Es wird Zeit für eine Kritik: Wider dem Narrationismus

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Stuttgarter
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Re: Es wird Zeit für eine Kritik: Wider dem Narrationismus

Beitrag von Stuttgarter »

Muss mal eine Gegenmeinung hier artikulieren. :)

Aus dem ganz einfachen Grund - Spielberichte, die das mechanische abdecken, erklären, einordnen finde ich wie Sand am Meer. Egal ob bei der Gamestar oder 4players (um nur zwei der wohl bekanntesten deutschen Plattformen zu nennen). Wohingegen ich den Ansatz der Podcaster so noch nirgends entdeckt habe. Weshalb ich persönlich! das für eine hervorragende Ergänzung halte. Die mich tatsächlich schon dazu gebracht hat, mir ein, zwei Spiele zu kaufen, die mich sonst gar nicht interessiert hätten.

Ich gebe aber zu, dass ich in den letzten Jahren kein einziges Spiel aufgrund einer einzelnen Kritik gekauft hab - ich hab immer mehrere Plattformen abgeklappert. Insofern ist die Arbeit der Herren Podcaster für mich tatsächlich eine wertvolle Bereicherung - würde ich meine Kaufentscheidung nur von The Pod abhängig machen, sähe es vielleicht anders aus.
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Sebastian Solidwork
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Re: Es wird Zeit für eine Kritik: Wider dem Narrationismus

Beitrag von Sebastian Solidwork »

Zum Thema hatte ich in letzter Zeit zwei freudige Überraschungen:
Mir haben Sebastians Wertschätzungen zu Into the Breach und Slay the Spire sehr gefallen. Bei beiden konnte ich gut nachvollziehen worin der Reiz des Gameplays besteht und mir vorstellen wie das Spielerlebnis sein wird. Es war für mich kein trockenes Herunterbeten von Mechaniken.
Ersteres hat mir zugesagt und spiele ich jetzt. Zweiteres wird mir nicht auf die Platte kommen.

Gerne mehr von dieser Art von Besprechungen, auch bei narrationslastigeren Spielen.
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Voigt
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Re: Es wird Zeit für eine Kritik: Wider dem Narrationismus

Beitrag von Voigt »

Ich würde auch gerne diese beiden Wertschätzungen loben, haben mir sehr gut gefallen.
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Klagsam
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Re: Es wird Zeit für eine Kritik: Wider dem Narrationismus

Beitrag von Klagsam »

Sebastian Solidwork hat geschrieben:
Gerne mehr von dieser Art von Besprechungen, auch bei narrationslastigeren Spielen.
Dem kann ich auch nur zustimmen. Mir haben ebenfalls beide Wertschätzungen sehr gefallen und ich habe mich in beiden gut verorten können.
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Stratos
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Re: Es wird Zeit für eine Kritik: Wider dem Narrationismus

Beitrag von Stratos »

Hm.
Die Vorstellung von Gameplaymechaniken ist vorwiegend deskriptiv, während der Podcast aus meiner Sicht im Diskurs hervorsticht. Ich kann sechzig Stunden Factorio spielen, hätte aber kein Bedürfnis mich länger als fünf Minuten darüber zu unterhalten weil es über Unerzählendes für mich in Relation wenig zu erzählen gibt - der Witz ist gerade das Tun. Wie beim Stricken. ;)
Der interessante Punkt ist für mich also allenfalls der Versuch die subjektive Faszination auf objektiv vorhandene Mechanismen zurückzuführen.

Kritisch anmerken würde ich allenfalls, dass mir insbesondere in früheren Folgen hinsichtlich des Gameplays ziemlich die Exposition gefehlt hat und ich nach fünfzehn Minuten erzählerisch in medias res geworfen nicht wusste ob wir gerade über einen Dungeon Crawler in Pixelgrafik oder ein ARPG auf der Unreal sprechen (da sündigte meistens der Jochen). Ohne klar definierten Ausgangspunkt also ein Bild vor Augen ist es allerdings recht schwer allgemeinen Ausführungen zu folgen.

