Schlechter Internetausbau

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Axel
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Schlechter Internetausbau

Beitrag von Axel »

Als ich letztens mal wieder bei meinen Eltern auf dem Land war, ist mir wieder aufgefallen wie sehr diese von der heutigen Kommunikationstechnik abgeschnitten sind. Ich hatte mehrere Fotos und ein Video mit dem Handy gemacht und wollte diese meiner Freundin schicken. Das waren ungefähr 800MB. Ein 4G Netz gab es da auch nicht und ihr heimischer Internetanschluss der Telekom hatte eine Maximalgeschwindigkeit von 450 kb/s Downspeed und 40 kb/s Upspeed. Ich musste dann die Dateien über Nacht (!) hochladen, bei mir daheim wäre das innerhalb weniger Minuten erledigt gewesen.

Ich war tatsächlich geschockt, dass schnelle Internetleitungen immer noch nicht bei meinen Eltern angekommen sind. Und es scheint wohl auch, wenn ich das im Internet richtig lese, so zu sein, dass immer noch sehr viele ländliche Gegenden in Deutschland Probleme haben schnelles Netz zu bekommen, weil es sich für die Anbieter "nicht lohnt" dort auszubauen.

Streaming, Skype-Telefonate und alles andere was Bandbreite braucht, war da nicht möglich. Selbst einige Homepages hatten Probleme schnell geladen zu werden. Durch das fehlende 4G Netz war mein Handy quasi nutzlos. Kein Musikstreaming unterwegs, WhatsApp recht schleppend, keine Möglichkeit zur Navigation, etc.

Nun stell ich mir vor, ich müsste dort noch leben. Als Gamer bin ich es gewohnt, dass 50GB Dateien für ein neues Spiel bei Steam oder auf der Konsole runtergeladen werden. Plus Patches, Mods und so weiter. Nebenbei streame ich natürlich HD Videos oder ich schicke große Datenpakete mit Arbeitskollegen hin und her. Das alles wäre da garnicht mehr möglich!

Mich würde daher wirklich freuen, wenn ihr euch dem Thema mal annehmen würdet. Wie lebt es sich als Gamer auf dem Land? Schon jetzt sind in Zeiten von 50GB großen Patches Datenträger quasi sinnlos und nutzlos geworden. Alles läuft nur noch online ab. Warum macht da die Politik nicht endlich mal Druck? Oder der GAME als Branchenverband?
BigBB
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Re: Schlechter Internetausbau

Beitrag von BigBB »

Hm, dazu fiel mir direkt das folgende herrliche Zitat ein: "we have a product for people who can't get online, it's called Xbox 360"

:-)
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Wudan
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Re: Schlechter Internetausbau

Beitrag von Wudan »

Ich lebe seit 2 Jahren wieder in der Stadt, hab aber vorher ca. 5 Jahre auf dem Land gelebt mit genau der Verbindung die du ansprichst (nennt sich DSL-Light, 380Kb/s down, 40Kb up). Was anderes gabs da einfach nicht, es sei denn man baut sich per Schüssel ne Satellitenverbindung (teuer, und ändert auch am upload nichts).

Wie man damit als Gamer lebt? naja... sehr schlecht! :D Aber man wird auch erfinderisch und leidensfähig sag ich mal. Youtube geht halt nur in 240p einigermaßen flüssig, es sei dann mal lädt das Video erstmal vor und macht derweil was anderes. Streaming kann man generell ziemlich vergessen. Steam geht halt so für kleinere Spiele, der Client kann ja pausieren und an der selben Stelle später fortfahren die Datei runterzuladen - lässt man also über nacht laufen.

Für größere Games muss man dann auf die guten alten Retail-Boxen zurückgreifen. Besonders perfide: Wenn in der Box nur ein Steam-Key ist >< Als damals Mitleidender konnte ich den Rage gegen Metal Gear 5 diesbezüglich voll und ganz verstehen.

