüchtlingskrise kam und sie die Willkommenskultur einläutete. Das ist bis heute die einzige politische Handlung wo sie tatsächlich von nahezu allen Medien positives Feedback bekommen hat. Dies hat aber einerseits der damaligen Stimmung in der Bevölkerung entsprochen (es war ja damals ein Großteil der Menschen für die Aufnahme) und andererseits gab es auch damals schon kritische Artikel und Einwände. Und Islamkritik gab es auch die Jahrzehnte davor schon reichlich (es gibt eine schöne Übersicht mit Spiegelcovern) und Sarrazin wurde über Jahre durch die Talkshows gereicht. Aber mit dem Kippen der Stimmung in der Bevölkerung hat sie auch ihre Politik langsam angepasst, wobei sie das sehr gut versteckt gemacht hat.

Im Grunde hat die Flüchtlingskrise als jüngstes Ereignis, welches auch monatelang die Medien beherrscht hat, all die Jahre der Kritik im Vorfeld völlig vergessen lassen.


Daneben gab es noch ein paar andere Entwicklungen, die den Eindruck verstärken mögen, aber trotzdem davon unabhängig sind. Sowohl die Parteien als auch die Medien haben sich stark der Mitte angenähert und Unterschiede verschwimmen immer mehr (auch durch die große Koalition bedingt). Die CDU hat alle ihre rechten Hardliner wie Koch verloren während gleichzeitig Merkel die CDU immer mehr Richtung SPD geführt hat und sie teilweise sogar links überholt hat (z.B. Flüchtlingskrise). Bei den Medien ist eine ähnliche Bewegung zur Mitte zu beobachten.

Daneben hatte der ÖR mit der Causa Brender nachdrücklich und auf Jahre an Vertrauen in die Unabhängigkeit des ÖR verloren, weil Koch und Co damals ein Machtspiel auf Kosten der Medien spielen mussten. Auch wenn es direkt nur das ZDF betroffen hat, leidet der ganze ÖR bis heute unter diesem Vertrauensverlust und es wird noch Jahre dauern, bis er sich davon erholt hat, wenn überhaupt.
Ich würde den ÖR grundsätzlich sicher als eher regierungsfreundlich kategorisieren, jedoch ist mir kein Fall bekannt, bei dem ähnlich wie jüngst in Polen mit Obama mutwillig falsch berichtet wird oder massive Propaganda gefahren wird. Es gibt auch weiterhin viele sehr kritische Formate, die die Regierung durchaus auch sehr schlecht dastehen lassen. Über Köln wurde ja gestern auch zur Prime Time während des Finales berichtet, obwohl es nicht gerade positive PR für die Regierung oder Flüchtlinge allgemein war. Es gibt mit Sicherheit immer noch zu viel politischen Einfluss im ÖR und der ÖR ist dringend reformbedürftig, aber so krass wie in anderen Ländern wird er auch nicht missbraucht. Ich bin sogar der Meinung das Murdoch mit Fox News in den USA parteiischer ist als der ÖR hier in Deutschland.

Edit: Zum Thema Murdoch gab es auch einen guten Artikel, dass er seit Jahren auf einem privaten Rachefeldzug gegen die EU ist, weil sie es mehrmals gewagt hat ihm einen Riegel vor seine Pläne zu schieben. Daher haben auch alle seine Medien massiv für den Brexit geworben und bereits vor dem Referendum massiv gegen die EU geschossen. Ich finde ihn nur leider nicht mehr. Daher sind auch privatwirtschaftliche Medien kein Garant für Objektivität, sie können genau so missbraucht werden.
Unabhängig wie man zum Brexit inhaltlich steht, ist es doch bezeichnend, dass für so eine gravierende Entscheidung nicht mal die Brexiter einen Plan für die Umsetzung haben und im Gegenteil reihenweise sich vor der Verantwortung drücken. Auch hier hat die ganze Kampagne mehr wie ein persönlicher Feldzug von Murdoch und Farage ausgesehen, und Boris Johnson hat sich dabei verzockt, weil er eigentlich nur als Märtyrer bei einem verlorenen Referendum sich gegen Cameron in Stellung bringen wollte.
Es gibt mit Sicherheit sachliche Argumente für einen Brexit, nur haben die im Wahlkampf kaum eine Rolle gespielt.
Zuletzt geändert von JimRaynor am 11. Jul 2016, 21:08, insgesamt 4-mal geändert.
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Leonard Zelig
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Re: Folge 66: Wenn der PR-Manager die Preview schreibt

Beitrag von Leonard Zelig »

Hatte während des Auslandssemesters in Prag einen Kurs in Public Relations. Lügen sollte man nie, das fällt nämlich nicht auf den Auftraggeber zurück, sondern auf einen selber und danach kann man den Job an den Nabel hängen. Vor allem wenn die Szene so überschaubar ist, wie die deutsche Spielelandschaft. Die Journalisten sprechen ja auch untereinander über PR-Leute.

