Feierabendbier: Muss man Hogwart’s Legacy boykottieren?

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Rince81
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Re: Feierabendbier: Muss man Hogwart’s Legacy boykottieren?

Beitrag von Rince81 »

Rigolax hat geschrieben: 7. Feb 2023, 19:24 Aber bei der Gelegenheit, ich hatte hier ja im Thread teils von "Wokeismus" in den USA als civil religion geschrieben, die im Konflikt mit dem bisherigen US-Staatskult steht. Ich hab jetzt die Chance, ganz anschaulich zu demonstrieren, was ich meine: https://twitter.com/realchrisrufo/statu ... 1819461632 Bitte ignorieren, von wem der Tweet ist und was da drin steht, nur den Clip aus der Disney-Sendung beachten. Das ist, was ich meinte: Da werden die Founding Fathers ersetzt im Mount Rushmore, ein neuer Unabhängigkeitstag geschaffen (Juneteenth), die Gründungsgeschichte der USA anders gedeutet etc. Dieser Bezug auf die historisch versprochenen "Forty acres and a mule" könnte man sogar als Segregationsbestrebung deuten imho. Ich finde es wertfrei sehr interessant.
Mount Rushmore sind auch die Köpfe von Abraham Lincoln und Theodore Roosevelt, beides keine Founding Fathers. Dazu gehört zu der Geschichte von Mount Rushmore auch der Fakt, dass man dieses Gebiet den Dakota gestohlen hat, obwohl es ihnen vertraglich zugesichert wurde.

Ich verstehe grundsätzlich nicht, warum es "woke" sein soll, wenn man anfängt die eurozentrische Geschichtsschreibung der USA zu hinterfragen. Es gibt nun mal eine "andere" Geschichte. Es gibt die Geschichte der afroamerikanischen Bevölkerung, die gegen ihren Willen auf Sklavenschiffen ins Land gebracht wurden. Und es gibt die Geschichte der Menschen, die dort längste wohnten als ein gewisser Kolumbus den Kontinent "entdeckt" hat. Und wie bereits erwähnt , Juneteenth als Feiertag hat eine mittlerweile mehr als 150 Jahre alte Geschichte. Keine Ahnung, warum es "woke" sein soll, die eigene Geschichte zu akzeptieren und zu erzählen nachdem diese Jahrhunderte ignoriert, verdrängt und vergessen wurde.
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Rigolax
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Re: Feierabendbier: Muss man Hogwart’s Legacy boykottieren?

Beitrag von Rigolax »

Rince81 hat geschrieben: 7. Feb 2023, 22:58
Rigolax hat geschrieben: 7. Feb 2023, 19:24
Mount Rushmore sind auch die Köpfe von Abraham Lincoln und Theodore Roosevelt, beides keine Founding Fathers.
Ich habe die weite Auslegung gemeint. :ugly: (ja, fiel mir danach auch auf, I swear)
Rince81 hat geschrieben: 7. Feb 2023, 22:58 Dazu gehört zu der Geschichte von Mount Rushmore auch der Fakt, dass man dieses Gebiet den Dakota gestohlen hat, obwohl es ihnen vertraglich zugesichert wurde.
Ja, der Umgang mit dem Ethnozid/Genozid an der indigenen Bevölkerung ist auch ein hot topic, siehe die sog. land acknowledgements. Gibt echt für alles einen Wikipedia-Artikel: https://en.wikipedia.org/wiki/Land_acknowledgement
Rince81 hat geschrieben: 7. Feb 2023, 22:58Ich verstehe grundsätzlich nicht, warum es "woke" sein soll, wenn man anfängt die eurozentrische Geschichtsschreibung der USA zu hinterfragen. Es gibt nun mal eine "andere" Geschichte. Es gibt die Geschichte der afroamerikanischen Bevölkerung, die gegen ihren Willen auf Sklavenschiffen ins Land gebracht wurden. Und es gibt die Geschichte der Menschen, die dort längste wohnten als ein gewisser Kolumbus den Kontinent "entdeckt" hat. Und wie bereits erwähnt , Juneteenth als Feiertag hat eine mittlerweile mehr als 150 Jahre alte Geschichte. Keine Ahnung, warum es "woke" sein soll, die eigene Geschichte zu akzeptieren und zu erzählen nachdem diese Jahrhunderte ignoriert, verdrängt und vergessen wurde.
Ja, ich will das Fass nicht zu sehr aufmachen, vielleicht hätte ich es gar nicht posten sollen und vermutlich steiger ich mich auch rein, aber ich habe ernsthaft das Gefühl, die USA könnten sehr gespalten werden diesbezüglich. Ich weiß nicht, wie sehr deren "alter" Staatskult noch wichtig ist für den 08/15 Amerikaner, aber ich sehe diese quasi neue Tendenz in einem Konflikt damit, ich sehe keine Ergänzung, sondern eine Konfrontation. Mir persönlich ist es auch nicht wichtig, was da am Ende bei rauskommt, ich glaube ehrlich nur, es wird teils unterschätzt, was da so "brodelt".
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Re: Feierabendbier: Muss man Hogwart’s Legacy boykottieren?

