Sind Spiele Zeitverschwendung?

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Marius
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Sind Spiele Zeitverschwendung?

Beitrag von Marius »

Na, wie wäre das als Thema?

Aber ganz im Ernst: Ich habe den Eindruck, dass das eine essentielle Frage ist, die die meisten schonmal gehört haben werden, die sich aber kaum jemand, der gerne Computerspiele spielt, traut an sich selber zu stellen oder diese gar zu äußern.

Es ist ein heißes Eisen, weil es letztlich das komplette Infragestellen des eigenen Tuns und eines Teils der eigenen Identität ist. Mir ist klar, dass das Ergebnis keine extreme Position sein kann und sein wird wie: Völlige Zeitverwendung, kündigt den Podcast, lest die Gamestar nicht mehr. Das wäre ja absurd und das wird ohnehin niemand vertreten (und Andrés Arbeitgeber wäre auch nicht sehr glücklich damit). Aber trotzdem würde ich die differenzierte Auseinandersetzung mit dieser Frage und eure Meinungen dazu an sich schon für interessant und aufschlussreich halten. Und wenn jemand so ein heißes Eisen anpackt, dann ihr. :D
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Nachtfischer
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Re: Sind Spiele Zeitverschwendung?

Beitrag von Nachtfischer »

Lustig, vor Jahren habe ich mal einen Artikel genau zu dieser Fragestellung geschrieben.

Kurz gesagt: Es kommt aufs Spiel an. Und an dieser Stelle unterscheidet sich das Medium prinzipiell nicht groß von Musik, Film, Roman oder Malerei. Der Eindruck, dass es sich beim Spielen generell um Zeitverschwendung handeln könnte, entsteht lediglich, weil wir im Game-Design einfach noch längst nicht so weit sind wie beispielsweise in der Harmonik, Cinematographie, Narratologie, Farbenlehre und dergleichen. Momentan verschwenden die allermeisten Spiele in der Tat viel zu viel unserer wertvollen Lebenszeit. Aber es wird, zumindest in Kennerkreisen, besser (werden).

Die Gedanken der Herren Peschke und Gebauer dazu würden mich dennoch sehr interessieren, weshalb ich mich dem Vorschlag hiermit anschließe. :D
Ubique
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Re: Sind Spiele Zeitverschwendung?

Beitrag von Ubique »

Ich halte es für kein gutes Thema für den Podcast. Es ist für mich noch nicht einmal eine gute Frage.

Spielen ist genau so sehr oder genau so wenig eine Zeitverschwendung wie jedes andere konsumierende Hobby auch. Ja, selbst die allermeisten schaffenden Betätigungen des Menschen sind ja eher bescheiden.
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Soulaire
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Re: Sind Spiele Zeitverschwendung?

Beitrag von Soulaire »

Es ist halt Unterhaltung. Du kannst auch wie eine Maschine leben und nur Arbeiten und Regenerieren.
Es ist immer eine Frage der Perspektive und jeder hat andere Prioritäten.
Jochen

Re: Sind Spiele Zeitverschwendung?

Beitrag von Jochen »

Axel hat geschrieben:Was hätte man in der ganzen schönen Zeit nicht doch schöneres machen können? Urlaub, Kochen, Sport, Parties, Biertrinken mit Freunden, Sex mit schönen Frauen...
Wer sagt denn, dass ich das alles in der Zeit nicht hatte?

On Topic: Ich finde das Thema spontan eigentlich sehr spannend, weil in der Konsequenz auch Formen des Medienkonsums sowie Medienphilsophie eine zentrale Rolle spielen - und weil Spiele in vielerlei Hinsicht zwar mit anderen Medien vergleichbar sind, aber en gros völlig unterschiedlich konsumiert werden.
Marius
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Re: Sind Spiele Zeitverschwendung?

Beitrag von Marius »

Danke, Axel und Nachtfischer und Jochen!

