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Re: Warum können deutsche Entwickler keine guten Geschichten erzählen?

Verfasst: 2. Okt 2019, 12:09
von Heretic
Andreas29 hat geschrieben: 2. Okt 2019, 08:47 Das einzige narrativ ansprechende Game, das ich bis jetzt aus Deutschland gespielt habe war Spec Ops. Edna oder Deponia sind zwar amüsant und stellenweise auch ganz lustig, aber ´ne gute Story?
Edna, Harvey und die Deponia-Reihe haben mehr zu bieten als nur Klamauk. Es gibt melancholische, traurige und sogar richtig harte Momente. Um die zu erleben, muss man die Spiele aber durchspielen, da sie meist zum Ende hin auftauchen.
Andreas29 hat geschrieben: 2. Okt 2019, 08:47Gothic, Risen, Elex? Joahr, ganz schrullig, ganz kernige Charaktere... aber gute Story? Auch hier: Nope.
Ja gut, stimmt. Hamse nich. Wolln mer aber auch nicht haben. Wo ist das nächste Wildschwein? :mrgreen:
Andreas29 hat geschrieben: 2. Okt 2019, 08:47Also faktisch ist es einfach so, dass man auf dem Gebiet der Narration aus Deutschland wenig bis nichts geboten bekommt.
Und wir wollen ja, ich zitiere André keine "Wasserkopfkinddiskussion". Also nicht á la "Für ein Videospiel...".
Ich fürchte nur, dass man in einem Computerspiel immer Abstriche machen muss gegenüber Buch oder Film. Nicht unbedingt bei der Qualität der Geschichte, aber bei der Inszenierung und der Präsentation. Ein Witcher 3 beispielsweise bietet exzellent inszenierte Cutscenes und wirklich interessante Geschichten, aber wenn man ein Banditenlager platthauen muss, hat die Geschichte Pause und die Spannungskurve liegt wimmernd am Boden. Selbst in interaktiven Filmen besteht die Gefahr, in die falsche Richtung abzubiegen. Lässt sich wohl nicht vermeiden.

Re: Warum können deutsche Entwickler keine guten Geschichten erzählen?

Verfasst: 2. Okt 2019, 13:24
von Schlagerfreund
Der Vorteil von einem Buch ist das die kosten pro Seite immer gleich sind. Auf einer Seite können Planeten explodieren, neu entstehen usw. Lässt du in einem Film oder einem Spiel nur ein Haus explodieren, dann kostet das mehr Geld als wenn ein Charakter nur 1 Minute durch eine flache Ebene ohne Textur geht.

Re: Warum können deutsche Entwickler keine guten Geschichten erzählen?

Verfasst: 2. Okt 2019, 17:12
von LegendaryAndre
Zwei Spiele von Daedalic mit meisterlich erzählter Geschichte habe ich sehr genossen, nämlich Das schwarze Auge: Sattinavs Ketten und dessen epischen Nachfolger Memoria. Auch Harveys neue Augen hat gut geschriebene Dialoge und eine, gemessen an der Thematik ordentlich geschriebene Story.

Es hängt natürlich auch davon ab wie man eine gute Story definiert und wo die eigenen Ansprüche liegen, aber alles in allem halte ich diese Spiele für einen guten Beleg dafür, dass deutsche Entwickler zumindest dazu in der Lage sind tolle Geschichte zu erzählen, auch wenn sie vielleicht in der Minderheit sind. Wenn man die gesamte Geschichte der Computer- und Videospiele durchkämmt, wird man sicher noch den einen oder anderen Titel aus der Vergangenheit finden.

Re: Warum können deutsche Entwickler keine guten Geschichten erzählen?

Verfasst: 2. Okt 2019, 17:17
von Axel
Das Problem auch hier: Unter „Story“ werden halt nur Dialoge und Cutscenes verstanden. Aber das tut dem Medium ja unrecht. Weiten wir das mal aus auf Spiele die ein herausragendes emergent Storytelling bieten, dann werfe ich mal „Robin Hood - Die Legende von Sherwood“ aus dem Jahr 2002 in den Raum. Ein richtig tolles Echtzeit-Strategiespiel mit sehr vielen Herangehensweisen und Entscheidungen. Und was emergent Storytelling betrifft, hat auch ein Gothic 2 richtig starke Passagen. Etwa anfangs wenn es darum geht auf welche Weise man in die Stadt kommt.