Beitrag von ZiggyStardust »

Rigolax hat geschrieben: 7. Feb 2023, 19:24 Das ist afaik ein (sorry, ich benutz den Begriff zu oft) ideologisches Ding: Die Sorge bei "TERFs" ist, dass die Geschlechterkategorien basierend auf der Biologie (also das englische "sex") verschwinden und damit (cis) "Frauen" irgendwann nicht mehr "existieren" als soziale Klasse mit eigener Diskriminierungserfahrung, sowohl historischer als auch gegenwärtiger. "TERFs" haben Angst vor einer Post-Gender-Gesellschaft. -- Ich find's auch albern, aber die Kritik daran geht imho ein wenig ins Leere, weil hier eben ein schon quasi-kultisches Empfinden kritisiert wird.

Aber bei der Gelegenheit, ich hatte hier ja im Thread teils von "Wokeismus" in den USA als civil religion geschrieben, die im Konflikt mit dem bisherigen US-Staatskult steht. Ich hab jetzt die Chance, ganz anschaulich zu demonstrieren, was ich meine: https://twitter.com/realchrisrufo/statu ... 1819461632 Bitte ignorieren, von wem der Tweet ist und was da drin steht, nur den Clip aus der Disney-Sendung beachten. Das ist, was ich meinte: Da werden die Founding Fathers ersetzt im Mount Rushmore, ein neuer Unabhängigkeitstag geschaffen (Juneteenth), die Gründungsgeschichte der USA anders gedeutet etc. Dieser Bezug auf die historisch versprochenen "Forty acres and a mule" könnte man sogar als Segregationsbestrebung deuten imho. Ich finde es wertfrei sehr interessant.
Gibt auch ein ganz amüsantes Video von Bill Maher zum Wokeismus in den USA:
https://youtu.be/yysKhJ1U-vM
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Re: Feierabendbier: Muss man Hogwart’s Legacy boykottieren?

Beitrag von Rince81 »

Bill Maher, der Dieter Nuhr der amerikanischen Satire...
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Peter
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Re: Feierabendbier: Muss man Hogwart’s Legacy boykottieren?

Beitrag von Peter »

Auch wenn ich persönlich das Spiel nicht boykottiere, finde ich es doch klasse, wie RockPaperShotgun damit umgeht: Sie haben es seit über zwei Jahren mit keinem Wort erwähnt. Stattdessen machen sie gerade eine "Magic Week", in der Indiespiele vor allem auch von Trans-Entwicklern vorgestellt werden: https://www.rockpapershotgun.com/topics/rps-magic-week
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Re: Feierabendbier: Muss man Hogwart’s Legacy boykottieren?

Beitrag von ZiggyStardust »

Rince81 hat geschrieben: 8. Feb 2023, 08:18 Bill Maher, der Dieter Nuhr der amerikanischen Satire...
Schlechter Vergleich. Bill Maher distanziert sich klar von den aktuellen Republikanern:
https://youtu.be/HKVBvooZ2c8
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Re: Feierabendbier: Muss man Hogwart’s Legacy boykottieren?