Man brauch generell viel Geduld, auch was das ganz normale Surfen angeht. Die meisten können sich heutzutage wahrscheinlich gar nicht vorstellen wie langsam sich eine moderne Webseite aufbaut mit dieser Geschwindigkeit. 90er lassen grüßen! Da geht auch ohne effektiven Adblocker nichts, es sei denn man will erstmal ne halbe Stunde warten bis die ganzen Ads geladen sind befor die eigentliche Webseite lädt.

Es gibt ein paar Tools die bisschen helfen. Ich hab Netlimiter benutzt, mit dem man einzelnen Anwendungen eine feste Bandbreite zuweisen kann. Damit verhindert man das ein einzelner Vorgang die gesamte Bandbreite von anderen Anwendungen wegnimmt.

Die gute Nachricht: Podcasts laden geht immernoch recht gut! :D

Ironie: Kurz bevor ich weggezogen bin hat sich Kabel Deutschland bequemt endlich Glasfaser durch den Ort zu legen. Von Telekom gabs aber auf Nachfrage immer die selbe Antwort: Lohnt sich nicht.

Mobilverbindung gabs übrigens aufgrund umliegender Weinberge auch nicht.

Und so Zustände gibts leider in Deutschland nach wie vor sehr flächendeckend. Für die Firmen dort ist das nochmal ein ganz anderes Problem!
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Axel
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Re: Schlechter Internetausbau

Beitrag von Axel »

Und weil es so flächendeckend in Deutschland ist, finde ich das verwunderlich, dass das Thema medial nicht groß stattfindet. Da verenden IMO ganze Landflecke. Welche Firma siedelt sich denn schon außerhalb von einer Großstadtregion, wenn da keine Infrastruktur vorhanden ist? Der Workflow jeder heutigen Firma ist mit schnellem Internet verbunden. Das geht garnicht mehr anders.

Auch wird sich Digitalisierung und Automatisierung nicht aufhalten lassen. Stichwort autonome Autos und dergleichen. Wie sollen die vernünftig funktionieren, wenn es in ländlichen Gegenden nichtmal eine vernünftige Mobilverbindung gibt?

In spätestens 10 Jahren wird unser Land doch wirtschaftlich komplett abgehängt sein. Dann ist essig mit Exportweltmeister.
Für größere Games muss man dann auf die guten alten Retail-Boxen zurückgreifen. Besonders perfide: Wenn in der Box nur ein Steam-Key ist >< Als damals Mitleidender konnte ich den Rage gegen Metal Gear 5 diesbezüglich voll und ganz verstehen.
Und auch das ist ja mittlerweile nicht mehr möglich in Zeiten von Day-1-Patches und Games as a Service und dergleichen. Ich hatte kein PC oder PS4 Spiel der letzten Jahre, wo es keine riesigen Patches gab. Ich habe eine 16er Leitung und selbst damit muss man bei einem 50GB Download erstmal ein paar Stunden was anderes machen.
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Desotho
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Re: Schlechter Internetausbau

Beitrag von Desotho »

MitSchmackes! hat geschrieben: 4. Jul 2018, 15:21 Wie lebt es sich als Gamer auf dem Land?
Glücklicherweise haben wir auch weiterhin ein Produkt für Menschen, die keinen Zugang zum Internet haben, sie heißt Xbox 360.

/edit: Thread vorher lesen wäre ne super Idee gewesen :lol:

Letztendlich werden diese Leute als Minderheit einfach schauen müssen wo sie bleiben. Ich hatte vor Jahren irgendeinen Dirt-Teil gekauft. Die Demo lief super. Das fertige Spiel meinte dann:Ohne Dual Core laufe ich aber nicht.
Oder ich hatte noch nen Röhrenmonitor (warum ersetzen, der läuft heute noch) und bei Driver San Francisco war das Bild extremst dunkel und es gab keinen Gamma Regler. Die Entwickler haben offenbar nicht in Erwägung gezogen dass noch jemand mit ner Röhre unterwegs ist.
Oder ich weiß noch dass sich bei Dark Age of Camelot im Spiel mal die Datenmengen erhöht hatten wonach dann ein Gildenkollege mit ISDN echte Probleme bekommen hat. Aber schon damals hatten die meisten DSL.
Ich denke wir kommen immer weiter in einen Bereich wo Internet einen ähnlichen Stellenwert wie Wasser und Strom hat.
El Psy Kongroo
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Axel
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Re: Schlechter Internetausbau