Bei dem Thema muss ich unter anderem an diesen Artikel über Dark Souls denken:
The game is teaching you, but it's not teaching you anything worth knowing. In roughly 40 hours of reading, Tolstoy [in Krieg und Frieden] covers the range of human existence: love, premature death, villainy, class, the limits of friendship, the crucible of debt, the idea of humans as helplessly caught in the tidal forces of history. Dark Souls leaves you with the intimate knowledge of when to roll out of the way of an ogre's club swing.
Ich habe Dark Souls durchgespielt und Spaß gehabt und es nicht bereut, auch wenn ich mir da nicht ganz sicher bin. Aber ich habe mich auch oft frustriert gefragt, weshalb ich mir das eigentlich antue, was ich davon habe und ob ich in der Zeit nicht etwas Sinnvolleres machen könnte. Und in diesen Momenten hat mir der Artikel aus der Seele gesprochen. Und trotzdem habe ich es dann zu Ende gespielt.

Diese widersprüchlichen Gedanken hatte ich längst nicht bei allen Spielen, aber doch bei einigen, vor allem bei den langen, repetitiven.

Der verlinkte Dark-Souls-Artikel hat erwartungsgemäß viel Widerspruch ausgelöst, z.B. den hier.

Aber das ist nur ein Aspekt dieser Frage für mich, es stellen sich z.B. natürlich auch sehr grundsätzliche Fragen, etwa was "Zeitverschwendung" und sinnvoller, lohnenswerter Einsatz von Zeit eigentlich ist und welche praktischen Konsequenzen man daraus zieht.
Zuletzt geändert von Marius am 20. Apr 2016, 21:07, insgesamt 1-mal geändert.
Jochen

Re: Sind Spiele Zeitverschwendung?

Beitrag von Jochen »

Marius hat geschrieben:Bei dem Thema muss ich unter anderem an diesen Artikel über Dark Souls denken denken
Einerseits verstehe ich den Gedanken im verlinkten Artikel/Zitat, andererseits erscheint es mir unfair bis argumentativ irreführend, ein Spiel wie Dark Souls mit einem Roman wie Krieg und Frieden zu vergleichen. Das ist ein bisschen so als würde ich sagen, dass ein Album der Pet Shop Boys ja ganz nett sei (was ich übrigens niemals täte), man in der gleichen Zeit aber auch einen nicht unerheblichen Teil des Werkes von Emily Dickinson konsumieren könne. Will sagen: Ich hätte statt der Pet Shop Boys ja auch Mozart oder Springsteen hören können. Oder umgekehrt statt Emily Dickinson Wolfgang Hohlbein lesen. Die Auswahl der Vergleichsgegenstände führt hier zu einem false dilemma.
Marius
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Re: Sind Spiele Zeitverschwendung?

Beitrag von Marius »

Ich bin mir nicht sicher, dass ich Dein Argument verstehe, aber steht Krieg und Frieden in dem Artikel nicht beispielhaft für jede alternative Beschäftigung, die der jeweilige Spieler als - vom Endergebnis her - gewinnbringender ansieht? Klar gibt es viele vergleichbar "sinnvolle" oder "sinnlose" Beschäftigungen, und zu den meisten Beschäftigungen wird es noch "sinnvollere" Alternativen geben. Was sinnvoll und was gewinnbringend ist, ist womöglich subjektiv - oder gibt es einen objektiven oder objektivierbaren Maßstab?

Aber für den Autor ist Dark Souls-Spielen offenbar eine überhaupt nicht gewinnbringende Art der Freizeitgestaltung, und Krieg und Frieden zu lesen dient als Beispiel für eine gewinnbringendere Alternative.
Jochen

Re: Sind Spiele Zeitverschwendung?