Beitrag von Rince81 »

ZiggyStardust hat geschrieben: 8. Feb 2023, 09:10
Rince81 hat geschrieben: 8. Feb 2023, 08:18 Bill Maher, der Dieter Nuhr der amerikanischen Satire...
Schlechter Vergleich. Bill Maher distanziert sich klar von den aktuellen Republikanern:
https://youtu.be/HKVBvooZ2c8
Tatsächlich ein sehr passender Vergleich. Sich den den aktuellen Republikanern zu distanzieren, ist eine extrem niedrige Hürde...
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Re: Feierabendbier: Muss man Hogwart’s Legacy boykottieren?

Beitrag von meieiro »

Rince81 hat geschrieben: 8. Feb 2023, 08:18 Bill Maher, der Dieter Nuhr der amerikanischen Satire...
Den Vergleich habe ich bisher noch nie so gezogen, aber je länger ich darüber nachdenke, um so passender finde ich ihn.
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Re: Feierabendbier: Muss man Hogwart’s Legacy boykottieren?

Beitrag von ZiggyStardust »

Für einen Deutschen vielleicht, in den USA ist es immer noch die zweitmächtigste Partei.

Dieter Nuhr kritisiert nur irgendeinen Quatsch, während die Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit an amerikanischen Universitäten real bedroht ist.
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Re: Feierabendbier: Muss man Hogwart’s Legacy boykottieren?

Beitrag von Numfuddle »

ZiggyStardust hat geschrieben: 8. Feb 2023, 09:27 Für einen Deutschen vielleicht, in den USA ist es immer noch die zweitmächtigste Partei.

Dieter Nuhr kritisiert nur irgendeinen Quatsch, während die Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit an amerikanischen Universitäten real bedroht ist.
Durch die Republikaner
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Re: Feierabendbier: Muss man Hogwart’s Legacy boykottieren?

Beitrag von ZiggyStardust »

Numfuddle hat geschrieben: 8. Feb 2023, 09:30
ZiggyStardust hat geschrieben: 8. Feb 2023, 09:27 Für einen Deutschen vielleicht, in den USA ist es immer noch die zweitmächtigste Partei.

Dieter Nuhr kritisiert nur irgendeinen Quatsch, während die Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit an amerikanischen Universitäten real bedroht ist.
Durch die Republikaner
Und durch bestimmte Aktivisten. Ich glaube, das bekommen hier in Deutschland viele gar nicht mit, was da an amerikanischen Universitäten passiert.
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Re: Feierabendbier: Muss man Hogwart’s Legacy boykottieren?

Beitrag von Rince81 »

ZiggyStardust hat geschrieben: 8. Feb 2023, 09:27 Dieter Nuhr kritisiert nur irgendeinen Quatsch, während die Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit an amerikanischen Universitäten real bedroht ist.
Die Republikaner in Florida unter DeSantis führen ganz aktuell eine Kampagne gegen Kinder- und Jugendbücher an Schulen.
https://pen.org/banned-books-florida/
https://abcnews.go.com/Politics/florida ... d=96884323
https://www.newyorker.com/news/letter-f ... -libraries
https://www.independent.co.uk/voices/fl ... 73922.html

Sich über drohende "woke" Bedrohung der Wissenschaftsfreiheit beschweren, während Republikaner Kinderbücher an Schulen und Bibliotheken verbieten... Kann man machen, hilft der eigenen Argumentation aber nicht.
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Re: Feierabendbier: Muss man Hogwart’s Legacy boykottieren?

Beitrag von Numfuddle »

ZiggyStardust hat geschrieben: 8. Feb 2023, 09:36
Numfuddle hat geschrieben: 8. Feb 2023, 09:30
ZiggyStardust hat geschrieben: 8. Feb 2023, 09:27 Für einen Deutschen vielleicht, in den USA ist es immer noch die zweitmächtigste Partei.

Dieter Nuhr kritisiert nur irgendeinen Quatsch, während die Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit an amerikanischen Universitäten real bedroht ist.
Durch die Republikaner
Und durch bestimmte Aktivisten. Ich glaube, das bekommen hier in Deutschland viele gar nicht mit, was da an amerikanischen Universitäten passiert.
Ds ist interessant weil ich den letzten Satz genau so an dich zurückspielen würde.
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Re: Feierabendbier: Muss man Hogwart’s Legacy boykottieren?