Re: Warum können deutsche Entwickler keine guten Geschichten erzählen?

Verfasst: 3. Okt 2019, 06:10
von Andreas29
Heretic hat geschrieben: 2. Okt 2019, 12:09 Edna, Harvey und die Deponia-Reihe haben mehr zu bieten als nur Klamauk. Es gibt melancholische, traurige und sogar richtig harte Momente. Um die zu erleben, muss man die Spiele aber durchspielen, da sie meist zum Ende hin auftauchen.
Ich habe Edna durchgespielt und bei Harvey hatte ich einen Plotstopper-Bug, aber der steht weiter auf meiner Liste. Bei Deponia habe ich 1-3 durch. Also ich weiß schon wovon ich rede. Bei Edna und Harvey gibt es viel Subtext. Deponia ist aber einfach "nur" eine gute, manchmal prollige Komödie, mit interessantem Worldbuilding.

Aber jetzt einzelne Spiele zu besprechen, wird zu kleinteilig.
Heretic hat geschrieben: 2. Okt 2019, 12:09 Ich fürchte nur, dass man in einem Computerspiel immer Abstriche machen muss gegenüber Buch oder Film. Nicht unbedingt bei der Qualität der Geschichte, aber bei der Inszenierung und der Präsentation. Ein Witcher 3 beispielsweise bietet exzellent inszenierte Cutscenes und wirklich interessante Geschichten, aber wenn man ein Banditenlager platthauen muss, hat die Geschichte Pause und die Spannungskurve liegt wimmernd am Boden. Selbst in interaktiven Filmen besteht die Gefahr, in die falsche Richtung abzubiegen. Lässt sich wohl nicht vermeiden.
Das ist doch schon eine "Wasserkopfkinddiskussion". Der Königsweg ist, dass man das Gameplay mit der Story verbindet. Es gibt nur sehr wenige Spiele die das können. Am bekanntesten dürfte "Brothers - A Tale of Two Sons" sein. Aber auch "Edith Finch" hat das großartig gemacht. Das ist der Maßstab und der einzige Punkt an dem Videospiele wirklich innovativ in der Narration sein können und sich von anderen Medien absetzen können.

Das muss der Maßstab sein, aber das schafft kaum einer.

Re: Warum können deutsche Entwickler keine guten Geschichten erzählen?

Verfasst: 3. Okt 2019, 11:08
von Schlagerfreund
Das ist aber ein sehr hoher Maßstab und der ist ziemlich subjektiv. Edith Finch ist für mich in der Hinsicht Königsklasse und es gehört. Ein Spiel kann aber auch (s)eine Geschichte gut erzählen, obwohl sie eher simpel gestrickt ist. Da scheitert für mich aber das gesamte Medium oft. Ebenfalls sollte man nicht vergessen das "wir" Spielen aus Deutschland oft mehr Aufmerksamkeit geben als Spielen aus anderen Regionen.

Ein Titanfall 2, hat bestimmt keine "deep Story" in welcher wir uns die mit den großen Fragen des Lebens beschäftigen. Es hat aber Zwei Charaktere die gut genug geschrieben und dargestellt werden, dass ich sie ernst genug nehmen kann und hier und da berühren sie mich sogar emotional. Dazu ist auch immer relativ klar wohin die Reise geht und welche Hindernisse unsere Figuren überwinden müssen. Für mich eine gute Geschichte die auch in ihrer Struktur und Länge gut war. Das kann auch einfach mal reichen.

Re: Warum können deutsche Entwickler keine guten Geschichten erzählen?

Verfasst: 3. Okt 2019, 13:32
von Heretic
Andreas29 hat geschrieben: 3. Okt 2019, 06:10 Ich habe Edna durchgespielt und bei Harvey hatte ich einen Plotstopper-Bug, aber der steht weiter auf meiner Liste. Bei Deponia habe ich 1-3 durch. Also ich weiß schon wovon ich rede. Bei Edna und Harvey gibt es viel Subtext. Deponia ist aber einfach "nur" eine gute, manchmal prollige Komödie, mit interessantem Worldbuilding.