Beitrag von Jochen »

Marius hat geschrieben:Ich bin mir nicht sicher, dass ich Dein Argument verstehe, aber steht Krieg und Frieden in dem Artikel nicht beispielhaft für jede alternative Beschäftigung, die der jeweilige Spieler als - vom Endergebnis her - gewinnbringender ansieht?
Mein Argument ist, dass Krieg und Frieden in diesem Kontext nur rudimentär zur Beispielhaftigkeit taugt. Im Vergleich zu einem der Klassiker der Weltliteratur stinken nahezu alle Spiele, Filme, Gemälde, Musikstücke usw. notgedrungen ab. Das alleine macht sie aber noch nicht zur Zeitverschwendung. Oder?
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Klagsam
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Re: Sind Spiele Zeitverschwendung?

Beitrag von Klagsam »

Ich halte die Frage für so nicht beantwortbar, da sie ja stark von meinem individuellen Normen abhängt, also davon, was ich als sinnvolles Tun erachte.
Sollte ich beispielsweise die Maxime haben, dass ich im Leben möglichst viel Spass haben will, dann ist Spielen bestimmt keine Zeitverschwendung, sondern Zeitverwendung. Sollte ich andererseits die Maxime haben, dass ich in meinem Leben unbedingt etwas bedeutsames für die Nachwelt hinterlassen möchte, dann ist Spielen sicherlich Zeitverschwendung
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Nachtfischer
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Re: Sind Spiele Zeitverschwendung?

Beitrag von Nachtfischer »

Klagsam hat geschrieben:Sollte ich andererseits die Maxime haben, dass ich in meinem Leben unbedingt etwas bedeutsames für die Nachwelt hinterlassen möchte, dann ist Spielen sicherlich Zeitverschwendung
Nicht unbedingt. Für einen Game-Designer kann es durchaus nützlich sein, zu spielen. Gerade um später etwas zu schaffen. Die beiden von dir genannten Zwecke schließen sich ja auch keineswegs aus. ;)
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Yometheus
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Re: Sind Spiele Zeitverschwendung?

Beitrag von Yometheus »

Halte das Thema auch für spannend und gar nicht so trivial, wie es vielleicht auf dem ersten Blick anmutet. Wie bereits erwähnt ist hier vieles eine Frage der Relation. Was mich dann interessieren würde, wäre die Frage der Grenzen des Mehrwerts von Spielen, gerade im Kontext der "Zeitverwendung". Insofern wäre es mal interessant zu erfahren, wann für euch, Andre und Jochen, unter der Prämisse, dass zumindest einer von euch anscheinend Spiele hunderte Stunden zockt über die er aber dann spontan abgranteln kann, die "Zeitverwendung" in die "Zeitverschwendung" kippt (ich finde diese Wortwahl von Klagsam übrigens sehr treffend). Das wäre quasi so eine "Selbstreflexionsfolge". :mrgreen:
Rhetorik-Tipp: Diskussionen gewinnt man leichter, indem man ruhig und sachlich bleibt und eine Pistole vor sich auf den Tisch legt.
Ubique
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Re: Sind Spiele Zeitverschwendung?

Beitrag von Ubique »

Hab ja eigentlich schon alles geschrieben was ich von dem Thema halte, aber die anderen Beiträge wecken in mir die folgenden Gedanken.

Warum stellen sich Spieler diese Frage? Warum haben Spieler das Bedürfnis ihr handeln sich selbst und anderen zu erklären oder zu rechtfertigen?
Denken Menschen die andere Hobbys betreiben auch so über ihr tun?

Und zu Tolstoi und Krieg und Frieden Zitiere ich einmal die Fiktive Figur Sledge Hammer welche auch die Frage nach Ihrem Lieblingsbuch wie folgt antwortete:
"Krieg und Frieden' - die erste Hälfte davon."

Ein Buch das fast jeder vom Namen kennt, viele noch den Autoren nennen können, aber so gut wie niemand gelesen hat.
Marius
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Re: Sind Spiele Zeitverschwendung?