Beitrag von Numfuddle »

Maher ist ein alternder Comedian der irritiert ist weil ihm das Publikum zu seinen abgestandenen Altherrenwitzen nicht mehr begeistert applaudiert und der sich daraus eine woke Meinungsdiktatur zusammenfantasiert hat. Man darf ja heute nichts mehr sagen (außer in der wöchentlichen Talkshow mit Millionenreichweiten für die man fürstlich bezahlt wird bevor man als Redner zum White House Correspondents Dinner abgeholt wird)

Republikaner haben über all im Land „don‘t say Gay“ Gesetze eingeführt. Republikaner verbieten gerade in Florida und anderen Bundesstaaten Bücher an Schulen und Stellen die bloße Erwähnung dieser Bücher unter Strafe, Republikaner haben in ihren Staaten „modesty laws“ eingeführt die Frauen an staatlichen Stellen und Institutionen vorschreiben wie sie sich zu kleiden haben, Republikaner verbieten ganze Lehrstühle und Kursprogramme an Universitäten (zum Beispiel ihre beiden aktuellen Lieblinge Critical Race Theory und Gender Studies)

Die Liste könnte ich noch ne Stunde so weiter führen.

Das da linke Aktivisten in irgendeiner Form die Wissenschaftsfreiheit und Meinungsfreiheit bedrohen weil die Universitäten jetzt mal tatsächlich ein wenig Push Back durch die Studenten bekommen ist eine wirre Phantasie von alten Männern wie Maher nichts mehr
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Re: Feierabendbier: Muss man Hogwart’s Legacy boykottieren?

Beitrag von meieiro »

Mal als Beispiel für das was an amerikanischen Unis passiert.
Das New College of Florida in Sarasota gilt als eine der progressivsten Schulen des Landes. Die haben sich Diversität ganz groß auf die Fahnen geschrieben. Und nebenei ise es noch eine der Top staatlichen geführten Schulen.
DeSantis hat da jetzt einfach das Board mit seinen Leuten neu besetzt mit dem Ziel, dem Collage diese 'Wokeness' auszutreiben. Das ist nicht meine Interpretation, sondern das haben die beteiligen Personen genau so gesagt
https://www.washingtonpost.com/educatio ... ntis-rufo/

Der Unterschied ist imho, dass sich die 'Wokeness' in den Unis natürlich entwickelt. Da gibt es keine Gesetze, die was erwzingen oder verbieten wollen. Unis waren schon immer schon Ort die progressiver sind als der Rest der Gesellschat und an denen sich solche Bewegungen entwickelt haben.

Die Gesetze kommen von der anderen Seite, die sich von den Veränderungen die da passieren bedroht fühlen und mit aller Macht versuchen die Bewegungen im Keim zu ersticken
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Re: Feierabendbier: Muss man Hogwart’s Legacy boykottieren?

Beitrag von echtschlecht165 »

Der Rechtsruck in den USA ist tatsächlich erschreckend. In einem Land wo Bernie Sanders (den ich bestenfalls als moderaten Sozi einstufe) als Kommunist beschimpft wird, muss man die Linke schon mit der Lupe suchen.
Das zeigt sich auch daran, dass von den Medien die "böse Linke, die alles verbieten will" massiv geframed wird. Das ist aber in EU nicht anders, nur noch nicht so ausgeprägt. Aber auch da besteht die Linke, wenn man nur depperte Zeitungen liest, aus Klimaklebern, Dreadlockverbietern und Kunstbeschüttern.
Darüber kann man sich ja herrlich lustigmachen.
Der Unterschied ist imho, dass sich die 'Wokeness' in den Unis natürlich entwickelt. Da gibt es keine Gesetze, die was erwzingen oder verbieten wollen. Unis waren schon immer schon Ort die progressiver sind als der Rest der Gesellschat und an denen sich solche Bewegungen entwickelt haben.

Die Gesetze kommen von der anderen Seite, die sich von den Veränderungen die da passieren bedroht fühlen und mit aller Macht versuchen die Bewegungen im Keim zu ersticken
das ganze in schöneren Worten als meinen
Zuletzt geändert von echtschlecht165 am 8. Feb 2023, 10:04, insgesamt 1-mal geändert.
In Stein gemeißelt
ZiggyStardust
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Re: Feierabendbier: Muss man Hogwart’s Legacy boykottieren?