Beitrag von Axel »

Desotho hat geschrieben: 4. Jul 2018, 18:27 Letztendlich werden diese Leute als Minderheit einfach schauen müssen wo sie bleiben.
Laut BMEL leben in Deutschland 46,9 Millionen Menschen im ländlichen Raum, aufgeteilt auf eine Fläche von 326.911 km².
Und beim Breitbandausbau klaffen arge Lücken. Hier der Breitbandatlas des BMVI. https://www.bmvi.de/DE/Themen/Digitales ... start.html

Selbst bei 16 Mbit/s, also absoluter Standard, gibt es recht wenige Flecken auf der Karte, wo der Ausbau mehr als 95% der Haushalte beträgt. Eigentlich nur in den Ballungsgebieten rund um die Metropolen wie Berlin, München, Frankfurt oder Mainz. Interessant sind auch die vielen Flecken beim LTE-Standard. Das sind sicherlich viele kleine Flecken, ja. Werden aber zum großen Problem.
Beispiel: Seit Jahren ist man ja am diskutieren, UKW abzuschalten - mit dem Verweis auf Internetstreaming. In ländlichen Gegenden wird man schlechterdings dann kein Radio mehr empfangen können. Was überlebenswichtig werden könnte, sollte es mal zur Katastrophe kommen.

Ich denke also nicht, dass Menschen mit langsamen Internet eine Minderheit in Deutschland darstellen. Vielleicht fällt uns das, die wir in den Städten wohnen, nur nicht so sehr auf. Aber von Minderheit würde ich wirklich nicht sprechen.
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ragdel
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Re: Schlechter Internetausbau

Beitrag von ragdel »

Wobei es mir manchmal vorkommt als würde ausgewürfelt werden, welches Gebiet wie versorgt wird.
Meine Eltern wohnen in einen kleinen Dorf in Brandenburg (60 Einwohner, nix im Umkreis) aber da liegen Glasfaserleitungen mit 200mbit an.
Das kriege ich nicht mal in meiner Straße hier in Magdeburg. Da ist bei 100mbit schluss.
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Dicker
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Re: Schlechter Internetausbau

Beitrag von Dicker »

Da gab es mal bei CRE einen sehr aufschlussreichen Podcast namens Internet im Festnetz, der im Detail erklärt, warum das alles so ist, wie es ist. Zum Beispiel, dass nach der Wende sehr viele Glasfaserleitungen im Osten verlegt wurden, man aber mit DSL auf Kupfer gesetzt hat, weshalb der Ausbau im Westen nie kam.
Mittlerweile gehört Internet aber so dazu wie Wasser und Strom, echt traurig, dass da so wenig passiert.
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Leonard Zelig
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Re: Schlechter Internetausbau

Beitrag von Leonard Zelig »

Ich lebe in einer Kleinstadt, 15 km von einer Großstadt entfernt, und habe auch nur 6 MBit/s. Aber erst seit drei Jahren. Davor waren es 2 Mbit/s.

Als Konsolenspieler hat es mich lange Zeit nicht gestört, auf der Xbox 360 waren alle Patches kleiner als 10 MB und Download-Spiele waren meist auch eher klein. Angefangen zu nerven hat es als ich auf der PS3 ein PlayStation-Plus-Abo abgeschlossen habe und der Download der großen Spiele immer ewig gedauert hat. Das stört mich auch aktuell auf der PS4. 20 GB gehen noch, aber bei 40-GB-Spielen überleg ich zweimal ob ich die mir runterlade.

Hätte ich einen Gaming-PC wäre es noch nerviger, weil ja im Grunde jedes Spiel heruntergeladen werden muss, auch wenn es als Verpackung im Laden steht.

