Was können Spiele von Romanen lernen?

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Pichermicha
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Was können Spiele von Romanen lernen?

Beitrag von Pichermicha »

Das Buch hat uns viel darüber beigebracht, wie man eine Geschichte am besten erzählt.
Insbesondere im 20. Jahrhundert hat sich der Roman als gesellschaftlich anerkanntes und massentaugliches Medium etabliert. In dieser Zeit haben sich einige "Regeln" in der Romanschreiberei herauskristallisiert, welche dem Schaffensprozess eines Romans neben dem Künstlerischen auch einen handwerklichen Aspekt hinzufügen.
Nur um einige Beispiele zu nennen:
- show, don't tell
- Kürze alles raus, was geht
- Jeder erste Entwurf ist Mist

Spiele dagegen scheinen solche Regeln konsequent zu ignorieren, sowohl im Storytelling als auch aus Gameplaysicht (Stichpunkt "künstliches Strecken von Spielzeit").

- Lassen sich solche "Regeln" für gutes Storytelling nicht fast 1 zu 1 auf Spiele übertragen?
- Inwieweit ist die Anwendung solcher Grundsätze in riesigen Entwicklerteams für AAA-Produktionen überhaupt möglich?
- Verzeihen wir Spielen Fehler, die wir einem "perfektioniertem" Medium wie dem Roman nicht mehr durchgehen lassen?
- Wieviel Buch im Spiel ist überhaupt erlaubt, ohne dass man nicht sowieso lieber ein Buch zur Hand nehmen sollte?

Fände eine Folge interessant (Sofern es eine Solche nicht schon gibt und sie mir unbekannt ist, die Podcaster beschweren sich ja öfter mal über das erzählerische Niveau in Spielen).
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Sebastian Solidwork
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Re: Was können Spiele von Romanen lernen?

Beitrag von Sebastian Solidwork »

Ich glaube eine Erkenntnis die sich erst so langsam durchsetzt ist, dass wir bei interaktiven Medien grundsätzlich zwei unterschiedliche Arten von Spielen unterscheiden können. Mechanische und narrative. Interaktive Narration, nicht das Anschauen von kurzen Filmen.
Nur wenige Spiele heutzutage orientieren sich daran, die meisten sind eine bunte Mischung die regelmäßig hitzig geführte Diskussionen erzeugt (z.B. "Ich will einen Boss-Skip-Button um die Gesichte erleben zu können."). Daher ist es auch schwer bei der Masse der Spiele diese Unterscheidung zu erkennen und zu treffen.

Für narrative Spiel haben die Soma-Entwickler ein paar interessante Grundsätze aufgestellt, diese wären wohl das Gegenstück zu dem was du für Romane nennst.:
1) The focus is on storytelling.
This is a trivial requirement, but still way too uncommon. Basically, the main goal of the game should be for the player to experience a specific story.

2) The bulk of the gameplay time is spent playing.
We want interactive storytelling, so players should play, not read notes, watch cutscenes, etc. These things are by no means forbidden, but they should not make up the bulk of the experience.

3) The interactions make narrative sense.
This means actions that:
Move the story forward.
Help the player understand their role.
Are coherent with the narrative.
Are not just there as padding.

4) There's no repetition.
Repetition leads to us noticing patterns, and noticing patterns in a game system is not far away from wanting to optimize them. And once you start thinking of the game in terms of "choices that give me the best systemic outcome", it takes a lot of focus away from the game's narrative aspects.

5) There are no major progression blocks.
There is no inherent problem with challenge, but if the goal here is to tell a story, then the player should not spend days pondering a puzzle or trying to overcome a skill-based challenge. Just as with repetition this takes the focus away from the narrative.
Just die großartige En Detail-Folge zur Journey zeigte mir mal wieder das Potential auf, dass narrative Interaktion haben kann.
Wolfgang hat in einem Wortreich gegen die Heldenreise in Spielen gewettert.
In den oben verlinkten Artikeln werden auch gute Beispiel genannt. Das prominenteste ist für mich What Remains of Edith Finch.
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