Beitrag von Marius »

Jochen hat geschrieben: Im Vergleich zu einem der Klassiker der Weltliteratur stinken nahezu alle Spiele, Filme, Gemälde, Musikstücke usw. notgedrungen ab. Das alleine macht sie aber noch nicht zur Zeitverschwendung. Oder?
Genau das finde ich eine interessante Frage: Ob die eine Beschäftigung, und das gilt natürlich auch für alle Bücher, Filme, Gemälde, Musikstücke u.a., solange sie gegen eine andere "abstinkt" oder so lange es eine andere, lohnenswertere (und was ist das eigentlich?) Beschäftigung gibt, automatisch Zeitverschendung ist oder nicht und wenn nicht, ob man den Begriff der Zeitverschwendung generell ablehnt oder aber ab wann die Grenze der Zeitverschwendung erreicht ist, wann z.B. ein Computerspiel besonders nutz- und sinnlos wirkt oder ob z.B. alles, was Spaß macht (oder gar alles, was einen an den Bildschirm fesselt), schon lohnenswert ist und ob das zeitlich begrenzt nur lohnenswert ist oder jederzeit, also die Frage nach dem richtigen Maß, oder ob mehr dazugehört, damit man den Einsatz von Zeit als "lohnenswert" oder "gewinnbringend" erachtet, und worin dieses "mehr" genau besteht.

Oder z.B.: Sind manche Beschäftigungen generell sinnvoller als andere, etwa Lesen, egal was, sinnvoller als Spielen, egal welches Spiel, oder muss man auf den Einzelfall abstellen, kann im Einzelfall auch ein bestimmtes Spiel sinnvoller sein als ein bestimmtes Buch und anhand welcher Kriterien ist der Einzelfall zu bewerten, oder kann man so unterschiedliche Beschäftigungen vielleicht gar nicht vergleichen (wobei sich ja immer die Frage stellt: was mache ich mit der mir im Leben verfügbaren Zeit)?

Für mich stellt sich vielleicht auch ganz konkret die Frage, ob die Spielepresse und die Spieler bei der Bewertung von Spielen neben dem bloßen Spielspaß auch dem "Mehrwert" von Spielen, etwa ob diese dem Denken gut tun oder eher abträglich sind, ob sie einem über das reine Spielerlebnis hinaus etwas (bei-) "bringen", mehr Anerkennung und Beachtung schenken sollten?
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Nachtfischer
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Re: Sind Spiele Zeitverschwendung?

Beitrag von Nachtfischer »

Ubique hat geschrieben:Warum stellen sich Spieler diese Frage? Warum haben Spieler das Bedürfnis ihr handeln sich selbst und anderen zu erklären oder zu rechtfertigen?
Denken Menschen die andere Hobbys betreiben auch so über ihr tun?
Also vernünftigerweise sollte doch jeder Mensch immer sein Handeln gegenüber sich selbst rechtfertigen. Und in gewisser Weise tut das doch auch jeder, wenn er sich entscheidet: "Ich mache jetzt X (weil ich es für die sinnvollste Verwendung meiner Zeit halte, sonst würde ich es ja nicht tun)!"

Und warum diese Frage im Spieler häufiger aufkeimen könnte als im Leser oder Zuschauer, habe ich bereits eine Seite zuvor versucht zu beantworten.
Ubique
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Re: Sind Spiele Zeitverschwendung?