Zwar werde ich wohl bald umziehen zwecks Job, aber ich glaube nicht, dass ich mir in den Großstädten die Top-Wohnungen mit super Internet aussuchen kann. Eher dürfte ich froh überhaupt eine bezahlbare Wohnung zu finden.

Schon deprimierend wie weit wir bei dem Thema hinterherhinken.
"The whole problem with the world is that fools and fanatics are always so certain of themselves, but wiser people so full of doubts."

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Feamorn
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Re: Schlechter Internetausbau

Beitrag von Feamorn »

Das ist eines meiner liebsten "Aufregerthemen"... Ich bin im Bonner Zentrum ziemlich privilegiert mit meiner Versorgung, aber schon etwas weiter am Stadtrand, den umliegenden Orten oder auch in manchen Kölner Ecken nehmen die Leitungsqualitäten plötzlich merklich ab. Klar, viele hier haben gute Leitungen, aber wenn es selbst im dicht besiedelten Rheinland nicht mit einer wirklich flächendeckenden Versorgung klappt... Und nein, Hybrid zählt für mich nicht, das ist, wenn überhaupt, ein temporäres Notfallpflaster. Generell empfinde ich es als Hohn, LTE als Lösung des Problems verkaufen zu wollen, wie es auf dem Land oft geschieht. Natürlich freuen sich die Leute, wenn es von Klingeldraht auf LTE hoch geht, aber eine "Lösung" ist das nicht.
Ich schaue öfter mal nebenbei nach anderen Wohnungen und ich schaue mittlerweile tatsächlich in der Regel als erstes nach der Netzanbindung.
Im, recht großen und sonst gut ausgebauten, Dorf meiner Eltern dauert das mit den Leitungen auch schon ewig, wobei es da noch recht früh immer das 16.000er DSL von der Telekom gab, aber auch das ist ja in Relation zu den mittlerweile möglichen Anwendungen nicht mehr wirklich "breit". Im Dorf meiner übrigen Familie im Westerwald sieht es bis heute düster aus. Da soll "bald" irgendwas besseres kommen, bisher gibt es auch nur Funk.
Ich denke auch, dass das festhalten an Kupfer bzw. der schleppende Ausbau der Glasfaser dem Land irgendwann auf die Füße fallen wird. Zur Zeit mag das alles noch langen mit der Bandbreite, aber die Erfahrung zeigt, dass der Bedarf ja nun eher nicht sinken wird. (Da ist ein schönes Beispiel ja eben auch das Spielestreaming, da braucht es ordentliche Bandbreiten und gute Latenz.)
Ich kann schon nachvollziehen, dass die Konzerne nicht aus Jux und ohne größere Gewinnaussicht viel Geld in die Hand nehmen und das alles von sich aus antreiben, aber eben genau da MUSS die Politik dringend was tun. Und sie tut nichts. Es hieß ich in der Vergangenheit immer wieder mal "bis 2018 haben wir Flächendeckend MBit-Anschlüsse", dann hieß es irgendwann nur noch "bis 2025 haben wir in weiten Teilen Breitband", jetzt ist auch davon keine Rede mehr.
Und dann wundert man sich, dass keine Firmen auf's Land gehen und auch viele Menschen lieber in (zumindest relativer) Nähe des Arbeitsplatzes wohnen wollen, ordentliche Infrastruktur möchten und damit halt auch am Ende die hohen Mieten in den Ballungsräumen noch weiter nach oben treiben. Für mich ist das politische Kurzsichtigkeit, nein, Blindheit, wohin man sich auch wendet...