Bei zurückgehaltenen, negativen Tests muss man meiner Meinung nach differenzieren. Den Test gar nicht zu veröffentlichen oder später als alle anderen geht gar nicht, aber wenn man als erstes Magazin ein Spiel testen könnte und es dem Tester nicht gefällt, dann würde damit ein Schaden für den Publisher entstehen. Und wenn man sich gut mit dem PR-Mann versteht, besteht da natürlich ein Interessenkonflikt.
BlackSun84 hat geschrieben:Ob nun diese Laien unabhängig sind oder nicht, interessiert die eher unkritischen Teenager, die nach wie vor die Hauptzielgruppe für Spiele sind - komischerweise galt das schon vor 20 Jahren, anscheinend altern Spieler nicht, außer mir -, wenig.
Teenager haben aber mehr Möglichkeiten ihr Geld auszugeben als vor 20 Jahren und ich würde daher bezweifeln, dass sie die Hauptzielgruppe für Vollpreis-Spiele sind. Und wenn ein Spiel wirklich schlecht ist, dann bekommen die das schon raus. Perfide Methoden wie die Counterstrike-GO-Lotterie sind da schon wesentlich gefährlicher. Weil darüber wurde anders als vor schlechten Spielen nicht von der Fachpresse nicht gewarnt. Ein anderer YouTuber hat die Recherchearbeit erledigt:
https://youtu.be/_8fU2QG-lV0
(Enthüllt wurde es von Honor the Call, einem Call-of-Duty-Kanal, aber ich finde das verlinkte Video fasst den Skandal besser zusammen)
"The whole problem with the world is that fools and fanatics are always so certain of themselves, but wiser people so full of doubts."

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Vinter
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Re: Folge 66: Wenn der PR-Manager die Preview schreibt

Beitrag von Vinter »

Stichwort: "Meine Wertung haben solche Preview-Events nicht beeinflusst."

Folgender Gedanke: Möglicherweise messt ihr der Wertung zuviel Bedeutung zu. Zwar ist bekannt, dass die Branche ihre Metacritics als Schwanzvermessung durchaus im Blick hält, aber: Verkaufen tut die Wertung imho nicht unbedingt. Zum einen ist es ja durchaus anzuzweifeln, ob es für die Kaufentscheidung relevant ist, ob da nun eine 89, 86 oder 82 steht. Das lässt sich auf Käuferseite gar nicht differenzieren, zumal dass ja auch nur ein Messwert unter vielen ist - im Zweifel hatte halt der Redakteur keine Ahnung, wenn er meinem Hypespiel "nur" eine 82 gibt. Desweiteren hat es die Branche ja geschafft sich in eine Lage zu manöverieren, in der bei jedem Titel von einem großen Publisher die 8 gesetzt ist - das gesamte Wertungsspekrum hat eh nur noch eine Breite von ~79 - 92.

Am Ende ist die Wertung ja lediglich die Kulmunation einer monate- wenn nicht gar jahrelanger durch die Publisher kontrollierte Berichterstattung. Der Publisher bestimmt, wer, wann und worüber die Magazine weltweit schreiben. Der Publisher forciert einen Hype und er forciert ganz besonders das Vorbestellen von Titeln. Wir wissen alle, dass die ersten ein, zwei Wochen für den Verkauf am relevantesten sind. Natürlich haben einige Spiele einen extrem langen Verkaufserfolg und gehen noch nach Jahren im Sale weg wie warme Semmeln, aber die ersten Wochen sind der Zeitpunkt, wo sich das Spiel viel verkaufen muss.