Beitrag von Ubique »

Nachtfischer hat geschrieben:Also vernünftigerweise sollte doch jeder Mensch immer sein Handeln gegenüber sich selbst rechtfertigen. Und in gewisser Weise tut das doch auch jeder, wenn er sich entscheidet: "Ich mache jetzt X (weil ich es für die sinnvollste Verwendung meiner Zeit halte, sonst würde ich es ja nicht tun)!"
Natürlich sollte man als vernunftbegabter Mensch sein handeln nicht ständig rechtfertigen müssen, weder sich selbst noch anderen gegenüber anderen. Wer dies tut, tat etwas Falsches und weiß es auch. Nennt sich Moral.
Entscheidungsfindung ist doch in den seltensten Fällen eine bewusste Abwägung von Tatsachen, siehe auch Merkels Bauchgefühl. Wenn also selbst politische Entscheidungen aus dem Bauch entschieden werden, dann entscheidet der Mensch in seiner Freizeit, über sein Hobby, nach anderen Grundsätzen?
Nachtfischer hat geschrieben:Und warum diese Frage im Spieler häufiger aufkeimen könnte als im Leser oder Zuschauer, habe ich bereits eine Seite zuvor versucht zu beantworten.
Wenn ich dich richtig verstehe, sprichst du davon dass Spiele in den meisten Fällen dem Spieler mehr Zeit abverlangen als nötig. Weil die meisten Spiele aus deiner Sicht nicht gut sind, oder zu lang sind oder den Spieler dazu bringen etwas zu tun, was du nicht gut findest?

Denn Bezug auf die Kennerkreise verstehe ich nicht.
Sind Spieler die dies nicht so sehen also keine Kenner? Oder sind Kenner Spieler die Ihre Spiele nach "höheren" Maßstäben aussuchen als unwissende?

Auf die Ursprungsfrage zurück, sind Spiele Zeitverschwendung gab es keine Antwort. Stattdessen wird argumentiert dass es Spiele gibt die in der subjektiven Betrachtung mehr oder weniger als andere Spiele meine Zeit verschwenden können. So wie auch Filme, Musik, Literatur, Fernsehen, Kino, Konversationen, Sex, Essen, Sport usw. auch.
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Nachtfischer
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Re: Sind Spiele Zeitverschwendung?

Beitrag von Nachtfischer »

Ubique hat geschrieben:Natürlich sollte man als vernunftbegabter Mensch sein handeln nicht ständig rechtfertigen müssen, weder sich selbst noch anderen gegenüber anderen. Wer dies tut, tat etwas Falsches und weiß es auch. Nennt sich Moral.
Also erstmal: Wo wir jetzt über Moral gesprochen hätten, wüsste ich gar nicht. Ob ich mich dafür entscheide, Candy Crush, The Witcher oder Portal zu spielen, hat mit Moral doch eher wenig zu tun. Zweitens muss auch ein moralischer Grundsatz natürlich sich selbst gegenüber gerechtfertigt worden sein. Sonst hätte man ihn nämlich nicht und könnte ihm auch niemals folgen. Drittens halte ich ohnehin nichts von Moral, so wie der Begriff in der Regel verwendet wird, aber das ist nun wirklich ein ganz anderes und sehr, sehr ausladendes Thema.
Entscheidungsfindung ist doch in den seltensten Fällen eine bewusste Abwägung von Tatsachen, siehe auch Merkels Bauchgefühl. Wenn also selbst politische Entscheidungen aus dem Bauch entschieden werden, dann entscheidet der Mensch in seiner Freizeit, über sein Hobby, nach anderen Grundsätzen?
Zunächst einmal glaube ich, dass Frau Merkel und Politiker im Allgemeinen diejenigen sind, die mit am wenigsten auf ihr "Bauchgefühl" hören. Und mal abgesehen davon ist ein solches "Gefühl" letzten Endes auch einfach eine rationale Entscheidung, bloß dass man nicht sonderlich lange darüber nachdenkt und somit die Fehlerwahrscheinlichkeit steigt. Viele Menschen nehmen ihre Freizeitgestaltung eben auch nicht ernst genug. Da ist das "Totschlagen" der Zeit schon ausreichend. Wenn ich so geringe Ansprüche an meine Zeit auf diesem Planeten habe, dann brauche ich auch nicht groß über meine Entscheidungen nachdenken.
Den Bezug auf die Kennerkreise verstehe ich nicht.
Es gibt eine vergleichsweise kleine Gemeinde progressiver Game-Designer, die den horrenden Zustand der Industrie und der daraus folgenden Produkte, die in der Regel entweder auf bloßes audiovisuelles Spektakel, Unmengen an Content oder Skinner-Box-Suchtmechanismen ausgerichtet sind (sprich auf die "Vernichtung von Lebenszeit"), stark anprangern. Diese Designer sind es auch, die (natürlich in der Regel im relativ kleinen Indie-Rahmen) erfreuliche Gegenbeispiele liefern und auch aktiv die Konstruktion eines tragfähigen theoretischen Unterbaus des Game-Designs vorantreiben. Gerade Letzteres wurde angesichts des enormen Wachstums der Spieleindustrie über Jahrzehnte vernachlässigt. Stattdessen wird bis heute rastlos dem Prinzip "größer, mehr und schneller" nachgelaufen. Mit "Kennerkreisen" meine ich eben jene kleinen Projekte, die wirklich etwas Neues versuchen, die aus der Kritik am Status quo zumindest in Ansätzen eine solide Philosophie entwickelt haben, die die Kunst und ihre Konsumenten voranbringen.
Auf die Ursprungsfrage zurück, sind Spiele Zeitverschwendung gab es keine Antwort.
Die Antwort, die sehr wohl gegeben wurde, ist: Nicht alle! Manche mehr, andere weniger.
Und Kriterien herauszuarbeiten, anhand welcher sich genau das beurteilen lässt, gehört meines Erachtens zu den Kernaufgaben der Spielekritik und, als ein erster Schritt, auch des Game-Designs im Allgemeinen.
Ubique
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Re: Sind Spiele Zeitverschwendung?