Wie gesagt, Aufregerthema... ;) :(


Ansonsten lese und höre ich zu dem Thema noch Sascha Lobo ganz gerne. Der schreibt bzw. redet sich in seiner Kolumne bzw. dem zugehörigen Podcast fast schon regelmäßig einen Wolf zu dem Thema...
http://www.spiegel.de/thema/spon_lobo/
https://soundcloud.com/user-728223693
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Alienloeffel
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Re: Schlechter Internetausbau

Beitrag von Alienloeffel »

Ach Glasfaser! Das kann man doch alles mit Vectoring lösen, immer dieses Geschrei. Außerdem gibt es echt wichtigeres als 50GB in zwei Minuten runter laden zu können. Mir ist das Internet zu hause schnell genug, da geht alles von Emails zu Youtube.

:lol: :lol: :lol: :lol: :lol: :lol: :lol: :lol:

Wenn man sich darüber Gedanken macht bekommt nur schlechte Laune. Das die Telekom als nach wie vor anteilig staatlicher Konzern sich so sehr gegen den so offensichtlich nötigen Klasfaser Ausbau stellt und die Politik seit Jahrzehnten auf dem Bereich völlig versagt ist einfach nicht zu glauben. Schon Kanzler Schmidt wollte landesweiten Glasfaser Ausbau. Das war Anfang der 80er. Und dann kam Kohl und die Union, da war Fernsehen erstmal wichtiger. Yay.
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Feamorn
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Re: Schlechter Internetausbau

Beitrag von Feamorn »

Alienloeffel hat geschrieben: 5. Jul 2018, 11:02 Schon Kanzler Schmidt wollte landesweiten Glasfaser Ausbau. Das war Anfang der 80er. Und dann kam Kohl und die Union, da war Fernsehen erstmal wichtiger. Yay.
Ja, ich finde den Satz gleichzeitig unheimlich frustrierend als aus einer "das kann man ihm gut in die Schuhe schieben"-Position her irgendwie befriedigend: "Wegen Kohl haben wir 2018 nicht überall Glasfaser."

Wobei ich da neulich (bei Lobo) noch mehr zu den Hintergründen gehört habe, und der damalige Postminister da wohl, ähm, "Interessenskonflikte" hatte, die aus heutiger Sicht irgendwie echt krass klingen...
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Peter
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Re: Schlechter Internetausbau

Beitrag von Peter »

Hier in einem 5000-Einwohner-Kaff, 15km von Karlsruhe entfernt, bekomme ich 100MBit, noch dazu ist ein zweites Glasfasernetz mit Anschlüssen direkt an die Häuser geplant. Die Leerrohre dafür wurden beim Glasfaser-Ausbau der Telekom gleich mit verlegt. Dagegen kenne ich Leute, die im Zentrum von Karlsruhe wohnen und dort nur 16Mbit bekommen. Also ich kann mich nicht beklagen ;)
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Stew_TM
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Re: Schlechter Internetausbau

Beitrag von Stew_TM »

Hachja, die Telekom und der Glasfaserausbau...

Hier mal ein kurzes Video aus der Reihe "Realer Irrsinn" von Extra 3 zu diesem Thema. Da kann man sich nur noch an den Kopf fassen.
https://www.youtube.com/watch?v=ttRxc8a2Nh8
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HerrReineke
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Re: Schlechter Internetausbau

Beitrag von HerrReineke »

Feamorn hat geschrieben: 5. Jul 2018, 10:49 Ich bin im Bonner Zentrum ziemlich privilegiert mit meiner Versorgung
Hallo Nachbar :greetings-wavingyellow:

Aus dieser guten Situation heraus sind meine Probleme tatsächlich eher die Konditionen die es dann am Markt tatsächlich auch bei vorhandenem schnellen Internet gibt. Ich wäre sehr froh, wenn z.B. die Kabelanschlüsse zukünftig auch von Mitbewerbern mitgenutzt werden könnten, da es dort von Preiskampf nichts zu spüren gibt. Bei mir sind die Kosten für Internet (120 MBit) ca. 50% höher als für Strom (im zwei Personen-Haushalt)...

