Themenvorschlag: Steckt im Medium Videospiele eigentlich WIRKLICH noch soviel Potential?

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Schmuggelware
Beiträge: 9
Registriert: 1. Jun 2018, 15:47

Themenvorschlag: Steckt im Medium Videospiele eigentlich WIRKLICH noch soviel Potential?

Beitrag von Schmuggelware »

Hallo zusammen,

Hintergrund:
ich habe den Podcast erst kürzlich entdeckt und mich jetzt genüsslich bis Folge 73 vorgearbeitet, wo es um die GC 2016 geht. Im Zuge der Star-Citizen-Besprechung ging es dann um Quick-Travel bzw. dass manche Leute scheinbar auch nach zig Stunden in einem Open-World-Spiel auf Quick-Travel verzichten, um die Spielwelt immersiver wahrzunehmen.
Dabei wurde Skyrim als Beispiel gebracht: Andre und Jochen waren sich einig, dass die überwältigende Mehrheit vielleicht anfangs auf Schnellreise verzichtet, es aber es so gut wie jeden nach einer gewissen Zeit nervt, stundenlang durch die Welt zu laufen / reiten. Und jetzt wird's spannend:

Jochen sagt, dass es in der realen Welt wahrscheinlich auch nach 100 Stunden noch spannend wäre ohne Quick-Travel durch die Welt zu laufen, weil in Echt halt einfach mehr passiert! Da kann dann buchstäblich hinter jeder Ecke oder jedem Busch eine Überraschung warten, Spiele seien aber noch nicht soweit.
Und da dachte ich: Werden sie jemals so weit sein?

Kontroverse These:
Das Medium Spiele hat deutlich weniger Potential, als man erstmal denkt.

Wenn man sich die Historie von Spielen und deren Fortschritt ansieht, wird das in erster Linie an der optischen Erscheinung deutlich bzw. im weiteren Sinne an technischen Aspekten. Die Technik ist da der treibende Faktor, der immer mehr Möglichkeiten eröffnet. Das grafische Voranschreiten kann aber nicht linear bis ins unendliche steigen, sondern wird irgendwann stagnieren. Damit beziehe ich mich auch auf Animationen, Sound etc. eben alles technische.

Interessant ist es, die Historie von Videospielen mal vom technischen Fortschritt losgelöst zu betrachten. Was ist mit den erzählten Geschichten, den Charakteren, dem Umfang? Erzählen Spiele heute bessere Geschichten als vor 10/15 Jahren? Gibt es da eine positive Entwicklung?
Und um auf das Skyrim-Beispiel zu kommen: Theoretisch wäre es mit den technischen Umständen ja möglich, dass tatsächlich hinter jeder Ecke eine Überraschung wartet, es ist nur unglaublich aufwändig. Ebenso, wenn man vielschichtige Charaktere und eine komplexe Geschichte mit Entscheidungsfreiraum erzählen möchte.
Aber der Unterschied zur besseren Grafik ist eben: Es gibt keinen technologischen Flaschenhals, theoretisch ist das möglich!

Damit wir also in Zukunft Open-World-Spiele haben, wo Quick-Travel einfach nicht wünschenswert ist, müssen deutlich mehr Ressourcen aufgewandt werden (=mehr Geld, mehr Manpower, mehr Zeit) - was wiederum nur möglich ist, wenn die Umsätze entsprechend steigen.
Oder es müsste analog zur technischen Entwicklung eine Automatisierung stattfinden - können KIs vielleicht in Zukunft Stories stricken? Kann dieser kreative Prozess vereinfacht werden?

Die Umsätze der Branche steigen und natürlich werden heute deutlich mehr Ressourcen für ein großes Spiel aufgebracht, als vor 15 Jahren, aber auch da die Frage: wie lang hält das noch an? Und: der Trend geht schon dahin, dass die großen AAA-Titel wenig auf Innovation setzen.
Die Innovationen und tollen Geschichten findet man heute meist im Indie-Bereich. Aber ein kleines Indie-Studio kann wiederum nicht die Ressourcen aufbringen, ein Open-World-Spiel à la Skyrim zu entwickeln, dessen Welt so vollgestopft ist, dass jeder Spieler freiwillig auf Quick-Travel verzichtet.

