Aber Du hättest doch die selbe Meinung bzw. den selben Geschmack, wenn wir die Dinger eben nicht Spiele, sondern, was weiß ich, digitale Erlebnis-Programme nennen würden oder von mir aus Tante Juttas Nachmittags-Event.
Ich finde Du widersprichst Dir auf der Schiene auch bisschen selber, weil Du nur einen Aspekt dessen, was der Begriff Spiel beinhaltet, für Dich herauspickst. Wenn Du z.B. sagst, weil da nicht genug "Spiel" drin steckt, sei Disco Elysium für Dich ein schlechtes Spiel, ist das einseitig, denn Spiel bedeutet eben auch ein Regelwerk und diesem entsprechende Spielverläufe und Ergebnisse. Nun sind aber gerade solch ein komplexes Regelwerk und das Auswählen von Aktionen mit darauf folgenden Reaktionen und Resultaten entsprechend der Spielregeln fundamentaler Bestandteil des Spielerlebnisses Disco Elysium und eben nicht bloß irgendwelche Sachen anklicken, wie Du es nennst. Also wo ist das ein schlechtes Spiel im Sinne von erfüllt nicht die Definition des Begriffes?
(Mal davon abgesehen, dass ich auch nicht einsehe, warum auf die Maustaste drücken, wenn der Zeiger über der Dialogzeile ist, die ich auswählen möchte, jetzt weniger interaktiv sein soll als auf die Maustaste drücken, wenn der Zeiger über dem Monster ist, das ich abballern möchte.)
Dann können wir den Begriff Spiel noch weiter unter die Lupe nehmen, was ist denn ein „Spiel”? Wir landen beim Theater, wo es plötzlich nur noch um die Story und ihre Präsentation geht, schon ist ein Detroit:Become Human näher am Begriff Spiel als alles andere. Und schauen wir uns die Urform des Spielens an, was die Kleinkinder so treiben, dann haben wir den Tante-Emma-Laden, Puppenstube, Räuber-&-Gendarm, Action-Figuren, Sandkuchen backen … all sowas, und da ist immer der Grundgedanke: so tun als ob, alles mit narrativem Grundgerüst und Szenen, die man durch- und nachspielt. Selbst Tierkinder, die spielen, spielen nach, was sie als ausgewachsene Tiere bewerkstelligen müssen. D.h. ein wesentlicher Aspekt dessen, was Spielen bedeutet, beinhaltet die Wiedergabe von Fiktion, "wir tun jetzt mal so als ob".
Von daher weiß ich gar nicht, ob man den Begriff "Spiel" wirklich so einfach auf Gameplay in Deinem Sinne reduzieren kann, ohne viel von der eigentlichen Bedeutung zu verlieren.
Wie gesagt, was man selber für Spiele mag und nicht mag, ist eine Sache und da hat jeder seine Gründe ich finde nur nicht, dass da eine Festlegung, was angeblich mit dem Wort Spiel gemeint zu sein hat, als Argumentation groß taugt, und schon gar nicht empfinde ich den Grad oder die Art der Interaktion als geeignet, ein Spiel als gut oder schlecht zu bewerten. Höchstens als vorab für einen interessant oder uninteressant.
(Und Entschuldigung, dass ich darauf so herum reite, aber ich fand den Gedanken "Spiel = Gameplay, steckt doch schon im Namen" sehr interessant.)