Deshalb meine These:
Gekauft wird was passiert. Es ist für den Publisher wesentlich relevanter, dass möglichst ausführlich und oft berichtet wird. Denn das alleine ist schon Qualitätsmerkmal - "wenns nicht geil wäre, dann würden die ja auch nicht drüber schreiben". Viel Berichterstattung erzeugt viel Vorfreude erzeugt viele Vorbestellungen und Käufe in der Releasewoche - und welche Nuance von 80 da nun am Ende des Tests dran steht ist für die Fans völlig irrelevant. Deren Kaufentscheidung steht zu dem Zeitpunkt eh. Noch dazu, wenn es eh eine Marke ist von der ich sowieso jeden Ableger kaufen. Und ich will das nichtmal negativ darstellen, dann so gehts mir ja auch: Ich entscheide relativ schnell, was mich interessiert und was nicht und die Tests lese ich dann gar nicht mehr oder zumindest interessiert mich die Wertung dann nicht, solange das Spiel nicht völlig unerwartet haarsträubend schlecht ist. Aber auch da greifen ja wieder psychologische Mechaniken: Der Journalist, der 3 Jubelpreviews geschrieben hat, düfte arge Schwierigkeiten bekommen vor sich selbst (und dem Chef) zu rechtfertigen, warum ein Spiel nun doch nicht so gut ist - ergo wird auch hier wieder tendenziell besser gewertet gewertet, als gerechtfertigt wäre.

Und hier wird dann auch wieder klar, warum der Produkttest eigentlich gar nicht die richtige herangehensweise ist: Ein Videospiel ist kein Rasenmäher, bei dem ich mich informiere und dann nüchtern den für mich geeignetsten Mäher mit bestmöglichem Preis-Leistungsverhältnis kaufe. Ein Videospiel hat immer eine emotionale Bindung.

Und vor dem Hintergrund ists dann auch verständlich, warum man irgendwelche beeindruckenden Previewevents fährt: Man will halt, dass möglichst viele Leute einen möglichst hohen Erzähldrang haben.
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JimRaynor
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Re: Folge 66: Wenn der PR-Manager die Preview schreibt

Beitrag von JimRaynor »

Vinter hat geschrieben: Folgender Gedanke: Möglicherweise messt ihr der Wertung zuviel Bedeutung zu. Zwar ist bekannt, dass die Branche ihre Metacritics als Schwanzvermessung durchaus im Blick hält, aber: Verkaufen tut die Wertung imho nicht unbedingt. Zum einen ist es ja durchaus anzuzweifeln, ob es für die Kaufentscheidung relevant ist, ob da nun eine 89, 86 oder 82 steht. Das lässt sich auf Käuferseite gar nicht differenzieren, zumal dass ja auch nur ein Messwert unter vielen ist - im Zweifel hatte halt der Redakteur keine Ahnung, wenn er meinem Hypespiel "nur" eine 82 gibt. Desweiteren hat es die Branche ja geschafft sich in eine Lage zu manöverieren, in der bei jedem Titel von einem großen Publisher die 8 gesetzt ist - das gesamte Wertungsspekrum hat eh nur noch eine Breite von ~79 - 92.
Wobei die unzähligen Wertungsdiskussionen in Foren von Magazinen ja zeigen, dass offenbar immer noch für viele Leser die Wertung das wichtigste ist und dort um 1-3% gefeilscht werden, obwohl es eigentlich völlig irrelevant ist, ob jetzt eine 86 oder 88 unter einem Spiel steht. Aber auch hier die Frage, ob die Diskussion überhaupt eine Mehrheit widerspiegelt. Ich habe immer mehr das Gefühl, dass solche Stürme eigentlich immer nur von einer handvoll Nutzer produziert werden, während die überwiegende Mehrheit eigentlich völlig zufrieden mit der Wertung ist oder zumindest kein Problem in ihr sieht.

Ich habe es vor Jahren mal im GS Forum gepostet, aber mein Traummagazin würde wie folgt aussehen und dürfte dem der PC Power Play (Martin Deppe-Version) in ihrem Anfangsstadium ähneln:

