Es geht nicht nur um die derzeitigen Formen von Diskriminierung, wie Ricer diese schon benannt hat. Es geht auch darum, dass gerade ein kulturelles Moment besteht, bei dem sich Minderheiten selbst behaupten wollen. Sie wollen eigene Kultur schaffen, die nicht nur an den Ecken der Gesellschaft stattfindet (Black Theater) und nicht mit stereotypischen Bildern des schwarzen Manns (Hip-Hop) besetzt ist. Sie haben über Jahre miterlebt, wie ihre Geschichte von Leuten erzählt wurde, die einerseits selbst rassistisch waren (The Birth of a Nation,1915), oder, selbst wenn anti-rassistisch, permanent aus der Blickrichtung der weißen Bevölkerung erzählt wurde (To Kill a Mockingbird).
Nun sind sie in dieser Position, in der sie selbst etwas kreieren wollen, einen eigenen Input geben wollen, der auch fundamentale Kritiken am historischen System der USA und der Idealisierung/Heroisierung der Gründungszeit zulässt (Etwas, was selbst für liberale, anti-rassistische, weiße Filmemacher ein No-Go war/ist).
In dieses Feld stößt jetzt ein großes Projekt von den Machern einer Serie, welche für ihre Ästhetik der Gewalt und Vergewaltigung singulär bekannt ist. Dieses Projekt erzählt wieder einmal eine Geschichte des Rassismus von außen ("Puh, gut, dass wir nicht in dieser alternativen Historie leben, am I right? Gut, dass wir das überwunden haben.") zu einem Zeitpunkt, wenn man gerade selbst dabei ist, diese Geschichten schreiben zu wollen.
Ich kann zumindest nachvollziehen, wie das zu emotionalen Überreaktionen führen kann. Weil es sich verletztend anfühlt. "Nun sind wir hier, wollen uns beteiligen, aber kriegen diese Möglichkeit wieder verwehrt, weil zwei weiße Regisseure erfolgreicher und bekannter sind? Was hat sich verändert?"
Und auch wenn ich mit den Konsequenzen, die daraus gezogen werden nicht übereinstimme, finde ich, sollte man zumindest ein gewisses Verständnis für diese Situation haben. Dass es Frust auslösen kann.
Deswegen stimme ich deiner Betrachtung, die einzig die Ebene von Bevormundung und Kunst-Feindlichkeit einschließt nicht zu. Denn es geht nicht nur darum, dass sozusagen neo-rassistisch gesagt wird "Du bist weiß, also halt die Fresse.", sondern dass dies in eine fortwährende Chronik von verhinderten Möglichkeiten eingebettet wird.
Diese Kritik kommt, so wie ich das wahrnehme, übrigens häufig von jungen Menschen.
Es ist nichts Neues, dass junge Menschen, die gerade in's Erwachsenenalter eintreten, eine höhere Tendenz zu absoluten Aussagen haben. Es ist auch nicht Neues, dass die lautesten Stimmen oft diejenigen sind, die gehört werden. Nur überbewerten sollte man das nicht, weil man dann in Gefahr gerät, ein einheitliches (Vor-)Urteil über eine ganze Bevölkerungsgruppe, oder die Jugend an sich, zu fällen.
Vielleicht ist dir das egal. Aber es ist wichtig. Denn es schadet deiner Ausssage.meisterlampe1989 hat geschrieben:Mir ist auch egal wie klein diese Gruppe ist, da kriege ich Pickel.
Zu einem skeptischen Bewusstsein gehört auch, die eigenen emotionalen Trigger analysieren zu können und zu schauen ob die Reaktion (Zitat: "Hallo. Ich bin sauer") gerechtfertigt ist, oder eher einem Beißreflex gleich kommt. Zu schauen, ob die "Passion" und die "Vehemenz" der Größe des Problems gerecht wird.
Wenn das nicht der Fall ist, sollte man sich selbst fragen: Warum?
Denn wir sind alle menschlich und bauen, nachgewiesenermaßen, unsere kognitiven/rationalen Begründungen ausgehend von einer emotionalen Reaktion auf. Du sagtest ja selbst schon, dass du dich persönlich angegriffen fühlst. Etwas, das zumindest faktisch, nicht nachweisbar ist.
Wenn du schon mit Begriffen wie 'regressive left' vertraut bist, dann sollte dir eigentlich auch die Gefahr von übertrieben emotionalen Reaktionen auf Probleme bekannt sein, die eigentlich ein Sturm in einem Wasserglas sind.