Weil ich damit indirekt angesprochen bin.Numfuddle hat geschrieben: ↑23. Jan 2023, 15:08Mir schmeckt der darin mitschwingende Fatalismus nicht. Außerdem unterstellt es eine emotionale Komponente die so gar nicht belegt ist.Andre Peschke hat geschrieben: ↑23. Jan 2023, 14:50Finde ich jetzt zu grob verkürzt.
Ich finde es zB interessant zu überlegen, ob ein TEIL der Aufregung auch Wut auf JK Rowling und/oder die Trans-Aktivisten die sie kritiseren ist, weil sie einem diese Auseinandersetzung aufbürden. Man hat eh schon genug an der Backe und nun ECHT keinen Bock darüber nachzudenken, ob "fucking Harry Potter noch ins Weltbild passt". Entsprechend unwirsch reagiert man darauf und wünscht sich, die jeweilige Partei hätte einfach die Fresse gehalten.
Das wäre auch insofern ein neuer Gedanke, weil er im Grunde mit der Weltsicht des Betroffenen wenig(er) zu tun hat, sondern einfach jede empfindliche und vor allem nicht vermeidbare Störung des Status Quo die gleiche Reaktion zeitigen würde.
So wie ja auch bei den Klimaaktivisten gern sinngemäß gesagt wird: "Protestiert gerne, aber doch da wo's keinen stört".
Andre
Natürlich wird eine Debatte in der es darum geht ob ich jetzt z.B. als Transmensch überhaupt ein Recht darauf habe zu existieren emotional geführt. Aber das ist doch keine Enttäuschung darüber das JKR Rowling jetzt kein perfekter Mensch ist sondern eine Debatte in der es um meine konkrete Existenz als Mensch geht und darum dass eine Person des Tagesgeschehens ihre Medienöffentlichkeit und ihr „Fandom“ dazu instrumentalisiert um mir eben dieses Existenz abzusprechen.
Es geht da konkret um Menschenleben, um Suizid, um Körperverletzung und ein hohes Risiko ermordet zu werden.
Ich meine erwartet jemand ernsthaft dass eine solche Debatte klinisch und rational - vielleicht gar rein utilitaristisch geführt wird?
Das jetzt als „wir sind alle enttäuscht und das ist eine Übersprungshandlung“ und „im Endeffekt muss man das differenziert sehen und von der Person abkoppeln weil nobody is perfect“ zu interpretieren greift mir viel zu kurz.
Letztendlich wird auch verlangt das man die einzigen Möglichkeiten die man als Einzelperson im demokratischen Kapitalismus zur Verfügung hat nämlich die öffentliche Äußerung und eben Kaufverzicht/Boykott drangabt weil es als sinnlos und der Sache nicht dienlich angesehen wird
@Fatalismus: gerade den wollte ich damit eben nicht zum Ausdruck bringen. Auf der einen Seite können wir nicht alles, was wir gerne hätten unter einen Hut bringen, richtig. Die Konsequenz daraus sollte aber eben nicht Resignation und Scheiß-auf-Alles sein, sondern eben ein kluges, reifes Vorgehen, das sich sowohl der nötigen Emotionen nicht verschließt (die oft genug zb ja auch gerade für die Empathie nötig sind), als auch rational und realistisch an ein Thema rangeht. Quasi "Herz" und "Hirn" verbindet.
@Und natürlich gehts um Menschenleben. Darum halte ich die Debatte für außerordentlich wichtig! Aber diese Debatte ist nicht die Debatte um Hogwarts Legacy, zumindest aus meiner Sicht nicht. Kein Suizid und keine Äußerung von JKR wird wahrscheinlicher oder unwahrscheinlicher, wenn das Spiel floppt oder erfolgreich ist. Ihre Twitter-Strahlkraft bzw. noch mehr: die Strahlkraft ihrer Argumente und Anhänger wird dadurch nicht größer oder kleiner. Die Leute, die sich in diese Welt verliebt haben und aus dem Grunde nicht kritisch mit ihren Aussagen und Ansichten umgehen können (oder gar selbst transphoben Aktivismus an den Tag legen), werden wohl nicht durch den Erfolg des Spiels größer (oder durch den Boykott) oder kleiner. Ja, ganz grundsätzlich ist ethischer Konsum eine der wenigen Möglichkeiten Entscheidungen in unserer komplexen Welt zu treffen. Wenn wir kein Öl verbrennen, weniger Umweltverschmutzung. Wenn wir keine Tiere essen, weniger Leid und weniger Umweltverschmutzung, etc. Aber die Gleichung geht hier halt nicht so auf: wenn wir kein Hogwarts Legacy konsumieren, gehts der Trans-Community besser. So einfach ist es hier halt nicht.
Bei der Auseinandersetzung mit Kulturprodukten kommt schon noch mal eine andere Ebene hinzu. Sie existieren (wenn sie nicht zensiert werden), deshalb laden sie zur Beschäftigung mit ihnen ein. Auch die Autor*innen verdienen Beleuchtung, keine Frage. Aber der Boykott eines Werkes aufgrund problematischer Ansichten oder Aussagen von Autor*innen ist hier halt echt problematisch. Wenn diese Gleichung und die Botschaft so automatisch richtig wären, dann dürften wir kaum Kunst betrachten oder konsumieren.
Meines Erachtens brauchen wir gerade kein canceln oder keinen Boykott. Im Gegenteil, ich wünsche mir mündige Fans von Franchises, die sehr wohl zwischen Werk und Autor insofern unterscheiden können, als sie zwar Fans des Werkes sein mögen, sich aber gerade der Popularität, zu der sie der Marke verholfen haben und die größere Bekanntheit (=/=Beliebtheit), die daher auch Autor*innen davon haben, insoweit pro-aktiv annehmen, als sie sich kritisch äußern. Oder anders gesagt: ich finde es tatsächlich wichtiger, wenn sich Harry Potter Fans kritisch auf der jeweils relevanten und entscheidenden Plattform mit JKR befassen, als alles zu meiden, auf dem Harry Potter steht. Von der globalen Solidaritätsbekundung, wichtigen und breit geführten Diskussionen oder Pro-Trans-Aktivismus hat die Transcommunity mehr als durch eine monetär reiche oder arme JKR.
Die Popularität einer Marke oder einer Autorin, eines Künstlers ist insofern dann vielleicht sogar ein guter Hebel, als alle Themen, die im Dunstkreis desselben/derselben besprochen und ausgefochten werden, automatisch eher soziale und/oder rechtliche Folgen zeitigen werden. Die finanziellen Verhältnisse oder das "persönliche Abstrafen der JKR" ist demgegenüber eher irrelevant.