Die bereits genannten Folgen mit Sebastian fand ich ebenfalls toll und würde mir mehr von dieser Sorte wünschen, weil er eben diesen Punkt mit der Rückführung der Faszination auf die Mechanik sehr gut und für Dritte nachvollziehbar "ertasten" konnte.
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Re: Es wird Zeit für eine Kritik: Wider dem Narrationismus

Beitrag von meisterlampe1989 »

Stuttgarter hat geschrieben: 4. Feb 2018, 12:13 Muss mal eine Gegenmeinung hier artikulieren. :)

Aus dem ganz einfachen Grund - Spielberichte, die das mechanische abdecken, erklären, einordnen finde ich wie Sand am Meer. Egal ob bei der Gamestar oder 4players (um nur zwei der wohl bekanntesten deutschen Plattformen zu nennen). Wohingegen ich den Ansatz der Podcaster so noch nirgends entdeckt habe. Weshalb ich persönlich! das für eine hervorragende Ergänzung halte. Die mich tatsächlich schon dazu gebracht hat, mir ein, zwei Spiele zu kaufen, die mich sonst gar nicht interessiert hätten.
Zustimmung. Hier wurde von Anfang an klar gemacht, dass Videospiele hier nicht Produkttest besprochen werden. Wer das lesen, hören oder sehen möchte, hat hunderte andere Magazine.

Übrigens stimme ich dem, dass hier NUR über die Narration geredet wird, gar nicht so sehr zu. Es werden auch genug Spiele besprochen, die gar keine (oder kaum) Narration haben, wie z.B. Celeste oder Cuphead.
Aber wenn Spiele es hergeben, dass man ausladend die Narration analysiert, dann soll das auch gemacht werden. Deswegen bin ich ja letztendlich hier, weil hier Spiele als Kunstform ernst genommen werden und wie jedes andere künstlerische Medium besprochen werden: Auf der Ebene der Aussage.

Dass man Spiele eher noch als technisches Produkt rezensiert ist übrigens auch ein Grund dafür, dass sie anders als Serien und Filme immer noch nicht in den Kulturteilen bzw. im Feuilleton der Genereal Interest Presse besprochen wird.
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Sebastian Solidwork
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Re: Es wird Zeit für eine Kritik: Wider dem Narrationismus

Beitrag von Sebastian Solidwork »

meisterlampe1989 hat geschrieben:
Stuttgarter hat geschrieben: 4. Feb 2018, 12:13 Muss mal eine Gegenmeinung hier artikulieren. :)

Aus dem ganz einfachen Grund - Spielberichte, die das mechanische abdecken, erklären, einordnen finde ich wie Sand am Meer. Egal ob bei der Gamestar oder 4players (um nur zwei der wohl bekanntesten deutschen Plattformen zu nennen). Wohingegen ich den Ansatz der Podcaster so noch nirgends entdeckt habe. Weshalb ich persönlich! das für eine hervorragende Ergänzung halte. Die mich tatsächlich schon dazu gebracht hat, mir ein, zwei Spiele zu kaufen, die mich sonst gar nicht interessiert hätten.
Zustimmung. Hier wurde von Anfang an klar gemacht, dass Videospiele hier nicht als Produkttest besprochen werden. Wer das lesen, hören oder sehen möchte, hat hunderte andere Magazine.

Übrigens stimme ich dem, dass hier NUR über die Narration geredet wird, gar nicht so sehr zu. Es werden auch genug Spiele besprochen, die gar keine (oder kaum) Narration haben, wie z.B. Celeste oder Cuphead.
Aber wenn Spiele es hergeben, dass man ausladend die Narration analysiert, dann soll das auch gemacht werden. Deswegen bin ich ja letztendlich hier, weil hier Spiele als Kunstform ernst genommen werden und wie jedes andere künstlerische Medium besprochen besprochen werden: Auf der Ebene der Aussage.

Dass man Spiele eher noch als technisches Produkt rezensiert ist übrigens auch ein Grund dafür, dass sie anders als Serien und Filme immer noch nicht in den Kulturteilen bzw. im Feuilleton der Genereal Interest Presse besprochen wird.
Wo wurde hier ein Produktest gefordert? Zeig mir bitte was du so verstehst. Von mir nicht und den meisten anderen hier meiner Meinung nach auch nicht.

Narration ist eine von zwei Sachen die Spiele können. Sie können sie auch, aber nicht nur.
Ein What remains of Edith Finch wäre nichts, bzw ein reiner Film, ohne seine Interaktivität. Das selbst erleben, nicht Zuschauer sein.

