Ich muss jetzt allerdings doch noch mal allgemeine Kritik loswerden, auch wenn das zu einem falschen Zeitpunkt kommt, weil ihr gerade in dieser Folge die Radioreportage angekündigt habt. Ihr habt damit allerdings auch bei mir ein wenig offene Türen eingerannt.
Mag sein, dass meine Erwartungen etwas zu hoch sind oder dass schlicht der Punkt zu diesem Zeitpunkt noch nicht erreichbar ist, aber aktuell kann ich noch nicht wirklich sehen, wie das journalistische Niveau hier im Podcast deutlich über dem liegt, dass andere Spielemagazine anbieten. Dafür kommen mir die Formate bislang noch zu unstrukturiert, zu laberig, zu.... amateurhaft vor. Das fängt bei so oberflächlichen Kleinigkeiten an wie, dass eure Formate immer noch nicht mit Jingles ein- und ausgeleitet werden (Journalistisch egal, aber eine ansprechende Präsentation würde von Liebe zum eigenen Produkt zeugen) und hört damit auf, dass es im wesentlichen immer noch nur mehr oder weniger spontane Gespräche sind. Klar, Jochen wirft ab und zu Stichworte wie Objektivismus oder Ayn Rand ein, aber das ist ja nun trotzdem keine Debatte auf höchstem Niveau. Was ist denn z.B. mal mit Soundbits, die eingespielt werden? Das würde z.B. davon zeugen, dass ein höherer Anspruch besteht als "lediglich" über ein Thema zu sprechen, über das man sich zuvor geeinigt hat. Und auch im Sonntagspodcast ist es echt lang her, dass ich das Gefühl hatte Informationen zu bekommen, die ich sonst als Außenstehender nicht bekommen hätte (Die F2P-Folge fällt mir da immer wieder ein, wo über Glücksspielmechaniken und Begriffe wie "Whale" gesprochen wurde) [Edit: Irrtum. Die Ubisoftfolge war natürlich auch hervorragend. Aber der hat man dann auch sofort angemerkt, dass da Aufwand hinter steckt. Der Unterschied ist deutlich spürbar!]
Und wenn Jochens Vorschlag dann eine Topliste für die 100 besten RPGs ist, noch dazu ausgewälzt über 2 Jahre..... ich weiß nicht. Das erscheint mir ein wenig sehr willkürlich und egal. Das ist ja explizit die Übersetzung der vielkritisierten Klickstrecken in ein Audioformat, ich kann da zum jetzigen Zeitpunkt nicht sehen, inwiefern dass etwas besonderes wird. Zumal ich da auch noch andere Schwierigkeiten sehe, nämlich das Einschlafen nach spätestens 15 Folgen
Ganz zu schweigen vom nachlassenden Interesse der Hörerschaft. Vielleicht sollte man da vielleicht erstmal mit den Top 10 anfangen, wenn man sowas schon macht. Dann hätte man auch einen überschaubaren Zeitrahmen, nachdem dann mit einem weiteren neuen Format wieder frischer Wind geboten werden könnte. Die kurze Anekdotenfolgen kann ich mir als Kontrast gut vorstellen, momentan fehlt mir allerdings ein wenig das hochwertige journalistische Gegengewicht, die diesen Kontrast notwendig machen würde.
Das Stichwort Radioreportage hat bei mir natürlich direkt Hoffnungen geweckt und auch das englische Originalinterview neulich war ein Format, dass man so ansonsten nicht zu hören bekommt, das ist super. Und auch Wolfgang Walk als Partner ist klasse, dem Mann hört man bei jedem Satz an, wie klug er ist und wie stark er sich mit der Materie auskennt.
Ich denke Radio als Orientierung ist sowieso ein gutes Stichwort, denn diese Leute haben 100 Jahre Erfahrung darin, wie man Informationen lediglich mit Audio übermittelt.
Welcher Podcast mit da spontan in den Sinn kommt ist
This american life, die es meiner Meinung nach sehr gut schaffen, das Gefühl zu vermitteln, hier wären Profis am Werk. Deren Podcasts wirken regelrecht dokumentarisch. Im deutschsprachigen Raum wäre vielleicht Holger Klein und sein Projekt
WRINTerwähnenswert: Der labert je nach Format teilweise auch nur, ergänzt dass dann auf der anderen Seite aber mit Formaten, die sehr strukturiert, sehr themenbezogen und auf vergleichsweise hohem Niveau stattfinden, wenn auch nicht so hoch wie bei This american life. (Die Formate "Geschichtsunterricht" und "Politikunterricht" fallen mir da spontan ein). Holger Klein ist allerdings meines Wissens nach auch Radiomoderator und das merkt man ihm und seiner Herangehensweise an, wenn es nicht explizite Laberpodcasts sind. Er kommt mir auch wie jemand vor, der gerne Leuten Hilfestellung anbietet und sein Wissen verteilt, evtl. wäre er ein geeigneter Ansprechpartner für Hilfestellung. Dann gibt es
Hoaxzilla, die es sehr gut schaffen, ihren Folgen mittels Einspielern und einem immer gleichen Ablauf eine Struktur zu verpassen. Zudem merkt man bei denen den Rechercheaufwand - dafür kommen die Folgen natürlich unregelmäßiger.
Lage der Nation ist ebenfalls erwähnenswert, weil man auch denen Recherche und journalistischen Anspruch anmerkt, ohne, dass es nun staubtrocken ist. Dann gibt
Hardcore History: Dan Carlin spricht über Ereignisse der Weltgeschichte. Dabei bereitet er die Folgen zwar immer so auf, dass sie offensichtlich einem Spannungsbogen folgen, d.h. das Niveau ist sicherlich nicht so hoch wie in einem Geschichtsbuch, aber dass hat ja trotzdem seine Berechtigung. Entscheidend ist auch hier: Er hat ganz klar eine Idee, wie er seine Hörer fesselt. In dem Fall mit einem enormen Recherche- und Aufbereitungsaufwand, den er dann mit seiner (natürlich radioerfahrenen) Erzählweise vermittelt.
Das sind einige Beispiele aus unterschiedlichsten Feldern, von Geschichte, über Politik bis hin zum Debunken von Schauermärchen und Verschwörungstheorien. Und obwohl sie an sich alle völlig unterschiedlich sind, kann man bei allen feststellen, wie es ihnen gelingt, mehr aus dem Audioformat zu holen als "nur" zu reden. Und das fehlt mir bei euch aktuell noch ein bisschen.
Ich würde daher gerne wissen, ob ihr plant, dem ganzen einen etwas... "hochwertigeren" Anstrich zu verpassen?
Und nehmt es mir bitte nicht übel, wenn ich Begriffe wie "amateurhaft" und "hochwertiger" verwende, dass ist nicht so negativ gemeint wie es klingt. Mir ist zum jetzigen Zeitpunkt nur nicht ganz klar, wo ihr hinwollt. Ich sehe aktuell nicht den einen einschneidenden Punkt, der euch z.B. elementar von Insert Moin oder Stay Forever abhebt, außer die Regelmässigkeit. Ihr kündigt zwar immer neue Formate und mehr Content an, aber ich sehe da aktuell keine Steigerung beim journalistischen Anspruch und der Präsentation, sondern nur eine Verbreiterung des Angebots.