Ich fand es aber auch sehr überraschend, dass die finanziellen Anreize aus der Politik bislang scheinbar derart schlecht konstruiert waren, dass faktisch kaum ein Unternehmen diese wahrnimmt. Von 3,5 Mrd € die an Fördermitteln bewilligt wurden, sind bis Mai nur 27 Millionen abgerufen worden (Bericht dazu beim ZDF). Und die Abrufquote ist in Berlin am höchsten (40%) und in ländlichen Regionen am niedrigsten (teilweise unter 0,1 %). Das kann ich mir nur damit erklären, dass diese Fördermittel als Wettbewerbsanreiz genommen werden um in umkämpften Gebieten Anteile zu steigern, während auf dem Land sich einfach kein Anbieter drum schert.

Sehr positiv wahrgenommen habe ich tatsächlich nur die Ausbaubemühungen lokaler Anbieter, z.B. in Schleswig-Holstein bei meiner Mutter. Da haben die teilweise eher das Problem, dass sich in einigen Gebieten keine 20% (?) der Eigentümer bereit erklären, Glasfaser zu sich legen zu lassen. Sogar dann, wenn das Verlegen an sich umsonst ist. Das kann ich mir fast nur mit der Altersstruktur auf diesen Dörfern erklären. Oder würde es gerne, nur leider ist die Altersstruktur dort häufig gar nicht so, wie man es erstmal erwarten würde.
Zu diesem Problem gab es letztens auch eine Umfrage von BITKOM (Golem-Bericht zur Umfrage).
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Alienloeffel
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Re: Schlechter Internetausbau

Beitrag von Alienloeffel »

Feamorn hat geschrieben: 5. Jul 2018, 11:08
Alienloeffel hat geschrieben: 5. Jul 2018, 11:02 Schon Kanzler Schmidt wollte landesweiten Glasfaser Ausbau. Das war Anfang der 80er. Und dann kam Kohl und die Union, da war Fernsehen erstmal wichtiger. Yay.
Ja, ich finde den Satz gleichzeitig unheimlich frustrierend als aus einer "das kann man ihm gut in die Schuhe schieben"-Position her irgendwie befriedigend: "Wegen Kohl haben wir 2018 nicht überall Glasfaser."

Wobei ich da neulich (bei Lobo) noch mehr zu den Hintergründen gehört habe, und der damalige Postminister da wohl, ähm, "Interessenskonflikte" hatte, die aus heutiger Sicht irgendwie echt krass klingen...
An der Stelle hatte ich da auch wieder was von gehört. Sehr interessant aber auch kaum zu glauben. Laut Lobo haben ja auch anscheinend andere Länder wie Japan (War es Japan?) sogar nachgefragt warum Deutschland zu dem Zeitpunkt noch in Kupfer investiert und ab da wird es echt grotesk.
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Feamorn
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Re: Schlechter Internetausbau

Beitrag von Feamorn »