Und beides muss aufeinander abgestimmt sein. Wie Zutaten in einem Gericht.
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Re: Es wird Zeit für eine Kritik: Wider dem Narrationismus

Beitrag von meisterlampe1989 »

Sebastian Solidwork hat geschrieben: 10. Apr 2018, 00:50 Wo wurde hier ein Produktest gefordert? Zeig mir bitte was du so verstehst. Von mir nicht und den meisten anderen hier meiner Meinung nach auch nicht.

Narration ist eine von zwei Sachen die Spiele können. Sie können sie auch, aber nicht nur.
Ein What remains of Edith Finch wäre nichts, bzw ein reiner Film, ohne seine Interaktivität. Das selbst erleben, nicht Zuschauer sein.

Und beides muss aufeinander abgestimmt sein. Wie Zutaten in einem Gericht.
Hier wurde nirgendwo ein Produkttest gefordert. Ich habe nur gefolgert, dass der Fokus auf Mechaniken zu einem Produkttest wird. Die Spielmechanik ist für mich das Handwerk.
Und das meine ich gar nicht abwertend und natürlich gehört das auch in JEDEM Spieletest besprochen, auch hier.

Aber ich finde der Anteil, in dem man über Story und Mechanik reden sollte, ist einfach nicht 50/50. Und schon gar nicht wie in Spielemagazinen 1/10 (Die Gamestar hatte früher nur eine Kategorie von 10, in der es um die Narration ging).

Ich finde es ausserhalb der Fragen: Ist die Grafik gut; also technisch oder stilistisch? Und wie gut wird das Genre umgesetz; also z.B. stimmt das Gunplay bei Shootern? Vollkommen uninteressant die ganzen Mechaniken haarklein runterzurattern.

What Reamains of Edith Finch ist da ein gutes Beispiel. Die Wertschätzung dazu hat mir einen riesen Spass bereitet, weil es viel um die Story ging und interpretiert wurde.. Bei der Far Cry 5 Sonntagsfolge, wo detailliert auf Mechaniken eingegangen wurde (übrigens so viel dazu, dass es hier zu viel um Narration dreht) bin ich fast eingepennt.

Mein Story-Fokus ist sicher subjektiv, aber deswegen bin ich ja hier bei Auf ein Bier, weil ich dieses Magazin auch als storyfokussiert sehe. Das war von Anfang an so.
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echtschlecht165
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Re: Es wird Zeit für eine Kritik: Wider dem Narrationismus

Beitrag von echtschlecht165 »

Auch Mechanik kann man auf verschiedenen Ebenen besprechen.
Eine Maschine ist einerseits eine Anordnung an zahnrädern, hebeln und Riemen mit Übersetzungen, 3wirkungsgraden und leistungsangaben.
Es ist aber genauso eine astäthisches Meisterwerk gebaut für mehr oder weniger ehrenhafte Zwecke.
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Nachtfischer
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Re: Es wird Zeit für eine Kritik: Wider dem Narrationismus

Beitrag von Nachtfischer »

meisterlampe1989 hat geschrieben: 10. Apr 2018, 03:25 Ich habe nur gefolgert, dass der Fokus auf Mechaniken zu einem Produkttest wird.
Wie schon zuvor erwähnt, halte ich das für einen Fehlschluss. Ein Produkttest zählt auf und beschreibt. Er analysiert kaum, kritisiert oberflächlich und interpretiert nicht. Das gilt sowohl für Story als auch Mechanik. Ich kann auch wunderbar als Produkttest eine Geschichte nacherzählen. Stell dir vor, ich fasse die Handlung von Forrest Gump zusammen und nenne das dann mein "Review" des Films.
What Reamains of Edith Finch ist da ein gutes Beispiel. Die Wertschätzung dazu hat mir einen riesen Spass bereitet, weil es viel um die Story ging und interpretiert wurde.
Das ist aber kein "gutes Beispiel" für deine Argumentation. Denn Edith Finch ist absolut eindeutig ein Spiel, das seine Mechanik zu 100% der Unterstützung seiner Erzählung unterordnet. Es ergibt schlicht keinen Sinn, es mit einem Mechanik-Fokus zu besprechen.
Bei der Far Cry 5 Sonntagsfolge, wo detailliert auf Mechaniken eingegangen wurde (übrigens so viel dazu, dass es hier zu viel um Narration dreht) bin ich fast eingepennt.
Ich vermute, das liegt auch daran, dass Far Cry 5 schlicht keine interessante Mechanik hat. Es ist ein weiterer wenig origineller Ableger eines zigfach geklonten Spielprinzips. Das wäre als Geschichte genauso langweilig. :P
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Vinter
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Re: Es wird Zeit für eine Kritik: Wider dem Narrationismus