Jedes Spiel wird von 2-3 Redakteuren getestet, wovon jeder seine persönliche begründete subjektive Spielspaßwertung gibt (im Meinungskasten und unter Ausnutzung des kompletten Wertungsspektrums). Die Redakteure müssten möglichst fest in den jeweiligen Genres sein, sodass z.B. Strategiespiele immer von dem gleichen Pool getesten werden. Es würde auch ausreichen, wenn nur 1 Redakteur das Spiel wirklich komplett durchspielt (mal ehrlich, die wenigsten spielen Spiele komplett durch, daher sehe ich das nicht zwingend an) und die beiden Co-Autoren nur 5-20 Stunden spielen, je nach Spiel und die Spielzeit sollte entsprechend vermerkt werden, meist ist das ja auch die Zeit die man in einem Spiel tatsächlich verbringt. Und wenn ein Spiel allen 10 Stunden Spaß macht und danach vielleicht langweilig wird oder sich abnutzt, kann ich es ja immer noch bewusst für die 10 Stunden kaufen. Dazu müsste es von jedem Redakteur eine Auflistung aller seiner Wertungen geben, damit man sie für sich persönlich einordnen und bewerten kann. So kann man viel eher ein Spiel für sich selbst einordnen, sobald man weiß, welcher Redakteur die größte Schnittmenge mit dem eigenen Spielgeschmack hat. Schön wäre es hier, sollte es sowas in Zukunft geben, wenn man in jedem Genre eine Liste mit den 100 besten und wichtigsten Spiele der letzten 20 Jahre nimmt und jeder Redakteur sich einen Tag Zeit nimmt und neben alle Spiele, die er gespielt hat, einfach seine subjektive Wertung (ohne weitere Begründung) dranschreibt um eine solche "History" von Anfang an haben zu können.

Für mich war es schon immer so, das mir der Redakteur wichtiger war als die Wertung des Magazins. Ich weiß, dass Martin Deppe nahezu den gleichen Geschmack hat wie ich, daher haben für mich seine Tests eine völlig andere Gewichtung als wenn Trainee xyz das Spiel testet, auch wenn es in beiden Fällen "die GameStar"-Wertung ist. Mir bringt ein fundierter und vergleichender Test von Martin Deppe mit einer 72% drunter mehr als eine 85% von Trainee xyz. Im Grunde geht es in die Richtung die auch Andre und Jochen im Podcast besprochen haben, das viel mehr der Redakteur als das Magazin in den Vordergrund gestellt werden, wie z.B. bei Filmbewertungen. Spieletests objektivieren zu wollen funktioniert einfach nicht, das katastrophale GS-Wertungssystem war ja der beste Beweis dafür und eine Schwankung von +/- 10% sind einfach völlig subjektiv vom Geschmack des Testers abhängig, sofern es kein zwingender und unbestrittener Toptitel mit der 9 vorne ist.
Yano
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Registriert: 4. Feb 2016, 12:59

Re: Folge 66: Wenn der PR-Manager die Preview schreibt

Beitrag von Yano »

Ein ganz großes Lob für die aktuelle Folge, ich fand das Gespräch ungeheuer interessant und wünsche euch so sehr das euer Podcast bekannter wird.
Solche Infos müssen viel mehr die Öffentlichkeit erreichen.
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Klagsam
Beiträge: 499
Registriert: 9. Dez 2015, 12:06

Re: Folge 66: Wenn der PR-Manager die Preview schreibt

Beitrag von Klagsam »

Von mir auch nochmal ein großes Lob für die Folge. Die war so interessant, dass sie sogar meiner Frau ("Wenn ich den beiden Nasen die ganzen 5h auf der Urlaubsfahrt zuhören mus erschiesse ich mich") gefallen hat.
horstileini
Beiträge: 39
Registriert: 13. Jun 2016, 11:58

Re: Folge 66: Wenn der PR-Manager die Preview schreibt

Beitrag von horstileini »

Euer Podcast ist insgesamt großartig, die aktuelle Folge sehe ich aber eher kritisch.
Der Paul kam glaubhaft rüber. M.E. reichen aber gerade mal zwei Jahre Berufstätigkeit in untergeordneter Position in der "PR" (wenn das so stimmt) nicht aus, um ihn hier über zweieinhalb Stunden als eine Art Enthüller zu präsentieren. Das finde ich irgendwie unverhältnismäßig, wohingegen es z.B. im Fall Langer aufgrund dessen Position für mich wesentlich nachvollziehbarer war, dass ihr mit ihm einen ganzen Podcast veranstaltet habt.

Je nach Klientel müsst ihr vielleicht auch ein bisschen aufpassen, dass ihr nicht zu sehr vom Spielepodcast zum Spielejournaslismuspodcast werdet.

Gleichwohl: Insgesamt gute Arbeit.
JimRaynor
Beiträge: 31
Registriert: 7. Jun 2016, 03:17

Re: Folge 66: Wenn der PR-Manager die Preview schreibt

Beitrag von JimRaynor »

horstileini hat geschrieben:Euer Podcast ist insgesamt großartig, die aktuelle Folge sehe ich aber eher kritisch.
Der Paul kam glaubhaft rüber. M.E. reichen aber gerade mal zwei Jahre Berufstätigkeit in untergeordneter Position in der "PR" (wenn das so stimmt) nicht aus, um ihn hier über zweieinhalb Stunden als eine Art Enthüller zu präsentieren. Das finde ich irgendwie unverhältnismäßig, wohingegen es z.B. im Fall Langer aufgrund dessen Position für mich wesentlich nachvollziehbarer war, dass ihr mit ihm einen ganzen Podcast veranstaltet habt.