Die Gretchenfrage bei der ganzen Geschichte ist auch ein bisschen: Steht das Medium eigentlich am Anfang seiner Entwicklung oder passiert gar nicht mehr so viel, wie vielleicht erwartet?

Ich könnte noch weiter schreiben, aber vielleicht interessiert's ja gar keinen... :mrgreen:
Ich fand es gerade sehr spannend, darüber nachzudenken, ihr vielleicht auch :)
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Fährmann
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Re: Themenvorschlag: Steckt im Medium Videospiele eigentlich WIRKLICH noch soviel Potential?

Beitrag von Fährmann »

Halte ich für ne spannende These.

Zumal es ja journalistischer Konsens zu sein scheint, dass das Medium sein Citizen Kane noch vor sich hat. Herauszuarbeiten, wo noch Potential ist, find ich immer interessant.

Das Beispiel oben leidet ein wenig darunter, dass Skyrim einfach ein objektiv überschätztes und noch nicht einmal mittelmäßiges Spiel ist, was allerdings noch niemand außer mir herausgefunden hat. Ich warte auf die Nachwelt, die mir irgendwann Recht gibt. ^_^
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Nachtfischer
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Re: Themenvorschlag: Steckt im Medium Videospiele eigentlich WIRKLICH noch soviel Potential?

Beitrag von Nachtfischer »

Das Potenzial steckt meines Erachtens nicht in der Technik und nicht im Budget. Eher im Gegenteil: Die lenken oft genug vom Wesentlichen ab.

Die Disziplin "Game-Design" andererseits ist noch eine enorm junge. Wie lange haben wir dedizierte Professionelle in diesem Bereich? Großzügig gerechnet 40 Jahre? Wenn wir uns den regelmäßigen theoretischen Austausch anschauen, kommen wir vielleicht auf 20-30.

Wir sind handwerklich-künstlerisch noch ganz am Anfang. Die Industrie ist leider ohne wirklich solides künstlerisches Fundament extrem schnell gewachsen. Weshalb wir jetzt mit diesem zugleich volatilen und doch enorm unbeweglichen Giganten namens AAA umgehen müssen (und als Spieler oft ziemlich tief graben, um die paar wenigen innovativen Perlen pro Jahr zu finden, die das Medium voranbringen).
Lansbury

Re: Themenvorschlag: Steckt im Medium Videospiele eigentlich WIRKLICH noch soviel Potential?

Beitrag von Lansbury »

Ich halte das Thema auch für ganz spannend und denke oft drüber nach, komme aber immer zum Schluss, dass da noch wesentlich wesentlich mehr geht.

Wie bereits in einer Folge besprochen wurde, hat sich der Spielepreis kaum der Inflation angepasst, aber dennoch lechzen Spieler nach entsprechend viel Content, der den Preis rechtfertigt. Und da klatschst du gerne mal eine Open World mit 6 Nebenquests hin, die sich im Kern immer gleich abspulen.

Aber der Fortschritt der Technik wird es auch mal möglich machen, eine große Open World wirklich zu füllen, ohne dafür 200 GB oder 3 Discs zu benötigen, bzw. 2 Jahre mehr Zeit dafür investieren zu müssen. Der Wettbewerb wäre sowieso zu hart, um sich diese Zeit zu nehmen.

Visionen gibt es wohl viele, aber das Handwerkszeug gibt es wohl (noch) nicht wirklich her. Wenn man durch den Fortschritt etliche Zwischenschritte in der Programmierung sparen kann, kannst du dir auch die Zeit raus nehmen, neue Sachen zu probieren, die die Welt vielfältiger und glaubwürdiger gestalten. Wenn es nicht mehr so arbeitsintensiv ist, wird wohl, so hoffe ich, auch vermehrt auf Copy & Paste verzichtet.

Und das Mehr an Zeit, das man dadurch hat, bietet eventuell auch mehr Luft für das Ausarbeiten einer gescheiten Story.