Beitrag von Vinter »

Wenn man nur einen Hammer hat, sieht jedes Problem aus wie ein Nagel.

Und gerade das kann ich hier nicht erkennen. In mechanik-fokussierten Titeln wie Far Cry 5, Breath of the Wild, drehen sich die Folgen mehrheitlich um die Mechanik. Hat man auf der anderen Seite Spiele mit Storyfokus wie Soma oder Edith Finch, dreht sich die Folge um die Erzählung und Interpretation. Beides ist angemessen, weil sich die Besprechung immer auch am Subjekt der Besprechung orientieren muss. Wie will man das auch anders angehen? Man kann den rechteckigen Holzklotz nicht durch die runde Öffnung pressen.

Ich fand die Far Cry folge gerade deshalb hörenswert, weil sie mir ziemlich klar gemacht hat, dass ich das Spiel nicht brauchen werde. Einzig die schöne Spielwelt würde für mich irgendwann mal einen Kauf im (sehr günstigen!) Sale rechtfertigen. Man hätte andersherum auch 90 Minuten über die Story ranten können, aber wäre das dem Spiel gerecht geworden? Wäre man Breath of the Wild damit gerecht geworden? Würde man Soma gerecht werden, wenn man andersherum strikt nach Schema F das Spiel auf die Mechanik reduziert?
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echtschlecht165
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Re: Es wird Zeit für eine Kritik: Wider dem Narrationismus

Beitrag von echtschlecht165 »

die Storyfokussierten Podcasts sind doch auch nicht "reine Nacherzählungen"

Warum sollen Besprechungen der Mechanik "blosse Produkttests" sein? Auch Spielmechanik kann Gefühle auslösen.
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Re: Es wird Zeit für eine Kritik: Wider dem Narrationismus

Beitrag von meisterlampe1989 »

Nachtfischer hat geschrieben: 10. Apr 2018, 10:37 Wie schon zuvor erwähnt, halte ich das für einen Fehlschluss. Ein Produkttest zählt auf und beschreibt. Er analysiert kaum, kritisiert oberflächlich und interpretiert nicht. Das gilt sowohl für Story als auch Mechanik. Ich kann auch wunderbar als Produkttest eine Geschichte nacherzählen. Stell dir vor, ich fasse die Handlung von Forrest Gump zusammen und nenne das dann mein "Review" des Films.
Dir Frage ist, wie und ob man eine Mechanik interpretieren kann. Dass Spiele Mechanik und Story verweben ist immer noch eine absolute Seltenheit. Deswegen bleibt es meistens beim Aufzählen, ganz ähnlich wie bei deinem Beispiel mit Forrest Gump. Es reduziert sich meistens auf: "Ja es gibt ein Skillsystem und folgende Skills und man bekommt dafür XP und die kann man wie folgt investieren". Das finde ich wahnsinnig ermüdend.
Nachtfischer hat geschrieben: 10. Apr 2018, 10:37 Das ist aber kein "gutes Beispiel" für deine Argumentation. Denn Edith Finch ist absolut eindeutig ein Spiel, das seine Mechanik zu 100% der Unterstützung seiner Erzählung unterordnet. Es ergibt schlicht keinen Sinn, es mit einem Mechanik-Fokus zu besprechen.
Was ich schon geschrieben habe:
meisterlampe1989 hat geschrieben: 10. Apr 2018, 00:40Aber wenn Spiele es hergeben, dass man ausladend die Narration analysiert, dann soll das auch gemacht werden.
Ich bin halt der Meinung, dass ALLE Spiele mit einem narrativen Fokus besprochen gehören. Auch die Abwesenheit einer Story kann ein Gesprächsthema sein, dass ich interessanter finde als Mechaniken.
Nur wenn man als Rezensent und auch Konsument klar macht, dass man mittlerweile bessere Geschichten erwartet und den Vergleich zu Filmen oder Literatur nicht mehr scheut, wird es da auch Fortschritt geben.

