imanzuel hat geschrieben: ↑23. Jan 2021, 15:39Ja gut, Ghost of Tsushima ist hier auch in den Umfragen ziemlich beliebt. Das wäre für mich nur ein 60er-Titel
Es geht mir aber doch gerade nicht um subjektive Bewertungen, die ich jedem User und wenn angegeben auch Redakteur zugestehe, sondern um eine möglichst objektive Einschätzung, die idealerweise beurteilen sollte, wie gut das Spiel für die eigentliche Zielgruppe des Spiels ist.
Grundvoraussetzung hierfür ist dann schon mal, dass der Test von einem Spieler durchgeführt wird, der mit dem Genre etwas anfangen kann und nicht vom nächstbesten internen oder externen Mitarbeiter der gerade noch ein Zeitfenster für das Review frei hatte - und da wäre ich mir im Indie-Bereich nicht so sicher, dass das immer so gut eingehalten wird.
Bei AAA-Spielen ist das schon eher der Fall, wenn auch zugegebenermaßen etwas leichter, da diese Spiele leider inzwischen immer weniger vielfältig und sehr stark auf eine möglichst breite Zielgruppe zugeschnitten sind, so dass es viel wahrscheinlicher ist, dass das Spiel bei einem Tester landet der es halbwegs gut einschätzen kann. Vielleicht ist ja auch das ein Teil des Problems, dass die Magazine ähnlich wie bei bestimmten Online-Multiplayer-Titeln nicht die geeigneten Tester zur Verfügung haben.
Vielleicht gibt es dann im Fall von Slay the Spire und Monster Train nur jemanden der zwar Rogue-Likes/Lites nicht vollkommen abgeneigt ist, aber nicht über Erfahrung mit Deckbuildern verfügt. Dem kann das Spiel zwar dann trotzdem Spaß machen oder er erkennt zumindest im Groben seine Qualitäten, aber mangels Erfahrung traut er sich dann nicht über den mittleren 80er Bereich hinaus.
Wenn einige Magazine/Websites angeben, dass es sich um subjektive Bewertungen des jeweiligen Testers handelt, erklärt das nur Einzelwertungen, aber nicht dass Indie-Spiele auch im Durchschnitt nach meiner Einschätzung bei den größeren deutschsprachigen Magazinen/Websites mehrere Prozentpunkte unter ihrer objektiven Qualität liegen.
Ich weiß auch nicht warum du jetzt mit Ubisoft und EA kommst.
Das war nur ein Beispiel dafür, dass man offenbar innovationslose Stangenware mit durchschnittlichem Gameplay kaum abwertet und diese daher relativ leicht in Bereiche vordringt, die einem innovativen Indie-Titel mit frischem Spielgefühl oder hervorragendem Core-Gameplay vorenthalten wird, nur weil es diesem an einer anderen Stelle (Production Value) mangelt. (Production Value > Gameplay)
Wie geschrieben mag ich AC und Farcry grundsätzlich und finde es in Ordnung, dass man diese Spiele für ihren Production Value hoch bewertet. Aber es sollte eben nicht der einzige Aspekt sein, der es einem Spiel in solcher Leichtigkeit und Regelmäßigkeit ermöglicht die oberen Bereiche des genutzten Wertungsspektrums zu erreichen. Die wirklich guten Indie-Titel (von denen ich ein paar weiter oben genannt habe) punkten eben an anderen Stellen, die IMO nicht weniger wichtig oder wertvoll sind.
Das ich Hades eine 8/10 geben würde hat für mich klare Punkte. Hab darüber auch schon viel hier geschrieben, warum ich das so sehe. Ein Punkt der z.B. in kaum einer Diskussion vorkommt: Es ist mit 20 Minuten für einen Durchgang viel zu kurz. Das fand ich enttäuschend. Wo Hades übrigens im Gameplay innovativ sein soll verstehe ich übrigens auch nicht. Es ist handwerklich hervorragend gemacht, aber innovativ, irgendwie "Next-Level" ist da gar nichts. IMO natürlich
20 Minuten ist keine realistische Zeit für einen durchschnittlichen Hades-Run. Das mag für einen erfahrenen Spieler, der bereits dutzende Stunden gespielt und alle Updates freigeschaltet hat mit einen offensivem Build eine machbare Netto-Spielzeit sein, aber das ist bei weitem nicht der Durchschnitt und eben auch nicht die Brutto-Spielzeit mit gelesenen Dialogen, Abwägung zwischen verschiedenen Wegen, Überlegungen zur weiteren Strategie - abhängig von den erhaltenen Boons, etc. Hier darf man sich nicht von der Anzeige im Spiel täuschen lassen - schau mal im Vergleich auf Deine eigene Uhr und die echte Bruttospielzeit mit einem etwas defensiveren Build.
Und das muss man bei der Gestaltung eines solches Rogue-Lite berücksichtigen. Wenn Du das Spiel so auslegst, dass ein Speedrun mit einem offensiven Build eine Stunde dauert, dann braucht der normale Spieler am Anfang mehrere Stunden, was auch bedeutet dass er für einen Boss oder einen Abschnitt der ihm Probleme macht ggfls. mehrere Stunden bräuchte um überhaupt einen neuen Anlauf starten zu können. Das ginge komplett am Rogue-Lite Konzept des Spiels vorbei und würde auch das Gleichgewicht zwischen Story/Social-Elementen, Aufrüsten im Hub und den actionreichen Runs zerstören.