Beitrag von Ubique »

@Nachtfischer

Deine Elitäre Anspruchshaltung ohne Moral und übertriebener Selbstreflexion gegen meine soll doch jeder in seiner Freizeit Spass haben womit er will.
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Ager
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Re: Sind Spiele Zeitverschwendung?

Beitrag von Ager »

Spannende Frage und ich stelle mir auch die Diskussion im Podcast interessant vor, auflösen wird man die Frage aber nicht können. Am Ende hängt die Antwort an der Frage nach dem Sinn des Lebens, dann könnte man auch gleich darüber im Podcast diskutieren. Denn nur wenn man den Sinn des Lebens kennt, kann man über mögliche Zeitverschwendungen urteilen.

Ich weiß aber vor allem gar nicht, warum das Spielern immer so wichtig ist dass die eigene Tätigkeit sinnvoll ist und ob sie Zeitverschwendung ist. Es gibt sicherlich Dinge die für den Körper (Sport), den Geist (Weiterbildungen?) oder auch euren Geldbeutel besser wären. Glaube aber nicht dass beispielsweise Schachspieler oder Motorradfahrer über diese Frage im Zusammenhang mit ihrem Hobby diskutieren. Es ist halt ein Hobby und am Ende muss sich das zudem auch jeder selbst beantworten - vor allem aber ist es vom Umfang abhängig dem man sich dem Hobby widmet. Wie bei allen Freizeitbeschäftigung übrigens.
Marius
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Registriert: 12. Feb 2016, 22:10

Re: Sind Spiele Zeitverschwendung?

Beitrag von Marius »

https://www.youtube.com/watch?v=BmcqEI7g8LU

Ob der gute Mann jetzt recht hat oder nicht: Die Auseinandersetzung mit seinen Thesen kann nicht falsch sein.

Man könnte auch statt der Frage "Sind Spiele Zeitverschwendung" fragen: "Sind Spiele gefährlich?"

Und wo ich ohnehin gerade beim Neo-Luddismus bin: https://www.theguardian.com/technology/ ... er-wallace

Auch wenn man dem letztlich nicht zustimmt und VR für unproblematisch hält, finde ich das zumindest bedenkenswert.
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