Um noch einen Vergleich zu machen: Wenn man sich momentan die Spielekritik ansieht und das auf die Literaturkritik übertragen würde, wäre es als ob es in 80-85 % einer Buchkritik um die Papierqualität, den Font der Schrift, ob das Buch zu schwer ist, wie das Cover gestaltet ist, ob die Farben schön sind, etc..
Nachtfischer hat geschrieben: 10. Apr 2018, 10:37 Ich vermute, das liegt auch daran, dass Far Cry 5 schlicht keine interessante Mechanik hat. Es ist ein weiterer wenig origineller Ableger eines zigfach geklonten Spielprinzips. Das wäre als Geschichte genauso langweilig. :P
Gerade WEIL Far Cry 5 ein wenig origineller Ableger ist, hätte man die tiefere Besprechung der Mechaniken streichen können. Ich zweifle auch deutlich an, dass man dafür eine gesamte Sonntagsfolge verbraten hat. Da hätte eine Wertschätzung von 45 Minuten oder so gereicht.
echtschlecht165 hat geschrieben: 10. Apr 2018, 06:49 Auch Mechanik kann man auf verschiedenen Ebenen besprechen.
Eine Maschine ist einerseits eine Anordnung an zahnrädern, hebeln und Riemen mit Übersetzungen, 3wirkungsgraden und leistungsangaben.
Es ist aber genauso eine astäthisches Meisterwerk gebaut für mehr oder weniger ehrenhafte Zwecke.
Waffen oder Autos....beides maschinen
Der Vergleich hinkt, weil Autos und Waffen nicht noch eine Geschichte erzählen. Aber ich gehe mal mit: Mir reicht es zu wissen, dass ein Auto oder eine Waffe funktioniert. Mich interessiert nicht, wie viel PS das Auto hat oder welche Art von Zündkerzen verwendet werden.
Übertragen auf mein Skillsystem-Beispiel. Welche Skills es genau gibt, muss meiner Meinung nach nicht in eine Rezension, sondern nur OB das Skillsystem Spaß macht und WARUM es Spaß macht. Die Skills erfahre ich dann später selbst im Spiel.
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echtschlecht165
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Re: Es wird Zeit für eine Kritik: Wider dem Narrationismus

Beitrag von echtschlecht165 »

vielleicht interessiert dich aber die Tatsache, was sich Techniker /Designer dabei gedaacht haben, warum sie dir gerade 120 XP für diese Quest geben , und nicht 110 oder 130.
Warum werden Spiele so designt wie sie sind, welche Sweetspots aus Herausforderung und Belohnung müssen die Designer treffen.
Warum fühlt sich das Springen in Mario so anders an, als in Rayman? Und warum macht man nicht einfach jedes Jumpnrun wie Mario (das ja als Perfektes Jump and Run von den Mechaniken bei vielen gilt).
Wo setzt man Speicherpunkte, wo spawnen Monster und warum hier und nicht hinter dir? Wieviele Jumpscares sind zulässig um nicht inflationär zu werden?

Mag ja sein dass das nicht jeden interessiert, aber zu sagen, dass eine auf Mechanik fokussierte Besprechnung in schlichten Produkttests enden würden, ist einfach falsch.
Wie gesagt, wenn hier Walking Simulatoren besprochen werden, ist es auch nicht schlicht eine Nacherzählung der Story, sondern vielmehr eine Interpretation und Analyse.

Sowas würd ich mir auch von Spielen erwarten, die weniger Storybasiert sind. Und ich traue es den 3 auch locker zu.