Ich fand es aber auch sehr überraschend, dass die finanziellen Anreize aus der Politik bislang scheinbar derart schlecht konstruiert waren, dass faktisch kaum ein Unternehmen diese wahrnimmt. Von 3,5 Mrd € die an Fördermitteln bewilligt wurden, sind bis Mai nur 27 Millionen abgerufen worden (Bericht dazu beim ZDF). Und die Abrufquote ist in Berlin am höchsten (40%) und in ländlichen Regionen am niedrigsten (teilweise unter 0,1 %). Das kann ich mir nur damit erklären, dass diese Fördermittel als Wettbewerbsanreiz genommen werden um in umkämpften Gebieten Anteile zu steigern, während auf dem Land sich einfach kein Anbieter drum schert.
Das liegt halt daran, dass viele in der Politik das Potential eines flächendeckend Ausbau immer noch nicht verstehen, oder aber zu sehr den Telekom-Lobbyisten zuhören. Die Gegner reduzieren das Ganze ja meist auf "ich brauche nicht noch mehr Bandbreite für YouTube/Netflix", dass aber auch Sachen wie Remote-Computing im Homeoffice oder gleich ganze digitale Selbstständigkeiten von Daheim aus möglich oder unmöglich werden, das wird viel zu oft ignoriert. Dazu kommt, dass eine hohe Bandbreite für's Homeoffice am Ende ja sogar ein (gar nicht mal so unwichtiger) Baustein der Verkehrsvermeidung für die großen Ballungszentren und Städte sein kann...
Sehr positiv wahrgenommen habe ich tatsächlich nur die Ausbaubemühungen lokaler Anbieter, z.B. in Schleswig-Holstein bei meiner Mutter. Da haben die teilweise eher das Problem, dass sich in einigen Gebieten keine 20% (?) der Eigentümer bereit erklären, Glasfaser zu sich legen zu lassen. Sogar dann, wenn das Verlegen an sich umsonst ist. Das kann ich mir fast nur mit der Altersstruktur auf diesen Dörfern erklären. Oder würde es gerne, nur leider ist die Altersstruktur dort häufig gar nicht so, wie man es erstmal erwarten würde.
Zu diesem Problem gab es letztens auch eine Umfrage von BITKOM (Golem-Bericht zur Umfrage).
Ich denke, dass die meisten es einfach nicht "besser" kennen und daher auch keinen Grund für eine Investition sehen. Ich meine, wenn selbst viele "Fachleute" in der Politik etc. nicht sehen, dass sich ein Ausbau lohnt, sollte man es kaum von einem Laien erwarten. Es gibt ja auch genügend Beispiele von Verbesserungen der Lebensqualität/Innovationen, deren Wert man erst erkennt, wenn man sie am eigenen Leibe erfährt. Nur ist so ein Glasfaseranschluss halt kein Produkt, dass sich "langsam" in's Leben der Bevölkerung einschleichen kann, sondern hat grundsätzlich eine nicht triviale Investitionsschwelle. Hier kann nur und hier muss die Politik meiner Meinung nach mehr Mittel zur Verfügung stellen und auch entsprechenden Druck auf die Marktteilnehmer aufbauen.

HerrReineke hat geschrieben: 5. Jul 2018, 13:06
Feamorn hat geschrieben: 5. Jul 2018, 10:49 Ich bin im Bonner Zentrum ziemlich privilegiert mit meiner Versorgung
Hallo Nachbar :greetings-wavingyellow:
Wenn ich mir das hier so ansehe, könnte man langsam mal ein Bonner Forentreffen in Betracht ziehen. ;)
(Auf der Google-Karte die ein Nutzer hier anlegte sind ja mittlerweile doch ein paar Einträge aus Bonn und der Umgebung zu finden.)
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Feamorn
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Re: Schlechter Internetausbau

Beitrag von Feamorn »

Alienloeffel hat geschrieben: 5. Jul 2018, 13:16
Feamorn hat geschrieben: 5. Jul 2018, 11:08
Alienloeffel hat geschrieben: 5. Jul 2018, 11:02 Schon Kanzler Schmidt wollte landesweiten Glasfaser Ausbau. Das war Anfang der 80er. Und dann kam Kohl und die Union, da war Fernsehen erstmal wichtiger. Yay.
Ja, ich finde den Satz gleichzeitig unheimlich frustrierend als aus einer "das kann man ihm gut in die Schuhe schieben"-Position her irgendwie befriedigend: "Wegen Kohl haben wir 2018 nicht überall Glasfaser."

Wobei ich da neulich (bei Lobo) noch mehr zu den Hintergründen gehört habe, und der damalige Postminister da wohl, ähm, "Interessenskonflikte" hatte, die aus heutiger Sicht irgendwie echt krass klingen...
An der Stelle hatte ich da auch wieder was von gehört. Sehr interessant aber auch kaum zu glauben. Laut Lobo haben ja auch anscheinend andere Länder wie Japan (War es Japan?) sogar nachgefragt warum Deutschland zu dem Zeitpunkt noch in Kupfer investiert und ab da wird es echt grotesk.

Ja. Dermaßen grotesk, dass ich es bereits wieder verdrängt hatte. Das war in der Tat noch einmal die krönende Kirsche auf dem ganzen Wahnsinn.
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