Hinzu kommen beim Stichwort Visionen, auch die Hürden und Schranken hinzu, die dieses Medium derzeit noch hat. Ich habe keine Zweifel, dass das Medium in Zukunft den selben Stellenwert wie Serien oder Filme haben wird und damit die selben künstlerischen Freiheiten.

Und klar wird die Zeit kommen, dass man grafisch nichts mehr steigern kann, aber das kannst du bei Serien und Filmen ja auch nicht. Und dennoch zweifelt niemand deswegen an der Zukunft dieser Medien. Irgendwann gibt es keine Steigerung mehr von Realismus.

Außerdem darf man den steigenden Anteil der möglichen Interaktion nicht vergessen, was das große Plus sein wird, vor allem gegenüber der anderen Medien. Keine Kunstform hat diese ausschweifenden Möglichkeiten. Ich denke nur an Dinge wie Virtual Reality und Augmented Reality, wenn sie aus den Kinderschuhen raus und besser darstellbar sind, oder halt, was sich der Fortschritt noch so aus dem Hut zaubert.

Wie du außerdem richtig sagst, findet man zur Not die Innovationen im Indie-Bereich, und auch dort wird mit dem Fortschritt mehr möglich sein. Eventuell sitzen sogar wir in ferner Zukunft vor einem Baukasten wie dem RPG-Maker, und du kannst dir dein eigenes AC Origins zusammenklöppeln, ganz platt ausgedrückt. Also über das Thema Stillstand mache ich mir gar keine Sorgen. Ganz im Gegenteil sogar.

Gruß,
Dennis
Zuletzt geändert von Lansbury am 1. Jun 2018, 19:46, insgesamt 3-mal geändert.
jogspr
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Registriert: 17. Jan 2017, 14:41

Re: Themenvorschlag: Steckt im Medium Videospiele eigentlich WIRKLICH noch soviel Potential?

Beitrag von jogspr »

Ich denke auch, dass sich der technische Fortschritt bei dem Medium Games wesentlich stärker auswirkt, als bei den anderen Medien.

So ist beispielsweise ein Fritz Lang Film aus den 30ern imho wesentlich näher an einem aktuellen Film dran, als ein Game aus den 80ern an aktuellen Games. Daher ist der Vergleichszeitraum so viel viel kürzer, dass Games derzeit noch immer in den Kinderschuhen stecken.

Gleiches gilt auch für gesellschaftliche Akzeptanz und Präsenz, geschweige denn Förderung wie bei anderen Medien.

Man muss den Games da noch Zeit lassen, dass das vorhandene riesige Potential ausgeschöpft werden kann
Gruß
Jo
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Soulaire
Beiträge: 1480
Registriert: 28. Mär 2016, 06:44

Re: Themenvorschlag: Steckt im Medium Videospiele eigentlich WIRKLICH noch soviel Potential?

Beitrag von Soulaire »

Was du als Gefahr ansiehst, sehe ich als zwingend notwendig an, damit sich das Medium der Games weiterentwickelt. Und zwar, dass der Technik-Fortschritt langsam ausgereizt wird und man Spiele nicht mehr ausschließlich durch Grafik oder Technik verkaufen kann. Der Fortschritt der Grafik wird immer kleiner und die Engines werden immer zugänglicher und vor allem günstiger, also bin ich da positiv.
Das Medium Games kann prinzipiell sogar das gesamte Potenzial von anderen Medien wie dem Film oder Buch in sich vereinen, was es ja auch zum Teil schon tut(Ein Videospiel kann wirklich alles sein).
Aber auch die verschiedenen Genres im Medium Games sind viel unterschiedlicher als in anderen Medien und meiner Meinung nach ist da noch viel Platzt für neue Ideen. Zumal es bei weitem noch nicht so viele "Werke" pro Genre bei Spielen gibt wie beispielsweise beim Film.

Die fehlende Innovation liegt aber, wie ich finde auch an den Käufern und den Kritikern, die alt bekanntes weiterkaufen/loben und die wirklich seltenen innovativen Spiele nicht genügend wertschätzen.
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