Mit Slay The Spire, Civilization haben sie ja bewiesen dass das geht. Oder war Slay the Spire ein Produkttest für dich?
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Re: Es wird Zeit für eine Kritik: Wider dem Narrationismus

Beitrag von meisterlampe1989 »

echtschlecht165 hat geschrieben: 10. Apr 2018, 16:10 vielleicht interessiert dich aber die Tatsache, was sich Techniker /Designer dabei gedaacht haben, warum sie dir gerade 120 XP für diese Quest geben , und nicht 110 oder 130.
(...)
Wo setzt man Speicherpunkte, wo spawnen Monster und warum hier und nicht hinter dir? Wieviele Jumpscares sind zulässig um nicht inflationär zu werden?
Das ist sicher interessant, aber mir ist das zu kleinteilig. Das ist einfach Geschmackssache und da müssen die Podcaster selber die richtige Mischung finden.
echtschlecht165 hat geschrieben: 10. Apr 2018, 16:10 Mag ja sein dass das nicht jeden interessiert, aber zu sagen, dass eine auf Mechanik fokussierte Besprechnung in schlichten Produkttests enden würden, ist einfach falsch.

(...)

Mit Slay The Spire, Civilization haben sie ja bewiesen dass das geht. Oder war Slay the Spire ein Produkttest für dich?
Ja. Solange man über die reine Mechanik spricht. Das gilt auch für Form und Ausprägung. Das ist dann eher eine ästhetische Diskussion, wo man beispielsweise - um bei der Auto-Analogie zu bleiben - darüber diskutiert, warum man jetzt diese Form des Kotflügels gewählt hat und nicht eine andere.
Das ist aber kein Vorwurf, da rein mechanische Spiele meiner Meinung nach auch nur einen Produkttest hervorbringen können. "Produkttest" ist gar nicht negativ konnotiert, zumindest nicht von meiner Seite.
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Nachtfischer
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Re: Es wird Zeit für eine Kritik: Wider dem Narrationismus

Beitrag von Nachtfischer »

meisterlampe1989 hat geschrieben: 10. Apr 2018, 15:44Um noch einen Vergleich zu machen: Wenn man sich momentan die Spielekritik ansieht und das auf die Literaturkritik übertragen würde, wäre es als ob es in 80-85 % einer Buchkritik um die Papierqualität, den Font der Schrift, ob das Buch zu schwer ist, wie das Cover gestaltet ist, ob die Farben schön sind, etc.
Lustig. Genau solche Vergleiche bringe ich, wenn ich mich darüber beschwere, dass Spielmechanik nicht vernünftig besprochen wird. :P

Nur dienen die von dir genannten Aspekte dann nicht als Analogien für ebenjene, sondern für technische Details: Grafik, Sound, Performance, Bugs, "Spielbarkeit" etc.

Wirklich gute Besprechungen von Spielmechanik sind unglaublich selten. Zugegeben, die meisten (und gerade die einer breiten Masse bekannten) Spiele geben das auch nicht her. Das sind wenig interessante Klone (heute) wenig interessanter Urväter. Das Game-Design ist eine professionell deutlich weniger weit entwickelte Kunstform gegenüber dem Erzählen von Geschichten. Da fehlt einfach noch Zeit. Die Tatsache, dass das Medium industriell bereits gigantisch ist, hilft da auch nicht.

Dennoch gibt es immer wieder Perlen, bei denen es sich lohnen würde, eben nicht nur Features runterzurattern, sondern ganz bestimmte systemische Gegebenheiten - und vor allem deren Implikationen nicht nur für sich selbst, sondern für Spiele als solche - im Detail zu betrachten. Und das findet wirklich kaum statt.
Jochen

Re: Es wird Zeit für eine Kritik: Wider dem Narrationismus

Beitrag von Jochen »

Ich habe bei der ganzen Diskussion ja immer ein bisschen den Eindruck, dass es eigentlich gar nicht um "besprecht mehr Story" oder "besprecht mehr Mechanik" geht, sondern um "besprecht das Spiel, von dem ich will, dass ihr es besprecht" ;)