Je nach Klientel müsst ihr vielleicht auch ein bisschen aufpassen, dass ihr nicht zu sehr vom Spielepodcast zum Spielejournaslismuspodcast werdet.

Gleichwohl: Insgesamt gute Arbeit.
In einer sehr kleinen und überschaubaren Branche dürfte man in 2 Jahren aber ziemlich viel mitbekommen, während man in riesigen Branchen in 5 Jahren kein vergleichbares Level erreicht haben kann. Daher denke ich in dieser Niesche sind 2 Jahre durchaus eine ordentliche Zeit.

Und gehört die Betrachtung des Spielejournalismus an sich eigentlich nicht dazu und zieht sich als ganzes Element durch ihren Podcast? Ich zumindest fand die Folgen mit einem Blick hinter die Kulissen die besten.
horstileini
Beiträge: 39
Registriert: 13. Jun 2016, 11:58

Re: Folge 66: Wenn der PR-Manager die Preview schreibt

Beitrag von horstileini »

Sicherlich muss man da ein bisschen abwägen... wenn einer kommt und "auspackt", hört man sich das natürlich gern an, das ist verständlich... für mich waren 2 Jahre Tätigkeit nach dem Studium dennoch außer Verhältnis zur Größe des Podcasts.

Und das andere ist natürlich noch viel mehr Geschmackssache... für mich ist der Journalismus Mittel zum Zweck und sollte nicht zu oft selbst zum Thema werden.... hin und wieder ein Hintergrundbericht ist ganz nett, es sollte sich aber in Maßen halten.
horstileini
Beiträge: 39
Registriert: 13. Jun 2016, 11:58

Re: Folge 66: Wenn der PR-Manager die Preview schreibt

Beitrag von horstileini »

Ich finde die beiden Protagonisten machen das in ihrer jetzigen Übergangs-/Planungsphase schon recht gut, indem sie auch über solche Formate einiges aufdecken und Maßstäbe für das eigene Projekt setzen.
Auf der künftigen Seite möchte ich persönlich dann aber schon zu wenigstens 90% über Spiele lesen und nicht andauernd über Spielejournalismus... weil das im Grunde ein ganz anderes Thema ist und ich sauberen Journalismus (dann) voraussetze.
Steffen
Beiträge: 27
Registriert: 11. Jul 2016, 13:35

Re: Folge 66: Wenn der PR-Manager die Preview schreibt

Beitrag von Steffen »

Axel hat geschrieben:Aber gerade der Videospieljournalismus muss aufgearbeitet werden. Die angesprochenen Verflechtungen zwischen Journalismus und PR gibt es seit Jahren und die Leute sind nicht dumm, was man immer wieder in den Diskussionen sieht. Bisher wurde eigentlich von Journalisten UND PR immer wieder versichert: "Das ist alles unabhängig, ihr könnt uns vertrauen" - daher ist es ja schon allein für die Aufklärung so wichtig solche Dinge ausführlich und tiefgreifend zu thematisieren.
Ich persönlich, nachdem ich mich mal ein paar Jahre garnicht mit dieser Art Medien beschäftigt habe muss sagen mir kommt es heute so verflochten vor wie nie zu vor, die Videos und Screenshots der Publisher die binnen Sekunden auf jeder deutschen Games Seite einfach durchgereicht werden ist eine Entwicklung der Internet Zeit die defintiv niemandem hilft und sicherlich alles andere als Objektiv ist da vom Publisher vorbereitet.
Die These von Paul das man einen alten Hasen wie Jörg Langer zu nichts zwingen kann finde ich bezeichnend und hoffe das es heute wenigstens noch ein paar junge Journalisten gibt die ähnlich unabhängig und eigensinnig denken und handeln, sonst kann man es sich in ein paar Jahren wenn von der "alten Garde" alle die Füsse in den Pool hängen und höchstens zum Spass spielen gleich ganz sparen und die Zeitungen gleich von den Publishern herrausbringen lassen.

Der Herr der das Bier aus dem Alt Giessen geschickt hat, falls er hier ist, was sagst du denn zu dem neuen Logo das die sich jetzt zugelegt haben ?
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