Beitrag von ZiggyStardust »

Rince81 hat geschrieben: 8. Feb 2023, 09:39
ZiggyStardust hat geschrieben: 8. Feb 2023, 09:27 Dieter Nuhr kritisiert nur irgendeinen Quatsch, während die Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit an amerikanischen Universitäten real bedroht ist.
Die Republikaner in Florida unter DeSantis führen ganz aktuell eine Kampagne gegen Kinder- und Jugendbücher an Schulen.
https://pen.org/banned-books-florida/
https://abcnews.go.com/Politics/florida ... d=96884323
https://www.newyorker.com/news/letter-f ... -libraries
https://www.independent.co.uk/voices/fl ... 73922.html

Sich über drohende "woke" Bedrohung der Wissenschaftsfreiheit beschweren, während Republikaner Kinderbücher an Schulen und Bibliotheken verbieten... Kann man machen, hilft der eigenen Argumentation aber nicht.
Beides ist nicht in Ordnung. Die Polarisierung ist das eigentliche Problem. Davon profitieren vor allem die Unternehmen und Vermögenden in den USA, weil sich die beiden Parteien auf nichts mehr einigen können.

Ganz interessierter Artikel des Präsidenten von PEN America, Ayad Akhtar.
Ein Beispiel: Während ich Ende November an meinem Schreibtisch sitze und diese Rede schreibe, wird in Kreisen mir bekannter Lektoren und Literaturagenten über ein Buchprojekt diskutiert, das allen größeren Verlagen angeboten worden ist. Es handelt sich um die erste umfassende wissenschaftliche Biographie von Medgar Evers – einer der wichtigsten Protagonisten der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung der Sechzigerjahre. Der Autor gilt als führender Evers-Fachmann. Doch sein Buchprojekt findet keinen Verlag. Niemand will es machen. Nicht jetzt, nicht in diesem Klima: Denn Medgar Evers war ein Schwarzer, und der Autor des Buches ist weiß.

Ich erwähne die Geschichte nicht, weil sie einzigartig wäre – das ist sie nicht. Nicht in der gegenwärtigen Umgebung, in der Wissenschaftler immer wieder entmutigt werden, falls sie sich für Themen interessieren, die nicht „ihre“ sind; in einer Umgebung, in der man jungen Schriftstellern sagt, sie könnten nicht aus fremden Perspektiven schreiben; einer Umgebung, in der sich ein wachsender Widerwille gegen Gefühle oder Ansichten breitmacht, die als verletzend für die eine oder andere Gruppe empfunden werden könnten.

Der in Harvard lehrende Gates kommentiert hier eine Entwicklung, die nicht nur im Verlagswesen stattfindet, sondern im höheren Bildungssystem allgemein. Eine Verengung der intellektuellen Neugier, eine Fokussierung auf „Rasse“ und „Identität“ als conditio sine qua non für die Legitimation eines Autors, ein intellektueller Tribalismus, der einen „Ausverkauf der menschlichen Phantasie“ darstellt. Seine eloquente Verteidigung der Freiheit des Denkens war umso überzeugender, als sie von ihm, einem Afroamerikaner, kam – so dachten und sagten es viele nach ihren standing ovations. Viele hofften, dass manche endlich zugehört hätten, weil er ein Schwarzer sei und weil niemand auf ähnliche Reden hören würde, wenn sie von weißen Autoren kämen.
https://zeitung.faz.net/faz/feuilleton/ ... IKalcg-RCo
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Re: Feierabendbier: Muss man Hogwart’s Legacy boykottieren?

Beitrag von Felidae »

ZiggyStardust hat geschrieben: 8. Feb 2023, 10:03
Ganz interessierter Artikel des Präsidenten von PEN America, Ayad Akhtar.
Ein Beispiel: Während ich Ende November an meinem Schreibtisch sitze und diese Rede schreibe, wird in Kreisen mir bekannter Lektoren und Literaturagenten über ein Buchprojekt diskutiert, das allen größeren Verlagen angeboten worden ist. Es handelt sich um die erste umfassende wissenschaftliche Biographie von Medgar Evers – einer der wichtigsten Protagonisten der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung der Sechzigerjahre. Der Autor gilt als führender Evers-Fachmann. Doch sein Buchprojekt findet keinen Verlag. Niemand will es machen. Nicht jetzt, nicht in diesem Klima: Denn Medgar Evers war ein Schwarzer, und der Autor des Buches ist weiß.