Ich glaube nämlich schon, dass wir sowohl Story als auch Mechanik in den geeigneten Folgen und Formaten auf einer wesentlich analytischeren Weise besprechen als viele andere Angebote. Natürlich bin ich bei dieser Ansicht einschlägig vorbelastet. Dennoch deucht mich häufig, dass es weniger um das Mechanische/Erzählerische im Allgemeinen geht, sondern dass bei dem konkreten Gegenstand der Behandlung die Rolläden fallen. Ich denke zum Beispiel überhaupt nicht, dass es sinnlos ist, die Mechanik von Far Cry 5 analytisch zu besprechen. Erstens weil wir Far Cry im Podcast noch nie besprochen haben, zweitens weil dort so viele grundsätzlich interessante Mechaniken drinstecken, dass gewisse Kreise bei jedem Indie-Spiel in Ekstase gerieten. Aber es ist Ubi und eine bekannte Marke, also automatisch derivatives Einerlei. Wie bei vielen Vorurteilen steckt da was Wahres drin - aber ich mag Vorurteile im Allgemeinen nicht sonderlich gerne, weil sie noch viel mehr Wahres und Relevantes unterschlagen ;)
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Re: Es wird Zeit für eine Kritik: Wider dem Narrationismus

Beitrag von Nachtfischer »

Jochen hat geschrieben: 10. Apr 2018, 18:42Ich glaube nämlich schon, dass wir sowohl Story als auch Mechanik in den geeigneten Folgen und Formaten auf einer wesentlich analytischeren Weise besprechen als viele andere Angebote.
Absolut. Habe ich an anderer Stelle auch schon mehrfach betont. :)

Ich würde dir auch darin zustimmen, dass es hauptsächlich ein "Problem" der Spieleauswahl ist. Und wie gesagt glänzen gerade viele "große" Titel eben nicht unbedingt durch ihre total neuartigen und brillianten spielmechanischen Kniffe. Ihr besprecht die schon passend zu ihrer Natur.

Was ich auch schon woanders gesagt habe: Ich bin eigentlich mit der Balance in letzter Zeit sehr glücklich. Gerade Sebastian hat beispielsweise einige sehr mechanische Wertschätzungen (Slay the Spire, Into the Breach) rausgehauen und sich dabei außerordentlich gut geschlagen. Da hat er auch nicht bloß Spielregeln aufgezählt, sondern ist schön in die Dynamiken und Strategien eingetaucht.

Ich "kämpfe" hier im Thread jetzt auch weniger gegen einen möglichen Narrationsfokus (den ich Ende letzten Jahres, bevor Klagsam den Thread erstellt hat, durchaus auch noch deutlicher gespürt habe) als gegen bestimmte Ideen (wie "Mechanik-Besprechung = Produkttest").
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Sebastian Solidwork
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Re: Es wird Zeit für eine Kritik: Wider dem Narrationismus

Beitrag von Sebastian Solidwork »

Ich denke ein Grundproblem ist, dass viele Spiele, wie wohl auch Farcry 5, weder Fleisch noch Fisch sind. Es wird kein klarer Fokus auf Gameplay oder Narration gelegt. Und das andere unterstützend genutzt.
Wie im Podcast erwähnt wird die Mechanik irgendwann langweilig und artet teilweise in Arbeit aus. Im Gegensatz zu einem reinen Gameplay-Spiel alla Cuphead oder IntoTheBreach kann sie nur schwer für sich alleine stehen. Aber trotzdem dominiert sie teilweise auch die Narration bzw. widerspricht ihr.
Die Narration (dazu zähle ich auch dir reine Grafikpracht - environmental Storytelling) ist in wiederum auf einem hohen Produktionsniveau. Schon fast Filmreif. Mal den kaum vorhanden moralischen Anspruch außen vor lassend.
Zugespitzt: Wer die Narration erleben will muss sich durchs Gameplay quälen. Das reine Gameplay trägt sich selbst zu kurz.

Es hätte mich gefreut wenn die Narration von Farcry 5 ähnlich wie in WhatRemainsOfEdithFinch von der Mechanik unterstütz worden wäre.
Oder sie die Narration mehr zurück genommen und einen besseren Shooter gemacht hätten. Ohne Resistance-Punkte-Incentivierung.