Was die Innovation angeht, besteht diese darin wie es eine umfangreiche Story inkl. "Nebenquests" und Social-Elemente perfekt mit dem Rogue-Lite-Loop verschmilzt. Die einzelnen Elemente hat man zwar an anderen Stellen schon gesehen (was sich inzwischen kaum mehr vermeiden lässt), in dieser Kombination und dabei trotzdem absolut stimmig aber noch nicht.
Bezüglich Slay the Spire, ich habe das in 6 Stunden durchgespielt gehabt, zumindest sagen mir das die Steam-Achievements.
Ich habe bei Monster Train direkt den ersten Run gewonnen (dafür übrigens über 3 Stunden gebraucht, weil ich mir alles genau durchgelesen habe und mich erst einmal zurechtfinden musste). Damit hat man das Spiel aber nicht "durchgespielt", sondern eben nur einen erfolgreichen Run abgeschlossen, was bei vielen Rogue-Lites am Anfang auch gezielt noch eher einfach gehalten ist.
An dieser Stelle geht es bei guten Rogue-Lites aber gerade erst los - Hades bietet z.B. sechs Basis-Waffen in jeweils 4 Varianten (Aspects), Heat-Level, die man auch zwingend benötigt um wichtige Materialen in ausreichender Menge freispielen zu können und Story-Content der selbst nach 10 erfolgreichen Runs noch nicht abgeschlossen ist. Auch bei Slay the Spire gibt es verschiedene Characters, Ascension Levels und Bosse und bei Monster Train etliche Clan-Kombinationen, verschiedene Bosse und Covenant Ranks.
Ich hatte danach halt kein Interesse mehr das zu spielen, es hat mir nichts gegeben.
Dann war es halt nicht Dein (Sub)genre oder Spiel. Ist ja kein Problem, sollte aber nicht die Bewertung beeinflussen.
Glück und Zufall sind übrigens auch ein Widerspruch, meiner Meinung nach. Das Item was man finden kann kann zufällig sein. Zufall heißt aber nicht das es gut oder schlecht ist. Glück ist ist ja im Prinzip schon ein positives Wort. Wenn man im Rogue Like von Glück spricht, dann hat man ein Item was man möchte, einen hilft, etc. Wenn ein Rogue-Like darauf basiert, das man hoffen muss die "richtigen" Items zu finden, und man diese nicht findet, dann ist da für mich die Abwechslung einfach nicht gegeben. Sondern Frust. Bei gute Rogue Likes ist es wurscht was man findet. Da ist dann auch die Abwechslung gegeben. Bei schlechte muss man Glück haben. Wenn du das anders siehst, cool.
Wenn man sich an der Grenze seines Skills bewegt (also eher als Anfänger oder auf besonders hohen Heat-/Rank-Stufen), hängt man bei Rogue-Lites (auch bei den guten) immer davon ab, dass man seine Wunsch-Items bekommt - zum Teil weil sie wirklich stärker sind, zum Teil aber auch weil man sich auf bestimmte Items oder einen bestimmten Spielstil eingespielt hat und noch nicht gelernt hat seine Strategie on-the-fly entsprechend anzupassen. Wird man dann aber mit der Zeit besser, lernt man eben auch mit davon abweichendem "Losglück" einen erfolgreichen Run zu bewältigen.
Ein erfahrener Spieler wird auf der einfachen Anfängerstufe den Run problemlos abschließen, bei dem der Anfänger sich noch ärgert und denkt, dass man den Run nur gewinnen kann, wenn man bei den Items extrem viel Glück hat. Der Übergang ist da durchaus fließend und der Reiz eines Rogue-Lites liegt auch drin immer das beste aus seiner Situation und dem "Losglück" zu machen und nicht mehr davon abhängig zu sein, dass man ganz bestimmte Items bekommt.
Wenn man natürlich bestimmte Ziele hat, wie z.B. einen Speedrun oder einen Run auf sehr hohen Stufen, dann wird man deutlich abhängiger von diesem Losglück. Dass alle Items komplett gleichwertig sind, ist einfach nicht möglich. Da wäre mir auch kein Rogue-Lite bekannt, das das wirklich hinbekommen hat. Denn man will ja, dass sich das Spiel je nach Item deutlich anders anfühlt/spielt - das ist mit 100%ig perfektem Balancing nicht unter einen Hut zu bringen.
Zumal dann in der Regel auch Synergien zwischen verschiedenen Items zum tragen kommen, was die ganze Sache spannender macht, aber eben auch die Unterschiede zwischen verschiedenen Items und somit das "Losglück" exponentiell vergrößert, wodurch sehr mächtige Builds entstehen können, aber auch Builds bei denen man quasi auf seine Basis-Fähigkeit gestellt ist und viel Skills/Erfahrung braucht, um daraus noch einen erfolgreichen Run zu machen. Aber auch hierin liegt wieder ein reizvoller Aspekt des dieses Rogue-Lite-Bereichs, dass man sich solche Synergien erarbeiten kann, dass man seine persönlichen Tier-Listen aufstellen und diese mit anderen Usern vergleichen kann (mit teilweise erstaunlichen Abweichungen), etc.
Deshalb ist es gerade gut, dass ein Run in Hades nicht wie von Dir gewünscht deutlich länger dauert. Auf höherem Heat-Level kann man sich nämlich nicht mehr wie im Speedrun durchmetzeln und da dann auch die Gegner stärker werden (Anzahl + HP), dauert es auch entsprechend länger. Man will nicht regelmäßig 2 Stunden in die Tonne kloppen, wenn es mit den Boons nicht gut genug gelaufen ist, was bei jedem Rogue-Lite passieren kann.