War nicht auf dich bezogen, sondern allgemein gesprochen. Man liest ja häufiger, dass Leute die Edna- und Deponia-Spiele frühzeitig abgebrochen haben, weil sie mit dem Grafikstil, dem Humor oder Rufus ( :mrgreen: ) nicht klarkamen. Die verpassen dann halt so manches.

Die Deponia-Reihe ist sicherlich kein tiefschürfendes literarisches Meisterwerk, aber eben auch nicht eine bloße Aneinanderreihung von platten Gags. Mir kam manchmal Terry Pratchetts Scheibenwelt in den Sinn, obwohl der Humor dann doch ein anderer ist.
Andreas29 hat geschrieben: 3. Okt 2019, 06:10 Das ist doch schon eine "Wasserkopfkinddiskussion". Der Königsweg ist, dass man das Gameplay mit der Story verbindet. Es gibt nur sehr wenige Spiele die das können. Am bekanntesten dürfte "Brothers - A Tale of Two Sons" sein. Aber auch "Edith Finch" hat das großartig gemacht. Das ist der Maßstab und der einzige Punkt an dem Videospiele wirklich innovativ in der Narration sein können und sich von anderen Medien absetzen können.
Ich habe beide Spiele durchgespielt und fand beide auf ihre Art großartig, aber vom Gameplay waren sie doch ziemlich limitiert. Die Idee von "Brothers", quasi mit sich selbst im Coop zu spielen, ist genial. Wirklich anspruchsvoll war das Gameplay aber nicht. Sollte es vielleicht auch nicht sein, wer weiß. Dasselbe bei "Edith Finch". Aber anspruchsvolleres Gameplay nimmt einer Erzählung zwangsläufig ein Stück weit den Drive, den Flow - weil man eben nachdenken und Strategien entwickeln muss, um vorwärts zu kommen. Oder gar scheitern kann. Nicht jedes Spiel kann das so geschickt ins Konzept einbauen wie z. B. die "Dark Souls"-Reihe.

Re: Warum können deutsche Entwickler keine guten Geschichten erzählen?

Verfasst: 4. Okt 2019, 20:16
von Andreas29
Heretic hat geschrieben: 3. Okt 2019, 13:32 Die Deponia-Reihe ist sicherlich kein tiefschürfendes literarisches Meisterwerk, aber eben auch nicht eine bloße Aneinanderreihung von platten Gags. Mir kam manchmal Terry Pratchetts Scheibenwelt in den Sinn, obwohl der Humor dann doch ein anderer ist.
Ich schrieb ja: Das Worldbuilding ist in Deponia echt cool. Ich mag den Schrottplaneten ;) Aber die Story - um die es hier im Thread ja geht - zieht einem in Deponia nicht die Schuhe aus. Sie ist gut, aber nichts, dass man hervorheben müsste. Da geht es mehr um die schrägen Charaktere.
Heretic hat geschrieben: 3. Okt 2019, 13:32 Aber anspruchsvolleres Gameplay nimmt einer Erzählung zwangsläufig ein Stück weit den Drive, den Flow - weil man eben nachdenken und Strategien entwickeln muss, um vorwärts zu kommen. Oder gar scheitern kann. Nicht jedes Spiel kann das so geschickt ins Konzept einbauen wie z. B. die "Dark Souls"-Reihe.
Meine These ist eben, dass es nicht "zwangsläufig" ist. Nochmal: "Der heilige Gral" wird es sein, Gameplay und Story zu verbinden. Die Komplexität ist da eher untergeordnet. In Brothers ist es diese eine Szene und das Bewegen eines Analogsticks, das mehr Emotionen in mir ausgelöst hat, als viele viele andere Spiele mit einer großen Inszenierung nicht geschafft haben.

Die Gamestar hat dazu mal eine Videokolumne gemacht:

https://www.youtube.com/watch?v=uKUOXd6xRIA