Und um die Besprechung genau dieses (evtl. disharmonischen) Zusammenspiels geht es mir allgemein. (Ich habe die Farcry-Folge noch nicht zu Ende gehört und kenne das Fazit noch nicht)
Was nützt mir ein Spiel das nur in Teilen Spass macht? Ich hätte gerne ein gelungenes Gesamtpaket, egal ob Fokus auf Narration oder Gameplay.

meisterlampe1989 hat geschrieben: 10. Apr 2018, 17:19
echtschlecht165 hat geschrieben: 10. Apr 2018, 16:10 Mit Slay The Spire, Civilization haben sie ja bewiesen dass das geht. Oder war Slay the Spire ein Produkttest für dich?
Ja. Solange man über die reine Mechanik spricht. Das gilt auch für Form und Ausprägung. Das ist dann eher eine ästhetische Diskussion, wo man beispielsweise - um bei der Auto-Analogie zu bleiben - darüber diskutiert, warum man jetzt diese Form des Kotflügels gewählt hat und nicht eine andere.
Das ist aber kein Vorwurf, da rein mechanische Spiele meiner Meinung nach auch nur einen Produkttest hervorbringen können. "Produkttest" ist gar nicht negativ konnotiert, zumindest nicht von meiner Seite.
Ein Produkttest war SlayTheSpire für mich nicht. Produkttest dreht sich für mich, und das haben auch A&J im Podcasts gesagt, um klar objektiv bewertbare Eigenschaften. Lässt sich das Spiel installieren, hat es eine (verständliche) Anleitung, ist es möglichst Bugfrei...

Bei Auto-Analogie bleibend würde ich sagen SlayTheSpire war für mich eine Beschreibung wie sich das Auto fährt und verhält. Ist es ein Gelände- oder ein Rennwagen. Wo habe ich meinen Spass/Nutzen damit.
Wenn mich Geländefahrten nicht interessieren, werde ich an einem Geländewagen keinen Spass haben, egal wie gut er sein mag.
Ein Geländewagenfan wird beschreiben welchen Spass er damit hatte. Und das ist für mich auch kein Produkttest.
„Schönheit ist auch immer ethisches Empfinden.“

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Re: Es wird Zeit für eine Kritik: Wider dem Narrationismus

Beitrag von Decius »

Sebastian Solidwork hat geschrieben: 10. Apr 2018, 22:20
Ein Produkttest war SlayTheSpire für mich nicht. Produkttest dreht sich für mich, und das haben auch A&J im Podcasts gesagt, um klar objektiv bewertbare Eigenschaften. Lässt sich das Spiel installieren, hat es eine (verständliche) Anleitung, ist es möglichst Bugfrei...

Bei Auto-Analogie bleibend würde ich sagen SlayTheSpire war für mich eine Beschreibung wie sich das Auto fährt und verhält. Ist es ein Gelände- oder ein Rennwagen. Wo habe ich meinen Spass/Nutzen damit.
Wenn mich Geländefahrten nicht interessieren, werde ich an einem Geländewagen keinen Spass haben, egal wie gut er sein mag.
Ein Geländewagenfan wird beschreiben welchen Spass er damit hatte. Und das ist für mich auch kein Produkttest.
Nach diesen Kriterien gibt es nie einen Produkttest, weil bei jedem Produkt letztlich trotzdem auch die technischen Eigenschaften Interpretation sind. Dem einen Tester ist die Matratze im Schulterbereich zu hart, dem anderen die Schaltung zu leichtgängig und die Kurvenlage zu schwammig, dem dritten das Plastik am Rahmen zu glänzend und das Coating des Bildschirms zu reflektiv, der Kühlschrank brummt in einem dem Tester unangenehmen Frequenzbereich, das Plastik hat eine Körnung, die der Test mag. Alles Sachen, die man nicht vernünftig rein in Zahlen runterbrechen kann, sondern letztlich im Auge des Betrachters liegen und von diesem interpretiert werden. Und das waren jetzt Beispiele für Sachen die Null künstlerischen Anspruch haben, sondern einen rein technischen.

Selbst in deinem Beispiel sind diese Sachen nicht objektivierbar. Verständliche Anleitung? Für den Tester, der das jahrelang macht verständlich? Für den Zwölfjährigen, der das erste Mal ein Spiel spielt, verständlich? Für den türkischen Schüler zweiter Generation mit Leseschwäche? Alleine das "lässt sich installieren" ist im PC-Bereich eine Teststellung die bestenfalls mit "in 99 % der Fälle auf aktueller Mainstream-Hardware, ja" beantwortet werden kann. Bei bugfrei gar nicht angefangen, dass kann ein normaler Tester in normalen Zeitrahmen sowieso nicht beantworten, selbst bei kleinen Indiespielen nicht.
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