Ich erwähne die Geschichte nicht, weil sie einzigartig wäre – das ist sie nicht. Nicht in der gegenwärtigen Umgebung, in der Wissenschaftler immer wieder entmutigt werden, falls sie sich für Themen interessieren, die nicht „ihre“ sind; in einer Umgebung, in der man jungen Schriftstellern sagt, sie könnten nicht aus fremden Perspektiven schreiben; einer Umgebung, in der sich ein wachsender Widerwille gegen Gefühle oder Ansichten breitmacht, die als verletzend für die eine oder andere Gruppe empfunden werden könnten.

Der in Harvard lehrende Gates kommentiert hier eine Entwicklung, die nicht nur im Verlagswesen stattfindet, sondern im höheren Bildungssystem allgemein. Eine Verengung der intellektuellen Neugier, eine Fokussierung auf „Rasse“ und „Identität“ als conditio sine qua non für die Legitimation eines Autors, ein intellektueller Tribalismus, der einen „Ausverkauf der menschlichen Phantasie“ darstellt. Seine eloquente Verteidigung der Freiheit des Denkens war umso überzeugender, als sie von ihm, einem Afroamerikaner, kam – so dachten und sagten es viele nach ihren standing ovations. Viele hofften, dass manche endlich zugehört hätten, weil er ein Schwarzer sei und weil niemand auf ähnliche Reden hören würde, wenn sie von weißen Autoren kämen.
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Leider vergisst der Herr rein zufällig, den Namen des Fachmanns zu nennen. Wäre doch eigentlich hilfreich, um sich evtl. selbst ein Bild machen zu können? Es wäre ja immerhin möglich, dass ANDERE Faktoren als die Hautfarbe die Verlage dazu bringen, ein Buch von ihm zu dem Thema für eine schlechte Idee zu halten.

In dem von Dir nicht zitierten Absatz schwingt übrigens wieder der altbekannte Denkfehler mit - dass "verboten werde, sich mit irgendwas zu beschäftigen". Unfug. Der anonyme Autor darf sich mit allem beschäftigen, was er will. Er hat nur keinerlei Anspruch darauf, dass ein Verlag das dann auch druckt.
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Re: Feierabendbier: Muss man Hogwart’s Legacy boykottieren?

Beitrag von Numfuddle »

„Wir wünschen uns dass mehr Stimmen aus marginalisierten Gruppen zu Wort kommen und wollen nicht schon wieder dass ein weißer Experte über ein für Schwarze existenziell bedeutsames Thema und eine für Schwarze wichtige Person der Zeitgeschichte schreibt“

„Wir setzen die College-Leitung ab und setzen unsere eigenen Kandidaten ein damit die mit Gesetzen, Richtlinien und Repressialien die Wokeness und das ganze linke Gesindel aus der Uni vertreiben“

Das ist nicht das selbe, dass ist nicht einmal im Ansatz vergleichbar.

Der Präsident von PEN America mag es schlimm finden dass „der führende Experte für X“ (dessen Namen er uns schuldig bleibt) sein Buch nicht verkauft bekommt. Dass macht aber deine Theorie des Kulturkampfes jetzt nicht plausibler.
Numfuddle
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Re: Feierabendbier: Muss man Hogwart’s Legacy boykottieren?

Beitrag von Numfuddle »

Außerdem ist das halt auch wieder dieser logische Kurzschluss der aus

„keiner will hören/sehen/lesen was ich zu sagen habe“ ein „ich werde unterdrückt und die Meinungsfreiheit ist in Gefahr“ werden lässt.

Diese unterschwellige Erwartungshaltung das man immer irgendwo ein kritiklos jubelndes Publikum für seine Inhalte zur Verfügung hat und dieses Dünnhäutige Mi Mi Mi sobald man mal nicht der Mittelpunkt der Aufmerksamkeitsökonomie ist nervt schwer
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